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Helga Keinprecht mit einem Ankole-Rind im Norden von Ruanda
Foto: Privat
Helga Keinprecht mit einem Ankole-Rind im Norden von Ruanda

Inhaltsverzeichnis

Portrait

Tierärztin aus Leidenschaft

Egal, ob sie Spürhunde im Kongo, Rinder in Ruanda oder auf einer Alm in Österreich behandelt, Helga Keinprecht ist stets mit Begeisterung bei der Sache.

Rund 5.700 Kilometer beträgt die Entfernung zwischen Österreich und Ruanda, wo Helga Keinprecht drei Jahre lang als Tierärztin arbeitete – Luftlinie wohlgemerkt. Helga Keinprecht ist in Schladming auf einem Bauernhof mit Milchkühen, Schweinen, Schafen, Hasen, Hühnern und einem Jagdhund aufgewachsen. Den Wunsch, Tierärztin zu werden, hatte die Steirerin von klein auf, machte nach der Matura jedoch einen Umweg: Sie arbeitete zunächst vier Jahre lang als Flugbegleiterin. Dann ging es aber zielstrebig durchs Vetmed-Studium, „das ich mir zunächst nicht zugetraut hatte“, so Helga. Ihre Schwerpunkte legte sie auf Wiederkäuer und Public Veterinary Health.

Während ihrer ersten Anstellung in einer Gemischtpraxis in Knittelfeld lernte Helga einen Tierarzt aus Ruanda kennen. Er lud sie ein, ihn anschließend in Afrika zu besuchen. „Wir waren fast die ganze Woche nur auf Visiten unterwegs“, erinnert sich Helga, die damals tief beeindruckt zurückkam.

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New Vision Veterinary Hospital in Ruanda

Im darauffolgenden Jahr las sie ein „folgenschweres“ Stellenangebot: Im New Vision Veterinary Hospital, 2016 vom Korneuburger Tierarzt Otto Fischer gegründet, war für die Dauer von einem Jahr eine ehrenamtliche Stelle ausgeschrieben. „Nach einer kurzen Bedenkzeit packte ich meine Sachen und meinen Hund und machte mich auf den Weg nach Ruanda.“ Sie macht eine Pause und setzt mit einem fröhlichen Grinsen fort: „Aus dem einen Jahr wurden dann mehr als drei …“

Über die Arbeit in Zentralafrika berichtet Helga: „Geplant war eigentlich nur, die Kolleginnen und Kollegen zu schulen, damit die Großtierpraxis in Musanze ins Laufen kommt, also tierärztliche Visitenroutine. Allerdings zeigte sich dann, dass viel mehr zu tun ist: Damit unser eigens eingerichtetes Labor kostendeckend genutzt werden kann, brauchen wir auch von öffentlicher Stelle Aufträge. Deswegen standen viele Meetings auf dem Programm – auch Konferenzen mit der Regierung, um den Antibiotikaeinsatz in den Griff zu bekommen.“

Helga Keinprecht hat auf dem Land viel Wohlwollen erfahren, aber auch Elend gesehen und hält fest: „Solange es den Menschen in Afrika nicht gut geht, ist Tierschutz schwer umzusetzen.“

Hundevisiten in Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo

In der zwei Stunden entfernten Zweigstelle des Tierspitals in Kigali werden Kleintiere behandelt. „Hier ist die Klientel eine ganz andere, stammt oft aus dem Ausland und hat Geld.“

Einmal im Monat wurde Helga von einem Militärkonvoi in den Kongo begleitet. Im dortigen Virunga Nationalpark machen brutale Wilderer Jagd auf Gorilla- und Schimpansenbabys. Um diese Wilderer aufzuspüren, gibt es eine ausgebildete Hundestaffel. Diese Fährtenhunde wurden von Helga Keinprecht regelmäßig einem Gesundheitscheck unterzogen. „Wir mussten leider damit aufhören, weil es Entführungen und ermordete Ranger gab“, so die Schladmingerin. „Sehr mutig!“, stelle ich bewundernd fest. Helga schwächt ab: „Vielleicht wusste ich nicht wirklich, auf welche Gefahr ich mich da eingelassen habe.“

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Heimatverbundenheit

Während dieser mehr als drei Jahre in Ruanda ist Helga regelmäßig in die Heimat geflogen, um Familie und Freundinnen zu besuchen. „Ich liebe die Steiermark und bin hier fest verwurzelt“, so die mittlerweile 37-Jährige. Womit sie nicht gerechnet hatte: „ Ich habe in Ruanda meinen jetzigen Ehemann Mike kennengelernt. Doch es stand von Anfang an fest, dass ich nach Schladming zurückkehren möchte. Also ist er mit mir gekommen.“ Mittlerweile haben die beiden ein süßes Töchterchen, Karla Neza, 19 Monate alt. Helgas Mann lernt erfolgreich Deutsch – eine große Herausforderung in der dialektsprechenden ländlichen Umgebung!

Familie und Beruf

Nach der Karenz hat Helga jetzt wieder voll motiviert in einer Gemischtpraxis in Windischgarsten zu arbeiten begonnen, eine Autostunde von Schladming entfernt. „Obwohl ich unsere Tochter über alles liebe, schaffe ich es, loszulassen und sie auch von meinem Mann bzw. einer Tagesmutter betreuen zu lassen“, erklärt die junge Mutter und fügt hinzu: „Ich arbeite derzeit nur zwei aufeinanderfolgende Tage pro Woche und bleibe über Nacht gleich dort. So kann ich meinen Traumberuf weiter ausüben.“

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Traumberuf mit Schattenseiten

Heilungserfolge zu erzielen oder ein gesundes Kalb zur Welt zu bringen – das sei das Schöne am Beruf. „Auch die Visiten auf den Almen sind es wert, sich auf den Weg zu machen. Für die lange Fahrzeit werde ich entschädigt durch das herrliche Panorama und eine gute Jause“, kommt die Steirerin, die sich früher oder später selbstständig machen möchte, ins Schwärmen. Mit Unverständnis reagiert Helga aber auf Landwirte, die – entweder physisch oder psychisch – nicht in der Lage sind, ihre Tiere adäquat, also tiergerecht zu halten. Auch die überhöhten Ansprüche mancher Tierhaltenden machen ihr zu schaffen: „Da tun wir alles, was in unserer Macht steht, aber manchmal können wir einem Patienten auch nicht mehr helfen. Das frustriert natürlich. Und dann werden wir obendrein von den Tierhaltenden beschimpft und angegriffen …, es ist kein Wunder, dass die Suizidrate in unserem Beruf so hoch ist!“

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