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Der in diesem Fall beschriebene Labrador Retriever Mischling zeigte keine eindeutigen Symptome für ein bestimmtes Krankheitsbild.
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Der in diesem Fall beschriebene Labrador Retriever Mischling zeigte keine eindeutigen Symptome für ein bestimmtes Krankheitsbild.

Inhaltsverzeichnis

Der Praktische Tierarzt

Osteochondrom der Rippe eines zweijährigen Hundes

Osteochondroma of the rib in a two-year-old dog

Der Praktische Tierarzt 104, 742–748

DOI: 10.2376/0032-681X-2325

Eingereicht: 3. Mai 2023

Akzeptiert: 3. Juli 2023

Publiziert: 08/2023

Zusammenfassung

Ein zwei Jahre alter männlicher Labrador Retriever Mischling wurde aufgrund eines Tumors der achten rechten Rippe vorgestellt. Die Umfangsvermehrung war ein Zufallsbefund bei einer vorangegangenen Röntgenuntersuchung. Bei der klinischen Allgemeinuntersuchung zeigte sich die Atmung geringgradig verschärft und eine konvexe Erhabenheit der rechten Brustwand war zu ertasten. In der angefertigten Computertomografie konnte medial der Rippe eine knochendichte, unregelmäßige expansive Umfangsvermehrung mit den Maßen von etwa 5 x 5 x 6,5 cm festgestellt werden, welche Anteile des Lungenparenchyms verdrängte. In der anschließenden Operation erfolgte eine Entfernung des Tumors mittels chirurgischer Resektion der betroffenen Rippe. In der pathohistologischen Untersuchung wurde ein seltenes Osteochondrom nachgewiesen. 

Rippentumor
kartilaginäre Exostose
Thorax

Summary

A two-year-old male Labrador retriever mongrel was presented due to a tumor of the eighth right rib. The circumferential enhancement was an incidental finding on a previous radiographic examination. On clinical general examination, respiration was mildly exacerbated and convex elevation of the right chest wall was palpable. A computed tomography scan revealed a bony, irregular circumferential mass measuring approximately 5 cm x 5 cm x 6.5 cm medial to the rib, which displaced portions of the lung parenchyma. In the subsequent operation, the tumor was removed by surgical resection of the affected rib. Pathohistological examination revealed a rare osteochondroma.

rib tumor
cartilaginous exostosis
thorax

Einleitung

Primäre Tumoren der Rippen kommen bei Hunden nur selten vor und sind deutlich seltener vertreten als neoplastische Veränderungen des Extremitätenskeletts (Pirkey-Ehrhart et al. 1995). Grundsätzlich wird das Osteosarkom des Skeletts mit 90 % als häufigste Tumor­entität des Hundes beschrieben. Die restlichen zehn Prozent bilden Chondrosarkome, Fibrosarkome und Hämangiosarkome (Klopfleisch 2017). Vergleichbare Zahlen zeigen sich für Tumoren der Rippe. Als häufigste Tumorart wird mit 73 % aller Rippentumoren auch das Osteosarkom angegeben (VSSO 2019). Hierbei handelt es sich um einen hochgradig malignen Tumor mit hoher Metastasierungsrate. Als zweithäufigste Neoplasie der Rippen wird das Chondrosarkom beschrieben, welches eine deutlich niedrigere Metastasierungsrate aufzeigt. Vereinzelt werden Fiborsarkome und Hämangiosarkome beobachtet (VSSO 2019). Zu den am meisten betroffenen Hunderassen zählen Golden Retriever, Labrador Retriever, Bassett Hounds, Dobermänner, Australian Shepherds, Englische Bulldoggen, Deutsch Kurzhaar, Langhaar Collies, Irish Setter, Pyrenäenberghunde, Rottweiler, Große Schnauzer, Shar Peis und Springer Spaniels. Das jeweilige Alter zeigt sich hierbei in einer bimodalen Verteilung, wobei entweder junge (2–4,5 Jahre) oder ältere (7–9 Jahre) Hunde betroffen sind (Animal Surgical Center of Michigan 2023). Häufigster Vorstellungsgrund hierbei ist eine tastbare Umfangsvermehrung im Bereich des Brustkorbes, aber auch Lahmheiten oder respiratorische Einschränkungen können beobachtet werden. Die Erscheinung eines Osteochondroms der Rippe ist dementsprechend ungewöhnlich. Da bisher nur wenige Fallberichte über Osteochondrome der Rippe veröffentlicht wurden, werden im vorliegenden Fall die diagnostische Aufarbeitung und Therapie eines betroffenen Patienten erörtert.

Fallbeschreibung

Anamnese


Top Job:


Ein zwei Jahre alter, intakter, männlicher Labrador Retriever Mischling wurde im Tiergesundheitszentrum in Bramsche vorgestellt. Der Patient wurde vom Haustierarzt überwiesen, da sich im Rahmen einer Röntgenuntersuchung auf Ellbogen- und Hüftgelenksdysplasie der Zufallsbefund einer thorakalen Masse darstellte. Der Patient zeigte sich munter und verhielt sich im Alltag ohne Einschränkungen. Laut Vorbericht des Besitzers gab es weder Beschwerden bei Futter- und Wasseraufnahme noch bei Harn- und Kotabsatz. Ein Husten oder andere Einschränkungen der Atmung wurden ebenso nicht beobachtet.

Klinische Untersuchung

Bei der klinischen Allgemeinuntersuchung des Patienten zeigte sich abweichend vom Normalbefund eine geringgradig verschärfte Atmung während der Auskultation der Lunge, sowohl bei Inspiration als auch bei Exspiration. In der eingehenden Untersuchung des Brustkorbes mittels Palpation fiel auf Höhe der achten Rippe rechts eine konvexe Erhebung der Thoraxwand auf. Eine Schmerzhaftigkeit konnte nicht festgestellt werden.

Weiterführende Untersuchungen

Zunächst wurden Röntgenaufnahmen des Thorax angefertigt, sowohl im linksanliegend laterolateralen Strahlengang als auch im ventrodorsalen Strahlengang. In der laterolateralen Aufnahme (Abb. 1) stellte sich eine intrathorakale knöcherne Umfangsvermehrung zwischen der siebten und neunten Rippe auf Höhe der Herzbasis dar. Auf der ventrodorsalen Röntgenaufnahme (Abb. 2) zeigte sich die intrathorakale Umfangsvermehrung rechts von der achten Rippe ausgehend und in den Thorax ragend. Hierbei handelte es sich um eine knochendichte Umfangsvermehrung, die mit der angrenzenden Rippe verwachsen schien.

Es wurde ein Tumorstaging durchgeführt. Die Untersuchung des Abdomens per Ultraschall zeigte keine Hinweise für Pathologien oder Abweichungen von der normalen Anatomie. Eine ausreichende Darstellung der thorakalen Masse mittels Ultraschall war aufgrund des nach innen gerichteten Wachstums in den Brustkorb nicht möglich. Eine Blindpunktion für eine zytologische Untersuchung war durch den Besitzer nicht erwünscht. Eine umfassende Blutuntersuchung, bestehend aus Hämatologie und Blutchemie, ergab keine Abweichungen der normalen Parameter.

Dem Tierbesitzer wurde daraufhin eine computertomografische (CT) Untersuchung des Thorax empfohlen, um eine bessere Darstellung und den Ursprung der Umfangsvermehrung charakterisieren zu können. Die CT-Untersuchung erfolgte hierbei unter Narkose, wobei dem Patienten zunächst ein peripherer Venenkatheter gelegt wurde. Der Rüde wurde dabei mit einer Kombination aus Levomethadon 0,25 mg/kg und Fenpipramid 0,013 mg/kg (L-Polamivet® 2,5/0,125 mg/ml, MSD Animal Health GmbH, CH) und Acepromazin 0,1 mg/kg (Tranquisol® KH 0,5 mg/ml, CP-Pharma, D) intravenös prämediziert. Anschließend wurde die Narkose mittels Propofol 4 mg/ml (Narcofol® 10 mg/ml, CP-Pharma, D) eingeleitet, bis ein Einbringen des Tubus möglich war. Nach Intubation wurde die Narkose mittels Isofluran (Isofluran CP® 1 mg/ml, CP-Pharma, D) und einem Sauerstoffgemisch aufrechterhalten. Die Narkoseüberwachung beinhaltete ein Elektrokardiogramm, Pulsoxymetrie, Kapnografie und Blutdruckmessung.

Die computertomografische Untersuchung wurde mit einem 16-Zeiler der Firma Siemens Somatom go.Now mit dem entsprechenden Thorax -Protokoll und zusätzlichem Weichteil- und Knochenfenster durchgeführt. Der Patient wurde in Brustbauchlage platziert, wobei der Kopf zur Gantry zeigte, die kV-Zahl 110 betrug und eine Schichtdicke von 1 mm eingestellt wurde. Die CT-Untersuchung des Thorax zeigte rechtsseitig eine von der achten Rippe ausgehende, nach medial zwischen die Lungenlappen ragende, mineraldichte und unregelmäßige Läsion mit einem Durchmesser von ca. 6 cm. Die Läsion ließ sich im medianen Abschnitt der achten Rippe lokalisieren, setzte sich pilzförmig von dieser ab und verbreiterte sich im weiteren Verlauf nach medioventral (Abb. 3). Des Weiteren zeigte sich die Läsion zentral weichteildicht hypoattenuierend mit mineraldichten Einschlüssen, wobei sie randständig vollständig mineralisiert war. Das angrenzende Lungengewebe stellte sich geringgradig konsolidiert dar und nach intravenöser Gabe von 600 mg/kg Kontrast­mittel (Xenetix® 350, 350 mg/ml, Guebert GmbH, D) war eine geringgradige inhomogene Anreicherung in der Umfangsvermehrung ersichtlich. Hinweise auf metastatisches Geschehen in der Lunge konnten zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht gesehen werden. Auch die entsprechenden Sentinel-Lymphknoten (Ln. mediastinale, Ln. sternale und Ln. axillare) sowie eine zusätzliche CT-Studie des Abdomens zeigten keine Befunde abseits der Norm.

Im Anschluss an die Bildgebung erfolgte ein ausführliches Gespräch mit dem Patientenbesitzer über die Läsion der Rippe und dass keine Beteiligung der Lunge oder Metastasen ersichtlich waren. Nach kritischer Diskussion der Möglichkeiten entschied sich der Besitzer gegen eine Biopsie der entsprechenden Läsion und direkt für eine Resektion der betroffenen Rippe und einer sich anschließenden pathohistologischen Untersuchung.

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Abb. 3: Computertomografische Untersuchung des Thorax vor dem chirurgischen Eingriff, Transversalschnitt auf Höhe der 8. Rippe
Foto: Tiergesundheitszentrum Grußendorf
Abb. 3: Computertomografische Untersuchung des Thorax vor dem chirurgischen Eingriff, Transversalschnitt auf Höhe der 8. Rippe

Therapie

Der operative Eingriff erfolgte in derselben Narkose. Hierbei wurde die Analgesie zunächst um Ketamin 3 mg/kg (Ketamin 100 mg/ml, CP-Pharma, D) intravenös erweitert und eine einmalige intravenöse Antibiose in Form von Amoxicillin 20 mg/kg (Amoxisel 100 mg/ml, Selectavet, D) verabreicht. Zudem wurde ein Dauertropf mit Elektrolytlösung mit einer Infusionsrate von initial 5 ml/kg/Stunde (Sterofundin® ISO, B. Braun, D) appliziert. Der Patient wurde in linke Seitenlage verbracht und die rechte Seite des Brustkorbes wurde geschoren. Nach großräumigem Scheren des Fells der rechten Thoraxwand wurde die Haut mit Reinigungsschaum (Prontoderm Foam®, B. Braun, D) gereinigt und Hautdesinfektionsmittel (Softasept® N, B. Braun, D) aseptisch für die Operation vorbereitet.

Zu Beginn des chirurgischen Eingriffs wurde der Patient mit einer OP-Folie steril abgedeckt, um den Keimeintrag in die Wundregion zu minimieren. Der operative Zugang erfolgte per Inzision mittels Skalpell über der rechten achten Rippe über einen ca. 20 cm langen Schnitt. Im nächsten Schritt erfolgte ein Durchtrennen der Interkos­talmuskulatur, unter der die Umfangsvermehrung erstmals sichtbar wurde. Die betroffene Rippe wurde nun weiter freigelegt, die Interkostalmuskulatur wurde gelöst und die Rippe anschließend mittels einer Knochenschere jeweils 2 cm ober- und unterhalb der Umfangsvermehrung durchtrennt. Die Umfangsvermehrung konnte nun entfernt werden und eine eingehende Adspektion der Läsion und des umliegenden Gewebes war möglich. Die Umfangsvermehrung wies hierbei eine derbe, knochenähnliche Struktur mit unregelmäßiger Oberfläche auf und hatte etwa die Maße 5 x 5 x 6,5 cm. Das Lungenpar­enchym an der betroffenen Stelle zeigte geringgradige Anzeichen der vorangegangenen Verdrängung, jedoch keine strukturell ersichtlichen Veränderungen. Auch die benachbarten Rippen und die anliegende Pleura schienen adspektorisch unauffällig zu sein. Nach Exstirpation der Umfangsvermehrung war es das Ziel, die Statik des Brustkorbes zu rekonstruieren sowie einen adäquaten Wundverschluss des Thorax unter Wiederherstellung des physiologischen intrathorakalen Drucks durchzuführen. Zunächst wurden hierfür die siebte und die neunte Rippe mittels Vicryl 1 (Vicryl 1/0, Ethicon) adaptiert. Entlang der Inzision wurden dazu mehrere Vicryl-Cerclagen um beide Rippen platziert, damit diese anschließend mit gleichmäßiger Spannung nach und nach angezogen werden konnten. Im nächsten Schritt wurde kaudal des Operationsfeldes eine temporäre Thoraxdrainage unter Sichtkontrolle in den Brustkorb eingebracht, um den Unterdruck im Brustkorb wiederherstellen zu können. Anschließend erfolgte der schichtweise Wundverschluss. Hierzu wurden für die weitere Adaptation der Muskulatur Vicryl 2-0 (Vicryl 2-0, Ethicon) in Form einer fortlaufenden Naht und für die Unterhaut Vicryl 3-0 (Vicryl 3-0, Ethicon) als fortlaufende Naht verwendet. Für die Hautnaht wurde Ethilon 3-0 (Ethilon 3-0, Ethicon) genutzt.

Im Anschluss an die Operation wurde eine erneute Röntgenuntersuchung des Thorax in zwei Ebenen durchgeführt (Abb. 4). Da weder Residualgewebe noch ein maßgeblicher Pneumothorax zur sehen waren, konnte die Thoraxdrainage entfernt werden und die Narkose wurde ausgeleitet. Die postoperative Phase verlief ohne besondere Vorkommnisse und der Patient wurde auf die Intensivstation überführt. Das entnommene Gewebe wurde zur pathohistologischen Beurteilung zur Fachpraxis für Tierpathologie nach München versandt.

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Abb. 4: Laterolaterale Röntgenaufnahme des Thorax nach dem chirurgischen Eingriff
Foto: Tiergesundheitszentrum Grußendorf
Abb. 4: Laterolaterale Röntgenaufnahme des Thorax nach dem chirurgischen Eingriff

Weiterer Verlauf

Postoperativ wurde der Patient fünf Tage stationär in der Klinik überwacht. In dieser Zeit wurden zu Beginn regelmäßig Metamizol-Natrium 50 mg/kg intravenös dreimal täglich (Vetalgin® 500 mg/ml, MSD Animal Health GmbH, CH), Amoxicillin und Clavulansäure 8,75 mg/kg subkutan einmal täglich (Synulox® RTU 140/35 mg/ml, Zoetis GmbH, CH), Meloxicam initial 0,2 mg/kg, später 0,1 mg/kg einmal täglich subkutan (Metacam® 5 mg/ml, Boehringer Ingelheim GmbH, CH) und Buprenorphin 0,02 mg/kg zweimal täglich subkutan (Bupresol® 0,3 mg/ml, CP-Pharma, D) verabreicht.

Klinisch zeigte sich der Patient am ersten Tag postoperativ ruhig, aber aufmerksam. Die Lunge war bei der Auskultation rechtsseitig inspiratorisch leicht verschärft. Palpatorisch und adspektorisch zeigte sich die Wunde trocken und gut adaptiert, mit geringgradigem Emphysem unter der Haut. Die Futter- und Wasseraufnahme erfolgten problemlos. Da sich der Rüde in den weiteren Tagen recht munter zeigte, wurde das Buprenorphin ab dem zweiten stationären Tag nicht mehr verabreicht. Am dritten Tag erfolgte eine Röntgenkontrolle aufgrund des zwar gleichbleibenden, jedoch anhaltenden Emphysems. Hierbei zeigten sich geringgradige Lufteinschlüsse, besonders an der rechten Thoraxwand, welche bis an die Vordergliedmaße reichten, sowie eine leichte Verschattung des rechten Lungenfeldes. Ein Pneumothorax konnte jedoch ausgeschlossen werden. Ab dem vierten Tag des Klinikaufenthaltes waren das Emphysem rückläufig, die Wunde in adäquater Abheilung und der klinische Allgemeinzustand weiterhin gut, sodass der Hund am fünften Tag nach dem Eingriff entlassen werden konnte. Die Therapieempfehlung bei Entlassung war eine weiterführenden Gabe von Amoxicillin und Clavulansäure 12,5 mg/kg zweimal täglich oral (Synulox® 400 mg/100 mg, Zoetis GmbH, CH) und Meloxicam 0,1 mg/kg einmal täglich per os (Metacam® 1,5 mg/ml orale Suspension, Boehringer Ingelheim, CH) über zehn Tage.

Pathologischer Befund

Sieben Tage nach dem chirurgischen Eingriff lag das pathologische Ergebnis vor. Die Beurteilung wurde hierbei durch die Fachpraxis für Tierpathologie in München durchgeführt. Bei der histologischen Untersuchung wurde ein von der Rippe ausgehendes Osteochondrom nachgewiesen. Dieses zeichnete sich durch ein trabekuläres Maschenwerk, gekennzeichnet durch ausdifferenzierte, konfluierende Knochen- und Knorpelspangen, aus. Hierbei zeigten sich eingelagert einzelne reife Osteo- und Chondrozyten und keinerlei Atypien, sowie anhaftend geringgradig gereiztes Periost mit Entzündungszellen, jedoch ohne Invasionstendenz. Insgesamt wurde die Umfangsvermehrung somit als ungewöhnlicher, weil auch seltener, gutartiger, proliferativer Prozess des Knorpel- und Knochengewebes befundet. Das Osteochondrom wurde vollständig exzidiert. In der abschließenden pathohistologischen Beurteilung konnte daher von einem komplikationslosen Verlauf mit guter Prognose ausgegangen werden.

Nachsorge

Die erste Kontrolle erfolgte sieben Tage nach Klinikentlassung. Der Besitzer schilderte hierbei einen guten Allgemeinzustand des Patienten, nur ein leicht vermehrtes Hecheln sei aufgefallen. Die Medikation wurde regelmäßig wie besprochen verabreicht. Bei der klinischen Allgemeinuntersuchung fiel abweichend von den Normalbefunden lediglich eine geringgradig verschärfte Inspiration der Lunge während der Auskultation auf. Die Wundumgebung zeigte eine leicht blutige Imbibition im Bereich der Achsel. Die Wunde zeigte sich trocken und gut adaptiert. Das Kontrollröntgen des Thorax zeigte bis auf den Bereich der Operationsstelle ein freies Lungenfeld. Das zuvor aufgetretene Emphysem war vollständig resorbiert. Die Fäden der Hautnaht konnten aufgrund des positiven Verlaufs entfernt und die Medikation abgesetzt werden. Eine erneute Kontrolle wurde für vier Wochen später terminiert.

Im weiteren Verlauf wurde der Patient sechs Tage später aufgrund einer akuten Schmerzhaftigkeit erneut vorstellig. Nach Besitzerangaben zeigte der Hund eine Schmerzhaftigkeit beim Hinlegen sowie Aufstehen. Ebenso beschrieb der Besitzer, dass der Rüde bei Vorführung der rechten Vordergliedmaße gehemmt wirkt. Bei der Untersuchung waren sowohl Auskultation als auch Palpation der Wundregion ohne besonderen Befund. Bei eingehender Untersuchung waren jedoch eine Dolenz bei Streckung des Schultergelenkes und eine verkürzte Vorführphase im Trab zu beobachten. Es erging die Therapieempfehlung zur erneuten Gabe von Meloxicam 0,1 mg/kg einmal täglich per os (Metacam® 1,5 mg/ml orale Suspension, Boehringer Ingelheim, CH) über sieben Tage.

Bei der geplanten Kontrolle fünf Wochen nach dem chirurgischen Eingriff wurden erneut Röntgenbilder angefertigt (Abb. 5 und Abb. 6). Diese zeigten keine auffälligen Befunde, welches gleichermaßen im Rahmen der Allgemeinuntersuchung festgestellt wurde, in der sich der Hund als sehr munter darstellte.

Diskussion

Der in diesem Fall beschriebene Labrador Retriever Mischling zeigte keine eindeutigen Symptome für ein bestimmtes Krankheitsbild. Hierbei handelte es sich um einen zufälligen Befund bei einer Röntgenuntersuchung des Bewegungsapparates. Aufgrund des nach innen gerichteten Wachstums von der achten Rippe ausgehend wurde die Umfangsvermehrung lange Zeit nicht detektiert.

In Bezug auf tumoröse Veränderungen der Rippen sind vor allem Chondrosarkome und Osteosarkome zu nennen. Häufig bilden sich diese im Bereich der Rippen-Rippenknorpel-Grenze, wobei zumeist großrassige Hunde betroffen sind (Kohn und Schwarz 2017). Die bildgebende Diagnostik in Kombination mit einer histopathologischen Untersuchung ist in solchen Fällen dringend indiziert, um eine exakte Differenzierung zu erhalten. Wie dieser Fall verdeutlicht, war auch hier die pathohistologische Auswertung wichtig, um die Diagnose eines Osteochondroms zu stellen. In diesem Fall konnte darauf basierend eine deutlich bessere Prognose im Vergleich zu möglichen malignen Veränderungen der Rippe ausgesprochen werden. Aufgrund des vergleichsweise häufigen Auftretens von Osteosarkomen innerhalb des Skeletts konnte die Verdachtsdiagnose zum Zeitpunkt der Operation nicht sicher ausgeschlossen werden. Eine präoperative Diagnosesicherung mittels Biopsie oder Feinnadelaspiration wäre zur besseren Therapieplanung wünschenswert gewesen, wurde jedoch vom Besitzer des Patienten nicht zugelassen. Typischerweise tritt dieser hochgradig maligne Tumor im Bereich der Metaphyse der langen Gliedmaßenknochen auf und zeigt eine frühe Metastasierungstendenz in die Lunge. Als benigne Tumoren sind Osteochondrome hingegen an den Physen von Gliedmaßen­knochen, Becken, Wirbelkörpern, Schulterblatt und Rippen lokalisiert (Baumgärtner und Gruber 2014). Hierbei spricht man von einer Dysplasie des betroffenen Gewebes, welches historisch jedoch zu den Tumoren gezählt wird. Das Osteochondrom ist bei jungen Hunden und Pferden zu beobachten, wobei es autosomal-dominant vererbt wird und sich monoostotisch und polyostotisch ausprägen kann. Bei der adulten Katze ist die feline Osteochondromatose beschrieben, welche histologisch ähnlich ist, aber mit einer Infektion durch das Feline Leukämievirus/Sarkomavirus assoziiert wird. In diesem Fall neigt die Katze eher zu einer malignen Progression der Tumoren als das Pferd oder der Hund. Der Mensch hingegen weist ähnlich wie Hund und Pferd eine genetische Komponente auf. Osteochondrome treten hier häufig in der Metaphyse des distalen Femurs, des proximalen Humerus und dem proximalen Anteil von Tibia und Fibula auf (Bovée et al. 2002). Das Osteochondrom, oder auch kartilaginäre Exostose, entwickelt sich dabei histologisch aus einer zum Teil ossifizierenden Proliferation mit einem kappenartigen Überzug von hyalinem Knorpel, welcher senkrecht zur Längsachse des Knochens orientiert ist (Baumgärtner und Gruber 2014). Zwar handelt es sich bei einem Osteochondrom um eine benigne primäre Neoplasie des Knochens, jedoch kann es aufgrund von Kompression und Deformationen der benachbarten Strukturen zu Schmerzen, Lahmheiten oder Paralysen kommen (Czerwik et al. 2019). Des Weiteren ist eine maligne Transformation von Osteochondromen möglich, es wurden bereits Umwandlungen zu Osteosarkomen beschrieben (Green et al. 1999). Die chirurgische Entfernung eines Osteochondroms der Rippe hat eine gute Prognose, eine frühe Intervention ist hier empfohlen, um möglichen Symptomen oder einer malignen Transformation vorzubeugen. In Bezug auf Tumoren der Brustwand können je nach Aufwand eine Entfernung mehrerer Rippen und eine aufwendige Rekonstruktion vonnöten sein. Defekte mit Beteiligung von bis zu sechs Rippen werden dabei als oberes Limit erachtet (Johnston und Tobias 2017). Bei invasiven Tumoren der Brustwand sind zytologische Punktionen oder histopathologische Biopsien im Vorfeld des Eingriffes angeraten, um einen adäquaten Sicherheitsabstand bestimmen zu können. In diesem Fall wurde auf Wunsch des Besitzers nach kritischer Diskussion direkt eine Resektion des veränderten Gewebes im Sinne einer exzisionalen Biopsie durchgeführt. Obwohl sich computertomografisch nicht die typischen Veränderungen eines Osteosarkoms zeigten und die Umfangsvermehrung sich gut adspektorisch abgrenzen und auf eine Rippe beschränken ließ, wurde ein Sicherheitsabstand von etwa 2 cm nach dorsal und ventral entlang der Rippe miteinbezogen. Eine histopathologische Diagnosesicherung im Vorfeld einer solchen Intervention wäre in diesem Fall sinnvoll gewesen, um das Ausmaß des Tumors vorhersagen zu können. Des Weiteren ist eine stationäre Versorgung nach einem derartigen Eingriff dringend anzuraten, um Schmerzen gezielt zu behandeln und Komplikationen frühzeitig erkennen zu können. Der hier beschriebene Patient entwickelte postoperativ ein geringgradiges Emphysem, welches sich auf die gelegte Thoraxdrainage oder auch auf den chirurgischen Verschluss des Thorax zurückführen lassen kann. Da es sich während des stationären Aufenthalts wieder resorbierte, war keine weitere Intervention nötig. Die Entfernung einer Rippe ist gut möglich, solange eine normale thorakale und kardiopulmonale Funktion aufrechterhalten wird, und kann im Falle eines Osteochondroms empfohlen werden.

Fazit für die Praxis

Bei einem Osteochondrom handelt es sich um einen seltenen benignen Primärtumor des Knochens. Es tritt meist bei jungen Tieren im Wachstum auf und unterliegt bei Hund und Pferd einer genetischen Prädisposition. Bei der Katze hingegen kann es sich infolge einer viralen Infektion entwickeln. Eine frühzeitige Resektion eines solchen Osteochondroms ist sinnvoll, da das fortschreitende Wachstum einer solchen Läsion das umliegende Gewebe beeinträchtigen kann, aber auch eine Weiterentwicklung in eine maligne Form möglich ist. Bildgebende Verfahren, wie eine Computertomografie, sind bei der Vorbereitung eines geplanten Eingriffs sinnvoll, um das Ausmaß des Tumors präzise bestimmen zu können. Die vollständige Entfernung eines Osteochondroms weist dabei eine gute Prognose auf, bei welcher keine weiteren Komplikationen zu erwarten sind.

Ethische Anerkennung

Die Autoren versichern, während des Entstehens der vorliegenden Arbeit die allgemeingültigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis befolgt zu haben.

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären hiermit, dass sie keine geschützten, finanziellen, beruflichen oder anderweitigen persönlichen Interessen haben, welche in dieser Veröffentlichung genannte Inhalte oder Meinungen beeinflussen könnten.

Finanzierung

Nicht zutreffend.

Autorenbeitrag

Konzeption/Design der Arbeit: VKB, CG.

Datenanalyse und -interpretation: VKB.

Manuskriptentwurf: VKB.

Kritische Revision des Artikels: CG.

Endgültige Zustimmung zur für die Veröffentlichung vorgesehenen Version: VKB, CG.

Literatur

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