Eine praxisnahe 60er-Robotereinheit und eine offene Liegefläche für viel Kuhkomfort. Ein hoher Grad an Automatisierung und Sensoren für das Gesundheitsmonitoring. Ein Lichthof mit Bäumen, der die Temperatur im Stall niedrig hält und ein neuartiges Haltungskonzept: die Familienherde . So stellt sich das interdisziplinäre Team im „Netzwerk für gesunde und „glückliche“ Kühe“ (IGG) den Milchviehstall der Zukunft vor. Er sollte 2024 am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Dummerstorf entstehen. Doch nun kürzt das BMEL die Fördergelder. „Wenn das so kommt, wie geplant, werden wir den Stall nicht bauen können!“ erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Lisa Bachmann.
Weniger Fördergelder für die Nutztierforschung
Das „Bundesprogramm Nutztierhaltung“, ein zentraler Baustein der Nutztierstrategie des BMEL, soll bereits Ende 2024 eingestellt werden. Diese Pläne machte das Agrarministerium Mecklenburg-Vorpommern in einer Pressemitteilung öffentlich. Noch ist der Haushalt nicht beschlossen, aber das BMEL bestätigt, das Kürzungen in diesem Bereich geplant sind.
Ziel des Bundesprogramms ist eine konsequente Weiterentwicklung der Haltungsbedingungen, die das Tierwohl verbessern, Umweltwirkungen vermindern und gleichzeitig den landwirtschaftlichen Betrieben zukunftsfähige und in der Praxis umsetzbare Verfahrensweisen an die Hand geben sollte. Im Modul 3 „Stall der Zukunft“ sollten unter anderem Forschungsställe in Dummerstorf und dem bayrischen Grub entstehen, wo Forschende ihre innovativen Ideen zur Milchviehhaltung einem Praxistest unterziehen und der Öffentlichkeit vorstellen wollten.
Zukunftsfähige Tierhaltung braucht den Praxistest
Die IGG betont in einer Stellungnahme die große Bedeutung der Nutztierforschung: „Gerade beim angestrebten Umbau der Tierhaltung werden die Forschungsmöglichkeiten aus diesen Ställen dringend benötigt […].“ Wenn Landwirte und Landwirtinnen innovative Ideen beim Stallbau umsetzen sollen, brauchen sie die Sicherheit, dass die neuen Konzepte in der Praxis funktionieren. Das kann nur die anwenderorientierte Forschung in Forschungsställen bieten. Die Forschenden äußern Unverständnis für die geplanten Kürzungen im 2021 genehmigten Projekt IGG. „Unsere Projekte verfolgen ganz eindeutig die derzeitigen Ziele des BMEL, was den Umbau der Tierhaltung angeht. Denn nur mit der Forschung in den beiden Stallbauvorhaben ist eine konsequente Weiterentwicklung der Haltungsbedingungen bezüglich Tierwohl auf wissenschaftlich fundierten Grundlagen umsetzbar“.
Bachmann ergänzt: „Für die Nutztierforschung in Deutschland wäre die Einstellung des Bundesprogrammes Nutztierhaltung desaströs. Ein großer Teil der angewandten Forschung im Bereich Tiergesundheit und Tierwohl wird momentan über dieses Programm gefördert. Die Debatten zu diesen Kürzungen starten ab 04. September im Bundestag. Unsere Hoffnung ist, dass man dort den Wert des Projekts erkennt und das Parlament die Kürzung des Bundesprogramms Nutztierhaltung noch abwenden wird.“
Das Projekt „Milchviehstall der Zukunft“ wurde im März 2022 in Der Praktische Tierarzt vorgestellt, ein Interview mit Prof. Lisa Bachmann zum innovativen Haltungskonzept lesen Sie hier.
Auf vetline.de haben wir auch über das Tierwohlkompetenzzentrum Schaf geschrieben, das ebenfalls über das Bundesprogramm Nutztierhaltung gefördert wird.