Es bleibt ein Ärgernis und lässt Frauen bisweilen sogar vor dem Schritt in die Selbstständigkeit zurückschrecken: Viele Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere des Mutterschutzgesetzes, gelten noch immer nicht für Selbstständige. Um die Situation von Gründerinnen und Selbständigen beim Mutterschaftsschutz zu verbessern, hatte die selbstständige Handwerkerin Johanna Röh die Petition „Gleiche Rechte im Mutterschutz für selbstständige Frauen“ (mit beeindruckenden 111.794 Online-Mitzeichnungen) sowie eine Initiative „Mutterschutz für alle!“ ins Leben gerufen. Ein eindrucksvoller Erfolg: Der Bundestag hat die Petition der Bundesregierung zur „Berücksichtigung“ überwiesen, um so gesetzliche Neuregelungen anzustoßen. Das Votum „zur Berücksichtigung“ ist das höchstmögliche, das eine Petition erreichen kann.
„Mutterschutz für alle!“
Gemeinsam mit dem Startup-Verband und dem Verband deutscher Unternehmerinnen hat unser Dachverband, der Bundesverband der Freien Berufe e. V. (BFB), in einem Positionspapier das Anliegen der Petenten aufgegriffen. Auch die Fraktion der CDU/CSU im Bundestag hat das Thema nun aufgenommen und einen entsprechenden Antrag in den Familienausschuss eingebracht (20/6911). Die Unionsfraktion will „Schwanger- und Mutterschaft für Gründerinnen und Selbständige erleichtern“. Sie fordert unter anderem, Höhe und Umfang des Mutterschaftsgelds anzupassen. Zudem solle eine Anlaufstelle eingerichtet werden, bei der sich Selbstständige über Möglichkeiten und Ansprüche informieren könnten. Darüber hinaus solle das Elterngeld an die Lebensrealität von Selbständigen angeglichen werden und Zahlungseingänge während des Elterngeldbezugs „auf den Zeitpunkt der erbrachten Leistungen“ abgestellt werden.
Anhörung mit Tierärztin
Top Job:
Am 18. September 2023 war der Antrag Thema einer öffentlichen Anhörung im Familienausschuss des Bundestags. Als Vertreterin für den BFB hat auf Einladung der FDP-Fraktion bpt-Mitglied Dr. Maren Püschel als eine von zehn Sachverständigen daran teilgenommen.
Erfreulich: Alle Sachverständigen forderten einen besseren Mutterschutz und eine bessere Absicherung für Selbstständige mit kleinen Kindern sowie eine Beendigung der Ungleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Unternehmerinnen. Und: Alle Fraktionen sind sich zumindest in dem Ziel einig, die Situation der Selbstständigen in Bezug auf die Mutterschaft endlich zu verbessern. Nun gilt es, bald einen wirksamen, mehrheitsfähigen Gesetzentwurf zu erarbeiten.
In der vorbereitenden Stellungnahme von Dr. Püschel, selbst Mutter einer Tochter, heißt es unter anderem: „Der krasse Kontrast zwischen Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft, Mutterschutz und Beschäftigungsverbot während der Stillzeit oder Elternzeit als angestellte Tierärztin und Arbeiten während der Schwangerschaft auf eigenes Risiko, keine finanzielle Absicherung während des Mutterschutzes und danach, sind trotz aller Motivation sehr ernüchternd.“
U2-Umlage für alle Selbständigen?
Zu den Forderungen gehört angesichts der massiven Lücken in der Versorgung eine Aufklärungspflicht aller Krankenkassen, durch die selbstständige Frauen bei Vertragsschluss verpflichtend über ihre Optionen in puncto Mutterschutz informiert werden. Alle Selbstständigen (Männer wie Frauen) sollen sich solidarisch durch Beiträge am bestehenden Ausgleichsverfahren für Mutterschutzleistungen (U2-Verfahren) beteiligen. Zur Berechnung der Beiträge könnte der durchschnittliche Unternehmensgewinn im letzten beschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum als Grundlage dienen, schlägt Püschel vor. Die Kosten wären dementsprechend niedrig und würden keine hohen finanziellen Belastungen bedeuten. Selbstständige könnten bei einer Schwangerschaft einen bestimmten Tagessatz von den Krankenkassen erhalten, der dann mit den eingezahlten U2-Beiträgen entsprechend auf das bisherige Monatsnetto der Selbstständigen aufgestockt wird. Alternativ wurden in der Sitzung steuerfinanzierte Unterstützungen diskutiert, etwa über das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), das bereits heute in bestimmten Fällen bundesweit für die Zahlung von Mutterschaftsgeld an nicht gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmerinnen zuständig ist, oder über verpflichtenden Leistungen der Krankenkassen (dann aufzubringen aus dem Budget der Krankenkassen).
Wichtige flankierende Maßnahmen sind laut Püschel zudem die Sicherung einer flächendeckenden, flexiblen und zeitlich umfassenden Kinderbetreuung sowie eine unbürokratische Verwaltungs- und Informationslage für werdende Mütter.
Nun ist der Gesetzgeber am Zug! bpt-info wird weiter berichten. (Gabriele Moog)