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Metazestode mit Protoscolex
Foto: Ernst Leidinger
Metazestode mit Protoscolex, nachgewiesen in einem Punktat zystischer Leberveränderungen bei einem zweijährigen Boxer-Rüden mit alveolärer Echinokokkose. Der Stiel links stellt die Verbindung zur Keimschicht der Zyste dar (Zytologie, May-Grünwald-Giemsa, 400x).

Kleintierpraxis

Hepatische alveoläre Echinokokkose bei einem zwei Jahre alten Boxer-Rüden – ein Fallbericht

Alveolar echinococcosis of the liver in a two-year-old male boxer dog – a case report

Kleintierpraxis 68, 384-394

DOI: 10.2377/0023-2076-68-384

Eingereicht: 1. November 2022

Akzeptiert: 28. März 2023

Publiziert: 08/2023

Zusammenfassung

Die alveoläre Echinokokkose ist eine durch den Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) hervorgerufene zoonotische Erkrankung, die in Deutschland der Meldepflicht unterliegt. In der heutigen Zeit rückt die Erkrankung aufgrund des engen Zusammenlebens von Mensch und Tier wieder mehr in den Fokus.
Der Lebenszyklus von Echinococcus multilocularis beinhaltet die orale Aufnahme der im Zwischenwirt herangereiften Larvenstadien (Metazestoden/Finnen) durch den Endwirt, die Entwicklung zu adulten Stadien in dessen Magen-Darm-Trakt und die daraus folgende Ausscheidung infektiöser Eier. Als Endwirt dienen vor allem der Fuchs und andere Wildkarnivoren, aber auch Hunde und Katzen. Die infektiösen Eier werden vom Zwischenwirt oral aufgenommen. Über das Metazestodenstadium (Finnen) erfolgt die Ausbildung neuer Protoscoleces. Als obligate Zwischenwirte dienen Kleinsäuger wie z. B. Feld- und Schermäuse.
Durch die Aufnahme der infektiösen Bandwurmeier können sich jedoch auch andere Säugetiere anstecken und so zu Fehlzwischenwirten werden. Die alveoläre Echinokokkose manifestiert sich primär in der Leber, seltener in der Lunge von Fehlzwischenwirten. Die Symptome sind abhängig von der Organlokalisation und können je nach Ausmaß schwerwiegende Folgen haben. Bei Lebermanifestation kommt es durch Ausbildung zystenartiger Strukturen zu einem umfangsvermehrten Abdomen mit entsprechenden Sekundärsymptomen. Unbehandelt kann die Echinokokkose zum Tod führen. Während beim Menschen jahrelange, asymptomatische Infektionen häufig sind, ist der Krankheitsverlauf beim Hund schneller fortschreitend.
Das zoonotische Potenzial in Mitteleuropa ist hoch, unbehandelt nimmt die Erkrankung häufig einen letalen Ausgang. Die Therapie besteht zum einen in der chirurgischen Entfernung befallener Organteile, zum anderen in der oftmals lebenslangen Therapie mittels Benzimidazolen. Eine gute Hygiene und regelmäßige Entwurmungen sind in der Prophylaxe essenziell.
Der folgende Bericht beschreibt den Fall eines zwei Jahre alten Boxer-Rüden, der mit umfangsvermehrtem Abdomen, Gewichtsverlust und reduziertem Allgemeinbefinden vorgestellt wurde. Der aus Polen stammende Hund wurde nur sporadisch entwurmt. Im Rahmen der weiterführenden Untersuchungen erfolgte eine sonografische Untersuchung des Abdomens. Hier konnten massive strukturelle, zystische Leberveränderungen dargestellt werden. Die CT-Untersuchung des Abdomens sowie Laboruntersuchungen von Feinnadelaspiraten (Zytologie mit Darstellung von typischen Protoscoleces sowie eine PCR zum Nachweis von E. multilocularis Nukleinsäure) bestätigten die alveoläre Echinokokkose der Leber.

Echinococcus multilocularis
Fuchsbandwurm
Zooanthroponose
Fehlzwischenwirt

Summary

Alveolar echinococcosis is a zoonotic disease caused by the fox tapeworm (Echinococcus multilocularis), which is subject to compulsory registration in Germany. At present the disease is gaining importance again due to the close coexistence of humans and animals.
The life cycle of Echinococcus multilocularis involves oral ingestion of the larval stages (metacestodes) by the definitive host, which have been matured within the intermediate host, development into adult stages in its gastrointestinal tract and subsequent shedding of infective eggs. The main host is the fox and other predator wildlife, but also dogs and cats. The infective eggs are ingested orally by the intermediate host. The formation of new protoscoleces takes place via the metacestode stage. Small 
mammals such as field and water voles serve as obligate intermediate hosts.
By ingesting the infectious tapeworm eggs, however, other mammals can also become infected and thus become aberrant intermediate hosts. Alveolar echinococcosis manifests primarily in the liver, more rarely in lungs of the aberrant hosts. The clinical signs depend on the visceral localization. In the case of liver manifestation, the formation of cyst-like structures leads to a massively distended abdomen with coherent secondary symptoms. Whereas long-term asymptomatic infections are common in humans, the course of the disease in dogs is faster progressing.
The zoonotic risk in central Europe is high, when left untreated the disease is usually fatal. The therapy includes surgical removal of affected parts of the organ as well as oftentimes a lifelong therapy with benzimidazoles. Appropriate hygiene and regular deworming of pets are essential prophylaxis.
The following case study shows a two-year-old male boxer that was presented with abdominal distension, weight loss and reduced general condition. The dog, originally from Poland, was dewormed sporadically only. As part of further investigation sonography of the abdomen was carried out. Profound structural cystic changes in the liver could be shown here. A CT scan as well as cytology of fine needle aspiration (showing the typical protoscoleces as well as PCR revealing the DNA of Echinococcus multilocularis) confirmed the suspicion of liver alveolar echinococcosis.

Echinococcus multilocularis
fox tapeworm
zooanthroponosis
aberrant host

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