Liebe Eva, seit einem Jahr bin ich stolzer Vater. Ich arbeite seit mehreren Jahren in einer Großtierpraxis und bis jetzt war ich immer voll flexibel, was Arbeitszeiten, Nacht- und Wochenenddienste angeht. Meine Frau möchte jetzt allerdings auch wieder in ihren Job zurück und wir wollen uns die Kinderbetreuung gerne aufteilen. Dazu muss ich verlässliche Arbeitszeiten zumindest an einigen Tagen haben, um unseren Sohn pünktlich aus der Kita abholen zu können. Ich habe schon einmal versucht, das Thema anzusprechen, wurde aber mit „Kannst du in unserem Job vergessen“ stehen gelassen. Wie kann ich das Thema so ansprechen, dass wir eine Lösung finden?
Lieber Kollege, wie schön, dass Du und Deine Partnerin einen gleichberechtigten Ansatz in der Kinderbetreuung leben möchtet, und wie schön, dass Du Dich trotz erstmaliger Abweisung nicht davon abbringen lässt. Wir arbeiten in einem sehr idealistisch behafteten Beruf, in dem traditionell oft vorausgesetzt wurde, dass ihm alles andere im Leben untergeordnet wird. Du schreibst selbst, dass Du Dich nicht vor ungemütlichen Arbeitszeiten gescheut hast. Nun ist das Leben aber auch geprägt von Veränderungen, ständig müssen wir uns auf neue Situationen einstellen, in Deinem Fall eben die Familiengründung. Natürlich weiß Dein Chef/Deine Chefin das auch. Veränderungen werden vom menschlichen Gehirn meist als negativ wahrgenommen und ganz intuitiv erstmal abgelehnt. Eine erste Reaktion auf eine Veränderung ist daher meist abweisend: „kann doch gar nicht sein“, „das glaube ich nicht“ oder wie in Deinem Fall „kannst du vergessen“. Das ist völlig normal. Für Dich bedeutet das jetzt einfach, diese erste Reaktion nicht überzubewerten, sondern zunächst Verständnis zu entwickeln dafür, dass Dein Vorgesetzter sich mit der Veränderung auseinandersetzen muss.
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Dranbleiben ist daher die Devise: „Ich kann verstehen, dass das jetzt überraschend kam, weil es vielleicht bis jetzt in unserer Praxis nicht üblich war, dass auch Väter Kinderbetreuung übernommen haben. Ich möchte aber gerne noch einmal mit Dir sprechen, weil mir das Thema sehr wichtig ist.“ Der Fokus des Gesprächs sollte auf die möglichen Lösungen gelenkt werden und nicht auf die Auflistung all der Gründe, warum diese Veränderung nicht umgesetzt werden kann. Mach Dir also Gedanken darüber, was für Auswirkungen deine streng geregelte Arbeitszeit auf andere hätte, und überlege dir, wie dort Kompromisse aussehen könnten. Wenn du direkt mit einem Vorschlag kommen kannst wie „ich muss an zwei Tagen in der Woche pünktlich um 15:00 Feierabend machen, dafür arbeite ich aber gerne die junge Kollegin so ein, dass sie mich dann in der verbleibenden Zeit gut vertreten kann und stehe für Rückendeckung in der ersten Zeit telefonisch zur Verfügung“, dann kommt ihr schneller in einen Dialog, wie man die Veränderung gestalten kann und weg vom ob überhaupt.
Top Job:
Pionierarbeit erfordert Mut und Ausdauer. All die Kollegen und Kolleginnen nach Dir werden es Dir danken und für Deinen Arbeitgeber bietet diese Änderung die Möglichkeit, die Praxis moderner und entsprechen den sich verändernden Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten. Das macht eine Praxis attraktiv als Arbeitgeber.
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EVA (Engagiert Veterinärmedizinisch Arbeiten) steht für eine Tierärztin, die seit mehr als zwei Jahrzehnten als Führungskraft und Coach in der Veterinärbranche arbeitet. In Der Praktische Tierarzt beantwortet Sie Ihre Fragen.
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