Corona-Impfungen

Tierärzte an die Spritze?

30 Millionen Impfungen bis Weihnachten – das hat Bundeskanzler Olaf Scholz als Ziel formuliert. Nun sollen auch Apotheker, Zahnärzte und Tierärzte gegen SARS-CoV-2 impfen.

  • Der Bundesrat hat dem neuen Infektionsschutzgesetz zugestimmt: Jetzt ist es vorübergehend auch Tierärztinnen und Tierärzten erlaubt, Menschen gegen COVID-19 zu impfen.
  • Die Impfungen durch Tierärzte starten erst 2022: Zunächst wird ein Curriculum für eine Schulung erarbeitet, die Veterinäre vorab absolvieren müssen.
  • Tierärztinnen und Tierärzte sollen wohl zunächst in Impfzentren und mobilen Impfteams eingesetzt werden.
  • Keine Frage: Mit der schnellen Impfung großer Bestände kennt sich keiner so gut aus, wie Tierärztinnen und Tierärzte. Dennoch scheint es viele zu überraschen, dass Veterinärmediziner jetzt Teil der Impfkampagne werden. Während beispielsweise in den USA Tierärzte bereits seit März 2021 die Humanmedizin bei den Impfungen gegen SARS-CoV-2 unterstützen, traf hierzulande ein entsprechendes Angebot des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt) Anfang 2021 eher auf Skepsis. Ärzteverbände sprachen sich deutlich gegen eine Beteiligung von Apothekern oder Tierärzteschaft an den Impfungen aus. Ähnliche Reaktionen hatte es zuvor ja auch gegeben, als Veterinärlabore anboten, SARS-CoV-2-PCRs durchzuführen.

    Allerdings war Anfang des Jahres tatsächlich eher die Impfstoff-Knappheit das Problem der Impfkampagne, nicht ein Mangel an Ärzten. Ende 2021 ist der Impfstoff teilweise ebenfalls knapp, aber die Lage insgesamt eine andere: Impfzentren haben vielerorts geschlossen, Hausarztpraxen sind überlastet und vor den mobilen Impfstationen bilden sich lange Schlangen wartender Menschen.

    Die Impflücke muss schnell geschlossen werden

    Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts und Veterinärmediziner, sprach im November in einer emotionalen Rede während einer Online-Konferenz mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer deutliche Worte: „Ich sag das jetzt mal ganz klar: Es muss jetzt Schluss sein, dass irgendwer irgendwelchen anderen Berufsgruppen aufgrund von irgendwelchen Umständen nicht gestattet, zu impfen. Wir sind in einer Notlage". Er betonte: "Jeder Mann und Maus, der impfen kann, soll jetzt gefälligst impfen. Sonst kriegen wir diese Krise nicht in den Griff." Im Anschluss mehrten sich die Forderungen aus der Politik, Tierärzte, Apotheker und Zahnärzte in die Impfkampagne einzubeziehen.

    Änderung des Infektionsschutzgesetzes

    Am 10. Dezember wurde eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die „[…] Tierärztinnen und Tierärzte bei Vorliegen einer entsprechenden Schulung vorübergehend zu eigenverantwortlichen Schutzimpfungen gegen COVID-19 bei Menschen über 12 Jahren berechtigt […]. Voraussetzungen sind

  • eine vorherige ärztliche Schulung,
  • geeignete Räumlichkeiten oder
  • die Einbindungen in geeignete Strukturen, z.B. in ein mobiles Impfteam.
  • Muster-Schulungskonzepte sollen von der Bundestierärztekammer bis zum 31. Dezember 2021 in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer entwickelt werden. Damit können geschulte Veterinärmedizinerinnen und Veterinärmediziner zum Beispiel in Impfzentren oder in mobilen Impfteams eigenständig Impfungen durchführen. Damit die Tierarztpraxis darüber hinaus zur eigenständigen bestellberechtigten Impfstelle werden kann, bedarf es aber noch einer Anpassung der Coronavirus-Impfverordnung.

    Der erste Schritt: Einsatz in Impfzentren und mobilen Teams

    Der Präsident der Bundestierärztekammer, Uwe Tiedemann, bestätigte der Neuen Osnabrücker Zeitung bereits Ende November 2021  auf Anfrage, dass die Tierärzteschaft bereit wäre, den Kollegen aus der Humanmedizin zu helfen. Dies bestätigt eine Stellungnahme der Bundestierärztekammer vom 8. Dezember 2021: „Die Tiermedizin ist bereit und willens im Kampf gegen die COVID 19-Pandemie zu unterstützen und durch Impfen helfend einzugreifen.“ Allerdings müsse durchaus auch hinterfragt werden, ob die Diskussion um impfende Tierärzte, Apotheker und Zahnärzte nicht  von einer Impfstoffknappheit ablenke.

    Im ersten Schritt plädiert die Kammer für einen Einsatz von Tierärztinnen und Tierärzten vorwiegend in Impfzentren oder Hausarztpraxen. So wäre Rechtssicherheit für die impfenden Kolleginnen und Kollegen hergestellt, zu der andernfalls noch viele Fragen offen sind. Haftungsrechtliche Konsequenzen müssten vermieden werden. Zudem wäre im Impfzentrum bei Problemen ein humanmedizinischer Kollege greifbar.

    Dieser Artikel vom 1. 12.2021 wurde am 14. 12.2021 aktualisiert. Hier finden Sie aktuelle Informationen vom Januar 2022.

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