Journal Club

Wenn die Ursache der Hauterkrankung im Heu gefunden wird

Zwar ist hinlänglich bekannt, dass die zu den pflanzlichen Abwehrstoffen gehörenden Furocumarine beim Haustier zu krankhaften Hautveränderungen führen können. Trotzdem standen Pferdepraktiker in Berlin vor einem Rätsel, deren Auflösung sie nun veröffentlichten.

Zahlreiche Pflanzen produzieren Abwehrstoffe, um sich vor Pflanzenfressern zu schützen. Zu diesen Stoffen gehören auch die Furocumarine. Diese sind für viele Haustierarten toxisch. Dabei treten die Symptome vorwiegend in unpigmentierter Haut und am Auge auf. Dort kommen die Furocumarine in Kontakt mit dem Sonnenlicht, wodurch zellschädigende Radikale entstehen. In der Folge kommt es zu schmerzhaften Entzündungsreaktionen und man spricht vom Krankheitsbild der Photosensitivität. Mit derartigen Veränderungen im Gesichtsbereich wurde ein Pferd an der FU Berlin vorgestellt. Da bei diesem Pferd annähernd der gesamte Kopf unpigmentiert war, lag der Verdacht einer Photosensitivität nicht unmittelbar auf der Hand.

Ausbruchsartiges Auftreten von gravierenden Symptomen

Innerhalb kurzer Zeit wurden jedoch weitere Fälle mit ähnlichen Krankheitszeichen in der Klinik vorgestellt und die Anamnese ergab, dass alle erkrankten Pferde mit Heu von ein und demselben Lieferanten gefüttert wurden. Dies war der Fall, obwohl die Pferde in unterschiedlichen Ställen untergebracht waren. Angesichts dessen wurden Heuproben gesammelt und analysiert. Dabei zeigte sich ein hoher Anteil an Wilder Pastinake (Pastinaca sativa) in dem verfütterten Heu. Von dieser einheimischen Pflanze ist bekannt, dass sie geringe Ansprüche an den Boden stellt und in Blüten, Samen und Stengel bedeutsame Mengen an Furocumarinen enthält.

Identische Ursache und vollständige Heilung

Der Verdacht lag also nahe, dass diese Fütterung zu den beobachteten schweren Symptomen einer Photosensitivität geführt hat. Gemäß der Autoren konnte es durch die extremen Wetterverhältnisse zur Zeit der Heuernte erst zu einem Überhandnehmen der Pastinakenpflanze und damit einem hohen Anteil im Heu kommen. Alle Pferde zeigten unter symptomatischer Therapie eine vollständige Abheilung der Symptome. Während für den Pferdehalter die Bedeutung einer optimalen Heuqualität längst bekannt ist, zeigt der Fallbericht eindrücklich, wie wichtig es ist, dass auch der praktizierende Tierarzt diesen Aspekt immer im Blick behält.

Originalpublikation

Winter JC, Thieme K, Eule JC, Saliu EM, Kershaw O, Gehlen H (2022): Photodermatitis and ocular changes in nine horses after ingestion of wild parsnip (Pastinaca sativa). BMC VetRes 18: 80. doi.org/10.1186/s12917-022-03162-2

Zum vollständigen Artikel: hier