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Dr. Constanze Zach mit ihrem mittlerweile 30-jährigen Traber „Quereme Mucho“.
Foto: Privat
Dr. Constanze Zach mit ihrem mittlerweile 30-jährigen Traber „Quereme Mucho“.

Portrait

„Pferdetierärztin zu sein ist anstrengend, aber erfüllend.“

Dr. Constanze Zach übt ihren Beruf mit Leib und Seele aus. Zur Fortbildung und im beruflichen Einsatz reist sie durch die ganze Welt.

Es ist Montagmorgen, ich erwarte Besuch von Constanze Zach, als das Telefon klingelt: Constanze kündigt an, dass sie sich verspäten werde, weil sie noch mit einem Koliker beschäftigt sei. Ja, so ist das in der Praxis: Unvorhersehbare Einsätze können immer dazwischenkommen und das Private muss zurückstehen.

Kindheit in der elterlichen Praxis

Constanze Zach kennt das von klein auf, waren doch Vater und Mutter gemeinsam in einer Gemischtpraxis in Bad Schallerbach in Oberösterreich tätig. Schon ab dem Alter von vier Jahren durfte sie ihre Eltern bei den Visiten begleiten und sie erinnert sich: „Meine Eltern waren für mich so etwas wie Helden – mit dem schönsten Beruf der Welt. Und trotz der vielen Arbeit hat unsere Mutter immer darauf geachtet, mit uns drei Kindern gemeinsam Mittag zu essen und ein offenes Ohr für uns zu haben.“ Dennoch war es gerade die Mutter, die ihr ausreden wollte, ebenfalls Tierärztin zu werden. Der Tierarztberuf sei familienfeindlich und es gäbe doch auch andere Berufe, die ebenfalls mit Tieren zu tun hätten, so ihre Argumentation.

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Constanze Zach hat ihren Traber als dreimonatiges Fohlen erworben, viel selbst trainiert und ist mit ihm auch mehrere Rennen gefahren.
Foto: Privat
Constanze Zach hat ihren Traber als dreimonatiges Fohlen erworben, viel selbst trainiert und ist mit ihm auch mehrere Rennen gefahren.

Studienzeit: Professor Jaksch als Vorbild

Doch Constanze war von dem Berufswunsch nicht abzuhalten und zog zum Studium nach Wien. An der Veterinärmedizinischen Universität wehte ihr sowohl in manchen Instituten als auch Kliniken noch ein frauenfeindlicher Wind um die Ohren: „Was wir Studentinnen damals zu hören bekamen, hätte heute zweifellos dienstrechtliche Konsequenzen.“

Doch an Professor Walter Jaksch, damals Leiter der Klinik für Interne Medizin I, erinnert Constanze Zach sich gerne: „Er war mir ein großes Vorbild, was den rücksichtsvollen Umgang mit tierischen Patienten betraf. Professor Jaksch forderte beispielsweise alle Anwesenden auf, besonders leise zu sein, bevor ein an Tetanus erkrankter Irischer Wolfshund in den Hörsaal gebracht wurde – Patienten mit Tetanus sind bekanntermaßen besonders geräuschempfindlich.“ Auch die große Bedeutung einer ausführlichen Anamnese habe er eindrücklich vermittelt: „Stellen Sie die Fragen nach der Vorgeschichte einfach andersherum, wenn Sie auf die ersten Fragen keine schlüssigen Antworten bekommen“, lautete sein praktischer Rat. Außerdem lehrte Jaksch damals auch interimistisch das Fach Pharmakologie, wobei er den Schwerpunkt auf die klinische Relevanz legte. Auch davon profitiert sie in der Praxis heute noch.

Die Liebe zu den Trabern

An den Wochenenden und in den Ferien war die Studentin viel zu Hause. Hier konnte sie ihr Wissen in die Praxis umsetzen, was ihr jeweils einen Motivationsschub verlieh. Der Vater war als Tierarzt auch auf der Trabrennbahn in Wels tätig – vielleicht rührt daher Constanzes große Liebe zu den Trabern? Nicht zufällig heißt ihr mittlerweile 30-jähriger Traberhengst „Quereme Mucho“, zu Deutsch: „Lieb’ mich sehr“. Eine weitere Liebe ist bereits während des Studiums in ihr Leben getreten: der Holländer Paul, den Sie natürlich über die Pferde kennengelernt und später geheiratet hat. Er zog ihretwegen von Holland nach Österreich und fand in Wien einen passenden Job. So blieben sie in der Bundeshauptstadt.

Um beruflich stabil auf zwei Beinen zu stehen, eröffnet die Pferdetierärztin 1988 „sicherheitshalber“ auch eine Kleintierpraxis im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Beides lief gut und ergänzte sich gegenseitig: Die Pferdebesitzerinnen kamen mit ihren Kleintieren nach Wien, die Hundebesitzer erwähnten, dass sie auch auf der Suche nach einer Pferdepraktikerin seien …

Turniere, Tierschutz und Anti-Doping-Einsatz rund um den Globus

„Ich bin um die ganze Welt gekommen. Einerseits mit den Pferden, andererseits für die berufliche Weiterbildung“, erzählt Constanze mit strahlenden Augen und fügt hinzu: „Ich liebe es, zu reisen“. Ihre vielen Aufgaben und Funktionen führen sie auch heute noch quer durch Österreich und die Welt: Constanze Zach ist Vertrauenstierärztin der Zentrale für Traber-Zucht und -Rennen in Österreich, Rennbahntierärztin, Veterinärreferentin des Österreichischen Pferdesportverbands und sogenannte „Head Veterinarian“, also nationale Kontakt-Tierärztin für den Weltreiterverband (FEI). Sie ist außerdem nationale Anti-Doping-Beauftragte, Vorsitzende der Veterinärkommission der Nationalen Anti-Doping Agentur Austria (NADA) und Lektorin an der Vetmed- uni mit Vorlesungen zu den Themen Pferdesport, Anti Doping und Tierschutz. Sie ist auch Gründungsmitglied der Vereinigung Österreichischer Pferdetierärzte und seit Jahrzehnten Mitglied in zahlreichen tiermedizinischen Organisationen wie der American Association of Equine Practitioners, der Gesellschaft für Pferdemedizin sowie der International Group of Racing Veterinarians and Racing Analysts.

Kleintierordination in Wien und ambulante Pferdepraxis

Auf meine Frage, wie sich das alles zeitlich ausgehe, antwortet Constanze, ohne lange nachzudenken: „Ich habe bewusst auf Kinder verzichtet. In der Kleintierpraxis hatte ich immer eine Kollegin angestellt. Und ansonsten habe ich das Glück, einen verständnisvollen, pferdeliebenden Partner zu haben, der mein Berufsleben mitträgt.“ Vor nunmehr vier Jahren, als sie 60 wurde, hat sie ihre Kleintierpraxis aufgegeben und die Zahl ihrer Pferdevisiten reduziert.

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Tierärztliche Notversorgung

Vor Notfällen schreckt sie nicht zurück, ganz im Gegenteil: „Ich versorge so gerne meine Patienten vor Ort, ich brauche keine Klinik.“ Nur im Winter, wenn es wirklich kalt ist, wünscht sie sich manchmal doch einen geheizten OP statt eines zugigen Stalls.

Constanze ist es durch ihre Dienste auf der Rennbahn und bei Turnieren gewohnt, an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten. „Für meine Pferdebesitzer bin ich so gut wie immer erreichbar. Anders als so manche Vets, die Freitagmittag um 12 Uhr ihre Diensthandys bis Montagmorgen ausschalten.“

Constanze Zach befürwortet den Fortschritt in der Veterinärmedizin sehr, warnt aber vor einem Mangel in der Notversorgung: „Immer mehr Kolleginnen und Kollegen spezialisieren sich beispielsweise auf alternative Medizin, Physiotherapie oder Zahnmedizin. Das wird von den Pferdeleuten gewünscht und auch bezahlt. Es hat zudem den Vorteil, dass man sich die Visiten zeitlich einteilen kann, was stressfreier ist und mehr Freizeit garantiert. Aber Pferde leiden auch an akuten Problemen wie Koliken, Unfällen, schweren Verletzungen. Selbst wenn diese Patienten in einer Pferdeklinik weiter betreut oder gar operiert werden müssen, brauchen sie oft zuvor eine rasche, kompetente Notversorgung vor Ort. Und um transportfähig zu sein, müssen fachgerechte Transportverbände wie ein Robert-­Jones-Verband oder ein Monkeysplint angelegt werden. Leider sind inzwischen zu wenige Kolleginnen und Kollegen bereit, diese zeitaufwendige, anstrengende und nicht immer zeitlich planbare Tätigkeit zu übernehmen.“

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Die Tierärztin liebt selbstverständlich nicht nur Pferde.
Foto: Privat
Die Tierärztin liebt selbstverständlich nicht nur Pferde.

Tierschutz bei Sport- und Freizeitpferden

Der Pferdesport ist in den letzten Jahren in die Kritik geraten, nicht nur wegen laufender Dopingvergehen und schwerer Unfälle. Aber ungerecht findet die Pferdeexpertin den pauschalen Vorwurf, der da lautet: „Wer mit Tieren Sport betreibt, ist ein Tierquäler.“ Im Gegensatz zum Pferdesport, wo es Regeln und Kontrollen gebe, erfordere das Halten von Freizeitpferden keinen Befähigungsnachweis und sei relativ unkontrolliert, so Constanze. Sie ergänzt: „Ich sehe es als unsere Pflicht als Tierärztinnen und Tierärzte, dass wir Missstände, die wir bei der Behandlung eines Pferdes sehen, deutlich aufzeigen.“ Als Beispiel nennt sie Offenställe, die nicht den Bedürfnissen der Pferde entsprechen. Oder zu kurze Ruhephasen bei Sportpferden nach Verletzungen.

Nicht einschüchtern lassen

Die Kollegin wird energisch: „Wir müssen den Pferdeleuten klarmachen, dass es besonders bei orthopädischen Problemen oft auch Zeit braucht, um den Schaden wirklich langfristig auszuheilen. Ich lasse mich auch nicht einschüchtern von meinem Gegenüber, selbst wenn es sich um einen berühmten Trainer handelt, der das Pferd unbedingt starten lassen will. Schließlich muss ich am Ende des Tages mit ruhigem Gewissen in den Spiegel schauen können!“

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Kompromisse im Berufs- und Privatleben

Constanze Zach hat ihrem Berufswunsch nie bereut: „Der Kontakt mit Mensch, Tier und Natur bei den Visiten in den Gestüten und Reitställen ‚erden‘ mich“. Ja tatsächlich, Constanze strahlt Energie und Lebensfreude aus. Keine Spur von Selbstmitleid, dass sie gleich in den Stall und auf die kalte Vorführbahn muss – zumal es am Vortag geschneit hat.

„Die Arbeit als Pferdetierärztin ist anstrengend, aber erfüllend. Doch es erfordert viele Kompromisse, um den Beruf gut mit dem Privatleben zu vereinbaren,“ so ihr Resümee.

Und einen Rat für Vet-Studentinnen mit Kinderwunsch hat sie auch noch: „Bekommt eure Kinder schon während des Studiums!“ 

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