Forschung

Schneller Blick zum besten Freund

Hunde haben eine schnellere Gesichtsmimik als Wölfe – das ließ sich jetzt auch anatomisch belegen. Während der Domestikation bevorzugten Menschen offenbar Tiere, deren Mienenspiel ähnlich flink wie ihr eigenes ist.

Pitschnasse Hunde, begeistert nach Leckerchen schnappende Hunde, Hunde, die unter Wasser in die Kamera blinzeln, oder charaktervolle Porträts einzelner Hundepersönlichkeiten: Kalender und Bildbände, die das Gesicht des vierbeinigen „besten Freundes“ des Menschen in den verschiedensten Situationen zeigen, werden zuverlässig zu Verkaufserfolgen. Hinter der Faszination der Menschen für Hundegesichter steht wohl die einzigartige Kommunikation der beiden Spezies. Dass Menschen und Hunde einander häufig ins Gesicht blicken und sich dabei mimisch verständigen, unterscheidet ihre Beziehung von der zwischen Menschen und anderen Haustieren.

Flinke Fasern überwiegen

Die Bedeutung hündischer Mimik und ihre Entstehung während der Domestikation war inzwischen Gegenstand verschiedener Studien. Ein neues Puzzleteil fügen jetzt Anne Burrows und Kailey Omstead von der Duquesne University in Pennsylvania hinzu. Die Biologin und Anthropologin Burrows und die Tierphysiologin Omstead verglichen den Anteil langsamer („Slow-twitch“, Typ I) und schneller („Fast-twitch“, Typ II) Muskelfasern in zwei Gesichtsmuskeln von Hunden, Wölfen und Menschen. Die immunhistochemische Untersuchung der Proben aus dem Musculus orbicularis oris und dem Musculus zygomaticus major – beides Mundmuskeln – ergab, dass die schnellen „Fast-twitch“-Fasern in den Muskeln bei Hunden 66 bis 95 Prozent ausmachen, während der Anteil bei ihren Vorfahren, den Wölfen, nur durchschnittlich 25 Prozent erreicht.

Damit ähnelt die Muskelfaserzusammensetzung im Gesicht des Hundes der Komposition menschlicher Gesichtsmuskeln. Burrows und Omstead folgern, dass Menschen während des Domestikationsprozesses Individuen mit einer schnellen Mimik bewusst oder unbewusst bevorzugten.

Anatomie des „Hundeblicks“

Die Wolfsvorfahren brachten jedoch auch schon einige Voraussetzungen für eine flinke Mimik mit, die andere Tierarten nicht vorweisen können – das zeigte ein Team um Burrows im Jahr 2020 im Fachmagazin „The Anatomical Record“. Hunde und Wölfe weisen demnach im Gegensatz zu Katzen eine recht ausgeprägte bindegewebige Faserschicht zwischen den Gesichtsmuskeln und der Haut auf. Eine solche Faserschicht, die als SMAS (superfizielles muskuloaponeurotisches System) bezeichnet wird, besitzt auch der Mensch. Sie gilt neben der eigentlichen Mimikmuskulatur als entscheidender Faktor für die hohe Beweglichkeit des menschlichen Gesichts und könnte dementsprechend auch zur mimischen Flexibilität bei Hunden beitragen.

Ein intensives Medienecho erzeugte aber insbesondere eine Publikation in den „Proceedings oft he National Academy of Sciences“, in der eine Gruppe um Burrows 2019 beschrieb, dass Hunde eine stärkere Muskulatur zur Anhebung des medialen Anteils der Augenbraue besitzen als Wölfe. So entsteht der typische „Hundeblick“, der Fürsorgeverhalten beim Menschen auslöst.

Für ihren viertelstündigen Vortrag zu den schnellen und langsamen Muskelfasern bei Hund und Wolf auf der Tagung „Experimental Biology“ in Philadelphia vor wenigen Wochen erhielten Burrows und Omstead erneut viel internationale Medienaufmerksamkeit. Wohl auch, weil sich die Beiträge über Forschungsprojekte dieser Art so schön bebildern lassen – nämlich mit niedlichen Hundegesichtern. 

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