Angesichts der stetig verbesserten diätetischen und medizinischen Versorgung unserer Haustiere scheint es wenig erstaunlich, dass diese uns häufig bis in ein hohes Alter erhalten bleiben. Als Kehrseite dieser Entwicklung treten jedoch neoplastische Erkrankungen häufiger auf, was zweifellos vorwiegend ältere Individuen betrifft. Um diese mittlerweile häufigste Todesursache bei Haushunden wirkungsvoll behandeln zu können, ist eine möglichst frühzeitige Diagnosestellung von höchster Bedeutung.
In der Humanmedizin steht dazu seit Kurzem die Methode der Flüssigkeitsbiopsie zur Verfügung. Dabei kann in einer einfachen Blutprobe tumorspezifisches Genmaterial nachgewiesen und so eine Krebserkrankung festgestellt werden, lange bevor diese zu Symptomen führt. Für den effizienten Einsatz eines solchen Screenings erscheint es entscheidend, die entsprechenden Zeitpunkte im Leben eines Hundes definieren zu können. Die Frage lautet dabei vor allem: „Ab welchem Alter ist ein Tumorscreening angebracht?“ Die Antwort darauf suchten nordamerikanische Forscher kürzlich mit einer umfangreichen Studie zu finden.
Reinrassige Hunde entwickeln früher eine Neoplasie als Mischlinge
Dazu sammelten sie Informationen aus unterschiedlichen Kohorten und gelangten so zu einem Datensatz von weit über 3.000 Hunden mit malignen Neoplasien. Sie konnten dabei zum einen erkennen, dass reinrassige Hunde früher eine Neoplasie entwickelten als Mischlingshunde. Zudem trat bei kastrierten Hunden eine Krebserkrankung später im Lauf des Lebens auf als bei intakten Individuen. Im Durchschnitt wurde eine maligne Neoplasie im Alter von 8,8 Jahren diagnostiziert, auch wenn es deutliche rasseabhängige Unterschiede gab. Geht man nun von der Annahme aus, dass eine Neoplasie üblicherweise rund zwei Jahre nach der initialen Entartung diagnostiziert wird, müsste ein erstes Screening idealerweise im Alter von rund sieben Jahren erfolgen. Zu berücksichtigen wäre jedoch, dass insbesondere bei großen und Riesenrassen sogar schon ab einem Alter von vier Jahren ein Tumorscreening empfehlenswert erscheint.
Top Job:
Wie weit sind wir noch vom praktischen Einsatz entfernt?
Was die Studie noch nicht zu klären vermag, ist, wie und wann die Methode der Flüssigkeitsbiopsie in der Kleintierpraxis den Status eines Routineverfahrens erreichen wird. Momentan dürfte neben den noch zu verifizierenden Testsicherheiten vor allem die Kostenhöhe eines Screenings eine Hürde für den Einsatz in der tierärztlichen Praxis darstellen. Ist diese einmal genommen, könnte mit dem minimalinvasiven Ansatz ein bedeutsamer Schritt in der Vorsorge, Diagnostik und Therapieüberwachung von Tumorerkrankungen beim Hund gemacht werden. Der für ein Screening zu wählende Startpunkt ist dank der vorliegenden Arbeit schon mal definiert.
Originalpublikation
Rafalko JM, Kruglyak KM, McCleary-Wheeler AL, Goyal V, Phelps-Dunn A et al. (2023): Age at cancer diagnosis by breed, weight, sex, and cancer type in a cohort of more than 3.000 dogs: Determining the optimal age to initiate cancer screening in canine patients. PLoS ONE 18: e0280795. doi.org/10.1371/journal.pone.0280795.