Von Heiko Färber, bpt-Geschäftsführer
Kennen Sie das noch? „2 mal 3 macht 4, Widdewiddewitt und 3 macht Neune! Ich mach‘ mir die Welt, Widdewidde wie sie mir gefällt…“ An das Pippi-Langstrumpf-Lied muss ich in letzter Zeit häufiger denken, denn selbst in unserer überschaubaren Tiermedizinbranche kursieren immer mehr Falschmeldungen (neudeutsch „alternative Fakten“). Einige aktuelle Beispiele:
In der offiziellen Pressemitteilung des Bundesministeriums (!) vom 3. August zu den neuen DIMDI-Zahlen wird BMEL-Staatssekretär Bender wie folgt zitiert: „Als ein weiterer Einflussfaktor für den Rückgang der abgegebenen Menge Antibiotika ist der zeitgleiche Rückgang der Tierzahlen, vor allem bei Schweinen, zu berücksichtigen.“ Ein Schelm, der denkt, das sei Absicht. Ein Blick nicht nur auf die verkauften, sondern die im QS-System erfassten tatsächlich eingesetzten Antibiotikamengen hätte ausgereicht, um festzustellen, dass weniger Antibiotika pro Tier eingesetzt wurden.
Zweifelhafte Experten und verzerrte Darstellung
Im Beitrag des öffentlich-rechtlichen (!) Deutschlandfunk kommen beim Thema Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung regelmäßig keine renommierten Tiermediziner, sondern selbsternannte NGO-Agrarexperten zu Wort. So zuletzt am 4. August. Der immer gleiche Tenor: Die Resistenzsituation hat sich nicht merklich verbessert. Dabei belegt der BMEL-Evaluierungsbericht zur 16. AMG-Novelle für fast alle Wirkstoffe genau das Gegenteil. Warum lässt die Deutschlandfunk-Redaktion so eine Aussage unkommentiert stehen?
Oder, ganz anderes Thema, die Mitteilung vom Bund angestellter Tierärzte (BaT) vom 5. Juni, dass das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) einer Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes für die Tiermedizin eine Absage erteilt hat. Die tägliche Lektüre der Tageszeitung reicht aus, um zu wissen, dass das vielleicht die Position des BMAS ist, es bei diesem Thema aber keine Einigkeit in der Ampel-Koalition gibt, gleichwohl der Koalitionsvertrag sogar explizit eine Arbeitszeitgesetz-Flexibilisierung vorsieht.
Und zu guter Letzt der Leitartikel zur neuen GOT in der aktuellen Ausgabe von St. Georg, der größten deutschen Reiterzeitschrift. Chefredakteur Jan Tönjes bemüht dort nicht nur altbekannte Neid-Argumente, sondern prophezeit sogar den Zusammenbruch der deutschen Pferdezucht und des Reitsports und meint: „Ich war der Meinung, kaum eine andere Berufsgruppe sei mehr dem Tierschutz verpflichtet als die Tierärzte.“ Umgekehrt wird doch ein Schuh draus. Tierärztemangel und Notdienstkrise gefährden aktuell den Tierschutz. Würde Herr Tönjes sein eigenes Blatt aufmerksamer lesen, dann wüsste er Bescheid, dass beide Probleme ohne GOT-Erhöhung nicht zu lösen sind.