Ganzkörperregeneration

Autotomie extrem bei Meeresschnecken

Wie weit würden Sie gehen, um Parasiten loszuwerden? Einige Meeresschnecken-Arten schrecken wohl vor gar nichts zurück: Sie behalten nur den Kopf und werfen den restlichen Körper ab.

Von Anne Strattner

Dass manche Tiere die Fähigkeit haben, bei Gefahr einen Körperteil abzuwerfen, weiß man. Eidechsen trennen sich von ihrem Schwanz, Regenwürmer von ihrem Hinterende und Stachelmäuse sogar zum Teil von ihrer Haut. Der abgeworfene Körperteil wächst, je nach Tierart, vollständig, unvollständig oder gar nicht nach.

Die japanische Biologin Sayaka Mitoh hat nun per Zufall einen extremen Fall von Autotomie entdeckt: Einige der zur Unterordnung der Schlundsackschnecken gehörenden Meeresschnecken der Gattung Elysia können ihren kompletten Körper abwerfen – inklusive Herz, Verdauungstrakt und Fortpflanzungsorgane!

Komplize Zufall

Mitoh züchtet im Labor Meeresschnecken. Eines Tages fiel ihr ein Tier auf. Besser gesagt der Kopf eines Tieres, denn dieser bewegte sich ganz ohne Körper vorwärts – und fraß sogar! Nach einer Woche war ein neues Herz gewachsen, nach knapp drei Wochen hatte sich der gesamte Körper regeneriert. Der abgestoßene alte Körper hingegen reagierte noch eine Weile auf Stimuli, verblasste dann aber und starb.

Mitoh und ihr Kollege Yoich Yusa entdeckten unterhalb des Kopfes der Schnecken eine „Sollbruchstelle“ und es gelang ihnen, die Autotomie zu provozieren. Vor allem junge Schnecken zeigten in den Versuchen eine gute Regenerationsfähigkeit. Möglicherweise ist an dem Prozess eine spezielle Art von Stammzellen beteiligt.

Warum das Ganze?

Warum genau die Schnecken sich von ihrem Körper trennen, ist noch nicht bekannt. Mitoh und Yusa vermuten jedoch, dass sich die Tiere Parasiten entledigen wollen, die ihr Fortpflanzungsvermögen beeinträchtigen. In den abgestoßenen Körpern wurde jedenfalls ein Befall mit entsprechenden Endoparasiten festgestellt, die „frischen“ Körper dagegen waren parasitenfrei.

Dass die Köpfe der Schnecken eine Weile autark überleben können, liegt übrigens wahrscheinlich an einer weiteren Besonderheit dieser Tiere: Sie können die Chloroplasten gefressener Algen speichern und so selbst Fotosynthese betreiben.

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