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Inhaltsverzeichnis

Der Praktische Tierarzt

Serokonversion von Sauen im MAT nach Leptospirose-Grundimmunisierung

MAT seroconversion in sows after Leptospirosis basic vaccination

Der Praktische Tierarzt 104, 1100–1115

DOI: 10.2376/0032-681X-2333

Eingereicht: 2. Juni 2023

Akzeptiert: 24. August 2023

Publiziert: 11/2023

Zusammenfassung

In zwei kommerziellen Ferkelerzeugerbetrieben in Süddeutschland wurden Zuchtsauen mit Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) durch zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen grundimmunisiert. Während der folgenden sechs Monate bis zur nächsten Boosterimpfung wurde mittels Blutproben im Abstand von vier Wochen der Serokonversionsverlauf im Mikroagglutinationstest (MAT) gegenüber verschiedenen Leptospiren-Serovaren dargestellt und mit den Ergebnissen ungeimpfter Tiere verglichen. Der Verlauf der MAT-­Titer unterschied sich zwischen den Serovaren, der maximale Titer wurde durchweg vier Wochen nach der zweiten Impfung erreicht. Insbesondere die in der Schweineproduktion relevanten Serovare Bratislava und Pomona führten zu stark unterschiedlichen Serokonversionsverläufen. Alle Tiere der Impfgruppen zeigten im Verlauf der Studie eine serologische Reaktion auf Serovare der Serogruppe Australis, in unterschiedlichem Ausmaß auch auf andere Serovare. Abgesehen von der Serovar Australis lagen die MAT-Titer knapp drei Monate nach der zweiten Impfung wieder nahezu auf dem Ausgangsniveau zu Beginn der Studie. Kleinere Unterschiede der MAT-Titer an den letzten drei Beprobungszeitpunkten dürften auf gleichzeitig stattfindende Feldinfektionen zurückzuführen sein.

Schweine
Leptospira
Impfung
Mikroagglutinationstest
Serologie

Summary

In two commercial piglet producing farms in Southern Germany, breeding sows were immunized twice with Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NED). During the following six months before the next booster vaccination, every four weeks blood samples were taken to examine seroconversion in the microscopic agglutination test (MAT) against various leptospire serovars. Pace, extent and duration of MAT titers differed between serovars, with the maximum consistently reached four weeks after the second vaccination. Especially the courses of seroconversion induced by the serovars Bratislava and Pomona, which are relevant in swine production, varied visibly during the study. All animals in the vaccination groups showed a serological reaction to serovars of the Australis serogroup and with more or less differences to other serovars as well. Apart from the serovar australis, the MAT titers were almost back to the baseline level at the beginning of the study just three months after the second vaccination. Minor differences in MAT titers at the last three sampling points are likely to be due to simultaneous field contacts.

pigs
Leptospira
vaccination
microscopic agglutination test
serology

Einleitung

Leptospirose ist eine Zoonose und Ansteckungen von Menschen mit teils schweren Krankheitsverläufen sind beschrieben (RKI 2015). Hauptrisikogruppen sind Berufe mit direktem oder indirektem Kontakt zu mit Leptospiren infizierten Reservoirtieren, meist Kleinsäuger, aber auch zu Schweinen (Thornley et al. 2002, Mirambo et al. 2018), wie Landwirte, Metzger und Tierärzte. Soweit der direkte oder indirekte Nachweis humanpathogener Leptospira spp. auf eine akute Infektion hinweist, ist er gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG 2001) meldepflichtig. Gemeldet wurden laut RKI zwischen dem 01.01.2016 und dem 01.08.2022 insgesamt 846 Fälle (survstat.rki.de); es ist aber anzunehmen, dass die Dunkelziffer aufgrund der unspezifischen Symptomatik deutlich höher liegt (BfR 2014).

In der Schweinemedizin spielen Leptospiren vor allem bei Fruchtbarkeitsproblemen eine Rolle (Arent und Ellis 2019). Verschiedene Leptospiren-Serovare werden mit Spätaborten nach transplazentarer Infektion der Feten in Verbindung gebracht (Arent und Ellis 2019). Die Pathogenese sowie die klinische Symptomatik einer Infektion mit der Serovar Bratislava unterscheidet sich davon: Uterine Infektionen haben erhöhte Umrauschquoten bzw. Unfruchtbarkeit zur Folge (Arent und Ellis 2019). Bei der Diagnostik von Leptospiren-Infektionen beim Schwein stellt die Interpretation von Laborergebnissen nach einer ersten klinischen Verdachtsdiagnose eine Herausforderung für praktisch tätige Tierärzte dar (Arent und Ellis 2019). Der direkte Erregernachweis mittels kultureller Anzucht ist sehr anspruchsvoll und langwierig und daher für die Routinediagnostik nicht geeignet (Arent und Ellis 2019, OIE 2021). Inzwischen werden validierte Polymerase-Kettenreaktion(PCR)-basierte Verfahren verwendet, um Nukleinsäuren des Erregers spezifisch nachzuweisen (Arent und Ellis 2019, OIE 2021). Für den indirekten Erregernachweis werden in der Regel Serumproben aus verdächtigen Betrieben mittels Mikroagglutinationstest (engl.: microscopic agglutination test, kurz MAT) auf Antikörper gegen Leptospiren untersucht (Arent und Ellis 2019, OIE 2021). Dabei werden Verdünnungsreihen der zu untersuchenden Serumproben angelegt, welche mit lebenden Leptospirenstämmen verschiedener Serovaren versetzt werden. Im weiteren Verlauf werden die Proben auf eine mögliche Agglutination beurteilt, die durch die Bildung von Antigen-Antikörper-Komplexen entsteht. Die Verdünnungsstufe des Serums, bei der 50 % der zugegebenen Leptospiren agglutinieren, wird als Testergebnis (Titer) angegeben (OIE 2021).

Die OIE (2021) gibt an, dass ein Titer von 1:100 als positiv anzusehen ist, aber auch niedrigere Titer als Beweis für eine Exposition mit Leptospiren gelten. Höhere Titer ab 1:400 deuten auf aktive Infektionen, die häufig mit klinischen Symptomen einhergehen. Der MAT wird als Herdenscreening eingesetzt. Klinische Symptome in zeitlich enger Verbindung mit MAT-Titern betroffener Sauen > 1:1.000 sind höchst verdächtig für eine akute Leptospirose, insbesondere im Initialstadium einer Infektion können heterologe Serovare aber höhere MAT-Titer als die eigentlich infizierende Serovar induzieren (Ellis 2015). Bei der Detektion chronischer und endemischer Infektionen weist der MAT insofern Schwächen auf, als die Titer in chronisch bzw. endemisch infizierten Herden häufig unter die Grenze von 1:100 fallen (OIE 2021). Für mit der Serovar Bratislava endemisch infizierte Herden werden bei Stallhaltung selten Titer > 1:100 gemessen, während in Outdoor-Haltungen mehr als 50 % der Tiere höhere Titer aufweisen können (Arent und Ellis 2019). Zwischen den unterschiedlichen Serovaren bestehen erhebliche Kreuzreaktionen (Strutzberg-Minder und Kreienbrock 2011). Im Challengeversuch hat sich die Serovar Bratislava sowohl innerhalb der Serogruppe als auch zu anderen Serogruppen als besonders kreuzreaktiv gezeigt (Hathaway et al. 1983).


Top Job:


Der MAT stellt als indirekter Erregernachweis keinen unmittelbaren Beweis dar, dass die Infektion mit Leptospira spp. ursächlich für eine klinische Symptomatik wie z. B. Fruchtbarkeitsprobleme in einem Sauenbestand ist, sondern zeigt eine zurückliegende Infektion mit dem Erreger an. Ein direkter Erregernachweis gelingt im klinischen Fall häufig nicht. Ein Grund dafür ist, dass sich die Erkrankung zum Zeitpunkt auftretender Symptome bereits in einem chronischen Stadium befindet und die Erregerlast im Falle chronischer Infektionen häufig eher niedrig ist (Strutzberg-Minder et al. 2018). In klinischen Fällen werden darüber hinaus entsprechende Proben in der Regel nicht innerhalb der ersten Tage des Auftretens genommen.

Die Übereinstimmung der Ergebnisse von indirekten und direkten Erregernachweismethoden ist schlecht (Hamond et al. 2014). MAT-Antikörper korrelieren nicht mit positiven, direkten Erregernachweisen z. B. mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Auch bei Tieren mit hohen MAT-Titern gelang der direkte Erregernachweis mit unterschiedlichen Methoden bei verschiedenen Spezies nur unregelmäßig (Fornazari et al. 2012, Hamond et al. 2014). Umgekehrt können chronisch infizierte Tiere im MAT negativ erscheinen, den Erreger aber dennoch ausscheiden und andere Tiere infizieren (Strutzberg-Minder et al. 2018).

Strutzberg-Minder et al. (2018) fanden in durchschnittlich 64,5 % der für eine umfangreiche Prävalenzstudie beprobten, ungeimpften Betriebe einzelne oder mehrere positive Leptospira spp. MAT-Titer. Der Anteil positiver Betriebe stieg dabei von 59,3 % im Jahr 2011 auf 78,2 % im Jahr 2016 deutlich an, sodass man vermuten könnte, dass dieser Anteil zum Zeitpunkt unserer Untersuchungen im Jahr 2021 noch höher liegen könnte. Die Serogruppe Australis war die in Deutschland am häufigsten nachgewiesene, die Serovar Bratislava dabei mit noch höherer Frequenz als Australis. Auf die Höhe der MAT-Titer wird in der Prävalenzstudie nicht eingegangen. Untersuchungen der IVD GmbH zeigen aber vor allem niedrige Bratislava-MAT-Titer von bis zu 1:100 in ungeimpften Beständen (Arent und Ellis 2019, Persönliches Gespräch Astrid Pausenberger 2022) bei Stallhaltung.

Höhe und Häufigkeit von MAT-Titern sind nicht mit Protektion gleichzusetzen und erlauben – ähnlich wie bei anderen relevanten Erregern in der Schweineproduktion wie z. B. Mesomycoplasma hyo­pneumoniae (Grosse Beilage et al. 2005) – keine Aussage über die durch eine Impfung erzielte Schutzwirkung. Morsi et al. (1973) konnten im Tierexperiment (Hamster) nachweisen, dass geimpfte Tiere im Gegensatz zu Ungeimpften über neutralisierende Antikörper verfügten. Millar et al. (1987) zeigten, dass auch ein MAT-Titer von nur 1:16 vor der klinischen Manifestation von L. Pomona schützte. In Challengeexperimenten (Jacobs et al. 2015b) ebenso wie in Feldstudien (Whyte et al. 1982, Frantz et al. 1989) war ein klinischer Schutz geimpfter Tiere nachweisbar.

Bis zur Einführung von Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) 2018 gab es keinen kommerziell verfügbaren Leptospirenimpfstoff für Schweine in Deutschland. Nur in Ausnahmefällen konnten Impfstoffe aus dem Ausland importiert werden. Abgesehen von diesen Einzelfällen war folglich die Interpretation von MAT-Ergebnissen bisher relativ einfach, denn jegliche Titeranstiege im MAT waren auf Feldinfektionen zurückzuführen. In geimpften Betrieben ist die Diagnostik von Leptospirose-bedingten Erkrankungen mittels MAT erschwert (Whyte et al. 1982, Schommer et al. 2021). Aus diesem Grund ist es wichtig, zu wissen, wie eine Sauenherde serologisch auf eine Impfung reagiert, welche Titerverläufe bei den verschiedenen Serovaren zu erwarten sind und nicht zuletzt, ob bzw. inwieweit eine Abgrenzung zu Feldinfektionen möglich ist.

Dass die Serokonversion – ob aufgrund von Impfung oder Feldinfektion – gegenüber verschiedenen Leptospiren-Serovaren unterschiedlich ausfällt, ist bekannt und in zahlreichen Veröffentlichungen beschrieben (Sanford und Morris 1990, Jacobs et al. 2015b, Schommer et al. 2021). Der Grund dafür ist nicht vollständig geklärt; denkbar ist, dass der antigenetische Verwandtschaftsgrad des Lipopolysaccharids (LPS) zwischen infizierendem Leptospiren-Stamm und dem im MAT-Test verwendeten Stamm zu höheren MAT-Titern bei größerer Ähnlichkeit führen könnte. Das hochimmunogene LPS ist Grundlage der Unterscheidung verschiedener Serovare und ihrer Zusammenfassung in Serogruppen nach ihrem antigenetischen Verwandtschaftsgrad (Levett 2001).

Nach einer Feldinfektion zeigen sich zunächst häufig hohe MAT-Titer gegen mehrere, verschiedene Serovare. Morsi et al. (1973) führten das darauf zurück, dass Leptospira spp. zwei Antigene tragen: ein serotyp- und ein gattungsspezifisches. Basierend auf neueren Erkenntnissen begründete Levett (2001) knapp 30 Jahre später die Kreuzreaktivität zwischen verschiedenen Serogruppen besonders in der akuten Infektionsphase mit dem schnellen Anstieg des gattungsspezifischen Immunglobulin (Ig) M, die sehr breit ausfällt. Erst später entwickelt sich die serogruppenspezifische IgG-Antwort und damit kristallisiert sich die ursächlich verantwortliche Serogruppe mit dem höchsten MAT-Titer heraus. Gewöhnlich sind die Reaktionen mit der ursächlichen Serovar im Titer höher als die der kreuzreagierenden Serovaren, sodass serologische Untersuchungen Hinweise auf die infizierende Serovar geben können (Strutzberg-Minder und Kreienbrock 2011). Eindeutig ist die Serovar aber nur an Isolaten festzustellen (WOAH 2021). Darüber hinaus beschreiben verschiedene Autoren (Levett 2001, Ellis 2015) „paradoxe Reaktionen“ in der akuten Phase einer Leptospiren-Infektion, bei der die höchsten MAT-Titer von einer Serovar erreicht werden, die nicht in Verbindung zur Infektion stand.

Ziel dieser Feldbeobachtung war es, zu untersuchen, wie sich die Werte des MAT in geimpften Beständen und auch hinsichtlich verschiedener Serovare verhalten. Der Verlauf der MAT-Testergebnisse nach zweifacher Impfung soll in dieser Studie dargestellt werden. Die Ergebnisse sollen bestandsbetreuenden Tierärzten als Interpretationshilfe bei Untersuchungen in geimpften und ungeimpften Beständen dienen.

Material und Methoden

Bestände und beprobte Tiere

Im vorliegenden Versuch wurden jeweils 18 Sauen aus zwei Betrieben (Betrieb A und Betrieb B) eingeschlossen. Die Altersverteilung ist in Tabelle 1 aufgeführt. Beide Betriebe liegen im Hohenlohekreis im nordöstlichen Baden-Württemberg.

Bei einer Screening-Untersuchung vier Monate vor Beginn der Studie wurde die Eignung als Studienbetrieb überprüft. Diese Untersuchung wurde mittels je zehn Blutproben/Betrieb durchgeführt, die im Rahmen von Routinediagnostikmaßnahmen in den Beständen entnommen wurden.

Voraussetzungen für die Aufnahme in die Studie waren für die Betriebe:

  • klinisch Leptospiren-unverdächtig
  • nur einzelne, niedrige positive Leptospira spp. MAT-Titer
  • bisher keine Impfung gegen Leptospiren
  • Fruchtbarkeitsparameter im Normbereich (Tab. 2)

Betrieb A ist ein Familienbetrieb mit ca. 450 Sauen (BW-, Baden-Württembergische Genetik) und angeschlossener Ferkelaufzucht, produziert wird im Drei-Wochen-Rhythmus. Die Jungsauen werden auf dem eigenen Betrieb remontiert. Die Abferkelgruppen bleiben in der Wartehaltung zusammen. Der Sauenbestand wird alle drei bis vier Monate gegen das PRRS(porzine reproduktive und respiratorische Syndrom)-Virus und Influenza geimpft. Die Impfung gegen das porzine Parvovirus (PPV) und Erysipelothrix rhusiopathiae (Ery) erfolgt terminorientiert alle vier bis fünf Monate.

Betrieb B ist ebenfalls ein im Drei-Wochen-Rhythmus produzierender Familienbetrieb mit ca. 500 Zuchtsauen (BHZP, Bundeshybridzuchtprogramm) und angeschlossener Ferkelaufzucht. Die Wartehaltung erfolgt in der Großgruppe. Die Sauen werden bestandsweise alle 3,5 Monate gegen PRRSV und Influenza geimpft. Die Impfung gegen PPV und Ery wird reproduktionsorientiert im Abferkelstall durchgeführt.

Die Fütterung erfolgt in beiden Betrieben mit hofeigenem Getreide (Weizen und Gerste), zugekauftem Soja und Mineralfutter.

Die Identifikation der Sauen erfolgte über die betriebseigene individuelle Ohrmarkennummer. In jedem der beiden Betriebe wurden je 18 Tiere zur Teilnahme an der Studie ausgewählt und randomisiert in eine 12-köpfige Impfgruppe (IG) und eine 6-köpfige Kontrollgruppe (KG) unterteilt. Die IGen beider Betriebe wurden zur Grundimmunisierung zweimal im Abstand von vier Wochen mit Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) geimpft.

Impfstoff

Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) ist ein kommerzieller, octavalenter Impfstoff zur aktiven Immunisierung von Schweinen (Zuchtsauen) gegen Ery-Serotypen 1+2, das porzine Parvovirus sowie folgende Leptospiren-Serovare (Tab. 3):

Laut Herstellerangaben reduziert der Impfstoff

  • die durch Leptospira interrogans-Serogruppe Pomona Serovar Pomona verursachten klinischen Symptome, die Schwere der Infektion und des fetalen Fruchttods.
  • die durch Leptospira interrogans-Serogruppe Icterohaemorrhagiae Serovare Copenhageni und Icterohaemorrhagiae verursachten Infektionen.
  • die durch Leptospira interrogans-Serogruppe Australis Serovar Bratislava verursachten Infektionen.
  • die durch Leptospira kirschneri-Serogruppe Grippotyphosa Serovare Grippotyphosa und Bananal/Lianggunag verursachten Infektionen.
  • die durch Leptospira weilii-Serogruppe Tarassovi Serovar Vughia verursachten Infektionen.
  • die durch Leptospira borgpetersenii-Serogruppe Tarassovi Serovar Tarassovi verursachten Infektionen.

Gemäß der Zulassung wurden 2 ml des Impfstoffes intramuskulär in der Nackengegend appliziert. Dazu wurden sterile Einmalkanülen und eine Automatikspritze verwendet.

Beprobungsschema

Um den Verlauf der Serokonversion nach der Grundimmunisierung erfassen zu können, wurden sechs Monate lang Blutproben im Abstand von 28 Tagen entnommen. Damit sollte eine ausreichend engmaschige Darstellung der MAT-Titerverläufe sichergestellt sein, ohne die Tiere durch zu häufige Blutentnahmen übermäßig zu belasten. Die Blutprobenentnahme erfolgte nach Fixierung mit der Oberkieferschlinge aus der Vena jugularis externa. Das Blut wurde unmittelbar nach der Entnahme per Express versandt und bei der IVD Gesellschaft für Innovative Veterinärdiagnostik mbH, Seelze (im Weiteren kurz: IVD GmbH) zentrifugiert. Dort wurden die Proben auch mittels MAT untersucht und je eine Rückstellprobe asserviert. Zu den Impfzeitpunkten und im Anschluss erfolgten im vierwöchigen Abstand Blutprobenentnahmen (BP) bei allen Sauen (Tab. 4).

An drei Terminen musste vom 28-tägigen Beprobungsintervall abgewichen werden.

  • BP4 (Tag 89): Die Blutprobenentnahme wurde wegen des Abferkeltermins der Sauen am geplanten Versuchstag um fünf Tage nach hinten verschoben. (33 Tage Beprobungsintervall)
  • BP6 (Tag 142): Die Blutprobenentnahme musste aufgrund der Verhinderung eines Landwirts um zwei Tage nach hinten verschoben werden (30 Tage Beprobungsintervall).
  • BP7 (Tag 175): Die Blutprobenentnahme verschob sich aufgrund der Erkrankung des Probennehmers um eine Woche nach hinten (35 Tage Beprobungsintervall).

Die Terminverschiebungen wurden immer für beide Bestände vorgenommen, um die Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse zu gewährleisten.

Entgegen der Planung entschloss sich der Landwirt von Betrieb A acht Tage vor der letzten Blutprobenentnahme (Tag 188) zu einer Bestandsimpfung mit Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) und impfte alle Tiere seiner Sauenherde inklusive aller Studientiere sowohl aus der IG als auch aus der KG. Aus diesem Grund beinhalten die Auswertungen teilweise nur die Ergebnisse der Beprobungszeitpunkte BP1 bis einschließlich BP7. Nur für die Gegenüberstellung der Betriebe mittels Boxplot und bei der Betrachtung der Effekte der Boosterimpfung wurden die Ergebnisse von BP8 einbezogen.

Für die Beschreibung einzelner Ergebnisse wurden die Sauen nach Betrieb, Gruppenzugehörigkeit und fortlaufender Nummer benannt. So erhielt die erste beprobte Sau der Impfgruppe aus Betrieb A die Bezeichnung A-IG-01, die dritte beprobte Sau der Kontrollgruppe aus Betrieb B wird mit B-KG-03 bezeichnet usw.

Laboruntersuchungen

Die Blutproben wurden bei der IVD GmbH asserviert und untersucht. Die IVD GmbH ist ein nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiertes Prüflabor und DVG-Konsiliarlabor für Leptospira spp. Die Proben wurden mittels MAT gemäß OIE-Manual neu WOAH (2021) auf die in Tabelle 5 dargestellten Leptospiren-Serovare untersucht.

Die nachfolgende Beschreibung der Ergebnisse fokussiert sich besonders auf die in der Schweineproduktion relevanten Leptospiren-Serovare Bratislava und Pomona (Tizard 2021). Des Weiteren wurden aber auch die in der Routinediagnostik häufiger anzutreffenden Serovare Australis, Autumnalis, Canicola, Grippotyphosa, Icterohaemorrhagiae sowie Tarassovi betrachtet. Die vier letztgenannten Serovare sind im Impfstoff enthalten, nicht aber die Serovare Autumnalis und Australis, wobei die Serogruppe Australis aber durch Bratislava (Stamm As-05-073) abgedeckt ist. Auf die ebenfalls untersuchten Serovare Copenhageni, Hardjo und Saxkoebing wird im Rahmen dieser Studie nicht mehr eingegangen.

Da gemäß WOAH Titer ab 1:100 als beweisend für einen Kontakt mit Leptospiren gelten (OIE 2021), werden niedrigere Titer als 1:100 gewöhnlich nicht spezifiziert und als < 1:100 angegeben. In alle Berechnungen und Darstellungen der vorliegenden Publikation flossen diese Ergebnisse aus Gründen der Praktikabilität als „0“ ein.

Statistik

Die Gruppengrößen wurden vor Beginn der Studie mittels Fallzahlschätzung für einen zweiarmigen Versuch Impfgruppe vs. ungeimpfte Kontrollgruppe mit der Primärvariablen „MAT-Titerhöhe“ bestimmt. Hierzu wurde, wie für Orientierungsstudien üblich, ein sehr großer Gruppenunterschied (nach Cohan) angenommen und wegen der ungeimpften Kontrollgruppe ein unbalanciertes Studiendesign gewählt. Sämtliche statistischen Berechnungen erfolgten durch MD-research (Pullach im Isartal, D) mittels des validierten Programms Testimate Version 6.5. (IDV Datenanalyse und Versuchsplanung, D). Alle Zwischengruppenvergleiche erfolgten deskriptiv mit dem nicht-parametrischen Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test. Die Gruppenunterschiede wurden mit der dazugehörigen Effektgröße (Mann-Whitney-Statistik) interpretiert. Für die statistische Auswertung bzw. die Betrachtung der Mittelwerte wurden die MAT-Titerwerte auf Basis 2 logarithmiert, um eine Vergleichbarkeit zu erreichen und die Einflüsse der exponentiellen Anstiege bei Titerverdünnungsverfahren auszugleichen. Für die Beschreibung von Einzelergebnissen wurde aber der im Befund ausgewiesene MAT-Titer als Verdünnungsstufe (1:100/1:400 usw.) verwendet. Tabelle 6 zeigt zur besseren Einschätzung, welche Titerwerte umgerechnet welche Log2-Werte ergeben.

Genehmigung

Das Versuchsvorhaben wurde am 18.05.2021 unter dem AZ RPS35-9185-100/226 durch das Regierungspräsidium Stuttgart genehmigt.

Ergebnisse

Screening-Ergebnisse

Etwa vier Monate vor Beginn der Studie wurden in beiden Betrieben zehn Blutproben von beliebigen Sauen verschiedener Altersgruppen mittels MAT untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 7 dargestellt. Alle anderen Ergebnisse lagen < 1:100.

MAT-Ergebnisse der Studie

Impfgruppen: Anzahl Seroreagenten pro MAT-Titerstufe

Wie viele Tiere der Impfgruppen pro Beprobungszeitpunkt in welcher Höhe serokonvertiert hatten, zeigen die Grafiken in Abbildung 1. Die vertikalen Gitternetzlinien markieren Einzelergebnisse der jeweiligen Impfgruppen (jeweils n = 12), die Farben stellen die verschiedenen Titerhöhen dar. Zum Beispiel serokonvertierten am Zeitpunkt von BP2 insgesamt sechs Tiere gegenüber der Serovar Australis, davon zwei Tiere mit einem Titer von 1:100, jeweils ein Tier mit 1:200 und 1:400 und zwei Tiere mit 1:800.

Zum Zeitpunkt der ersten Impfung (BP1) gab es insgesamt fünf Tiere mit MAT-Titern ≥ 100: im Bestand A dreimal mit Bratislava (2 x 1:100; 1 x 1:100) und einmal mit Canicola (1:100); im Bestand B ein einzelner Bratislava-Titer (1:100). Die MAT-Titer all dieser fünf Sauen stiegen im weiteren Verlauf der Beprobungen durchweg an und erreichten Titerhöhen zwischen 1:200 und 1:1.600.

Im Anschluss daran zeigten sich schon innerhalb von vier Wochen nach der ersten Impfung (Zeitpunkt BP2) deutlich mehr positive Ergebnisse. Die höchsten MAT-Titer und die meisten Seroreagenten gab es bei der Serogruppe Australis (Serovare Bratislava und Australis) sowie bei der Serovar Canicola. Keine Serokonversion zeigte sich in beiden Betrieben direkt nach der ersten Impfung bei der Serovar Tarassovi, im Bestand A zusätzlich auch bei den Serovaren Autumnalis und Pomona.

Die Anzahl der Seroreagenten war in beiden Beständen vier Wochen nach der zweiten Impfung zum Zeitpunkt von BP3 am höchsten, hier wurden außerdem die höchsten Einzeltiterwerte von bis zu 1:3.200 erreicht. Alle Tiere serokonvertierten gegenüber der Serogruppe Australis (Serovare Bratislava und Australis). Größtenteils positive Ergebnisse mit teilweise sehr hohen Einzel-MAT-Titern zeigten sich auch bei den anderen Serovaren mit Ausnahme der Serovar Autumnalis, bei der es nur drei bzw. vier Seroreagenten mit niedrigen MAT-Titern gab.

Bis zum Zeitpunkt von BP5 gingen Anzahl und Höhe der positiven MAT-Titer deutlich zurück. Im Bestand B gab es im Vergleich zu A bis zum Ende mehr Serovare mit einzelnen positiven MAT-Titern, die teils auch höher als 1:100 lagen. Die MAT-Titer der Serovar Bratislava blieben in beiden Beständen am längsten und höchsten im positiven Bereich, im Bestand A weniger deutlich ausgeprägt als im Bestand B.

Mittelwerte (MW) der Impfgruppen (IG)

Die beiden Grafiken in Abbildung 2 zeigen den Verlauf der Serokonversion anhand der Mittelwerte der zur Basis 2 logarithmierten (Log2) MAT-Titer. Dargestellt sind nur die Beprobungszeitpunkte von BP1 bis BP7, auf BP8 wird später noch gesondert eingegangen. Zu berücksichtigen sind teilweise hohe Standardabweichungen, die die individuell schwankenden, serologischen Reaktionen der einzelnen Sauen abbilden und die sich in der Darstellung der Einzel­ergebnisse (Abb. 1) bereits angekündigt hatten. Die statistische Einordnung ist mittels Boxplots weiter unten beispielhaft für die Serovare Bratislava und Pomona dargestellt. Die Impfgruppen der beiden Betriebe verhielten sich bei der Betrachtung der Mittelwerte ähnlich, weisen aber auch Unterschiede auf. Wie bereits aus den ersten beiden Abbildungen ersichtlich, starteten die durchschnittlichen Log2-MAT-Titer der Serovar Bratislava in den Impfgruppen beider Bestände nicht bei null, im Bestand A galt das auch für Canicola.

Bereits vor der zweiten Impfung serokonvertierte ein Teil der Studientiere gegenüber den meisten Serovaren mit Ausnahme von Tarassovi (Bestand B) bzw. Tarassovi, Autumnalis und Pomona (Bestand A), die erst im Anschluss an die zweite Impfung (zwischen BP2 und BP3) anstiegen. Der höchste Log2-MAT-Mittelwert wurde von allen Serovaren am Zeitpunkt von BP3, also vier Wochen nach der zweiten Impfung, erreicht. Im Anschluss fielen die Werte bis zum Zeitpunkt von BP5, also zwölf Wochen nach der zweiten Impfung, mehr oder weniger schnell ab.

Für die Serovar Bratislava wurden in beiden Beständen durchweg die höchsten Mittelwerte erreicht, nur im Bestand A lag die genetisch nahverwandte Serovar Australis am Zeitpunkt von BP3 minimal höher. Bratislava zeigte außerdem den langsamsten Abfall nach dem Peak acht Wochen nach der ersten Impfung und blieb in beiden Beständen bis zum Ende der Beobachtungszeit im positiven Bereich, wobei die MAT-Titer-Werte im Bestand B auf einem höheren Niveau sistierten als im Bestand A.

Die Log2-MAT-Mittelwerte der Serovare Australis, Canicola, Icterohaemorrhagiae, Grippotyphosa und Tarassovi verliefen zwischen den Beprobungszeitpunkten BP1 und BP5 sehr ähnlich. Beachtenswert ist der Verlauf bei der Serovar Australis, die nicht im Impfstoff enthalten ist, aber wie Bratislava zur Serogruppe Australis gehört und in der Spitze einen Log2-MAT-Mittelwert von ca. 8 erreichte, was einer Verdünnungsstufe von etwa 1:200 bis 1:400 entspricht. Im Gegensatz dazu erreichte die ebenfalls nicht im Impfstoff enthaltene Serovar Autumnalis einen maximalen Log2-MAT-Mittelwert von 2 bzw. 3 (Verdünnungsstufe deutlich < 1:100). Nur wenig höher lag der Log2-MAT-Mittelwert in beiden Beständen für die Serovar Pomona, die im Impfstoff enthalten ist. Keine der untersuchten Serovare blieben an allen Beprobungszeitpunkten auf der Nulllinie.

An den letzten Beprobungszeitpunkten von BP5 bis BP7 traten kleine Unterschiede zwischen den Beständen auf. Im Bestand B fielen die Log2-MAT-Mittelwerte zum Ende hin langsamer ab als im Bestand A. Alle Serovare des Bestandes B blieben im positiven Bereich, während im Bestand A die Nulllinie am letzten Beprobungszeitpunkt von den Serovaren Autumnalis, Grippotyphosa und Tarassovi erreicht wurde. Bei der Betrachtung der Kurven in diesem Bereich ist zu bedenken, dass Log2-Werte von unter 6,6 einem tatsächlichen MAT-Titer von < 1:100 entsprechen, die Unterschiede daher nicht groß sind. Es fiel auf, dass der durchschnittliche Log2-MAT-Titer der Serovar Icterohaemorrhagiae in beiden Beständen zwischen den beiden letzten Beprobungszeitpunkten nochmal leicht anstieg, weniger ausgeprägt zeigte sich dieser Effekt auch bei Pomona.

MAT-Ergebnisse der Kontrollgruppen

Wie bereits in den Screeninguntersuchungen deutlich wurde, handelte es sich bei beiden Betrieben nicht um Leptospira spp. negative Herden. Im Einzelnen serokonvertierten drei Sauen der KG von Betrieb A und fünf Sauen der KG von Betrieb B im Beobachtungszeitraum. Verlauf und Höhe von MAT-Titern ≥ 1:100 aus den KG der beiden Betriebe sind detailliert in Tabelle 8 dargestellt:

Bei den ungeimpften Sauen traten die häufigsten Serokonversionen bei der Serovar Bratislava auf. Die MAT-Titer erreichten maximal 1:400 und traten sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich auf. Daneben wurden einzelne positive MAT-Titer bei den Serovaren Autumnalis, Canicola und Icterohaemorrhagiae detektiert, Letztere nur im Bestand A. Bei den Untersuchungen auf die Serovare Grippotyphosa, Pomona und Tarassovi gab es in beiden KG während des Beobachtungszeitraums keine Reagenten. In den KG beider Betriebe kamen insgesamt vier Tiere vor (drei Tiere aus Bestand A, ein Tier aus Bestand B), die während des gesamten Beobachtungszeitraums auf keine der untersuchten Serovare reagiert hatten.

Ergebnisse mit MAT-Titern < 1:100

Sowohl in der IG als auch der KG gab es in beiden Betrieben Tiere, die im gesamten Verlauf der Untersuchung auf einzelne Serovare keine MAT-Titer ≥ 1:100 zeigten. Im Gegensatz zu den KG gab es in den IG aber kein einziges Tier, das über alle Serovare und an allen Beprobungszeitpunkten durchweg Titer < 1:100 hatte. Tabelle 9 zeigt die Anzahl der Tiere in beiden Gruppen und Beständen, die im MAT konstant Titer < 1:100 zeigten.

Alle Tiere in der IG reagierten auf die Serovar Bratislava, wohingegen drei Tiere (Bestand A) bzw. zwei Tiere (Bestand B) der KG über den gesamten Beprobungszeitraum (196 Tage/6,5 Monate) negativ gegenüber der Serovar Bratislava blieben.

Gegenüberstellung der Betriebe hinsichtlich der Serovare Bratislava und Pomona

In den Abbildungen 3 und 4 sind die Log2-MAT-Ergebnisse für die Serovare Bratislava bzw. Pomona mittels Boxplots für die beiden Betriebe gegenübergestellt. Die Ergebnisse für den Zeitpunkt von BP8 (acht Tage nach dritter Impfung der IG im Bestand A/erste Impfung der KG von Betrieb A) wurden hier ebenfalls dargestellt.

Beide IG erreichten jeweils höhere Maximal- wie auch Medianwerte als die vergleichbaren KG, teils zusätzlich noch mit Ausreißern. Die Interquartilsabstände, also der Bereich, in dem sich die mittleren 50 % der Daten befinden, sind in den IG eher geringer als in den KG. Das bedeutet, dass durch Impfung die Streuung der individuellen Antikörperantwort komprimiert wird.

Besonders deutlich ist das der Fall an den Zeitpunkten von BP2 bis BP5, im Betrieb B bis BP6. In dieser Zeitspanne von vier bis 16 Wochen nach der ersten Impfung zeigt sich der wesentliche An- und Abstieg der durchschnittlichen Log2-MAT-Titer (ersichtlich auch in Abb. 1), hier liegen auch die mittleren 50 % der Daten der IG vergleichsweise nah beieinander und die Maxima erreichen die höchsten Werte. Die Mediane der beiden IG differieren bis zum Beprobungszeitpunkt BP6 nur wenig, am Zeitpunkt von BP7 wird der stärkere und schnellere Abfall der MAT-Titer der Serovar Bratislava im Bestand A deutlich, während der Median von Bestand B nahezu unverändert hoch bleibt. Entsprechend steigen die Interquartilsabstände im Betrieb A am Zeitpunkt von BP6, im Betrieb B erst am Zeitpunkt von BP7, hier beginnen die einzelnen MAT-Titer also wieder stärker zu streuen. Am achten und letzten Beprobungszeitpunkt sind die Mediane der beiden IG dann weit voneinander entfernt. Der Median der IG von Bestand B sinkt auf die Nulllinie, obwohl die Spannweite noch groß ist. Die IG von Bestand A erreicht dagegen acht Tage nach der Boosterimpfung bei geringem Interquartilsabstand den höchsten Median.

In der KG beider Betriebe liegt der Median nur am Zeitpunkt von BP2 über null, und zwar in gleicher Höhe und – abgesehen von einem Ausreißer im Bestand A – mit gleichem Interquartilsabstand. Ansonsten zeigen sich an allen Beprobungszeitpunkten das Minimum bei null und Maxima von unter Sieben außer einem Einzelwert von 8,64 (entspricht einem Titer von 1:400) am Zeitpunkt von BP2. Im Bestand A fallen die hohen MAT-Titer-Werte der KG am Zeitpunkt BP8 auf, diese Tiere hatten acht Tage zuvor ihre erste Impfung erhalten.

Die Boxplots der Serovar Pomona unterscheiden sich deutlich von denen der zuvor betrachteten Serovar Bratislava. Die KGen blieben insgesamt auf der Nulllinie, zu keinem Beprobungszeitpunkt ist eine Serokonversion darzustellen. Der einzige Median der IG, der über null lag, fand sich im Bestand A am Zeitpunkt von BP3, acht Wochen nach der ersten Impfung. Im Bestand B liegt ein Einzelwert als Maximum zu diesem Zeitpunkt leicht höher als im Bestand A. Vier Wochen später ist das wieder umgekehrt, im Bestand B bleibt es dann in der IG bis zum letzten Beprobungszeitpunkt von BP8 gleichmäßig bei einem einzelnen positiven Log2-MAT-Titer. Im Bestand A sinken Anzahl und Höhe der einzelnen Log2-MAT-Titer bis zum Zeitpunkt von BP6 auf null, um dann wieder zu steigen. Bemerkenswert ist die IG von Bestand A zum Zeitpunkt von BP8, acht Tage nach der Boosterimpfung. Ein einzelner Ausreißer liegt auf der Nulllinie, alle anderen Ergebnisse sind deutlich höher. Der Interquartilsabstand ist vergleichsweise gering, der Median liegt wie das obere Quartil bei 9,65, was einem Titer von 1:800 entspricht, das Maximum erreicht einen Titer von 1:3.200.

Statistische Betrachtung der Unterschiede zwischen Impf- und Kontrollgruppe

Zwischen den MAT-Titerergebnissen von Impf- und Kontrollgruppen sind, wie bereits gezeigt, numerische Unterschiede darstellbar. Mittels Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test wurde geprüft, mit welcher statistischen Sicherheit ein erhöhter Titer in der IG im Vergleich zur KG an einem bestimmten Beprobungszeitpunkt zu erwarten ist. Tabelle 10 zeigt, an welchen Beprobungszeitpunkten die Log2-MAT-Titer der IG signifikant (p < 0,05) oder hochsignifikant (p < 0,0001) höher sind als in der KG.

Signifikante Unterschiede zwischen Serovaren und Betrieben zeigten sich insbesondere am Zeitpunkt von BP3, an denen es nicht nur die meisten Seroreagenten gab, sondern auch die MAT-Titer in den Impfgruppen die höchsten Werte erreichen. Bei der Serovar Bratislava und im Bestand A auch bei der Serovar Canicola waren signifikante Unterschiede zwischen IG und KG schon am Zeitpunkt von BP2 zu beobachten, während das für die anderen Serovare erst zum Zeitpunkt von BP3 der Fall ist. Im Betrieb B blieb Bratislava in IG und KG bis zum Zeitpunkt von BP7 signifikant unterschiedlich, im Betrieb A nur bis BP5. Lediglich hinsichtlich der Serovar Autumnalis unterschieden sich IG und KG in keinem der Betriebe und zu keinem Zeitpunkt signifikant.

MAT-Titer nach dritter Wiederholungsimpfung

Wie oben beschrieben, wurde die IG aus Betrieb A acht Tage vor der achten und letzten Blutentnahme und knapp sechs Monate nach der ersten Impfung erneut mit Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) geimpft. Die geboosterte Impfgruppe von Bestand A hatte nicht nur höhere Einzeltiterwerte, sondern auch deutlich mehr Seroreagenten als die IG im Bestand B am letzten Beprobungszeitpunkt BP8 (Abb. 5). Die Anzahl der Seroreagenten und die Höhe der MAT-Titer im Bestand A waren ähnlich hoch wie die Peak-Ergebnisse am Zeitpunkt von BP3. Entsprechend stellten sich auch Mittelwerte und Standardabweichungen der beiden IG ähnlich unterschiedlich dar, die in Abbildung 6 gegenübergestellt sind.

Die durchschnittlichen Log2-MAT-Titer vom Peak-Zeitpunkt BP3 vier Wochen nach der zweiten Impfung lagen bei den Serovaren Australis, Bratislava, Canicola, Grippotyphosa, Icterohaemorrhagiae und Pomona niedriger als zum Zeitpunkt von BP8, acht Tage nach der dritten Wiederholungsimpfung. Umgekehrt verhielt sich das bei Autumnalis und Tarassovi. Zu beachten ist das unterschiedliche Niveau der Standardabweichungen, dargestellt durch die schwarzen Linien über den Säulen. Am Beprobungszeitpunkt von BP8 waren die Standardabweichungen mit Ausnahme der Serovar Tarassovi niedriger als am Beprobungszeitpunkt von BP3, besonders deutlich ist das bei Bratislava, Canicola und Icterohaemorrhagiae. Die serologische Reaktion der einzelnen Tiere auf die dritte Impfung streute bei diesen Serovaren in unserer Untersuchung nicht mehr so stark wie nach der zweiten Impfung.

Diskussion

Auswahl der Betriebe/Ergebnisse Pre-Screening

Ziel der vorliegenden Studie sollte die Darstellung der Serokonversion nach Grundimmunisierung im Feldbestand sein. Für Feldbestände ist das Vorkommen einzelner, niedriger Leptospira spp. MAT-Titer, wie bereits ausgeführt, nicht ungewöhnlich.

Tatsächlich zeigt die Untersuchung von Serumproben des Pre-Screenings und vom Tag der ersten Impfung (BP1), dass beide Bestände vor Beginn der Untersuchungen Feldkontakt zur Serogruppe Australis (Serovare Australis bzw. Bratislava) hatten. Im Bestand A tauchten zusätzlich auch MAT-Titer der Serovare Autumnalis und Canicola auf, im Bestand B der Serovar Grippotyphosa. In beiden Beständen kann folglich schon vor Studienbeginn von einem Erregerkontakt mit Leptospira spp. ausgegangen werden, ohne dass es offensichtliche, überdurchschnittliche Fruchtbarkeitsprobleme gegeben hat (Tab. 2). Die beiden Betriebe repräsentieren also eine Situation im Feld, die sich bei Überlegungen zur Implementierung einer Impfmaßnahme häufig so darstellt und die für unsere Untersuchungen praxisrelevante Ergebnisse erwarten lässt.

Zum Zeitpunkt des Screenings fanden sich in beiden Sauenherden mehr und höhere MAT-Titer als zum Zeitpunkt der ersten Impfung und Blutprobenentnahme zu Beginn der Studie (BP1). Der Grund dafür könnte in der Auswahl der Probentiere liegen: Die Screening-Untersuchungen wurden an Blutproben durchgeführt, die im Rahmen von Routinediagnostik-Maßnahmen genommen worden waren und bei denen das Alter der Sauen nicht berücksichtigt wurde. Im Gegensatz dazu wurden in die Studie bevorzugt junge Sauen/Jungsauen aufgenommen (Tab. 1). Wie oben erwähnt, reagieren chronisch infizierte Tiere im MAT häufig negativ, sogar wenn sie den Erreger noch ausscheiden (Strutzberg-Minder et al. 2018). Dieses Phänomen betrifft in einem endemisch infizierten Bestand naturgemäß eher ältere Sauen und war der Grund, warum wir für unsere Untersuchungen junge Tiere gewählt haben. Bei jüngeren Tieren ist es weniger wahrscheinlich, dass sie bereits eine Infektion durchgemacht haben, und entsprechend geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Interaktion vorhandener (Feld-)Antikörper mit dem Impfantigen. Die Persistenz maternaler Antikörper wird von Millar et al. (1987) mit bis zu zwölf Wochen angegeben, diese sollten also bei zuchtreifen Jungsauen nicht mehr vorhanden sein.

MAT-Ergebnisse im Studienverlauf

Abbildung 1 veranschaulicht die großen individuellen Unterschiede in Häufigkeit und Höhe der serologischen Reaktion nach der Grund­immunisierung der IG. In der KG zeigten sich dagegen eher einzelne niedrige Titer (Tab. 8), die im Wesentlichen der Situation vor Impfbeginn entsprechen. Signifikante Unterschiede bei Häufigkeit und Höhe der Serokonversion waren vor allem am Zeitpunkt von BP3 feststellbar, nur bei der Serovar Bratislava zeigte sich diese Signifikanz länger. Insgesamt konnte in dieser Studie beobachtet werden, dass grundsätzlich eine Serokonversion gegenüber den im Impfstoff enthaltenen Serovaren zu erwarten ist. Diese These wird gestützt durch die statistische Beurteilung der gegenübergestellten MAT-Befunde aus den Impf- und Kontrollgruppen (Tab. 10). Zu berücksichtigen sind die Unterschiede der serologischen Reaktion auf die verschiedenen Serovare. Jacobs et al. (2015b) stellten die höchsten MAT-Titer bei den Serogruppen Australis und Canicola sechs Wochen nach der Impfung fest, während die Serogruppen Tarassovi und Icterohaemorrhagiae keine oder niedrige MAT-Titer induzierten. Dobson und Davos (1975) bestätigen eine schwache und kurzfristige Serokonversion gegenüber den Serovaren Pomona und Tarassovi nach zweimaliger Impfung.

Ein Zeitpunkt von etwa vier Wochen nach der zweiten Impfung erscheint nach unseren Untersuchungen vorteilhaft, um die serologische Reaktion in einer Sauenherde nach Impfung darzustellen. Ähnlich wie in der vorliegenden Studie beobachteten Dobson und Davos (1975) den Höhepunkt der Serokonversion zwei bis vier Wochen nach der zweiten Impfung. Schommer et al. (2021) fanden die meisten positiven und auch die höchsten MAT-Titer vier Wochen nach der Grundimmunisierung mit einem zu unserer Vakzine vergleichbaren polyvalenten Impfstoff. Jacobs et al. (2015b) untersuchten Proben zwei Wochen nach der zweiten Impfung der Grundimmunisierung mit Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) und konnten hier deutliche MAT-Titer im Vergleich zur ungeimpften Kontrollgruppe darstellen.

Die KG repräsentiert in der vorliegenden Studie ungeimpfte Tiere und damit die bisherige Situation in den beiden Betrieben. Verglichen mit der Gesamtzahl der Sauen in beiden Betrieben (ca. 950 Sauen) war unser KG klein und erlaubt keine verallgemeinernden Schlussfolgerungen. In unseren Untersuchungen gab es einzelne, niedrige MAT-Titer in der KG, die nur mit einem parallel stattfindenden Felderregerkontakt zu erklären sind. Eine Ausscheidung von Impfantigen ist bei dem verwendeten (Tot-)Impfstoff nicht möglich. Kreuzreaktionen mit anderen Organismen sind unwahrscheinlich, denn die Spezifität des MAT gilt als hoch (WOAH 2021).

Interferenzen zwischen Impfung und Feldinfektion

Für eine Unterscheidung von Impf- und Feldtitern gibt es keine Anhaltspunkte, eine Unterscheidung zwischen geimpften und ungeimpften Tieren ist nicht möglich (Strutzberg-Minder und Kreienbrock 2011). Da Leptospiren durch die Impfung nicht aus einem Bestand eliminiert werden können und auch geimpfte Tiere den Erreger tragen und ausscheiden (Tizard 2021), kommt in Impfbeständen häufig auch gleichzeitig Feldantigen vor. Einzelne, niedrige Bratislava-MAT-Titer sind – wie bereits ausgeführt (Strutzberg-Minder et al. 2018) – nicht ungewöhnlich und auch nicht notwendigerweise mit klinischen Problemen assoziiert. Es ist aber zu vermuten, dass die verbreitete Prävalenz der Serovar Bratislava einen Einfluss auf die serologische Reaktion nach Impfung hat. Ähnlich wie bei anderen Erregern – z. B. Mesomycoplasma hyo­pneumoniae (Grosse Beilage et al. 2005) – könnte nach einem Felderregerkontakt geimpfter Tiere im Vergleich zu ungeimpften eine schnellere und höhere Serokonversion zu erwarten sein. In der Literatur ist bezüglich Leptospira spp. aber der gegenteilige Effekt beschrieben: Morsi et al. (1973) konstatierten bei geimpften Tieren nach Challenge eine niedrigere Serokonversion im MAT als bei ungeimpften Tieren. Auch Whyte et al. (1982) stellten fest, dass eine vorausgehende Impfung die MAT-Antwort auf eine Feldinfektion reduzierte. Jacobs et al. (2015a) wiesen bei geimpften Tieren ebenfalls einen niedrigeren MAT-Titer gegen mehrere Serovare nach Challenge fest als bei ungeimpften Tieren, ebenso eine niedrigere Serokonversionsfrequenz.

Ob diese Feststellungen auch umgekehrt gelten, also ob Tiere, die zuvor Feldkontakt mit Leptospira spp. hatten, möglicherweise mit einer schwächeren Serokonversion auf die Impfung reagieren, bleibt offen. Unsere Untersuchungen lieferten keine Hinweise darauf; wir konnten keine augenscheinlichen Unterschiede in der serologischen Reaktion nach Impfung zwischen zuvor serologisch positiven und negativen Tieren feststellen. Neben der geringen Anzahl dieser Probanden ist zu berücksichtigen, dass als „negativ“ geführte Tiere MAT-Titer < 1:100 aufgewiesen haben könnten oder dass sie zuvor schon positiv gewesen sein könnten. Sicher ist, dass u. a. die Serovar Bratislava in beiden Beständen schon vor Studienbeginn vorgekommen ist und bei allen Tieren die Möglichkeit besteht, dass sie schon zuvor Kontakt zu dieser hierzulande endemischen Serovar hatten. Im Gegensatz dazu ist die Serovar Pomona nicht sehr verbreitet; wir konnten in ungeimpften Tieren keine Pomona-MAT-Titer nachweisen und dementsprechend ist ein Kontakt vor oder während der Studie eher unwahrscheinlich.

Die Unterschiede bei vorausgehenden und/oder während der Studie stattfindenden Erregerkontakten könnten der Grund sein für die Unterschiede in der Immunantwort zwischen den beiden Betrieben, insbesondere an den letzten drei Beprobungszeitpunkten BP6 bis BP8. Bei der Betrachtung der Mittelwerte der serologischen Verläufe (Abb. 2) fällt auf, dass einzelne Serovare zunächst abfallen, um dann wieder – wenn auch nur leicht – anzusteigen. Dass ein einzelner, individueller Titer länger persistiert oder langsamer abfällt, wäre nicht ungewöhnlich; MAT-Resultate sind immer als Bestands-/Gruppenuntersuchung zu interpretieren (Ellis 2015). Ein Anstieg kann aber nur mit Feldkontakt erklärt werden und möglicherweise in geimpften Tieren auch deutlicher ausfallen. Es ist anzunehmen, dass die Konfrontation mit Felderregern in den Betrieben A und B unterschiedlich verlaufen ist; hier liegt vermutlich der Grund für die Unterschiede an den letzten drei Beprobungszeitpunkten. Neben der Stimulation einer spezifischen Antikörperantwort auf eine bestimmte Serovar kann v. a. die schnelle, unspezifische Immunantwort auch MAT-Titer anderer Serovare verursachen.

Bei der Beurteilung serologischer Ergebnisse von Zuchtsauen im prä- und postpartalen Zeitraum ist immer auch zu berücksichtigen, dass die Sau einige Tage vor der Geburt damit beginnt, IgG aus dem Blut in der Milchdrüse zu konzentrieren, gleichzeitig sinkt die IgG-Konzentration im Serum der Sau (Butler et al. 2006). Dies dürfte sich auch auf die MAT-Titerergebnisse auswirken, sodass die MAT-Titer von Sauen rund um die Geburt niedriger sein könnten als während der Trächtigkeit.

Unterschiede in der Serokonversion gegenüber ­verschiedenen Serovaren nach Impfung

Eine Serokonversion gegen die Serogruppe Australis war in unserer Untersuchung bei allen Tieren und mit hohen MAT-Titern nachweisbar. Nach Impfung mit einer Bratislava-Vakzine dokumentierten Ellis et al. (1989) ebenfalls eine schnelle Serokonversion seronegativer Schweine (Titer < 1:100) im MAT bereits nach erster, noch deutlicher nach zweiter Impfung. Schommer et al. (2021) berichteten ebenfalls von nahezu 100 % Seroreagenten gegenüber der Serovar Bratislava nach Impfung mit einem in Europa nicht zugelassenen Dreifach-Kombinationsimpfstoff. Jacobs et al. (2015a) registrierten zwei Wochen nach der zweiten Impfung mit Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) eine deutliche Serokonversion gegenüber den Serovaren Canicola und Australis/Bratislava.

Auf die Serogruppe Pomona reagierten in unserer Untersuchung dagegen nur wenige Tiere, zusätzlich blieben die MAT-Titer in einem vergleichsweise niedrigen Bereich. Dass Häufigkeit und Höhe der MAT-Titer nach zweimaliger Impfung gegen die Serovar Pomona eher niedrig ausfallen, wird von mehreren Autoren bestätigt (Dobson und Davos 1975, Whyte et al. 1982, Sanford und Morris 1990, Jacobs et al. 2015b, Schommer et al. 2021).

Unsere Ergebnisse zum MAT-Serokonversionsverlauf nach Impfung entsprechen im Großen und Ganzen denen anderer Autoren, bei der Betrachtung von Details gibt es aber Unterschiede. Beim Vergleich von Ergebnissen verschiedener Studien zu Leptospirose-Impfungen ist immer zu berücksichtigen, dass ein unterschiedlicher Studienaufbau, unterschiedliche Antigene, unterschiedliche Adjuvanzien der eingesetzten Impfstoffe und nicht zuletzt auch unterschiedliche Verfahren in den Untersuchungslaboren einen entscheidenden Einfluss haben können. Ältere Untersuchungen wurden z. B. meist mit Vakzinen durchgeführt, die nur gegen ein oder zwei Serovare gerichtet waren (Hanson et al. 1972, Morsi et al. 1973, Whyte et al. 1982, Ellis et al. 1989) und die nicht so einfach mit den modernen polyvalenten Impfstoffen verglichen werden sollten.

Unterschiede in der Serokonversion gegenüber verschiedenen Serovaren nach Feldinfektion oder Challenge

Im Gegensatz zur schwachen serologischen Antwort nach Impfung beschreiben verschiedene Autoren sehr hohe MAT-Titer nach einer Challenge-Infektion mit der Serogruppe Pomona (Fish et al. 1963, Sebek et al. 1983, Jacobs et al. 2015b), während Hathaway et al. (1983) nur mäßige MAT-Titer bis 1:400 nach Pomona-Challenge beobachten konnten. Kurz nach einer Feldinfektion berichten Saravi et al. (1989) von exorbitanten Pomona-MAT-Titern bis 1:25.600, niedrigere Titer persistierten in diesem Bestand über mehrere Jahre. Waldmann (1990) beschreibt in einem Bestand mit Abortproblematik lang anhaltende Pomona-MAT-Titer bis 1:3.200. Die serologische Reaktion auf Impfung oder Infektion könnte bei dieser Serovar also unterschiedlich sein. Ob sich diese Unterschiede nach mehrfachen Boosterimpfungen nivellieren, bleibt offen. Die deutlich höhere serologische Reaktion der geboosterten Tiere aus Bestand A zum Zeitpunkt von BP8 könnte ein Hinweis darauf sein. Für eine gesicherte Aussage ist aber erstens die Anzahl der Tiere zu gering und zweitens erlaubt auch der ungleiche Abstand zwischen Impfungen und Blutprobenentnahmen keine diesbezügliche Schlussfolgerung. Weitere Untersuchungen zum serologischen Verlauf nach mehreren Boosterimpfungen wären hierzu notwendig.

Bei der Serovar Bratislava gibt es keine Hinweise auf unterschiedliche serologische Reaktionen nach Impfung oder Feldinfektion. In beiden Studienbetrieben fanden sich bei ungeimpften Tieren durchweg niedrige Bratislava-MAT-Titer, die die in Deutschland endemische Verbreitung dieser Serovar abbilden. Mit einer gezielten Challenge-Infektion ist diese Situation nicht vergleichbar. Die (homologen) MAT-Titer nach Bratislava-Challenge erreichten bei Hathaway et al. (1983) nach der experimentellen Infektion MAT-Titer bis 1:25.600.

Kreuzreaktionen und serologische Reaktion auf nicht im Impfstoff enthaltene Serovare

Es ist zu vermuten, dass die Grundimmunisierung eines naiven Tieres am ehesten mit einem frühen Infektionsstadium vergleichbar ist. Dadurch wäre – ebenso wie nach einem Felderregerkontakt – eine breite Leptospira-gattungsspezifische Antikörperantwort zu erwarten, die zu positiven MAT-Titern mit mehreren Test-Serovaren führt. Die Reaktionen gegen Serovare, die gar nicht im Impfstoff enthalten sind, wie bspw. Autumnalis, wären dadurch zu erklären. Im Verlauf unserer Studie hatten sich bei der Serovar Autumnalis immer wieder einzelne, niedrige MAT-Titer gezeigt, im Bestand A auch schon vor Beginn der Studie bei den Screeninguntersuchungen. Ob es sich z. B. im Bestand A um eine Autumnalis-Feldinfektion handelt, während sich im Bestand B einzelne Kreuzreaktionen auf die Impfung zeigen, lässt sich mit unseren Untersuchungen aber nicht abschließend beantworten.

Die deutliche MAT-Antikörperantwort auf die Serovar Australis basiert dagegen auf der Zugehörigkeit zur Serogruppe Australis, zu der auch Bratislava gehört. Für die Serovar Bratislava wird zur Durchführung eines MAT homologes Antigen benötigt (Strutzberg- Minder und Kreienbrock 2011). Durch den engen genetischen Verwandtschaftsgrad innerhalb der Serogruppe werden auch die Antigene der Serovar Australis nachgewiesen und reagieren entsprechend im MAT.

Fazit für die Praxis

Die Grundimmunisierung einer nicht naiven Sauenherde mit Porcilis® Ery + Parvo + Lepto (MSD Animal Health, Boxmeer, NL) führte zu einer Serokonversion, die etwa vier Wochen nach der zweiten Impfung die höchsten MAT-Titer bei allen untersuchten Serovaren erreichte. 82 Tage, also knapp drei Monate nach der 2. Impfung, waren die MAT-Titer gegen die meisten Serovaren außer Bratislava wieder < 1:100. Die längste und höchste Serokonversion nach Impfung war für die Serovar Bratislava zu ermitteln, vermutlich weil es in beiden Herden vor und während der Studie bereits Kontakt zur Serogruppe Australis gegeben hat. Gegen die Serovar Pomona konnte dagegen nur eine kurze und vergleichsweise schwache serologische Antwort nach Impfung nachgewiesen werden. Die Ergebnisse von Bestands­untersuchungen mittels MAT-Untersuchungen an Blutproben, die mehr als drei Monate nach der Grundimmunisierung genommen wurden, können folglich weitgehend wie Proben aus einem ungeimpften Bestand beurteilt werden. MAT-Titer erlauben keine Aussage darüber, ob neutralisierende Antikörper vorliegen, und sind nicht zur Einschätzung der Protektion vor einer Feldinfektion geeignet. Wie sich die serologischen Verläufe nach mehreren Boosterimpfungen entwickeln, konnte mit der vorliegenden Untersuchung nicht geklärt werden.

Ethische Anerkennung

Die Autoren versichern, während des Entstehens der vorliegenden Arbeit die allgemeingültigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis befolgt zu haben. Alle maßgeblichen internationalen, nationalen und/oder institutionellen ethischen Richtlinien für den Umgang mit den in der Studie verwendeten Tieren wurden beachtet. Angaben zum Tierversuchsantrag und dessen Genehmigung finden sich im veröffentlichten Text.

Interessenkonflikt

Die Autoren versichern, dass keine geschützten, beruflichen oder anderweitigen persönlichen Interessen an einem Produkt oder einer Firma bestehen, welche die in dieser Veröffentlichung genannten Inhalte oder Meinungen beeinflussen können.

Finanzierung

Diese Arbeit wurde unterstützt von MSD Tiergesundheit. Die Autoren versichern, dass sie Daten hierzu auf begründete Nachfrage hin bereitstellen.

Autorenbeitrag

Konzeption, Design der Arbeit: SM, SoM, AP, KSM.

Datenerhebung: SM, AP, AU.

Datenanalyse und -interpretation: SOM, AP, KSM, MO.

Manuskriptentwurf: SoM, AP, SM.

Kritische Revision des Artikels: KSM.

Endgültige Zustimmung zur für die Veröffentlichung vorgesehenen Version: SM, SoM, AP, KSM, MO, AU.

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Perorale Applikation von Medikamenten

Eine aktuelle Studie geht der Frage nach, ob die angewandte Methode zur Medikamentenapplikation, die Charaktereigenschaften der Katze, die Compliance des Tierbesitzers/der Tierbesitzerin, der richtige Umgang mit der Katze und das Handling bei der Tabletteneingabe den Erfolg einer peroralen Therapie maßgeblich beeinflussen.

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Auf der Suche nach der besten Strategie

Das Porcine Circovirus 2 und Mycoplasma hyopneumoniae zählen zu den am meisten verbreiteten Erregern in heimischen Schweinebeständen.

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Spürhunde identifizieren Proben von COVID-19- Patienten − eine Pilotstudie

An der TiHo Hannover wurde untersucht, ob trainierte Hunde die Proben von SARS-CoV-2-infizierten Patienten von denen nicht infizierter Kontrollen unterscheiden können.