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Pferd mit Fliegendecke
Foto: Krämer Pferdesport GmbH & Co. KG
Pferd mit Fliegendecke

Der Praktische Tierarzt

West-Nil-Virusinfektion bei Pferden – eine Übersicht

West Nile virus infection in horses – a review

Der Praktische Tierarzt 104, 1084-1098

DOI: 10.2376/0032-681X-2329

Eingereicht: 8. April 2023

Akzeptiert: 30. Juni 2023

Publiziert: 11/2023

Zusammenfassung

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Dieser Artikel stellt eine Übersicht zur West-Nil-Virusinfektion bei Pferden dar, die seit dem ersten laborbestätigten Infektionsfall eines Pferdes in Deutschland im Jahr 2018 und der darauffolgenden Zunahme an Infektionszahlen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der Ursprung des West-Nil-Virus liegt in Uganda im West-Nil-Distrikt, wo das Virus 1937 erstmals bei einer Frau isoliert wurde. Mittels in Afrika infizierter Zugvögel gelangte das Virus nach Europa und verbreitete sich über süd- und osteuropäische Länder nach Deutschland. Die Übertragung des Virus als geschlossener Zyklus erfolgt von Stechmücke zu Vogel und wieder zu Stechmücke. Pferde sind Fehlwirte und können aufgrund einer zu geringen Viruslast keine Mücken und/oder andere Pferde infizieren. Das West-Nil-Virus gelangt nach einem Stich in die Haut durch den Speichel der Mücke in den Organismus des Pferdes und löst dort Entzündungen aus. Das Virus besitzt zudem die Fähigkeit, über verschiedene Mechanismen zum zentralen Nervensystem zu gelangen und dort Schädigungen auszulösen. Krankheitsanzeichen treten bei 10 % der infizierten Pferde auf und sind sehr variabel und unspezifisch. Bei schwereren Verläufen können eine Vielzahl von neurologischen Auffälligkeiten festgestellt werden. Eine Diagnose des West-Nil-Virus erfolgt in erster Linie über einen indirekten Erregernachweis (ELISA). Antikörpernachweise müssen aufgrund von Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren über einen Virusneutralisationstest abgesichert werden. Differenzialdiagnostisch kommen hauptsächlich Krankheiten infrage, die neurologische Ausfallerscheinungen hervorrufen, unter anderem verschiedene virale und bakterielle Erkrankungen, jedoch auch Intoxikationen oder Traumata. Für die Prophylaxe einer West-Nil-Virusinfektion gibt es die Möglichkeiten der Anpassungen im Haltungsmanagement durch Mückenschutz- und Mückenbekämpfungsmaßnahmen sowie die der Impfung gegen das West-Nil-Virus. Die Impfung schützt jedoch nicht vor einer Infektion, sie mildert gegebenenfalls den Verlauf. Therapeutisch können nur die Symptome gelindert werden. Eine West-Nil-Virusinfektion bei Tieren sowie ein entsprechender Verdacht ist anzeigepflichtig und muss unverzüglich beim zuständigen Veterinäramt angezeigt werden. Experten scheinen sich einig, dass sich das West-Nil-Virus weiter in Deutschland verbreiten wird. Aufgrund des Klimawandels mit längeren Sommern und milderen Wintern finden Stechmücken zunehmend geeignetere Bedingungen, um das Virus weiterzugeben.

flavivirus
Arbovirus
Zoonose
Enzephalitis
Pferdekrankheiten

Summary

This article provides an overview of West Nile virus infection in horses, which has become more prevalent since the first laboratory-confirmed case of infection in a horse in 2018. The subsequent increase in infection numbers is also discussed. West Nile virus originated in Uganda in the West Nile district, where the virus was first isolated from a woman in 1937. The virus reached Europe by means of migratory birds infected in Africa and spread to Germany via southern and eastern European countries. Transmission of the virus as a closed cycle occurs from mosquito to bird and back to mosquito. Horses are dead-end-hosts, they are not able to infect healthy mosquitoes and other horses because their developed viremia is too low. After the skin is bitten by the mosquitos, the West Nile virus enters the horse’s organism through the mosquito’s saliva and triggers inflammation there. The virus also has the ability for gaining access to the central nervous system via various mechanisms and causes damage there. Signs of disease occur in 10% of infected horses and are highly variable and non-specific. In more severe cases, a variety of neurological abnormalities can be detected. A diagnosis of the West Nile virus is confirmed by indirect detection (ELISA) of the pathogen. Owing to cross-reactions with other flaviviruses, antibody detection must be verified using a virus neutralization test. In terms of differential diagnosis, the main diseases that could be considered are those that cause neurological deficits, including various viral and bacterial diseases, but also intoxications or trauma. For the prophylaxis of a West Nile virus infection, there are the options of adapting horsekeeping management through mosquito protection and mosquito control measures as well as vaccination against the West Nile virus. However, the vaccination does not protect against infection, it may mitigate the course of disease. Therapeutically, only the symptoms can be alleviated. A West Nile virus infection in animals or a corresponding suspicion must be reported immediately to the responsible veterinary office. Experts seem to agree that the West Nile virus will continue spreading in Germany. Owing to climate change, with longer summers and milder winters, mosquitoes are increasingly finding more suitable conditions to transmit the virus.

Flavivirus
arbovirus
Zoonosis
encephalitis
horse disease

 

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