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Studierende im Hörsaal: Zu Beginn des Studiums gibt es nur wenig Kontakt zum Tier.
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Studierende im Hörsaal: Zu Beginn des Studiums gibt es nur wenig Kontakt zum Tier.

Studium

Keine Physik und Botanik mehr? Eine Novelle der TappV steht an

Möglichst noch in dieser Legislaturperiode soll es eine Novelle der Approbationsverordnung geben. Was muss sich ändern? Darüber wurde auf dem bpt-Kongress in München diskutiert.

Ein nicht mehr zeitgemäßes Curriculum, zu wenig Praxis, mangelnde Vorbereitung auf den Beruf: Die Kritik am Tiermedizinstudium wird in den letzten Jahren immer lauter. „Was läuft schief im Studium?“ lautete daher der Titel der berufspolitischen Veranstaltung auf dem bpt-Jahreskongress im Oktober 2023.

Novelle der Approbationsverordnung

Eine Novelle der Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten (TappV) steht an. Prof. Dr. Markus Schick, Tierarzt und Leiter der Abteilung 3 (Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit) am BMEL, der in München spontan an der Diskussion teilnahm, erklärte, sein persönliches Ziel sei eine TappV-Novelle noch in dieser Legislaturperiode. 

Prof. Dr. Thomas Göbel, Studiendekan der Tiermedizinischen Fakultät der LMU München, berichtete über die Beratungen des Fakultätentages: „Wir möchten alte Zöpfe abschneiden.“ Wegfallen sollen Fächer des Vorphysikums, deren relevante Inhalte in anderen Fächern untergebracht werden könnten: Botanik in der Futtermittelkunde und Zoologie in der Parasitologie. Zudem soll es eine größere Flexibilisierung des Curriculums geben mit einem deutlich höheren Prozentsatz an Stunden, die umgewidmet werden dürfen. Damit stünde ein großes Stundenkontingent zur Verfügung, um neue Fächer ins Studium zu integrieren und flexibel auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.

Physik, Zoologie und Botanik wenig relevant

Damit soll umgesetzt werden, was sich wohl die meisten Kolleginnen und Kollegen schon für das eigene Studium gewünscht hätten. Eine in der Berliner und Münchener Tierärztlichen Wochenschrift publizierte Umfrage unter Tierärztinnen und Tierärzten zur Relevanz der Fächer in der veterinärmedizinischen Lehre kam zu dem Ergebnis: „Die Fächer Physik, Zoologie und Botanik wurden von allen Zielgruppen als nicht relevant angesehen. Die Physikums- und praktisch-klinischen Fächer rangierten deutlich höher auf der Relevanz-Skala.“

Was wünscht sich die Praxis?

Die Praktikerinnen und Praktiker auf dem bpt-Podium sowie Hanna Bunn vom Studierendenverband bvvd wünschten sich eine bessere Vorbereitung der Studierenden auf den Praxisalltag. Insbesondere sollten diese Fächer ins Curriculum aufgenommen werden:

  • Kommunikation: Vermittlungskompetenz für Gespräche mit Tierhaltern
  • Ökonomie und Praxisführung
  • Praktische Fähigkeiten, mehr Lernen am Tier

Ausbildung in der Praxis für die Praxis

Ökonomie und Vermittlungskompetenz, aber auch den Umgang mit Künstlicher Intelligenz nennt auch Thomas Göbel als potenzielle neue Studieninhalte. Bei der praktischen Ausbildung sieht er hingegen in erster Linie die Praxen als Praktikumsgeber in der Pflicht. An den Universitäten habe es in den letzten Jahren bereits Veränderungen hin zu mehr Praxis gegeben, man befände sich angesichts des Tierarztmangels aber auch in einer Zwickmühle: Gerade die Ausbildung am Tier leidet, wenn die Universitäten ihre Kapazitäten ausreizen. Der Großteil der praktischen Ausbildung müsse in den Ausbildungspraxen geleistet werden. Umgekehrt sollen Praktikumsgeber in Zukunft von den Universitäten vermehrt eingebunden werden und Wertschätzung erhalten.

Eine gute Ausbildung von Praktikanten ist eine Investition in die Zukunft, meint auch bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder: „Ich sehe die Praxen in der Pflicht, die jungen Leute an die Hand zu nehmen.“ Der bpt möchte die Vermittlung praktischer Fähigkeiten im tierärztlichen Praktikum durch das Qualitätssiegel Ausbildungspraxis unterstützen. Laut TappV müssen Ausbildungspraxen künftig Mindestkriterien erfüllen wie eigene praktischer Erfahrung der Klinikleitung oder eine dem Stand der Wissenschaft entsprechende apparative Ausstattung. Bpt-Mitglieder, welche diese Kriterien erfüllen, können das Siegel führen und sich in einer Liste des bpt öffentlich präsentieren.

Die richtige Stelle für den Berufseinstieg

Studierenden wird noch zu häufig vermittelt, dass geringe Gehälter und lange Arbeitszeiten einfach zur Tiermedizin gehören. Holpert es beim Berufseinstieg,  wird dann unter Umständen nicht nur der Arbeitgeber gewechselt, sondern gleich die Profession. Zu viele Tierärztinnen und Tierärzte arbeiten nur wenige Jahre in der Praxis. Daher sollten sich jede Berufsanfängerin und jeder Berufsanfänger nach den letzten Prüfungen klar werden, was ihnen für die erste Stelle wichtig ist: gute Einarbeitung, Wertschätzung, ein angemessenes Gehalt. Die passende Stelle finden Berufsanfänger in der vet Stellenbörse. Hier können sie gezielt z.B. nach einem Internship in der Kleintiermedizin suchen oder einer Stelle als Rinderpraktikerin in Wohnortnähe.

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