Interview

SARS-CoV-2 Infektionen bei Katzen und Hunden

Katzen und Hunde können sich mit SARS-CoV-2 infizieren. Was ändert sich durch neue Varianten? Wann ist ein Test sinnvoll? Wir haben mit Virologe Prof. Albert Osterhaus über Tiere in der Pandemie gesprochen.

  • 2.160 Blutproben von Katzen aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien und Spanien hat das Team von Prof. Dr. Albert Osterhaus vom Research Center for Emerging Infections and Zoonoses an der TiHo analysiert. So konnten die Wissenschaftler ermitteln, wie viele Hauskatzen sich 2020 mit SARS-CoV-2 infiziert haben. Weitere Studien sind geplant.
  • Um die Antikörper nachzuweisen, die nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion im Blut vorkommen, nutzten die Forschenden zwei verschiedene Methoden. Der etablierte Virus-Neutralisationstest kann nur in Laboren der biologischen Sicherheitsstufe 3 durchgeführt werden. Osterhaus’ Labor verglich die Ergebnisse des Neutralisationstests mit einer Nachweismethode, bei der nur der Hauptteil des Spikeproteins des Virus eingesetzt wird. Diese Methode erwies sich als ähnlich sensitiv und spezifisch wie der Neutralisationstest und kann in jedem veterinärmedizinischen Labor durchgeführt werden. 
  • „Katzen und Hunde spielen bei der Epidemiologie der Menschen wahrscheinlich keine Rolle“, sagt der Studienleiter.
  • Sie haben eine Studie zur Prävalenz von Infektionen bei Katzen in Europa veröffentlicht. Wie häufig haben diese sich infiziert?

    Osterhaus: Wir haben Untersuchungen gemacht, die zeigen, dass in Europa etwa vier Prozent der Katzen, die bei Tierärzten vorgestellt werden, schon einmal mit dem Virus infiziert waren. Die meisten Katzen bekommen überhaupt keine oder sehr leichte Symptome. Bei Hunden scheint das noch seltener zu sein.

    Gerade planen wir, zu untersuchen, was bei Hunden passiert. Wir fangen dann mit einer großen Untersuchung an, so wie wir das bei Katzen gemacht haben, auch in Bezug auf neue Varianten. Jetzt haben wir auch Tests, mit denen wir zwischen einer vergangenen Infektion mit Omikron, Delta oder anderen Variants of Concern unterscheiden können.

    Ihre Daten zu den Katzen stammen ja aus der ersten Welle. Gibt es Hinweise darauf, ob neue Varianten wie Omikron für Haustiere mehr oder weniger infektiös sind?

    Osterhaus: Eben deshalb wollen wir uns jetzt die Hunde ansehen und werden das auch mit Katzen vielleicht noch einmal machen. Dass Omikron infektiöser ist, hat damit zu tun, dass es sich gut in den oberen Luftwegen vermehrt. Man bekommt meistens keine Lungeninfektion mehr, sondern eher eine Kehlkopfinfektion, man wird nicht so krank. Das heißt wahrscheinlich, dass das Virus sich auch bei den Tieren einfacher vermehren und die Speziesbarriere leichter überqueren kann.

    Wann sollten Tierärzte Katzen oder Hunde auf SARS-CoV-2 testen?

    Osterhaus: Wenn es in der Familie COVID-19 gibt, sollte man in Selbstisolation gehen, also eigentlich auch keinen Kontakt zu den Katzen oder Hunden haben. Aber wenn man selbst positiv testet und kurz danach bekommt auch die Katze Schnupfen, dann sollte man den Tierarzt warnen und der kann einen Nasenrachen-Abstrich machen. 

    Die verschiedenen Tests, die man für den Menschen hat, funktionieren wahrscheinlich auch beim Tier, sind dafür aber nicht validiert. Das heißt, man muss mit den Ergebnissen sehr vorsichtig sein. Deshalb sollte man die Probe besser an ein spezialisiertes Labor schicken. Das wird nur sporadisch vorkommen, ich würde das nur machen, wenn es einen konkreten Verdacht gibt. Das Virus kommt fast nie durch die Katze ins Haus. Das Virus kommt von Mensch zu Mensch und es kann sein, dass die Katze oder eben der Hund deswegen infiziert wird. 

    Es existiert bereits ein Impfstoff für Tiere – wie sinnvoll ist eine Impfung?

    Osterhaus: Es kann natürlich wichtig sein, bestimmte bedrohte Tierarten in Zoos zu impfen. Aber es ist nicht notwendig, systematisch alle unsere Hunde und Katzen zu impfen. In den meisten Fällen ist COVID-19 für sie eine milde Erkrankung, falls sie überhaupt erkranken. 

    Eine andere Situation ist es wahrscheinlich bei der Impfung gegen MERS, die wir gemeinsam mit einer Gruppe aus München in Dromedaren getestet haben: Das Virus überquert die Speziesbarriere von Dromedaren zum Menschen noch immer. Im Mittleren Osten sind fast alle Kamele, die älter als ein halbes Jahr sind, infiziert. Wegen der Infektionsgefahr für den Menschen könnte es wichtig sein, sie zu impfen. Für SARS-CoV-2 gibt es im Moment keine solchen wichtigen Beispiele. Katzen und Hunde spielen bei der Epidemiologie der Menschen wahrscheinlich keine Rolle. Sie können von Menschen infiziert werden, aber sie verbreiten das Virus meistens nicht unter Menschen. Momentan glaube ich daher nicht, dass eine COVID-19-Impfung für Katzen und Hunde sinnvoll ist.

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  • Die ganze Vielfalt der Coronaviren aus veterinärmedizinischer Perspektive: Themenheft Coronaviren der Berliner und Münchener Tierärztlichen Wochenschrift (Open Access)
  • Zum vollständigen Artikel: hier