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Gastroprotektiva: Schutz für Magen und Darm

Das American College of Veterinary Internal Medicine (ACVIM) hat 2018 ein Consensus State­ment zum Einsatz von Gastroprotektiva bei Hunden und Katzen veröffentlicht. Die Initiative tiermedizinische Schmerztherapie (ITIS) greift wichtige Aussagen auf.

Wie die Humanmedizin verzeichnet auch die Veterinärmedizin eine starke Zunahme beim Gebrauch von Säureblockern. Besonders bei der Verschreibung von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAIDs) ist in letzter Zeit ein Trend zum standardmäßigen Einsatz von Gastroprotektiva zu beobachten. Ohne Indikation sollten diese Mittel nicht eingesetzt werden: Aktuelle Studien belegen bei Mensch und Tier Nebenwirkungen der Langzeitanwendung von Protonenpumpeninhibitoren, die das Nutzen-Risiko-Verhältnis in ein neues Licht stellen und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung der Protonenpumpeninhibitor-Gabe unterstreichen. Dank neuer Technologien zur Messung des gastrointestinalen pH-Wertes wurden mittlerweile auch für Hund und Katze angepasste Dosierungsprotokolle entwickelt, deren Alltagstauglichkeit allerdings bisher kaum überprüft wurde. Das Consensus Statement beleuchtet den aktuellen Kenntnisstand zu Antazida, H2-Rezeptorantagonisten, Protonenpumpeninhibitoren, Misoprostol und Sucralfat.

Säureblocker: Kein Einsatz ohne Indikation

Das Fazit: Über den Einsatz von Gastroprotektiva sollte jeweils im Einzelfall nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung entschieden werden. Zuerst ist zu fragen, ob überhaupt eine Indikation besteht, und keinesfalls ist der bloße Umstand, dass NSAIDs verabreicht werden, allein schon als Indikation für Gastroprotektiva zu werten. Bei der Risikoabwägung geht es um die möglichen Nebenwirkungen (unter Beachtung der voraussichtlichen Anwendungsdauer), aber auch um die Frage, ob die Wirksamkeit für die vorliegende Erkrankung überhaupt erwiesen ist. Der Wohlklang der Begriffe „Schleimhautschutz“ und „Protektiva“ sollte jedenfalls nicht handlungsbestimmend sein.

Schleimhautschutz bei der Schmerztherapie?

Heidrun Potschka, Professorin für Pharmakologie und Mitglied der Initiative tiermedizinische Schmerztherapie, kommentiert: "Das ACVIM-Consensus-Statement liefert eine wichtige Zusammenfassung und kritische Experteneinschätzung zur Anwendung von Gastroprotektiva bei Hunden und Katzen. Die Ausführungen sind im Kontext des Nebenwirkungspotenzials von NSAIDs von besonderem Interesse für das Schmerzmanagement. Von einem unkritischen prophylaktischen Einsatz von Gastroprotektiva bei Therapie mit NSAIDs ist entsprechend dem ACVIM Statement abzuraten. Ein individualisiertes therapeutisches Management unter Beachtung des aktuellen Kenntnisstandes ist von besonderer Bedeutung. Eine Verbesserung des Kenntnisstandes auf der Basis prospektiver kontrollierter klinischer Studien ist als Basis für ein evidenzbasiertes klinisches Vorgehen wünschenswert."

Originalpublikation:

Marks SL, Kook PH, Papich MG, Tolbert MK, Willard MD (2018): ACVIM consensus statement: Support for rational administration of gastrointestinal protectants to dogs and cats. J Vet Intern Med 32(6): 1823–1840. DOI 10.1111/jvim.15337.

Initiative tiermedizinische Schmerztherapie (ITIS)

Die ITIS ist ein Fachgremium, besetzt mit führenden Spezialisten für veterinärmedizinische Schmerztherapie. Die Experten um die Professorinnen Michaele Alef, Sabine Kästner, Heidrun Potschka und Sabine Tacke sowie Dr. Julia Tünsmeyer setzen sich für ein optimales Schmerzmanagement bei Haus- und Nutztieren ein. Die Arbeit der Initiative tiermedizinische Schmerztherapie wird von Sponsoren engagiert begleitet und ermöglicht.

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