Image
Katze im Fenster. Wirkstoffe zur Schmerztherapie bei der Katze
Foto: pysanchis - Fotolia.com
Schmerztherapie bei der Katze: Opioide bei der OP und bei chronischem Schmerz

Journal Club

Anwendung von Opioiden bei der Katze

Weltweit wird die Population der Hauskatzen (Felis catus) auf etwa 200 Millionen geschätzt. Ihre Popularität als Haustier übersteigt sogar die des Hundes. Opioide im Management perioperativer und chronischer Schmerzen.

Aufgrund der weiten Verbreitung der Katze und den häufigen Kastrationen spielt ein perioperatives Schmerzmanagement eine große Rolle.Das Management von akuten und chronischen Schmerzen ist gleichsam wichtig. Hier trifft der praktizierende Tierarzt oft auf große Herausforderungen, da Katzen über einen einzigartigen Metabolismus verfügen und nur wenige Analgetika für Katzen geeignet und zugelassen sind.

Die meisten Arzneimittel werden in der Leber verstoffwechselt. Nach den oxidativen und reduktiven Stoffwechselprozessen der Phase-1-Reaktion des Arzneimittelmetabolismus ist eine weitere Entgiftung durch Kopplungsreaktionen, der Phase-2-Reaktion, möglich. Neben Acetylierung und Sulfatierung stellt die Glukuronidierung quantitativ den bedeutendsten Prozess bei der Phase-2- Reaktion dar. Die Katze ist jedoch nur in sehr geringem Maße zur Kopplung an Glucuronsäure befähigt, was die die hohe Toxizität und lange Wirkungsdauer vieler Arzneimittel bei dieser Tierart erklärt.

Opioide zählen zu den bedeutsamsten Schmerzmitteln

Opioide zahlen aufgrund ihrer guten Wirksamkeit, der hohen therapeutischen Breite und der großen Vielfalt der Wirkstoffe zu den bedeutsamsten Schmerzmitteln. Als Opioide werden grundsatzlich alle Stoffe bezeichnet, unabhangig von ihrer chemischen Struktur, die an Opioidrezeptoren als Liganden binden und dort ihre Wirkung entfalten. Grob unterteilt man sie, in Abhangigkeit von ihrer Affinitat und ihrer Wirkungsart an den Rezeptoren, in Opioidagonisten, -antagonisten und partielle Antagonisten. Bei der Katze wurde der Einsatz von Alfentanil, Butorphanol, Buprenorphin, Fentanyl, Meperidin, Methadon, Morphin, Nalbuphin, Hydromorphon und Oxymorphon beschrieben. Die Nebenwirkungen sind von Art und Dosis des Medikamentes abhangig. Vor allem bei der Anwendung von Morphin > 1,0 mg/kg, Hydromorphon > 0,1 mg/kg und Meperidin kann es zu einer Hyperthermie kommen. Erbrechen und Salivation werden in erster Linie nach Morphin- und Hydromorphoninjektion beobachtet, sind aber selten bei Anwendung von Butorphanol, Buprenorphin, Meperidin oder Methadon. Eine Reduktion der Darmmotilitat und damit verbundene Obstipationen sind ein aus der Humanmedizin bekanntes Bild. Bei Katzen kommt es dazu meist erst nach langerer Anwendungsdauer. Hier hat die Kombination von Acepromazin (0,1 mg/kg i.m.) mit Buprenorphin (0,01 mg/ kg) oder Medetomidin (50 ƒÊg/kg) allein den geringsten Einfluss auf die orozakale Transitzeit. Alle Opioide bewirken eine Mydriasis. Daher muss mit Katzen nach Opioidanwendung auserst vorsichtig umgegangen werden. Vor allem mussen sie vor starkem Lichteinfluss geschutzt werden. Zu den befurchteten Exzitationen (Morphinmania), die fruher oft beschrieben wurden, kommt es bei Verabreichung extrem hoher Dosen von Opioiden (z. B. Morphin 20 mg/kg). Bei normaler Dosierung bewirken Opioide Euphorie (die Katzen rollen sich, kneten mit den Vorderpfötchen). Eine Ausnahme stellt Butorphanol dar, bei dessen Anwendung Dysphorie beobachtet wird. Auch individuelle Unterschiede spielen bei der Auspragung der Nebenwirkungen eine Rolle.


Top Job:


Applikation von Medikamenten bei der Katze

Die verschiedenen Opioide werden bei der Katze in erster Linie parenteral verabreicht. Die orale Applikation ist bei der Katze per se schwierig und infolge des First-pass-Effektes wird die notige Wirkstoffkonzentration im Plasma nur schwer erreicht. Fentanyl und Buprenorphine sind zusatzlich als transdermale Patches erhaltlich. Ihre Uberlegenheit liegt in der einfachen Handhabung bei widerspenstigen Tieren und einer kontinuierlicher Freisetzung des Wirkstoffes. Auch eine transmukosale Aufnahme der Opioide ist moglich. Die Bioverfugbarkeit betragt in diesem Fall fast 100 %. Entsprechende Formulierungen sind zwar erhaltlich, aber ihre Anwendung gestaltet sich aufgrund starker Salivation und Abwehr seitens der Katze als schwierig.

Wirkstoffe und Dosierungen bei der Katze

Butorphanol (TurbogesicR) ist ein Partialagonist und besitzt sowohl ƒÊ-, als auch ƒÊ-Rezeptoraktivitat. Seine Wirkung entfaltet Butorphanol vornehmlich gegen akute viszerale Schmerzen z. B. bei Zystitis oder Enteritis. Die Dosierung betragt 0,1 mg/kg i.v., 0,2 mg/kg i.m bzw. 0.4 mg/kg s.c.. Die Wirkung dauert ca. 4.6 Stunden an. Leider kommt es bei wiederholter Gabe von Butorphanol zur Entwicklung einer Toleranz, was den Einsatz dieses Opioids bei chronischen Schmerzen beschrankt.
Buprenorphin (TemgesicR) ist ein halbsynthetischer Partialagonist. Die Wirkung tritt je nach Dosierung (0,01.0,02 mg/kg i.m.) nach einer halben bis zwei Stunden ein und halt bis zu zwolf Stunden an. Buprenorphin kann auch i. v. oder s. c. und bei Katzen mit gleicher Wirksamkeit auch oral verabreicht werden. In Hinsicht auf seinen analgetischen Effekt ist Buprenorphin 50.100-mal potenter als Morphin.

Fentanyl ist ein reiner ƒÊ-Rezeptoragonist, das oft als Infusionslosung Verwendung findet. Nach intravenoser Applikation (10ƒÊg/kg) setzt die analgetische Wirkung innerhalb von funf Minuten ein und dauert bis zu zwei Stunden an; ohne Nebenwirkungen wie Vomitus, Salivation oder Exitationen. Bei normothermischen Katzen konnen zur Vermeidung perioperativer Schmerzen transdermale Pflaster (transdermal fentanyl = TDF) benutzt werden (z. B. für eine 4 kg schwere Katze 25 ƒÊg/h TDF). Nach 4.12 Stunden werden analgetisch wirksame Blutspiegel erreicht, die Wirkung halt 18. 20 Stunden an. Wahrend der Anflutungszeit mussen andere Analgetika/Opioide, auser Butorphanol, das Fentanyl antagonisieren kann, verabreicht werden.

Hydromorphon ist ein weit verbreitetes, gunstiges Opioid. Die Dosierungsempfehlungen lauten 0,05.0,2 mg/kg. Die Dauer und die Qualitat der analgetischen Wirkung, sowie die Nebenwirkungen sind stark Dosis und von der Art der Applikation abhangig. Die intravenose Verabreichung garantiert die groste Intensitat und die langste Wirkung, verbunden mit den wenigsten Nebenwirkungen wie Erbrechen und Salivation. Aufgrund der hyperthermischen Wirkung wird Hydromorphon allerdings selten bei der Katze verwendet.

Methadon wird in der Humanmedizin erfolgreich zum Management "schwieriger" neuropathischer Schmerzen sowie "Krebsschmerzen" verwendet. Es zeichnet sich durch gute orale Bioverfügbarkeit und lange Halbwertzeit aus und wird daher gerne für "Heimmedikation" verschrieben. Studien, die mit Hunden durchgeführt wurden, zeigten zu Menschen verschiedene, pharmakokinetische Ergebnisse: die orale Bioverfügbarkeit war schlecht, die Halbwertszeit kurz. Zu Katzen liegen keine Daten vor.

Morphin, das klassische Opioid, entwickelt seine effektivste Wirkung bei Katzen in der Dosierung von 0,1–0,2 mg/kg. Leider, im Gegensatz zu anderen Spezies, können Katzen Morphin schlecht zu seinem wirksamen Metaboliten, Morphin-6-Glucuronid, umwandeln, was eigentlich zur Dosiserhöhung und bei Morphin auch zur Entwicklung einer Abhängigkeit, führt.

Aufgrund der nicht zu vernachlässigenden nachteiligen Langzeiteffekte von NSAIDs, sind andere Stoffgruppen wie die hier beschriebenen Opioide zum Management chronischer Schmerzen zu berücksichtigen. Leider ist nur wenig über die Langzeitwirkung von Opioiden bei Katzen bekannt. Nach den Erfahrungen des Autors stellen sich bei Katzen nach 2–3 tägiger Behandlung mit Opioiden Inappetenz und verminderte gastrointestinale Motilität ein. Auch Euphorie und Mydriasis können problematisch sein. In Bezug auf die Abhilfe von chronischen Schmerzen bei Katzen sind weitere Untersuchungen daher dringend nötig. (Red)

Originalpublikation:

Robertson S: A Review of Opioid Use in Cats IVIS 2007. Aus: Recent Advances in Veterinary Anesthesia and Analgesia: Companion Animals, Gleed R. D. and Ludders J. W. (Eds.). International Veterinary information Service, Ithaca NY. (www. ivis.org), Last updated: 25-Jun-2007; A1418.0607.)

Image
itis-hund-3.jpeg
Foto: Canva

Tramadol beim Hund

Die Wirksamkeit des Opioids in der perioperativen Analgesie ist zweifelhaft.

Image
itis-katze.jpeg
Foto: Canva

ITIS

Kombinieren macht Sinn!

Bei der perioperativen Schmerztherapie der Katze ist häufig eine Kombination unterschiedlicher Analgetika notwendig. Prof. Dr. Michaele Alef stellt relevante Wirkstoffe vor.

Image
Diagnostik beim Frettchen: Blutwerte geben Orientierung
Foto: bluearteries - stock.adobe.com

Journal Club

Wie verlässlich sind Blutreferenzwerte beim Frettchen?

Zunehmend gewinnen Frettchen an Popularität als Heimtiere und werden damit auch häufiger in der Kleintierpraxis vorgestellt. Wie verlässlich bei der entsprechenden Diagnostik Blutreferenzwerte sind, untersuchte kürzlich eine Forschergruppe aus England.

Image
itis-pferd.jpeg
Foto: Canva

ITIS

Buprenorphin oder Butorphanol?

Eine Studie vergleicht die Effektivität als perioperatives Analgetikum beim Pferd.