Der Praktische Tierarzt 87, 713-725
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co.KG. 2006
Publiziert: 09/2006
Zusammenfassung
Eine retrospektive Auswertung von insgesamt479 Klinikpatienten und eine experimentelle Dosis-Wirkungsstudiebei 120 Saugferkeln mit der Ketamin/Azaperon-Allgemeinanästhesie hat gezeigt, dass bei abgesetztenund älteren Schweinen chirurgische Interventionen sowieschmerzhafte diagnostische oder auch therapeutischeManipulationen mit einer Dosis von 20 mg Ketamin (i. m.oder i. v.) und 2 mg Azaperon (i. m.) bzw. 0,5 mg Azaperon(i. v.) pro kg LM ohne ernsthafte Nebenwirkungen bis aufeine Hypothermie durchführbar sind. Prämedikationenoder medikamentelle Gegenmaßnahmen sind daher bisauf eine postoperative Wärmezufuhr nicht erforderlich. BeiSaugferkeln muss die i. m. Dosis von Ketamin aber auf 25mg/kg LM erhöht werden, um eine chirurgische Toleranzmit somatischer und viszeraler Analgesie zu erreichen. DieToleranzdauer reicht aus, um die meisten Interventionenschmerzfrei durchführen zu können, doch auch eine Analgesieverlängerungmit Ketamin ist bis zur Hälfte der Ausgangsdosis(i. v. ) bzw. bis zur Höhe der Ausgangsdosis(i. m. ) möglich. Beide Substanzen sind mischbar und alsWirkstoffkombination gleichermaßen anästhetisch wirksam.Dadurch wird die intramuskuläre Injektion bei Massenapplikationen(z. B. bei der Saugferkelkastration) oderdie intravenöse Applikation (bei größeren Einzeltieren) erleichtert.Selbst die i. m. Applikation großer Volumina (insbesondereKetamin) hinterlässt keine sichtbare lokale Gewebsschädigung.Dadurch ist auch die Betäubung größerer,widersetzlicher oder aggressiver Schweine möglich.Mit der Zulassung (und Verfügbarkeit) dieser beiden Wirkstoffebesteht zur Zeit kein Therapienotstand für die Durchführungvon Allgemeinanästhesien bei Schweinen.