Vollblüter produzieren in einem Rennen enorm viel Wärme – bis zu 1.250 kJ pro Minute. Diese überschüssige Hitze muss z.B. durch Schwitzen nach außen abgegeben werden, damit die Körpertemperatur nicht zu stark ansteigt. Ab 40° C wird es kritisch, dann wächst die Wahrscheinlichkeit für Proteindenaturierung und Zelltod.
Die Symptome einer Überhitzung reichen von einem geringfügigen Anstieg der Atem- und Herzfrequenz bis hin zu ZNS-Symptomatik und Tod. Überhitzte Pferde müssen aggressiv und so schnell wie möglich mit möglichst kaltem Wasser heruntergekühlt werden.
Durch den Klimawandel werden extreme Wetterlagen häufiger und die Veranstalter von Pferderennen werden zunehmend mit Hitzewellen umgehen müssen. Britische Forscher haben daher mithilfe statistischer Modelle untersucht, welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der ein Pferd auf der Rennbahn überhitzt. Grundlage waren die Daten von fast 705.000 Vollblutpferden, die zwischen 2010 und 2018 auf britischen Rennbahnen an den Start gingen. Bei etwa 700 (0,1 %) kam es zur Überhitzung.
Auf Risikokandidaten achtgeben
Top Job:
Die innere Hitzeproduktion hängt in erster Linie von der Belastung ab. Sowohl eine weitere Renndistanz als auch zunehmende Anstrengung erhöhten das Risiko für eine Überhitzung.
Ein individueller Risikofaktor war das Alter – vierjährige hatten ein besonders hohes Überhitzungsrisiko, dann nahm es mit dem Alter ab, was sich die Autoren durch besseres Training und eine gewisse Selektion im Laufe der Jahre erklären. Das individuelle Risiko könnte auch durch Fitness und Management beeinflusst werden, was in der Studie jedoch nicht erfasst werden konnte.
Nicht wenige Pferde hatten wiederholt Probleme mit Überhitzung. War ein Pferd einmal überhitzt, stieg das Risiko für weitere Vorfälle um ganze 18,59 %. Die Forschenden empfehlen daher, Turniertierärzte auf solche Pferde aufmerksam zu machen, um sie besser monitoren und frühzeitig intervenieren zu können.
Feuchte Hitze ist belastend
Ein entscheidender Risikofaktor war die sogenannte Wet Bulb Globe Temperature (WGBT), ein Index, der verschiedene Klimafaktoren zusammenfasst, die thermischen Stress verursachen: Lufttemperatur und – feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit. Die WGBT wird z.B. auch von der FIFA verwendet, um zu entscheiden, wann bei Fußballspielen Abkühlpausen ausgerufen werden.
Die Autoren empfehlen ein Monitoring der WGBT auf der Rennbahn als Entscheidungsbasis, ob die Umweltbedingungen für ein Rennen geeignet sind. In Australien wird dies bereits so gehandhabt: Bei einer WGBT >28°C im Schatten soll ein Rennen nur nach tierärztlicher Beratung fortgesetzt werden. Die britische Studie zeigt jedoch, dass auch viele Fälle von Überhitzung bei niedrigerer Temperatur auftreten.
Bei Rennen, die vor 17 Uhr stattfanden, kam es häufiger zur Überhitzung, vielleicht weil die Temperaturen am frühen Nachmittag am höchstens sind. Hingegen traten weniger Fälle von Überhitzung auf, wenn die Temperaturen bereits in den fünf Tagen vor einem Rennen hoch waren. Wie bei menschlichen Sportlern scheint es auch bei Pferden einen Gewöhnungseffekt zu geben.
Die Autoren empfehlen den Veranstaltern von Pferderennen, meteorologische Bedingungen, insbesondere die WGBT am Rennplatz, zu messen und ggf. Rennen zu verschieben oder die Distanz zu verringern. Schattige Flächen mit Wasserangebot zum Abkühlen sollten auf Rennplätzen verfügbar sein, auch wenn keine Extremtemperaturen herrschen.
Originalpublikation
Trigg LE, Lyons S, Mullan S (2023): Risk factors for, and prediction of, exertional heat illness in Thoroughbred racehorses at British racecourses. Sci Rep 13, 3063. doi.org/10.1038/s41598-023-27892-x