Der Praktische Tierarzt 87, 802-809
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co.KG. 2006
Publiziert: 10/2006
Zusammenfassung
In einer kontrollierten klinischen Feldstudie wurdenin 2 Ferkelerzeugerbetrieben im Rahmen der routinemäßigenFrühkastration in der 1. Lebenswoche jeweils eineHälfte der männlichen Ferkel ohne Betäubung (n = 1127)und die andere Hälfte mit der Ketamin/Azaperon-Allgemeinanästhesie(n = 1213) kastriert. Die Anästhesie ist beieiner Basisdosis von 2 mg Azaperon und 25 mg Ketaminpro kg LM, intramuskulär verabreicht, tierschutzkonform:Gemäß standardisierter schmerzspezifischer Reflex- undVerhaltenskontrollen zeigt sich eine chirurgische Toleranzmit somatischer und viszeraler Analgesie sowie eine Hypnoseund Muskelrelaxation, die einen fachgerechten undstörungsfreien Eingriff ermöglicht. Unter der Voraussetzung,dass die Ferkel erst gegen Ende der 1. Lebenswochekastriert werden und während der Aufwachphase zumSchutz vor Unterkühlung und Erdrückung im Ferkelnestsepariert werden, entstehen keine Nachteile gegenüber derKastration ohne Betäubung, was Überleben, Gesundheitund auch Wachstum betrifft. Die Allgemeinanästhesie istpraktikabel: Als Wirkstoffmischung kann sie mit jeweilseiner Injektion seriell appliziert werden. Bezogen auf diechirurgische Toleranzdauer können bis zu 20 männlicheFerkel (aus ca. 4 Würfen) hintereinander anästhesiert undkastriert werden. Wirtschaftliche Nachteile gegenüber derKastration ohne Betäubung ergeben sich bezüglich nachfolgenderGesundheits- oder Wachstumsstörungen nicht.Eine geringfügige, anästhesiebedingte Verlängerung derKastrationsdauer und die Zusatzkosten für die Medikamente(ca. 1 Euro/Ferkel) sowie für die tierärztliche Tätigkeit(ca. 1 Euro/Ferkel) im Fall einer Betäubungspflichtwürden zur Zeit die Rentabilität der Ferkelproduktion jedochbeinträchtigen. Logistische Maßnahmen sowie arzneimittel-und tierschutzrechtliche Korrekturmöglichkeitenzur Kostendämpfung werden diskutiert, um Tierschutz-und Wirtschaftsinteressen in Einklang zu bringen.