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Schmerzen nach der Kastration

Überraschend hohe Schmerz-Scores nach der Ovariektomie: Intraperitoneal verabreichtes Ropivacain kann die Schmerzen nicht lindern.

Im Sinne einer guten tierärztlichen Praxis stellt die zuverlässige Analgesie einen zentralen Punkt jeder Anästhesie dar. Dabei muss sowohl während als auch nach einem chirurgischen Eingriff eine ausreichende Schmerzlinderung für den tierischen Patienten gewährleistet sein. Dieser Aspekt ist nicht alleine aus Tierschutzgründen von größter Wichtigkeit. Vielmehr ist bekannt, dass eine adäquate Schmerztherapie für einen komplikationslosen Heilungsprozess bedeutsam ist. Angesichts dessen ist eine kontinuierliche Überprüfung und Optimierung der bestehenden Anästhesie- und Analgesieprotokolle sehr wichtig. Unter diesen Gesichtspunkten untersuchten Schweizer Tierärzte kürzlich, ob der Einsatz eines Lokalanästhetikums zur Linderung der postoperativen Schmerzen bei Kätzinnen nach Ovariektomie hilfreich sein könnte.

Lokalanästhetikum wirkungslos

Um diesen Ansatz an einer möglichst großen Stichprobe testen zu können, nutzten die Wissenschaftler eine Kastrationsaktion zur Populationskontrolle von Straßenkatzen in Rumänien. Dabei wurden 119 Kätzinnen standardmäßig kastriert und in eine Behandlungs- bzw. Kontrollgruppe eingeteilt. Alle erhielten eine intramuskuläre Anästhesie mit 0,03–0,05 mg/kg Medetomidin, 7–10 mg/kg Ketamin und 0,4 mg/kg Butorphanol. Bei den Kätzinnen der Behandlungsgruppe wurden vor dem Wundverschluss 2 mg/kg Ropivacain direkt in die Bauchhöhle appliziert, während den übrigen Kätzinnen dasselbe Volumen einer Kochsalzlösung verabreicht wurde.

Jede dritte Katze hatte postoperative Schmerzen

Die Schmerzintensität wurde im postoperativen Zeitraum zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten mittels validierter Schmerzskalen (modifizierte  Glasgow Composite Pain Scale und modifizierte Colorado State University Scale) ermittelt und verglichen. Dabei zeigten sich bei allen Kätzinnen sechs Stunden postoperativ die höchsten Schmerzscores, welche in über 30 % der Fälle in einem inakzeptablen Bereich lagen. Ein lindernder Effekt durch das Lokalanästhetikum konnte nicht festgestellt werden.

Es erscheint durchaus möglich, dass die ermittelten Schmerzscores durch die fehlende Gewöhnung der Straßenkatzen an den Menschen verfälscht wurden. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wären weitere Studien an Kätzinnen aus anderen Populationen erforderlich. Angesichts der überraschend hohen Schmerzscores nach einem im Praxisalltag derart verbreiteten Eingriff erscheinen Überarbeitungen der gängigen postoperativen Analgesieprotokolle unabdingbar.

Originalpublikation

Heitzmann V, Bettschart-Wolfensberger R, Torgerson P, Goldinger E, Palumbo C, Steblaj B (2022): How painful are cats after neutering – a field study using multimodal analgesia with intraperitoneal ropivacaine in a neuter-return program in feral cats. Schweiz Arch Tierheilkd 164: 841–850. doi.org/10.17236/sat00377.

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