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Der Großtierstall der Pferdeklinik von Teramo – eingerahmt von schneebedeckten Bergen
Foto: von Hardenberg
Der Großtierstall der Pferdeklinik von Teramo – eingerahmt von schneebedeckten Bergen

Fachkräftemangel

Vet-Arbeitsmarkt: Bereicherung durch internationale Kollegen

Die Einwanderung von Fachkräften aus Nachbarländern nimmt kontinuierlich zu. Eine Möglichkeit, dem Nachwuchs- und Expertenmangel zu begegnen.

Von Felix von Hardenberg

Die Arbeitsbedingungen für Tierärztinnen und Tierärzte in Deutschland haben sich in den vergangenen fünf bis zehn Jahren deutlich verbessert: Feste bzw. unbefristete Anstellungsverhältnisse, angemessene Gehälter, flexible Arbeitszeitmodelle und bezahlte sowie regelmäßige Fortbildungen – das sind Rahmenbedingungen, die in anderen Ländern noch lange nicht selbstverständlich sind. Deswegen gilt Deutschland bei Tierärzten europa- und weltweit als attraktives Einwanderungsland. Trotz des dramatischen Mangels an Mitarbeitenden werden jedoch mangelnde Deutschkenntnisse, uneinheitliche Bürokratie bzw. die unklare Rechtslage immer noch als Hürde für die Integration der dringend benötigten Kolleginnen und Kollegen wahrgenommen.

Zahl der Approbationen aus dem Ausland steigt

Aussagen von Hochschulprofessoren zufolge wurden in den vergangenen Jahren jeweils bis zu 200 Approbationen von Tierärztinnen und Tierärzten anerkannt, die nicht in Deutschland geboren wurden und nicht an einer deutschen Hochschule studiert haben.


Top Job:


Dem Deutschen Tierärzteblatt ist zu entnehmen, dass es 2019 71 und 2022 150 Anerkennungen von Approbationen ausländischer Kollegen gab. Das waren im Ausnahmejahr 2022 ca. 24 % aller in Deutschland erteilten Approbationen! Ganz ähnlich verhält es sich mit den Genehmigungen der vorläufigen Berufsausübungserlaubnis: 94 in 2019 bzw. 156 im Jahr 2022. Damit stellen immigrierende Tiermediziner bereits seit Jahren eine wichtige Säule für die tierärztliche Leistungserbringung dar. Während diese Situation rückwirkend betrachtet eher für die Nutztierpraxis gilt, ist sie spätestens seit dem durch die Corona-Pandemie ausgelösten Boom auch auf die Kleintier- und Pferdeszene übertragbar.

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Filipa Queiros präsentiert in der Universität Teramo Stellen­angebote für italienische Tierärzte in Deutschland.
Foto: von Hardenberg
Filipa Queiros präsentiert in der Universität Teramo Stellen­angebote für italienische Tierärzte in Deutschland.

Geografischer Spitzenreiter: Italien

Ein Drittel der von Hardenberg Consulting in den letzten zwölf Monaten vermittelten Tierärzte kamen ursprünglich aus Ländern wie Slowenien, Italien, Portugal, Polen, der Türkei, Brasilien, Guatemala und Argentinien. Sie sind mittlerweile in kleinen Praxen und großen Kliniken berufstätig und behandeln je nach individueller Expertise und Ausrichtung des Betriebes alle Tierarten. Darüber hinaus gibt es unter den Diplomates im Hobbytierbereich bemerkenswert viele Italienerinnen und Italiener, die sich in Deutschland zu hochqualifizierten Tierärztinnen und Tierärzten weiterentwickeln konnten.

Weitere Tiermediziner warten noch auf diese Chance und beginnen teilweise schon im Heimatland mit dem Erlernen der deutschen Sprache. Seit Anfang 2023 gibt es im Rahmen eines Pilotprojekts an der Universität in Teramo (Abruzzen) einen wöchentlichen Deutschkurs für tierärztliche Berufseinsteiger.

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Sprachkurse exklusiv für Tiermediziner

Für das Erlernen der deutschen Sprache im Herkunftsland gibt es verschiedene Angebote, z. B. des Goethe-Instituts (online, allgemeine Sprachkenntnisse, mit Zertifikat, www.goethe.de ) bzw. von Vetion (online, spezielles Sprachtraining für Tiermediziner und Vorbereitung auf Prüfungen für die Approbationsanerkennung, ohne Zertifikat, www.deutschkurs-tieraerzte.com). Für die Tiermediziner aus Nachbarländern ist das Deutschlernen mit erheblichem Aufwand verbunden: Da wäre es wünschenswert, wenn Arbeitgeber potenzielle Mitarbeitende in ihrem Bemühen um das Erlernen der Fachsprache z. B. finanziell unterstützen würden. Doch allein der Gedanke an sprachliche Kommunikationsprobleme hält derzeit viele deutsche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber immer noch davon ab, fremdsprachliche Mitarbeitende einzustellen. Dabei sind die ausländischen Kolleginnen und Kollegen aus gutem Grund meist sehr motiviert, spätestens an ihrer neuen Arbeitsstelle vor Ort überraschend schnell Deutsch zu lernen.

Jenseits der deutschen und der EU-Grenzen warten etliche Tiermediziner darauf, mithilfe von vorhandenen Sprachkurs-Angeboten bei gleichzeitiger Unterstützung der Arbeitgeber den deutschen Veterinär-Markt zu entlasten.

Anerkennung und Arbeitserlaubnis

Obwohl der Mangel groß ist und die Belastungen der tierärztlich Aktiven bisweilen dramatische Ausmaße annehmen, sind die verschieden ausgeprägten bürokratischen Anforderungen für die Aufnahme der tierärztlichen Tätigkeit in den 16 deutschen Bundesländern schwer zu verstehen bzw. zu bewältigen. Auf keiner der Webseiten der Landestierärztekammern oder der Bundestierärztekammer findet man Hinweise auf Englisch für internationale Interessenten. Es existieren kein bundesweit einheitlicher Prozess und keine offizielle Anlaufstelle bzw. Webseite, auf der sich Tiermediziner über die Bedingungen für die Aufnahme einer Berufstätigkeit in Deutschland informieren könnten. Auf Fragen wie „Wo beantrage ich als Tierarzt aus einem sogenannten Drittland (außerhalb der EU) die Blue Card (allgemeine Arbeitserlaubnis)?“, „Wie erhalte ich die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des tierärztlichen Berufs?“ und „Was ist für die Approbationsanerkennung zu tun?“ bleiben zumindest die Standesvertretungen zusammenhängende, englische Antworten schuldig.

Aktivierung der Potenziale im Ausland

Der Dessauer Zukunftskreis hat auf seiner Frühjahrstagung die Gründung von verschiedenen Arbeitskreisen zur Reduzierung des Tierärztemangels in Deutschland beschlossen. Dem Arbeitskreis „Internationalisierung der tierärztlichen Mitarbeiterschaft“ kommt dabei eine ganz besondere Bedeutung zu. Auf dem Leipziger Tierärztekongress 2024 wird es erstmalig den Berufsorientierungstag geben. Führende Branchenkenner aus Praxis, Industrie und Öffentlichem Dienst berichten über die Vielzahl an beruflichen Möglichkeiten für Tierärzte innerhalb ihrer Organisationen. Die teilnehmenden Zielgruppen sind neben Berufseinsteigern Rückkehrer in das Berufsleben und ausländische Tierärzte, für die ein besonderer Teil der Veranstaltung auf Englisch vorgesehen ist.

Gewinner des aktuellen Tierärztemangels sind diejenigen Arbeitgeber, die bereit sind, gut ausgebildete Tierärztinnen und Tierärzte ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen einzustellen. Der Mehraufwand bei der Bewältigung der Bürokratie sowie der Einarbeitung und etwas höhere Ausgaben durch Übernahme der Kosten für Sprachkurse haben sich schon häufig als lohnenswerte Investition herausgestellt. Profitierende der angespannten Situation sind diejenigen, die mutig und weltoffen das bestehende Team international erweitern und Sprachbarrieren als Hemmnis für Entlastung und Wachstum progressiv beiseiteschieben. 

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