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Abb. 1a: Tränketupfernahme in/an einer Rundtränke
Foto: Erwin Sieverding
Tränketupfernahme in/an einer Rundtränke

Inhaltsverzeichnis

Der Praktische Tierarzt

Tierschonende Probengewinnung bei Aviärer Influenza: eine empirische Studie

Animal-friendly sampling for avian influenza: an empirical study

Der Praktische Tierarzt 104, 1194–1207

DOI: 10.2376/0032-681X-2334

Eingereicht: 7. März 2023

Akzeptiert: 21. September 2023

Publiziert: 12/2023

Zusammenfassung

Die Probengewinnung in Geflügelherden bei der Untersuchung auf Aviäre Influenzaviren ist zeitaufwendig und mit hohen Belastungen sowohl für das Personal als auch die zu beprobenden Tiere verbunden. Eine tierschonende und zugleich sichere Methode zur Gewinnung von aussagekräftigen Bestandsproben wäre eine deutliche Verbesserung in der Kontrolle und Bekämpfung der Aviären Influenza, besonders in geflügelintensiven Regionen. Tupferproben aus Stalltränken sind sehr leicht von Personen zu nehmen. Jedes Tier mit einer Atemwegsinfektion hinterlässt bei der Wasseraufnahme geringe Mengen seines infektiösen Atemwegssekrets in/an der Tränke. Somit ist bereits vor dem Auftreten erster klinischer Auffälligkeiten Influenza-Virusmaterial in den Tränken enthalten. Mit der Beprobung von Tränken, die gleichmäßig im Stall verteilt sind, erhält man annähernd von jedem infizierten Tier geringste Mengen Atemwegssekret. Im Gegensatz zu den Kotproben befindet sich in der Tränkwasserprobe nur wenig DNA und RNA von Mikroorganismen. Die RNA von Influenzaviren wird deshalb auch in geringsten Mengen in der PCR-Untersuchung nachgewiesen.

Diese Felduntersuchungsergebnisse erlauben den Rückschluss, dass über gleichmäßig im Geflügelbestand verteilt genommene Tränketupferproben eine sehr sichere und sehr aussagekräftige Information über das Vorhandensein von Aviären Influenzaviren in einer Geflügelpopulation geliefert wird. Mit einem Influenza-Monitoring mithilfe von Tupferproben aus Tränken erhält man Atemwegssekret von sehr vielen Tieren, zudem ist es schnell, sensitiv, spezifisch, sicher, preiswert und unabhängig vom Alter der Tiere auch in großer Stückzahl leicht zu nehmen. Diese Art der Probengewinnung entlastet nicht nur die Tiere, sondern auch Tierhalter und Tierärzte. Die Probengewinnung aus Stalltränken ist ein tierschonendes Verfahren mit einer Verbesserung der Herdendiagnostik.

PCR-Untersuchung
Tränketupfer
Influenza- Monitoring
Herdendiagnostik

Summary

Taking throat swabs from poultry flocks when testing for avian influenza viruses is time-consuming and involves a lot of stress for the staff as well as the sampled animals. An animal-friendly and at the same time safe method would be a significant improvement in the control of avian influenza, especially in poultry-intensive regions. This paper shows the results from swabs in/on drinkers. Swab samples of barn-drinkers are very easy to take. When drinking water, every animal with a respiratory infection leaves small amounts of its respiratory secretions in resp. on the barn-drinkers. Which means that drinkers already contain influenza virus, even before the first clinical signs appear in a flock. By sampling drinkers that are evenly distributed throughout the barn smallest amounts of respiratory secretion from approximately every infected bird in the flock can be detected. In contrast to faecal samples, samples from drinkers only contain a small amount of DNA and RNA from microorganisms. For this reason the RNA of influenza viruses can be detected in smallest amounts with the PCR-technique.

The PCR-results from this field examination allow the conclusion that swabs from drinkers in the barn give very reliable and meaningful information about the presence of avian influenza viruses in a poultry population. An influenza monitoring with swab samples from drinkers collect respiratory-mucus from a big number of birds, it is also fast, sensitive, specific, safe, with low cost and easy to take by anyone, regardless of the age und numbers of birds in the flock. Taking samples in/on drinkers does not only relieve animals, but also owners and veterinarians. The detection of avian influenza virus in infected flocks with this method is an animal-friendly process with an improvement in flock-diagnostics.

PCR test
swabs in/on drinkers
influenza monitoring
flock diagnostic

Einleitung

Die Aviäre Influenza (AI) ist in Europa seit 2022 als endemisch anzusehen (FLI 2023). Über das ganze Jahr verteilt treten neben den Wildvögeln auch bei Nutzgeflügel (Puten, Legehennen, Masthähnchen, Enten und Gänsen) Influenza-H5N1-Infektionen auf. Eine windvermittelte Übertragung von Influenzaviren in die Betriebe wird nicht mehr ausgeschlossen, sodass eine alleinige Intensivierung der betrieblichen Biosicherheitsmaßnahmen nicht ausreicht, um sich sicher vor einer Infektion zu schützen (Lüder et al. 2020). Um infizierte Geflügelbestände möglichst unverzüglich zu identifizieren, sind eine schnelle und aussagekräftige Probennahme und Diagnostik insbesondere in geflügeldichten Gebieten notwendig. Die Einzeltierdiagnostik am erkrankten oder verendeten Vogel ist einfach und sicher in der Aussage, während die Untersuchung einer größeren Geflügelherde bzw. eines Geflügelbestandes auf das Vorhandensein oder Freisein von einer Influenzainfektion deutlich schwieriger ist.

Bei der Entnahme durch das Fixieren und/oder der Probennahme können Schäden am/im Tier entstehen. Dabei gilt: Je größer und älter die Tiere sind, desto schwieriger ist die Probengewinnung und desto schwerwiegender können mögliche Folgeschäden am/im Tier oder in der Herde sein. Dies gilt insbesondere für die Probennahme aus Rachen und Kloaken von Putenherden kurz vor dem Schlachttermin.

Bei der Bestandsuntersuchung auf die Salmonellenfreiheit werden in der Haltung von Legehennen statt vieler Einzeltiere in der Kleingruppenhaltung Kotproben gesammelt und in der alternativen Hühnerhaltung sowie in der Hähnchen- und Putenmast Sockenprobenpaare genommen, was als validiertes Verfahren einer einfachen Probengewinnung mit sicherer Aussage über den Salmonellenstatus anerkannt ist (Buhr et al. 2007). Durch diese einfache und sichere Untersuchungsmethode lassen sich Salmonellen schnell finden, sodass sie leicht bekämpft werden können. Eine vergleichbar sichere Probengewinnung steht bei der Herdenuntersuchung auf AI zurzeit nicht zur Verfügung.


Top Job:


In der vorliegenden empirisch angelegten Untersuchungsreihe, die während des H5N1-Seuchenzuges von Herbst 2021 bis Frühjahr 2022 in Deutschland stattgefunden hat, ist die Probengewinnung aus der Tränke auf ihre Eignung zur Bestandsuntersuchung getestet worden. In dieser Untersuchungsreihe sind mit einem Tupfer bis zu fünf Rundtränken oder bis zu zehn Nippel-/Auffangschalen bei Strangtränken beprobt worden (Connie Leung et al. 2007). Alle Proben sind entweder einzeln oder in einer Pooluntersuchung bis maximal zehn Tupfer mittels PCR (Polymerase-Chain-Reaktion) in einem akkreditierten Veterinärlabor (Normec Lebensmittel- und Veterinärlabor GmbH, Emstek) untersucht worden. Bis auf eine Probengewinnung in einem Legehennenbetrieb stammen alle Proben aus Putenhaltungen. Bei allen mit H5N1 infizierten Putenherden waren für den Tierbetreuer vor dem Auftreten erster verendeter Tiere keine weiteren Auffälligkeiten zu erkennen.

Material und Methoden

Angeregt wurde die tierschonende Probenahme über die Tränke zum einen durch die Probengewinnung mit sogenannten Kauseilen bei der Untersuchung von Schweinebeständen auf PRRS-Virus – nicht den Tupfer zum Tier, sondern das Tier zum Tupfer bringen – (Kittawornrat et al. 2010) und zum anderen durch die Suche nach Coronavirusvarianten in den Abwässern von Städten während der Corona-Pandemie, die Sensitivität und Spezifität der PCR-Untersuchung ausnutzen (D’Aoust et al. 2021, Bonanno Ferraro et al. 2022). Untersuchungen von Stallknecht et al. (1990) unterstützen diese Annahme. Stallknecht konnte über einen Zeitraum von 60 Tagen in unbehandeltem Wasser noch infektionsfähiges AI-Virus nachweisen.

Die AI ist u. a. eine Atemwegsinfektion (Heider et al. 1992). Sowohl die HPAI- als auch die LPAI-Viren werden nach einer Infektion über die atemführenden Wege an die Umgebung abgegeben. Bei jeder Wasseraufnahme gelangt über den Schnabel aus dem Rachenraum auch Atemwegssekret in/an die Tränke (Muñoz-Aguayo et al. 2019). In der Zeit von der Infektion mit dem Virus bis zu dem Zeitpunkt erster Symptome (Inkubationszeit) trinkt das Tier noch Wasser. Erste Symptome bei Infektionen mit dem aktuell zirkulierenden HPAI-H5N1-Virus der Klade 2.3.4.4b sind plötzlich unerklärlich verendete Tiere in einer weiterhin nicht auffälligen Herde. Mit jeder Wasseraufnahme gelangen auch Influenzaviren und somit virales RNA-Material in/an die Tränke. Wischt man im Übergangsbereich der Wasseroberfläche mit einem Tupfer entlang der Tränke, nimmt man mit dem Biofilm Virusmaterial auf (Stallknecht et al. 1990).

In der Geflügelhaltung kommen zur Wasserversorgung Tränken mit offenem (Rundtränke und Lubing-Strangtränke) und Tränken ohne offenen Wasserzugang (Nippeltränken mit Auffangschale) zum Einsatz. Die Probengewinnung erfolgte bei der Rundtränke durch eine Tupferführung (wischen) an der Tränke im Übergangsbereich von Wasseroberfläche und Tränkerand über eine Strecke von ca. 25–35 cm (Abb. 1a). In der Lubing-Strangtränke erfolgte die Tupferführung ebenfalls im Übergangsbereich Wasseroberfläche und Tränkerand über eine Strecke von ca. 3–5 cm (Abb. 1b). Dabei entsprechen fünf Tränkeschalen der Firma Lubig (Barnstorf) einer Rundtränke. Die Tupferführung bei der Nippeltränke mit Auffangschale erfolgte durch ein Betupfen des Nippels und Auswischen der Auffangschale mit dem Tupfer. Dabei entsprechen fünf Nippel-/Auffangschalen einer Rundtränke.

Zum Nachweis influenzaviraler RNA wurden in dieser Untersuchungsreihe der Influenza A RT-PCR Kit von der Firma Indical (Leipzig), im Text als Influenza-A-PCR-Test bezeichnet, und der Influenza Kit H5/H7/H9 von der Firma Congen Biotechnologie (Berlin) (keine FLI-Zulassung), nachfolgend als Influenza-H-PCR-Test bezeichnet, verwendet. Die Untersuchungen auf das Influenzavirus H6N1 erfolgten mit dem Kylt® H6 Kit von der Firma San Group Biotech Germany (Höltinghausen) (keine FLI-Zulassung). In den Tabellen sind die PCR-Ergebnisse der einzelnen Praxisuntersuchungen immer mit ihrem ct-Wert (cycle threshold) angegeben. Der ct-Wert lässt Rückschlüsse über die gefundene Virusmenge zu. Je geringer der angegebene Wert ist, desto mehr Virusmaterial ist in der Probe enthalten. Ab einem ct-Wert von 40 gilt die Probe als negativ.

Praxisversuch 1: Vergleich Tränketupfer vs. Rachentupfer

Sind in einer mit AI infizierten Herde Tränketupferproben genauso sensitiv und sicher wie Proben aus dem Oropharynx (Schnabelrachen)? Dazu ist in einem Putenbestand (5.000 Hähne, 18. Lebenswoche) mit Verdacht auf eine Influenza-H6N1-Infektion nach dem Auftreten erster Atemwegsgeräusche von fünf klinisch auffälligen Putenhähnen jeweils ein Rachentupfer genommen worden. Parallel sind in der Herde fünf über den Stall verteilte Tränken mit einem Tupfer beprobt worden. Die fünf Rachen- und die fünf Tränketupferproben sind jeweils im 5er-Pool in der Influenza-H6-PCR untersucht worden.

Praxisversuch 2: Vergleich Influenza-A-PCR vs. Influenza-H-PCR

Sind die in der Influenza-A-PCR und Influenza-H-PCR ermittelten ct-Werte vergleichbar? Der ct-Wert gibt einen Hinweis auf die in der Probe vorhandene Virusmenge. Dazu sind zehn H5N1-positive Tränketupfer aus einer mit H5N1 infizierten Putenherde einzeln in der Influenza-A-PCR und in der Influenza-H-PCR untersucht worden.

Praxisversuch 3: Vergleich Tränketupfer vs. Sockentupfer

Sind Proben, die aus der Tränke genommen worden sind, sensibler als Sockenproben aus der Einstreu? Influenzaviren werden über die Atemwege und über den Magen-Darm-Kanal ausgeschieden (Alexander et al. 1980). Um zu untersuchen, ob der Virusnachweis in der Tränke oder der Virusnachweis im Kot sensitiver ist, sind in zwei Putenbetrieben zeitgleich Tränkeproben und Sockenproben genommen worden. Im ersten Betrieb waren in Stall 1 (5.000 Putenhähne im Alter von 19 Wochen) bereits 2 % der Tiere an H5N1 verendet und die Wasser- und Futteraufnahme stark zurückgegangen. In Stall 2 (direkt daneben, auch 5.000 Putenhähne im Alter von 19 Wochen) waren noch keine toten Puten und kein Wasser- und Futterrückgang zu beobachten. Im zweiten Putenbetrieb (ebenfalls zwei nebeneinanderstehende Ställe, 3.200 Putenhähne im Alter von 16 Wochen) war in beiden Ställen eine klinische H6N1-Infektion mit starken Atemwegsgeräuschen sowie einem Futter- und Wasserrückgang aufgetreten. In beiden Putenbetrieben wurden in jedem Stall zehn Tränketupferproben und zwei Sockenpaare genommen. Die Sockenpaare und die Tränketupfer sind als Pool in der Influenza-A-PCR untersucht worden.

Praxisversuch 4: Vergleich AI-Schnelltest vs. PCR-Untersuchung

Hat die Untersuchungsmethode einen Einfluss auf das PCR-Ergebnis? In einem Putenbestand (5.000 Putenhähne im Alter von 18 Wochen) mit einer H5N1-Infektion sind zehn Tränken und in einem weiteren Putenbestand (4.000 Putenhähne im Alter von 16 Wochen) mit einer H6N1-Infektion ebenfalls zehn Tränken jeweils mit einem Tupfer beprobt worden. Die Proben aus beiden Betrieben sind als 10er-Pool sowohl in der Influenza-A-PCR und Influenza-H-PCR als auch mit einem vom FLI zugelassenen Antigenschnelltest untersucht worden. Verwendet wurde der Influenza-Schnelltest FASTest AIV Ag von der Firma Diagnostik MEGACOR in Österreich.

Praxisversuch 5: Vergleich Tupfer saubere vs. verunreinigte Tränke

Haben Verunreinigungen und der hygienische Zustand der Tränken einen Einfluss auf das PCR-Ergebnis? Ob die Tränkehygiene einen negativen Einfluss auf ein positives PCR-Ergebnis haben kann, ist durch eine Verdünnung von einem Influenza positiven Tupfer mit neun verunreinigten negativen Tupfern untersucht worden. Dazu sind acht Tränketupfer aus einer H5N1-positiven Putenherde verwendet worden. Um sicherzustellen, dass die Virusgehalte in dem Einzeltupfer und dem mit neun negativen Tupfern in der 10er-Pool­untersuchung annähernd gleich sind, sind jeweils zwei Tupfer in einem mit 0,5 ml sterilem Wasser gefüllten Reagenzglas miteinander verrührt worden. Ein Tupfer ist in der Einzel-PCR und der andere Tupfer zusammen mit neun verunreinigten negativen Tupfern im 10er-Pool untersucht worden. Die negativen Tupfer stammten aus zwei Betrieben. Ein Betrieb hatte eine mäßige Tränkehygiene und der andere Putenbetrieb hatte eine sehr schlechte Tränkehygiene mit einer starken Biofilmbildung in den Rundtränken. Die vier 10er-Pools sind sowohl in der Influenza-A-PCR als auch in der Influenza-H-PCR untersucht worden.

Praxisversuch 6: Vergleich Rundtränke vs. Nippeltränke

Sind Nippeltränken mit Auffangschalen für einen Virusnachweis genauso geeignet wie Rundtränken mit offenem Wasserzugang? Um das zu testen, sind Proben eines Legehennenbestandes (5.000 Legehennen im Alter von 62 Wochen), der an Influenza-H6N1 erkrankt war, untersucht worden. Der Stall war in fünf Abteile mit jeweils 1.000 Hennen unterteilt. Die Legeleistung, die nicht für die einzelnen Abteile bestimmt werden konnte, war um insgesamt 30 % verringert. In drei der fünf Abteile waren zum Zeitpunkt der Probennahme bereits an Influenza-H6N1 verendete Tiere gefunden worden. In jedem der fünf Abteile sind mit sechs Tupfern insgesamt 30 Nippel/Schalen beprobt worden (mit jedem Tupfer fünf Nippel). Die so genommenen Tupferproben der einzelnen Abteile sind jeweils als Pool in der Influenza-A-PCR untersucht worden.

Praxisversuch 7: Sensitivität und Spezifität von Tränke­tupferproben

Wie sensitiv ist der Nachweis über Tränketupfer in einer frisch infizierten Herde? In einem Putenbetrieb mit zwei baugleichen und ca. zehn Meter auseinander stehenden Putenställen (je Stall 5.000 Putenhähne im Alter von 19 Wochen) waren in Stall 1 bei der morgendlichen Tierkontrolle fünf unerklärlich verendete Putenhähne aufgefunden worden. Auch der Wasser- und Futterverbrauch war etwas reduziert. Am Vorabend waren keine Auffälligkeiten vom Tierbetreuer festgestellt worden. In Stall 2 direkt daneben waren zu dem Zeitpunkt vom Tierbetreuer noch keine Auffälligkeiten feststellbar. Weil in der Region bereits einige H5N1-Infektionen aufgetreten waren, sind in jedem Stall sofort zehn einzelne Tränken mit einem Tupfer beprobt (Abb. 2) und einzeln in der Influenza-A-PCR auf Virus-RNA untersucht worden.

Praxisversuch 8: Einfluss von Chlordioxid und freiem Chlor auf den Nachweis eines RNA-Virus mittels RT-PCR

Haben Chlordioxid (ClO₂) und freies Chlor (Cl₂) einen negativen Einfluss auf das PCR-Ergebnis? Die Zugabe von 1,2 mg Chlor/Liter und 0,4 mg Chlordioxid/Liter zur Desinfektion von Trinkwasser ist erlaubt. In der Tierhaltung kommen beide Substanzen zur Keim­abtötung und Verhinderung einer Biofilmbildung zum Einsatz. Da im Feld keine Möglichkeit besteht, mit replikationsfähigen Influenzaviren zu arbeiten, sind Lebendviren eines Newcastle-Impfstoffes verwendet worden.

Die Erreger der AI und der Newcastle-Erkrankung kommen beide aus dem Reich negativsträngiger RNA-Viren (Palese und García-Sastre 1999). Eine Influenza wird durch Orthomyxoviren und eine Newcastle-Erkrankung durch Paramyxoviren hervorgerufen (Beer et al. 2015). Beide besitzen eine Hülle und haben ihre genetische Information in einer RNA gespeichert. Deshalb lassen nach Ansicht des Autors an Newcastle-Viren erhaltene Ergebnisse auch Rückschlüsse auf Influenzaviren zu. Zum Nachweis der ND-Viren ist der Newcastle Disease Virus Multiplex RNA Test Kit, nachfolgend als ND-PCR bezeichnet, von der Firma BioChek aus Reeuwijk in den Niederlanden verwendet worden, der allerdings keine Zulassung durch das FLI besitzt.

In drei Ansätzen à zehn Liter Wasser sind jeweils 1.000 Impfdosen ND-Lebendviren (AviNew Neo, Stamm VG/GA, Boehringer Ingelheim, D) aufgelöst worden. Um den Einfluss von Luftsauerstoff auszuschließen, sind von jedem Ansatz drei Liter unter Luftausschluss in ein lichtundurchlässiges Gefäß gefüllt und bei +8 °C gelagert worden. Getestet wurde Chlordioxid in einer Konzentration von 0,75 mg/Liter (0,75 ppm), freies Chlor in einer Konzentration von 7,4 mg/Liter (7,4 ppm) und unbehandeltes Trinkwasser (Oldenburgisch-Ostfriesischer Wasserverband). Eine Tupferprobe ist eine Minute, eine Stunde, acht Stunden, 24 Stunden und 48 Stunden nach Zugabe der ND-Viren genommen und in der ND-PCR auf Virus-RNA untersucht worden.

Praxisversuch 9: Persistenz von Influenzavirus-RNA in der Tränke

Wie lange ist Influenza-RNA nach einer Infektion in den Tränken nachweisbar? Ein Langzeitnachweis von HPAI-Virus ist nicht möglich, da positive Bestände sofort gekeult werden. Der Nachweis von Influenza-Virusmaterial in Tränken erfolgte deshalb an Herden, die mit LPAI-Viren (Low-Pathogenicity-Influenza-Virus) infiziert waren.

Während des H5N1-Seuchenzuges im Winter/Frühjahr 2021/22 ist in einer putenintensiven Region über einen Zeitraum von sechs Monaten ein Tränke-Monitoring auf Influenzaviren erfolgt. Aus allen in der Region gehaltenen Putenherden wurden jeweils montags und donnerstags vom Betriebsleiter zehn Tränketupferproben genommen und in einem akkreditierten Privatlabor mittels PCR-Technik auf das Vorhandensein von Influenzaviren untersucht. In dem Untersuchungszeitraum ist es in einigen Geflügelbetrieben zu H6N1- oder H9N2-Infektionen gekommen. Da es sich bei diesen Stämmen nicht um anzeigepflichtige Influenzaerkrankungen handelt, werden infizierte Herden nicht gekeult. Auch eine eventuelle antibiotische Behandlung hat keinen Einfluss auf den zeitlichen Verlauf der Influenza. Deshalb konnten diese Betriebe für eine Langzeitauswertung herangezogen werden (Stallknecht et al. 1990). Leider konnten aufgrund des Herdenalters nicht alle Betriebe so lange beprobt werden, bis in den Tränken kein Virusmaterial mehr nachweisbar war. In dem Untersuchungszeitraum ist in sechs Betrieben eine H6N1- und in zwei Betrieben eine H9N2-Influenzainfektion aufgetreten.

Praxisversuch 10: Ergebnisse aus drei mit H5N1 infizierten Putenbeständen

Während des Seuchenzuges im Winter/Frühjahr 2021/22 ist in diversen Putenbetrieben ein hochpathogenes Influenza-H5N1-Virus amtlich festgestellt worden. In einigen Betrieben sind parallel zu den offiziellen 40 Rachen-/Kloakentupfern vom betreuenden Tierarzt zusätzlich auch Tupferproben aus den Tränken genommen und ebenfalls auf H5N1-Virusmaterial untersucht worden. Von drei Betrieben (Betriebe A, B und C) werden hier die Ergebnisse vorgestellt. Alle Herden sind spätestens 48 Stunden nach der amtlich festgestellten H5N1-Diagnose gekeult worden.

In Betrieb A ist die H5N1-Infektion bei 20 Wochen alten Puten ausgebrochen. Auf dem Betrieb wurden in drei identischen Offenställen insgesamt 12.000 Putenhähne gehalten. Alle drei Ställe stehen unmittelbar nebeneinander. Im mittleren Stall 2 waren vom Tierbetreuer abends drei aus unerklärlichen Gründen verendete Putenhähne gefunden worden. Am nächsten Morgen weitere zehn und im Stall 1, der in Windrichtung steht, ebenfalls fünf tote Puten. Von den toten Puten wurden Rachen-/Kloakentupfer genommen und zur amtlichen Untersuchungsstelle verbracht. Zeitgleich sind jeweils die Tränken in den drei Ställen, wie in der Abbildung 3 angegeben, vom betreuenden Tierarzt beprobt worden.

In Betrieb B ist die H5N1-Infektion bei 18 Wochen alten Puten ausgebrochen. Auf dem Betrieb wurden in vier Ställen insgesamt 9.000 Putenhähne gehalten. Alle vier Ställe stehen unmittelbar nebeneinander. In Stall 3 waren morgens vier tote Putenhähne aufgefallen. Bei der Tierkontrolle am späten Nachmittag waren es in Stall 3 bereits weitere 50 tote und in Stall 2 drei tote Hähne. Vom Tierarzt wurden von den verendeten Tieren Rachen-/Kloakentupfer genommen und zur amtlichen Untersuchungsstelle verbracht. Am Folgetag waren in Stall 3 schon 150 tote, in Stall 2 sechs tote und in Stall 1 neun tote Hähne. In allen vier Ställen wurden die Tränken, wie in der Abbildung 4 angegeben, vom betreuenden Tierarzt mit einem Tupfer beprobt.

Im Betrieb C ist die H5N1-Infektion bei 16 Wochen alten Puten ausgebrochen. Auf dem Betrieb wurden in drei Ställen insgesamt 12.000 Putenhähne gehalten. Stall 1 und Stall 2 stehen unmittelbar nebeneinander, während der Stall 3 sich ca. 100 Meter giebelwärts von Stall 2 befindet. In Stall 2 waren am späten Nachmittag drei tote Putenhähne aufgefallen. Am Morgen waren weitere zehn Tiere verendet. In Stall 1 und Stall 3 waren die Putenhähne unauffällig. Von den toten Tieren wurden Rachen-/Kloakentupfer genommen und zur amtlichen Untersuchungsstelle verbracht. Zeitgleich wurden in jedem Stall die Tränken, wie in der Abbildung 5 angegeben, vom betreuenden Tierarzt mit einem Tupfer beprobt.

Ergebnisse

Praxisversuch 1

Sowohl der Pool aus den fünf Rachenabstrichen als auch der Pool aus den fünf Tränketupfern lieferten positive Influenza-H-PCR-Test­ergebnisse. Die ct-Werte der Rachenabstriche wiesen eine deutlich geringere Viruslast (ct-Wert 35,8) im Vergleich zu den Abstrichen in/an den Tränken (ct-Wert 28,6) aus (Tab. 1). Eine Erklärung könnte sein, dass die Symptome der H6N1-Infektion bereits einige Tage vor der Probenentnahme in der Herde beobachtet wurden. In den Tagen konnte es zu einer vermehrten Ansammlung von virushaltigem Atemwegssekret in/an den Tränken kommen. Eine andere Erklärung wäre, dass nur eines der fünf beprobten Putenhähne Virus ausgeschieden hat oder dass die Tiere gerade am Anfang oder bereits wieder am Ende der Infektion gewesen sind und nur eine geringe Virusmenge ausgeschieden haben. Dies könnte die deutlich höhere Viruslast im Tränketupferpool erklären.

Praxisversuch 2

Die ct-Werte der zehn Tränkeabstriche waren sowohl in der Influenza-A-PCR als auch in der Influenza-H-PCR positiv. Die in der Influenza-A-PCR ermittelten ct-Werte lagen zwischen 30,6 und 35,3 und die in der Influenza-H-PCR zwischen 28,7 und 34,6 (Tab. 2). Die Ergebnisse der beiden PCR-Tests unterschieden sich nur geringfügig und dürften aus Sicht des Autors keinen nennenswerten Einfluss auf die Befundung einer positiven Influenzaherde haben (Meinung des Autors).

Praxisversuch 3

Der Virusnachweis aus dem Atmungstrakt in/an Tränken und aus dem Magen-Darm-Trakt über Sockenproben wurde in vier verschiedenen Ställen durchgeführt. In drei Ställen waren Influenza-Symptome erkennbar und in einem Stall gab es noch keine Hinweise auf eine AI-Infektion. Die Sockenproben aus den drei Ställen mit Influenzasymptomen lieferten ein positives Influenza-A-PCR-Test­ergebnis, wohingegen die Sockenprobe aus dem Stall ohne Influenzaklinik ein negatives Ergebnis gebracht hat. Aber in den Tränkeproben aller vier Ställe konnte Influenza-RNA nachgewiesen werden (Tab. 3). Auch wenn laut Literatur mehr Viren über den Magen-Darm-Trakt als über die Atemwege ausgeschieden werden (Heider et al. 1992), war der Nachweis von Virus-RNA in/an den Tränken aller vier Ställe positiv. Obwohl Atemwegssekrete nicht nur in/an die Tränken abgegeben werden, sondern auch über das Niesen oder beim Picken in die Einstreu gelangt, wirken sich vermutlich die großen Mengen an Fremd-RNA und Fremd-DNA im Kot negativ auf das PCR-Ergebnis aus. Aufgrund der geringeren Verunreinigung der Tränken mit Bakterien, Viren etc. sind Tränkeproben sensitiver beim Nachwies von Virus-RNA als Sockenproben. Zusätzlich kann man davon ausgehen, dass Inhibitoren aus dem Kot, die mit der PCR interferieren, und die Verteilung über eine größere Fläche vermutlich mit einer Ausdünnung des Virus verbunden sind.

Praxisversuch 4

Um in der täglichen Praxis eine Influenza-A-Infektion schnellstmöglich ausschließen zu können, gibt es ein Antigen-Schnelltest-Verfahren. Allerdings war der Schnelltest bei den Tränketupfern sowohl in den H5N1-positiven Betrieben als auch in dem H6N1-infizierten Betrieb negativ (Tab. 4). Die anschließende Untersuchung in der Influenza-A-PCR und der -H-PCR lieferte ein positives Ergebnis. Die geringen Virusmengen in/an den Tränken, die sich in den ct-Werten von 29,1 bis 35,0 widerspiegeln, sind zu gering, um eine Verfärbung im Antigen-Schnelltest hervorzurufen. Auch wenn die PCR-Technik zeitlich langsamer ist, so ist sie aber deutlich sensitiver.

Praxisversuch 5

Die Ergebnisse der vier H5N1-positiven Tränkeabstriche, die mit neun negativen, leicht mit Biofilm kontaminierten Abstrichtupfern und mit neun negativen, stark mit Biofilm kontaminierten Abstrichtupfern in einem 10er-Pool gemischt wurden, ergeben sowohl einen positiven Influenza-A-PCR- als auch einen positiven -H-PCR-Test (Tab. 5). Die Verdünnung und Kontamination mit Biofilm oder Schmutz haben einen geringen, aber wohl zu vernachlässigenden Einfluss auf einen positiven H5N1-Tränketupfer. Wie es sich verhält, wenn die Virusmenge in den Tränketupfern sehr niedrig ist und der ct-Wert > 38 beträgt, kann nicht bewertet werden. Dass zwei ct-Werte in der Influenza-A-PCR und ein ct-Wert in der Influenza-H-PCR in der Verdünnung einen etwas niedrigeren ct-Wert haben als in der unverdünnten Einzeluntersuchung, liegt wahrscheinlich daran, dass die acht im H5N1-positiven Bestand genommenen Tupfer nicht in einer Tränke, sondern in unterschiedlichen Tränken genommen worden sind. Die Viruslast ist nicht in allen Tränken gleich. Deshalb sind vor der Versuchsdurchführung jeweils zwei Tupfer in einem Reagenzglas mit 0,5 ml Aqua destillata verrührt worden. Dieses Vermischen stellt nur sicher, dass beide Tupfer H5N1-Virusmaterial enthalten. Es garantiert aber nicht, dass beide Tupfer danach die gleiche Virusmenge haben. Die Ergebnisse zeigen das auch sehr anschaulich.

Praxisversuch 6

Die Annahme, dass Geflügel bei der Wasseraufnahme mehr Atemwegssekrete in/an Rundtränken hinterlässt als bei der Wasseraufnahme aus Nippeltränken mit Auffangschale, konnte in diesem Versuch nicht bestätigt werden. Alle fünf Pools waren positiv in der Influenza-A-PCR (Tab. 6). Aus diesen Ergebnissen kann man aber keine Rückschlüsse ziehen, ob Virus-RNA in offenen Rundtränken früher als in/an Nippeltränken nachweisbar ist, weil die H6N1-Infektion in diesem Betrieb bereits seit einigen Tagen in der Herde vorhanden war. Die Proben aus Rundtränken stammten in diesen Untersuchungen immer aus frisch infizierten Beständen.

Praxisversuch 7

In Abbildung 2 sind die jeweiligen Tränken abgebildet, in/an denen die Proben genommen worden sind. In Stall Nr. 1 (mit fünf toten Puten) waren alle zehn Tränkeabstriche positiv. Im Stall Nr. 2 (ohne klinische Symptome) war Virus-RNA nur bei einer Tränke nachweisbar. Die ersten trüben (schläfrigen) Tiere waren in Stall Nr. 2 erst 24 Stunden später zu erkennen. Die zehn Einzelproben wurden zusätzlich in einem 10er-Pool untersucht. Sowohl der 10er-Pool aus Stall Nr. 1 als auch der 10er-Pool aus Stall Nr. 2 lieferten ein positives Influenza-A-PCR-Ergebnis (Tab. 7). Obwohl es in Stall Nr. 2 noch keine Hinweise auf eine H5N1-Infektion gab und nur in/an einer Tränke Virus-RNA nachgewiesen werden konnte, lieferten die Tränkeabstriche im 10er-Pool ein positives Influenza-A-PCR-Testergebnis. Dieses Ergebnis zeigt, dass eine positive Tränke zum Nachweis ausreicht und wie wichtig es ist, viele Tränken im Stall zu beproben, um eine Infektion möglichst früh zu erkennen.

Praxisversuch 8

Die Zugabe von Desinfektionsmitteln zur Hygienisierung des Tränkewassers ist in Geflügelfarmen häufig anzutreffen. Die Ergebnisse zeigen, dass innerhalb von 24 Stunden kein bedeutender Einfluss auf das ND-PCR-Ergebnis zu verzeichnen war (Tab. 8). Obwohl eine Verringerung der Viruslast über die Zeit erkennbar wurde (bis zu 6,4 ct-Werte), ergaben sich keine Unterschiede zwischen unbehandeltem und chlorhaltigem Tränkewasser. Ein RNA-Nachweis von Influenzaviren in/an Trinkern sollte zu ähnlichen Ergebnissen führen. Dieser positive RNA-Nachweis bedeutet jedoch nicht, dass die ND-Viren in den drei Ansätzen noch infektionsfähig waren. Ob andere Trinkwasserdesinfektionsmittel oder höhere Konzentrationen dieser Desinfektionsmittel Einfluss auf das PCR-Ergebnis haben, ist hier nicht untersucht worden.

Praxisversuch 9

Während des Influenza-Seuchenzuges im Winter/Frühjahr 2021/22 wurden in den Geflügelherden neben den hochpathogenen H5N1-Viren auch Influenzaviren der niedrig pathogenen Stämme H6N1 und H9N2 nachgewiesen. Nur aus diesem Grund war die Durchführung dieser Langzeitbeprobung möglich. Alle H5N1-positiven Herden wurden sofort gekeult, während sich die H6N1- und H9N2-infizierten Herden erholten und bis zur Schlachtung im Stall blieben. Insgesamt kam es in fünf Putenfarmen zu Influenza-H6N1-Infektionen und in zwei Putenfarmen zu einer Influenza-H9N2-Infektion. Die Tiere der LPAIV-infizierten Herden waren zwischen zehn und zwanzig Wochen alt. Die Tränkeproben sind immer an den Wochentagen Montag und Donnerstag vom Tierbetreuer genommen worden. Bei der Bewertung wurden die Tage zwischen zwei positiven Probenergebnissen auch als positiv gewertet. In vier Betrieben erfolgte die Influenza-Infektion zu einem so späten Zeitpunkt (19./20. Lebenswoche), dass die Tiere vor ihrer Schlachtung keine negativen Tränkeprobenergebnisse mehr liefern konnten. Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen dem erst- und letztmaligen Nachweis von Virus-RNA mindestens zwölf Tage liegen. Ob die Viren so lange von den Tieren ausgeschieden und immer wieder von den Tieren von Neuem in die Tränken abgegeben werden oder ob sich die Viren so lange in den Tränken halten (Tenazität der RNA), kann mit diesen Ergebnissen nicht ermittelt werden (Tab. 9). Da die Tränkeproben immer nur an zwei Tagen (Montag, Donnerstag) entnommen wurden, kann die Herdenausscheidungszeit auch ein bis drei Tage länger sein. Auch diese positiven PCR-Ergebnisse in/an den Tränken bedeuten nicht, dass die nachgewiesenen Influenzaviren im ermittelten Zeitraum auch noch infektiös gewesen sind.

Praxisversuch 10

In diesen drei Betrieben wurden durch die staatliche Untersuchung Influenzaviren des hochpathogenen Influenzastamms H5N1 nachgewiesen. In den 60 Rachen-/Kloakalabstrichen, die von einem amtlich bestellten Veterinär entnommen worden sind, wurde im staatlichen Prüflabor der HPAI-Stamm H5N1 nachgewiesen. Alle Tiere wurden innerhalb von 48 Stunden nach der offiziellen Probenahme getötet. Nachfolgend werden die Ergebnisse der parallel vom betreuenden Tierarzt entnommenen Tränkeabstriche dargestellt. Der klinische Verlauf der Influenza H5N1 zeigte sich in den Betrieben in erster Linie durch plötzlich auftretende Tierverluste, ohne dass eine ersichtliche Klinik/Ursache für die toten Puten erkennbar war. Deshalb sind in den Tabellen 10, 11 und 12 die täglichen Ausfälle zum Zeitpunkt der Diagnostik in morgens (m) und abends (a) unterteilt worden.

Betrieb A: Die männlichen Truthähne wurden im Alter von 20 Wochen infiziert. Der erste Eintrag des Virus erfolgte im mittleren Stall Nr. 2 (Abb. 3). Da die Ställe zweimal pro Woche mit einer Einstreumaschine eingestreut werden und das Einstreuen immer in Stall Nr. 3 beginnt, ist ein Viruseintrag über die Einstreumaschine eher unwahrscheinlich. Von Stall Nr. 2 wurde das Influenzavirus windwärts in Stall Nr. 1 übertragen. In Stall Nr. 1 waren am Tag der Entnahme der Tränkeabstriche bereits fünf Tiere an der H5N1-Infektion gestorben. Im windabgewandten Stall Nr. 3 konnte in den Tränken keine Virus-RNA nachgewiesen werden (Tab. 10).

Betrieb B: Die männlichen Truthähne wurden im Alter von 18 Wochen infiziert. Auch in diesem Betrieb erfolgte der erste Eintrag des Virus nicht in dem Stall, der zuerst mit der Einstreumaschine eingestreut wird (Abb. 4). Von Stall Nr. 3 sprang das Virus windwärts in Stall Nr. 2 und dann in Stall Nr. 1. Die Anzahl der beprobten Tränken und die Ergebnisse sind in Abbildung 4 und Tabelle 11 dargestellt. Bei den Puten in Stall Nr. 4 auf der windabgewandten Seite konnten zum Zeitpunkt der Probenentnahme weder Symptome festgestellt noch in/an den Tränken H5N1-Virusmaterial nachgewiesen werden (Tab. 11).

Betrieb C: Die männlichen Puten wurden im Alter von 16 Wochen infiziert. In diesem Betrieb begann die Infektion in Stall Nr. 2 (Abb. 5). Obwohl auf Betrieb C das Einstreuen mit der Streumaschine immer in Stall Nr. 1 beginnt, hat die Infektion in diesem Stall nicht ihren Ursprung. Von Stall Nr. 2 wurde das H5N1-Virus mit der Windrichtung in Stall Nr. 1 getragen. In Stall Nr. 3 konnten zum Zeitpunkt der Probennahme keine Influenzaviren nachgewiesen werden. Auch bei der Keulung am nächsten Tag waren noch keine klinischen Anzeichen einer Infektion feststellbar. Die Ergebnisse der gepoolten Tränkeproben aus Stall Nr. 1 waren bereits positiv, obwohl noch keine klinischen Anzeichen einer Infektion bei den Vögeln festgestellt wurden (keine toten Tiere, keine Reduzierung des Futter- und Wasserverbrauchs). Bei der Keulung am Folgetag waren aber bereits erste tote Tiere vorhanden und auch ein Futter- und Wasserrückgang zu beobachten. Die Ergebnisse der Tränkeabstriche stimmen sehr gut mit dem im Betrieb festgestellten Infektionsgeschehen überein (Tab. 12).

In allen drei Betrieben waren die Tränkeabstrichproben aus den Ställen, in denen die H5N1-Infektion begann (Erstinfektion), positiv. In den Ställen, die sich windwärts auf den drei Farmen befanden, ergaben die Tränkeabstriche ebenfalls ein positives PCR-Ergebnis. In allen drei Betrieben konnte in den entgegen der Windrichtung gelegen Ställen in den Tränkeabstrichen kein H5N1-Virusmaterial nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Influenzaviren auch über Partikel (Staub, Federn etc.) mit dem Wind verbreitet werden, zumindest über eine kurze Distanz (Lüder et al. 2020). Vermutlich wären schon wenige Tage später auch die windabgewandten Ställe befallen gewesen. Aufgrund der schnellen Keulung ist dies nicht geschehen. Zu beachten ist, dass in allen Ställen, in denen bereits erste Anzeichen einer H5N1-Infektion erkennbar waren, H5N1-Virusmaterial in mindestens einem Tränketupfer nachweisbar war. Dies zeigt uns, dass zur Früherkennung einer H5N1-Virusinfektion möglichst viele einzelne Tränken mit einem Tupfer beprobt werden sollten.

Diskussion

Die Einzeltierdiagnostik am erkrankten oder verendeten Tier ist einfach und sicher in der Aussage. Die Untersuchung einer größeren Geflügelherde auf das Vorhandensein einer Influenzainfektion ist deutlich schwieriger. Nur eine statistisch abgesicherte Anzahl von beprobten Tieren liefert eine sichere Aussage über den Herdenstatus. Geflügel scheidet die Influenzaviren über die Atemwegssekrete aus. Dabei kontaminieren sie nach einer Infektion bei der Wasseraufnahme bereits sehr früh die Tränken. Virale RNA ist in/an den Tränken nachweisbar, noch bevor die ersten Symptome auftreten oder Tiere an der Infektion sterben (Sieverding 2022). Dies wird auch von den Untersuchungen von Muñoz-Aguayo et al. (2019) bestätigt. Sie konnten Virusmaterial im Biofilm von Stalltränken einer an LPAI infizierten Putenherde in der PCR ein bis zwei Tage früher nachweisen als in oropharyngealen Proben. Im Praxisversuch 1 war virale RNA in einer H5N1-infizierten Putenherde bereits 24 Stunden vor dem Auftreten erster klinischer Anzeichen in den Tränkeproben nachweisbar. Muñoz-Aguayo et al. (2019) konnten ebenfalls nachweisen, dass Influenza-RNA für mehrere Tage bis hin zu Wochen im Tränkebiofilm nachweisbar blieb. Praxisversuch 9 ergab vergleichbare Ergebnisse. Nach der Infektion einer Putenherde mit AI betrug die Virusausscheidungszeit der Herden, die mittels PCR-Technik in Tränketupfern ermittelt wurde, mindestens zwölf Tage.

Die PCR-Ergebnisse aller Untersuchungen machen keinen Unterschied, ob die Proben auf das allgemeine Oberflächenprotein A oder das spezifische Protein der Hämagglutinine H5, H6, H7 und H9 untersucht wurden (Tab. 5). Auch das Verdünnen durch negative Tränketupfer sowie Verunreinigungen durch Schmutz und Biofilm aus den Tränken hatten keinen nennenswerten negativen Einfluss auf die Influenza-A-PCR- und -H-PCR-Untersuchungsergebnisse. Um Untersuchungskosten zu reduzieren, sind bis zu zehn Tränketupferproben in einem Untersuchungsgang (10er-Pool) zusammengeführt worden, ohne dass Ergebnisse verfälscht wurden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es bei einer sehr niedrigen Viruslast in den Tupfern (ct-Werte > 38) aufgrund von Verdünnung und/oder Verschmutzungen zu falsch negativen Ergebnissen kommen kann. Die Influenza-A-PCR erfasst alle Hämagglutinine. Die hier verwendeten H-PCRs haben nur die Hämagglutinine H5, H6, H7 und H9 identifizieren können. Andere Hämagglutinine wie z. B. H1 oder H3 sind nicht erfasst.

Die Anzahl und Verteilung der Probenahmestellen im Stall ist entscheidend für die Früherkennung der Influenzainfektion. Um ein Herdenmonitoring anhand von Tupferproben in/an Tränken zu etablieren, ist eine wissenschaftliche Validierung der Methode erforderlich. Sowohl die Durchführung der Tränkenabstriche als auch die Anzahl der zu beprobenden Tränken in einer Herde müssen in definierten Untersuchungen ermittelt werden.

Diese empirischen Feldstudienergebnisse aus H5N1-infizierten Herden lassen jedoch den Schluss zu, dass Tränkeabstriche sehr zuverlässige und aussagekräftige Informationen über das Vorhandensein von Influenzaviren in einer Geflügelpopulation liefern. Abstrichproben von Stalltränken sind eine schnelle, empfindliche, spezifische, kostengünstige und tierfreundliche Methode zur Überwachung von Influenza gefährdeten und/oder Influenza schutzgeimpften Geflügelbeständen. Die Probengewinnung entlastet Tierhalter und Tierärzte. Die Probengewinnung aus Stalltränken ist ein tierschonendes Verfahren mit einer Verbesserung der AI-Herdendiagnostik.

Fazit für die Praxis

Die neue EU-Verordnung (EU-Verordnung 2023) ermöglicht bei der Bekämpfung und Kontrolle der AI (HPAI) eine Kombination aus Impfung und Keulung. Die wichtigste Anforderung besteht darin, dass ein geimpfter Bestand einmal im Monat getestet und überwacht wird, ob eine Infektion mit einem AI-Feldstamm vorliegt. Jede geimpfte Herde muss bis zur Schlachtung einmal im Monat getestet werden. Um der EU-Verordnung gerecht zu werden, ist eine statistisch sichere Methode erforderlich. Derzeit werden pro Herde 60 Rachen-/Kloakalabstriche genommen. Die Umstellung auf die Entnahme von Abstrichtupfern in/an Tränken würde die Influenza-Überwachung einer geimpften Herde praktikabler und kostengünstiger machen, in der Hoffnung, dass die diagnostische Qualität erhalten bleibt.

Die Probengewinnung in Geflügelherden bei der Untersuchung auf AI-Viren ist zeitaufwendig und in Geflügelherden kurz vor dem Schlachttermin mit hoher Belastung für das Personal und die zu beprobenden Tiere verbunden. Eine tierschonende und zugleich sichere Methode zur Gewinnung von aussagekräftigen Bestandsproben wäre eine deutliche Verbesserung in der Kontrolle und Bekämpfung der AI, besonders in geflügelintensiven Regionen.

Ethische Anerkennung

Der Autor versichert, während des Entstehens der vorliegenden Arbeit die allgemeingültigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis befolgt zu haben.

Interessenkonflikt

Der Autor versichert, dass keine geschützten, beruflichen oder anderweitigen persönlichen Interessen an einem Produkt oder einer Firma bestehen, welche die in dieser Veröffentlichung genannten Inhalte oder Meinungen beeinflussen können.

Finanzierung

Nicht zutreffend.

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