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Verhandeln im Praxisalltag: Je mehr Leichtigkeit, desto größer der Erfolg!
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Verhandeln im Praxisalltag: Je mehr Leichtigkeit, desto größer der Erfolg!

Kommunikation

Erfolgreich verhandeln in der Tierarztpraxis

Ob Gehalt, Behandlungskosten, Urlaub, Dienste und mehr: Mit einer eindeutigen Haltung, Performance und Stimme kommen Sie zu Ihrem Ziel.

von Tomma Hangen

Vor zwei Wochen in einer Strandbar: Auf meine Reservierungsfrage sagt der Chef: „Eigentlich reservieren wir nicht.“ Diese klitzekleine Tür „eigentlich“ weckt meine Spielleidenschaft. „Und un-eigentlich?“ Ich denke, mal schauen, wie das Spiel ausgeht. Hopp oder topp. Nach der Frage halte ich Blickkontakt, lasse eine kurze Pause und bringe dann Argumente, die unschlagbar sind: „Es ist der 80. Geburtstag meiner Mutter, genau dieser Ort wurde mir wärmstens empfohlen und es ist die beste Location für dieses Event.“ Jetzt lasse ich los, gebe Raum und Zeit, lasse wirken. Und dann folgt die Antwort des Chefs: „Ja, okay, machen wir. Für Mütter macht man alles.“  Ich habe sein Wertesystem gepackt.  Ergebnis: Die Party ist gebucht.

Verhandlungen sind eine Sonderform der Kommunikation und damit im besten Fall dialogisch. Die Perspektive des anderen sollte berücksichtigt werden. Es geht darum, unterschiedliche Wünsche und Vorstellung zu vereinen, gemeinsam eine Lösung zu erreichen. Die beste Strategie ist die, die alle Verhandlungspartner nachhaltig zufriedenstellt.

Kurzgefasst:


Top Job:


  1. Sie bleiben klar!
  2. Sie sorgen für Klarheit im Anliegen durch das Paraphrasieren!
  3. Sie sind sich dem Wert Ihrer Leistung bewusst und nennen diese.

Vorbereitung

Eine Verhandlung wird umso erfolgreicher, je besser sie vorbereitet wurde. Dabei sollte auch die Perspektive der Gegenseite bedacht werden. Die Vorbereitung umfasst folgende Punkte:

Die Person

Machen Sie sich die Einstellung und Werte beider Verhandlungspartner bewusst. Kommunizieren Sie mit einer kräftigen Stimme, mit klarem Sprechen, souveräner Körpersprache und überzeugender Sprache und Argumentation. Trennen Sie Ihre Person von der Sache. Kommunizieren Sie empathisch auf der Beziehungsebene und klar in der Argumentation und im Verfahren. Schaffen Sie sich eine emotionale Distanz zum Verhandlungsgeschehen, stellen Sie sich „auf den inneren Balkon“.

Die Sache

Formulieren Sie ein Minimal- und ein Maximal-Ziel. Arbeiten Sie Ihre Interessen aus und stützen Sie diese mit Argumenten. Auch bei guter Vorbereitung kommt es zu Verhandlungen, in denen die Interessen der Verhandlungspartner nicht zusammenkommen. In diesem Fall ist es sinnvoll, die Verhandlung scheitern zu lassen. Um diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen, sollte man vor der Verhandlung planen, was geschieht, wenn die Verhandlung scheitert und welche Alternativen dann möglich sind. Dies ist auch wichtig, wenn man die Strategie des Ankerns (s. u.) nutzt.

Die Situation

Kann die Verhandlung vorbereitet werden, ist auch die Situation zu planen. Dabei können folgende Fragen klärend sein: Wann und wo möchte ich verhandeln? Wird noch jemand anderes als Partner anwesend sein, mit dem gegebenenfalls „god guy und bad guy“ ausgereizt werden kann?

Haltung

Menschen agieren zu einem sehr großen Teil gefühlsgesteuert. Erst im Nachhinein werden Entscheidungen durch den Verstand gerechtfertigt. Sie werden Ihren Verhandlungspartner leichter für Ihre Sache gewinnen können, wenn Sie es schaffen, durch Ihr zugewandtes, klares Auftreten und Sprechen positive Gefühle hervorzurufen. Nützlich ist es ebenfalls, Sicherheit und Klarheit auszustrahlen und damit unbewusst eine Leitlinie für das Gespräch zu zeichnen. Klar und sicher wirken Sie, wenn Sie Ihren Blick offen und ruhig auf die Verhandlungspartner richten. Ihre Souveränität unterstreichen Sie durch ein aufrechtes Sitzen oder Stehen sowie kontrollierte und dosierte Bewegung und Gestik.

Eine feste Stimme und ein ruhiges Sprechtempo geben Ihren Argumenten Überzeugungskraft. Dies wird unterstrichen durch klare und präzise Aussagen. Vermeiden Sie Weichmacher wie z. B. „eventuell“, „bisschen“, „oder so“. Sie setzen Ihrem Auftreten die Krone auf, indem Sie eine positive Grundeinstellung einnehmen und spielerisch an eine Verhandlung herangehen. Zeigen Sie sich großzügig und wertschätzend Ihrem Verhandlungspartner gegenüber. Überlegen Sie, ob das Ergebnis auch gut für den Verhandlungspartner ist oder ob Sie Alternativen anbieten können, um zu einer Einigung zu kommen.

Strategie

Verhandlungsstrategien sind geplante Vorgehensweisen. Um erfolgreich zu sein, setzen Sie die Strategie ein, die zu Ihrer Persönlichkeit und zur Situation passt.Häufig trifft man sehr gut präparierte Verhandlungspartner an, die um ihre Positionen ringen. Aus diesem Kampf folgt oft eine Win-Lose-Situation.

Wenn Sie die Strategie Negotiation Dance einsetzen, werden Positionen ausgehandelt, nicht aber die Motive erkundet. Auf dem Basar tanzen alle um das Objekt herum, diese Strategie ist intuitiv gesteuert. Die Partner gehen nicht aufeinander ein. Es versuchen beide, das Bestmögliche herauszutanzen. Jede Seite hofft, am Ende gewonnen zu haben. Ob das Gefühl des Gewinnens einer objektiven Prüfung standhält, sei dahingestellt, denn morgen handelt jemand anderes vielleicht einen besseren Preis für das gleiche Produkt aus.

Die Anker-Strategie bietet sich für Ihre Gehaltsverhandlung an. Der „anchoring effect“ wurde von D. Kahnemann und A. Tversky in den Siebzigerjahren erforscht und beschrieben. Sie konnten feststellen, dass selbst ein willkürlich gesetzter Anker ein Individuum im Entscheidungsprozess beeinflusst. Was bedeutet dies für Verhandlungen? Sie möchten mit Ihren Vorgesetzten über Ihr Gehalt sprechen. Sie nennen die erste Zahl, werfen den Anker: „Ich stelle mir 2.000 Euro brutto monatlich vor.“ Ihre Vorgesetzten hätten Ihnen 2.500 Euro gezahlt. Jetzt zeigen diese sich großzügig und bieten Ihnen für Ihre gute Zusammenarbeit und Erfahrung 2.100  Euro. Sie freuen sich oder merken Sie, dass doch mehr drin gewesen wäre? Dann bleibt ein schaler Geschmack. Um einen hohen Anker zu setzen, bedarf es Mut. Sollten Sie nicht so mutig sein, erfragen Sie, was die Gegenseite bietet. Hier besteht die Gefahr, dass die anderen einen niedrigen Anker setzen. Aber Sie wissen um diese Möglichkeit und den Effekt und haben sich mit den üblichen Löhnen vertraut gemacht. Jetzt gilt es, mutig zu sein und einen Gegenanker zu platzieren. Hier lohnt es sich, nicht nur eine Zahl zu nennen, sondern diese auch noch mit Argumenten zu unterfüttern z. B. Ihre Kompetenz, Flexibilität, Erfahrung, Loyalität, Zuverlässigkeit.

Die folgende Strategie arbeitet mit dem Kompliment plus Appell. Täglich werden Sie mit den Kunden über die Kosten für eine Behandlung sprechen. Die Tierhalter werden ihre ganze Cleverness einsetzen, diese zu reduzieren. Vielleicht sprechen diese Sie auf Ihre Menschlichkeit und Tierliebe an: „Meinem Bello hat das beim letzten Mal so gutgetan. Er war wie ausgewechselt. Aber so viel Geld habe ich Ende des Monats nicht. Das kann ich leider nicht bezahlen.“ Die Kundin ist ehrlich und zeigt sich verletzlich: Es war gut, aber diesmal übersteigt es mein Budget. „Sie haben immer so gute Ideen, was Sie für Bello machen können. Jedes Mal war er wieder fröhlich. Sie haben doch bestimmt auch diesmal für ihn und mich eine Idee.“ Hier zieht die Kundin die nächste Karte. Schmeichelnd werden Sie umworben. Dabei kann man leicht in die Falle tappen. Wer kann dazu schon NEIN sagen!

Zum Schluss lohnt sich noch ein Blick auf eine Ad-hoc-Verhandlung. Wenn Sie mit einer Verhandlungsanfrage überrumpelt werden, ist es wichtig, Zeit zu gewinnen, um das Anliegen zu verstehen und die eigene Position, Interessen, Optionen, Lösungen zu eruieren. Sie gewinnen Zeit, wenn Sie eine Verständnisfrage zum Anliegen stellen und anschließend das Gesagte paraphrasieren, also mit eigenen Worten umschreiben. Während Ihr Verhandlungspartner das Anliegen noch einmal formuliert, können Sie sich über Ihre Interessen klar werden und überlegen, welche Optionen und Argumente Sie anbieten wollen.

Learning Outcomes

Wie geht dieser Dialog mit dem neuen Wissen zu Ende: „Ich habe Ihren Hund ausführlich untersucht: abgehört, Fieber gemessen . . . Die Untersuchung kostet 53,37€.“ „Oh, das war bei Ihrem Vorgänger aber ein ganz anderer Preis. Da bin ich immer unter 50,- € wieder aus der Praxis gegangen.“  

Werden Sie den harten Stil einsetzen und Ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen, sich nicht oder nur im geringen Maße um die Interessen des Anderen kümmern? Diese Untersuchung kostet 53,37 €.

Oder zeigen Sie sich weich in der Verhandlung und stellen die Interessen des anderen in den Vordergrund und vernachlässigen Ihre eigenen? Ja, Sie sind so eine langjährige Kundin und kommen mit jedem neuen Tier. Da bleibe ich bei dem alten Preis. Ich notiere es mir in der Karte auch für das nächste Mal.

Oder werden Sie sich effizient zeigen und sowohl Ihre eigenen als auch die Interessen und Optionen des anderen berücksichtigen. Die Interessen, Optionen erfragen und Ihre einbringen und so eine Lösung entwickeln? „Ah, unter 50 Euro. (Rückfrage) Welche Untersuchungen und Behandlungen hat der geschätzte Kollege durchgeführt bei Bello?“ „Oh, meistens Krallen kürzen, Analdrüsen und Ohren säubern.“ „Ah, also einmal „Reinemachen“. Bello ist jetzt 13 und er zeigte sich abgeschlagen. Ich habe daher sein Blut untersucht, um sicher zu sein, dass ….“ So setzt sich das Gespräch fort.

Die Autorin: Tomma Hangen ist Sprechwissenschaftlerin, Moderatorin, Coach, Rhetorik- und Stimmtrainerin aus Oldenburg.

Interessierte lesen hier weiter:

Fey, Gudrun (2013): Gelassenheit siegt, Regensburg, Walhalla Verlag

Härter, Gitte (2006): Erfolgreich verhandeln, Freiburg, Haufe Verlag

Peter Knapp, Andreas Novak (2010): Effizientes Verhandeln, Hamburg, Windmühlen Verlag

Modler, Peter (2019): Mit Ignoranten Sprechen, Frankfurt am Main, Campus Verlag

Wachtel, Stefan (2020): Das Zielsatzprinzip, Frankfurt am Main, Executive Press

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