Kleintierpraxis

Die chronische Otitis bei Katzen

Die chronische Otitis ist eine multifaktorielle und oft schwierig zu behandelnde Erkrankung. Dieser Artikel basiert auf einem Review von Brame und Cain (2021) und beschreibt Ursachen, Diagnostik und Management der chronischen Otitis bei Katzen.

Das Ohr der gesunden Katze

Mit Ausnahme der Scottish Fold haben Katzen aufrechte Ohrmuscheln, die eine Luftzirkulation ermöglichen. Dadurch sind sie weniger empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen, wie Feuchtigkeit, die für eine Otitis prädisponieren. Eine moderate Menge dunkelbraunes Cerumen ist normal für das Ohr der Katze und kein Hinweis auf eine Otitis. Das Cerumen kann auch klar, weiß oder gelb sein. Anders als beim Hund ist die Bulla tympanica der Katze durch ein dünnes knöchernes Septum mit einer kleinen Öffnung in ein mediales und ein laterales Kompartiment geteilt. Unter otoskopischer Führung ist es möglich, den lateralen Teil der Bulla tympanica zu erreichen. Für den Zugang zum medialen Kompartment ist jedoch in der Regel eine Bullaosteotomie erforderlich, alternativ ist in manchen Spezialkliniken eine endoskopische Trepanation möglich.

In zytologischen Proben des äußeren Gehörgangs können auch bei gesunden Katzen Malassezien und Bakterien, hauptsächlich Kokken, in geringer Anzahl vorkommen. Zwei oder weniger Malassezien und vier oder weniger bakterielle Organismen pro Hauptgesichtsfeld (HPF) werden als normal angesehen. Unter dem Hauptgesichtsfeld versteht man den Ausschnitt eines Präparats bei maximaler Vergrößerung des Lichtmikroskops. Die Prävalenz von Kokken und Malassezien variiert je nach Studie zwischen zwei und 71 % bzw. 23 und 83 %. Die häufigste Malassezienspezies ist Malassezia pachydermatis, im Gehörgang ist bei Katzen allerdings Malassezia nana am häufigsten (Guillot und Bond 2020). Die durchschnittliche Dichte dieser Hefen beträgt bei gesunden Katzen 0,2 bis 0,5 pro HPF. Für Kokken wird eine mittlere Dichte von 0,3 pro HPF angegeben. Keratinozyten, geringe Mengen von Melaninklumpen und Saprophyten sind normale Befunde bei gesunden Katzen. Stäbchenförmige Bakterien und Entzündungszellen kommen gewöhnlich nicht vor. Sie deuten auf eine Erkrankung hin.

Klinik und Diagnostik einer Otitis

Anzeichen für eine Otitis sind Kopfschütteln, Kratzen an den Ohren, Schmerzen, übermäßiger ceruminöser oder eitriger Detritus und schlechter Geruch. An der Ohrmuschel und im Gehörgang können Exkoriationen, Rötungen, Krusten zu sehen sein. Typische Befunde der otoskopischen Untersuchung sind Erytheme und Ödeme des Gehörgangs. Das Trommelfell kann verdickt oder opak sein. Bei einer Otitis media kann Flüssigkeit hinter dem Trommelfell sichtbar sein – auch das Trommelfell kann sich nach außen wölben.

Eine sorgfältige klinische Untersuchung mit Beantwortung nachfolgender Fragen kann Hinweise auf die Ursache der Otitis geben:

Vorbericht

  • Wie lange besteht die Erkrankung?
  • Waren frühere Therapien wirksam?
  • Gibt es dermatologische und nicht-dermatologische Vorerkrankungen?
  • Klinische Untersuchung

  • Gibt es spezifische Läsionen?
  • Ist nur ein Ohr oder sind beide Ohren betroffen?
  • Sind die Ohrmuscheln beteiligt oder gibt es Hautveränderungen an anderen Körperregionen?
  • Sind neurologische Symptome vorhanden?
  • Otoskopie

  • Sind Ohrmilben zu erkennen?
  • Ist ein Ohrpolyp oder eine andere Zubildung im Ohr sichtbar?
  • Ist das Trommelfell intakt oder gibt es einen Hinweis auf eine Otitis media?
  • Foto: Todorean Gabriel - stock.adobe.com Abb. 1: Ein Milbenbefall ist adspektorisch an einem typischen dunkel­braunen ceruminösen Detritus erkennbar.

    Folgende weitere Vorgehensweisen werden empfohlen:

  • Wenn Ohrmilben erkennbar sind, sollte ein Akarizid eingesetzt werden. Eventuell vorhandene Sekundärinfektionen sollten entsprechend mitbehandelt werden.
  • Bei jeder Otitis sollte als Erstes eine Zytologie durchgeführt und eine Cerumenprobe auf Ohrmilben untersucht werden.
  • Anschließend sollten vorhandene Ohrmilben und Sekundärinfektionen behandelt werden.
  • Auch allergische, immunmediierte und systemische Erkrankungen als primäre Ursache müssen in Betracht gezogen werden.
  • Der Erfolg einer antimikrobiellen Therapie sollte zytologisch überprüft werden.
  • Nach Abklingen der Entzündung sollte erneut eine Otoskopie durchgeführt werden; möglicherweise ist die Sicht nun besser und eine Ursache erkennbar.
  • Bei einer Masse oder einem Polypen sollten vor einer Operation eine Computertomografie und eventuell eine Biopsie durchgeführt werden. Werden Umfangsvermehrungen aus dem Gehörgang operativ oder videootoskopisch entfernt, sind diese immer histopathologisch zu untersuchen.
  • Bei einer durch Bildgebung, Klinik oder otoskopisch erkannten Otitis media kann mittels Myringotomie eine Probe entnommen und eine Bakterienkultur angelegt werden.
  • Die chronische Otitis ist in der Regel eine multifaktorielle Erkrankung. Neben primären Gründen gibt es prädisponierende Faktoren und Faktoren, wie Sekundärinfektionen, die die Krankheit aufrechterhalten oder verschlimmern können. Meistens betrifft eine Otitis beide Ohren. Bei einer unilateralen Erkrankung sollte besonders auf Ohrpolypen oder andere Zubildungen geachtet werden.

    Primäre Ursachen für eine Otitis

    Otodectes cynotis

    Ein Befall mit der Ohrmilbe Otodectes cynotis ist die häufigste primäre Ursache für eine Otitis externa bei Katzen (Abb. 1). Die Milben kommen meist bei jungen Katzen vor. In der Regel sind beide Ohren betroffen. Oft ist der Milbenbefall mit Juckreiz und dunkelbraunem ceruminösem Detritus, der an Kaffeesatz erinnert, verbunden. Ältere Katzen haben häufiger einen asymptomatischen Befall. In einer Studie zeigte sich, dass sich Otodectes cynotis bei 23 % der Katzen auch auf andere Körperregionen ausbreitet. Auch die feline Kinnakne wird mit einem Ohrmilbenbefall in Verbindung gebracht. Sekundär können Bakterien- oder Malassezien-Infektionen hinzukommen. In 67 bis 93 % der Fälle können Ohrmilben mit dem Otoskop entdeckt werden. Wenn die Ohrmilben nicht gefunden werden können, hilft eine spezielle Technik:

  • Cerumenprobe mit einer Kürette (bevorzugt) oder einem Wattestäbchen entnehmen
  • mit ein bis zwei Tropfen Mineralöl auf einem Objektträger vermischen und abdecken
  • den gesamten Objektträger unter dem Mikroskop in 40- bis 100-facher Vergrößerung mit abgesenktem Kondensor und geschlossenem Irisdiaphragma untersuchen
  • Zur Behandlung von Ohrmilben sind in Deutschland bei der Katze Präparate mit den Wirkstoffen Sarolaner, Flurolaner, Moxidectin und Selamectin, Esafoxolaner und Tigolaner sowie ein Ivermectin-haltiges Ohrgel zugelassen. Das Ivermectin-haltige Ohrgel wird lokal angewendet. Neuere systemische Produkte stehen meist als topische transdermale Präparate zur Verfügung und müssen weniger häufig angewendet werden, was die Compliance der Besitzer verbessert. Zusätzlich werden Milben behandelt, die aus dem Gehörgang in andere Regionen, meist Kopf und Nacken, gewandert sind.

    Demodex-Spezies

    Demodex cati wurde in Cerumenproben von Katzen gefunden und kann mit einer Otitis externa zusammenhängen. Isoxazoline sind sehr wirksam bei der Behandlung der Demodikose bei Hunden und Berichten zufolge wirken Sarolaner und Flurolaner auch gegen die feline Demodikose.

    Dermatophytose

    Die Dermatophytose wird bei Katzen meist durch Microsporum canis hervorgerufen. Sie verursacht Hautläsionen mit Alopezie, Juckreiz und Schuppen. Häufig kommen diese Läsionen in der Ohrgegend vor, einschließlich Gehörgang und Ohrmuschel, aber es ist ungewöhnlich, dass sich die Dermatophytose nur auf den Gehörgang beschränkt. Die Identifikation einer Dermatophytose ist wegen des Zoonosepotenzials und des Ansteckungsrisikos für andere Katzen wichtig. In Einzelfällen wurden andere Pilzarten wie Aspergillus- und Cryptococcus-Spezies bei einer Otitis externa gefunden.

    Allergische Hautkrankheiten

    Bei Katzen mit allergischer Dermatitis sind oft auch die Ohren betroffen. Am häufigsten kommt eine Otitis externa bei Katzen mit einer atopischen Dermatitis vor, seltener bei einer Futtermittel- oder Flohallergie. Sechzehn bis 20 % der Katzen mit atopischer Dermatitis haben gleichzeitig eine Otitis externa. Sowohl eine bakterielle als auch eine Malassezien-Otitis kommen vor. Eine Allergie sollte bei Katzen mit wiederkehrenden Ohrinfektionen in Betracht gezogen werden, wenn andere Gründe ausgeschlossen wurden. Katzen mit allergiebedingter Otitis externa zeigen meist auch Juckreiz an anderen Körperregionen. Um die Otitis externa in den Griff zu bekommen, muss die zugrunde liegende Allergie behandelt werden. Wenn Katzen mit Verdacht auf eine Futtermittelallergie eine Diät bekommen sollen, müssen jedoch zunächst die Infektion und Entzündung behandelt werden, denn die Sekundärinfektionen heilen wahrscheinlich nicht ohne direkte Therapie.

    Idiopathische Otitis externa ceruminosa

    Die idiopathische Otitis externa ceruminosa entsteht durch eine Ansammlung von ceruminösem Detritus und kann sekundäre Infektionen begünstigen. Dieses Krankheitsbild ist in der Literatur kaum beschrieben und unter Dermatologen herrscht keine einheitliche Meinung darüber, ob es eine eigenständige Erkrankung ist. Idiopathische übermäßige Cerumenbildung wurde bei neun Katzen beschrieben. Diese Katzen zeigten eine dauerhaft vermehrte Cerumenbildung ohne klinische Anzeichen einer Otitis.

    Idiopathische Gesichtsdermatitis der Perser- und Himalaya-Katzen

    Bei 13 Katzen, bei denen die Erkrankung beschrieben wurde, fielen zunächst schwarze Ablagerungen im Fell des Gesichts auf, später kamen Erytheme und Pruritus hinzu. Etwa die Hälfe der Katzen entwickelte gleichzeitig eine Otitis externa mit schwarzem fettigem Detritus. Die Erkrankung war fortschreitend und sprach nur teilweise auf Antibiotika und Glukokortikoide an. In späteren Fallberichten wurden mit einer Kombination aus Ciclosporin, Dexamethason und aggressiver topischer Therapie sowie mit topischem Tacrolimus gute Ergebnisse erzielt. Obwohl über die Pathologie dieser Erkrankung nicht viel bekannt ist, wird eine immunmediierte Komponente vermutet.

    Hypothyreose

    Eine spontane primäre Hypothyreose kommt bei erwachsenen Katzen selten vor, bisher sind nur drei Fallberichte bekannt. Bei zwei dieser Katzen wurde gleichzeitig eine Otitis externa diagnostiziert. Eine kongenitale Hypothyreose oder eine sekundäre Hypothyreose aufgrund eines Traumas oder einer Hyperthyreosetherapie wird nicht mit einer Otitis externa in Verbindung gebracht.

    Erkrankungen der Talgdrüsen

    Erkrankungen der Talgdrüsen sind bei Katzen selten. Bei Katzen mit einer Talgdrüsendysplasie wurde Krustenbildung in den Gehörgängen und den Ohrmuscheln beschrieben.

    Proliferative und nekrotisierende Otitis externa

    Die proliferative und nekrotisierende Otitis externa (PNOE) ist eine seltene Erkrankung und betrifft die Ohrmuscheln und den Gehörgang. Es bilden sich proliferative Plaques mit dicken anhaftenden hell- bis dunkelbraunen Lagen und keratinösen Exsudaten. Mit der Zeit entwickeln sich Erosionen und Ulzera, die Juckreiz und Schmerzen (Abb. 2) verursachen können. Je nach Schweregrad kann der Gehörgang verschlossen sein, wodurch Sekundärinfektionen begünstigt werden. Die Krankheit tritt bei Katzenwelpen und jungen erwachsenen Katzen auf. Sie kann spontan heilen oder bis ins Erwachsenenalter fortbestehen. Für eine definitive Diagnose ist eine Biopsie erforderlich. Zur Therapie werden topisch Tacrolimus sowie topische und systemische Glukokortikoide eingesetzt. Es wird auch beschrieben, dass Katzen erfolgreich mit Ciclosporin behandelt wurden.

    Foto: Anna - stock.adobe.com Abb. 2: Katzen mit einer Otitis zeigen neben Juckreiz an den Ohren häufig ausgeprägte Anzeichen von Schmerzen.

    Pemphigus foliaceus

    Pemphigus foliaceus (PF) ist die häufigste autoimmune Hauterkrankung bei Katzen. Obwohl 80–92 % der Katzen Läsionen an den Ohrmuscheln haben, sind die Gehörgänge weniger häufig betroffen. Eine Otitis externa wurde nur in 7–30 % der Fälle beschrieben. Die meisten Katzen mit PF haben Läsionen an mehreren Stellen. Die Primärläsion ist eine subkorneale Pustel, die jedoch leicht aufbricht, sodass klinisch häufiger Krusten, Alopezie und Erytheme zu sehen sind. Eine sekundäre Otitis externa heilt gewöhnlich mit Kontrolle der Infektion und Behandlung der zugrunde liegenden Ursache. PF wird meist mit Kortikosteroiden behandelt, wobei eine Monotherapie in 62–70 % der Fälle erfolgreich ist. Wenn die Monotherapie nicht hilft oder Nebenwirkungen auftreten, können als Alternative Ciclosporin oder Chlorambucil eingesetzt werden. Rückfälle sind häufig. Sie treten in 27–95 % der Fälle auf, vor allem wenn die Medikamente reduziert oder abgesetzt werden.

    Prädisponierende Faktoren für eine Otitis

    Behandlungsfehler

    Gesunde Katzen können ein dunkles Cerumen haben, welches Besitzer oder Mitarbeiter einer Tierarztpraxis dazu verleiten kann, die Ohren zu säubern. Das Ohrenputzen kann die natürlichen Säuberungsmechanismen stören und mechanische Traumata oder Kontaktreaktionen verursachen. Es wird daher bei gesunden Katzen nicht empfohlen.

    Ohrpolypen

    Ohrpolypen sind gutartige Zubildungen, die vom Epithel des Mittelohrs, des Nasopharynx oder der Eustachischen Röhre ausgehen. Obwohl die Polypen meist mit dem Otoskop zu sehen sind, erstreckt sich oft ein Stiel bis in das mediale Kompartiment der Bulla und weiter. Der Polyp kann auch auf das Mittelohr begrenzt sein und nicht bis in den äußeren Gehörgang reichen. Ohrpolypen kommen meist unilateral und einer neuen Studie zufolge bei 24 % der Katzen bilateral vor. Katzen mit Ohrpolypen können anfänglich mit einer bakteriellen Otitis externa vorgestellt werden, welche trotz Behandlung wiederkehrt. Zusätzlich haben manche Katzen vestibuläre oder respiratorische Symptome, Augenausfluss, Blepharospasmus oder ein Horner-Syndrom. Ohrpolypen kommen meist bei jungen Katzen vor, können aber in jedem Alter auftreten. Wenn sie bei der Oto­skopie sichtbar sind, erscheinen sie oft als weiche, pinke Knoten im Gehörgang auf Höhe des Trommelfells. Es wird empfohlen, eine Computertomografie durchzuführen, um zu sehen, wie weit sich der Ohrpolyp in das Ohr erstreckt. Für eine definitive Diagnose ist eine Histopathologie nötig.

    Klassische Operationsmethoden zur Entfernung von Ohrpolypen sind die ventrale Bullaosteotomie und die videootoskopisch unterstützte Entfernung mittels dafür vorgesehener Schlingen oder Fremdkörperzangen. Nach der Entfernung kann verbleibendes Gewebe zusätzlich mittels Laser abgetragen werden, was möglicherweise das Rezidivrisiko vermindert. Katzen sollten während der Operation auf gleichzeitig vorkommende nasopharyngeale Polypen untersucht werden. Komplikationen, einschließlich Horner-Syndrom, vestibulärer Symptome, Blutungen und Gesichtsnervenlähmungen, können bei beiden Methoden vorkommen. Häufig bilden sich die Polypen nach der Operation wieder, besonders wenn sie durch den Gehörgang zu schnell herausgezogen werden. Dann treten sie in bis zu zwei Dritteln der Fälle wieder auf. In einer Studie wurde beschrieben, dass ein Wiederauftreten durch eine Prednisolongabe nach der Operation verhindert werden konnte. Bei der ventralen Bullaosteotomie bilden sich die Polypen in 5 % der Fälle wieder. Die ventrale Bullaosteotomie ist jedoch ein invasiver Eingriff und das Risiko für Komplikationen ist bei dieser Methode möglicherweise größer. Katzen mit bilateralen Polypen sollten wegen möglicher respiratorischer Komplikationen stationär aufgenommen werden.

    In letzter Zeit wurden zwei neue Techniken beschrieben: Bei der Perendoscopic Transtympanic Excision (PTTE) wird der Ohrpolyp durch Ziehen unter endoskopischer Kontrolle über den Gehörgang entfernt und die Bulla anschließend kürettiert. Dadurch sinkt die Rate des Wiederauftretens auf 13,5 %. Bei einer weiteren Methode wird ein lateraler Zugang zum Gehörgang geschaffen und der Polyp möglichst tief durch vorsichtiges Ziehen entfernt (traction avulsion, lateral access). Die Rate des Wiederauftretens variiert mit der Erfahrung des Operateurs (14–35 %).

    Neoplasien

    Neoplasien in Gehörgang oder Mittelohr können eine Otitis externa durch Obstruktion des Gehörgangs und Verhinderung der normalen Selbstsäuberungsmechanismen begünstigen. Neoplasien sollten bei älteren Patienten mit unilateraler Otitis in Betracht gezogen werden, besonders wenn diese nicht wie erwartet auf eine Therapie ansprechen. Zusätzlich können Gesichtsnervenlähmungen, vestibuläre Symptome und Schmerzen beim Öffnen des Mauls entstehen. Katzen mit neurologischen Symptomen haben eine schlechte Prognose. Der häufigste Ohrtumor bei Katzen ist mit 37–86 % ein Ceruminaldrüsen-Adenokarzinom, gefolgt von einem Plattenepithelkarzinom mit 33 % und Karzinomen unbekannter Ursache (22 %). Die meisten Ohrtumoren haben eine geringe Metastasierungsrate. Katzen mit einem Ceruminaldrüsen-Adenokarzinom haben eine längere mediane Überlebenszeit (49 bis 50 Monate) als Katzen mit Plattenepithelkarzinom oder Karzinomen unbekannter Herkunft (vier bis sechs Monate). Idealerweise wird die Neoplasie möglichst vollständig mit Techniken wie einer Ablation des gesamten Gehörgangs mit Bullaosteotomie entfernt. Abhängig von der Art der Neoplasie kann zusätzlich eine Chemotherapie oder Bestrahlung nötig sein.

    Ceruminaldrüsen-Zystomatose

    Die Ceruminaldrüsen-Zystomatose kommt eher bei alten Katzen vor, kann aber in jedem Alter auftreten. Viele kleine zystische dunkelbraune bis blaugraue Papeln und Knötchen entstehen im Gehörgang und den Innenseiten der Ohrmuscheln. Die Anzahl der Zysten reicht von einigen wenigen bis zu so vielen, dass sie den Gehörgang verstopfen. Die Diagnose kann oft anhand des klinischen Bildes gestellt werden. Wenn eine Neoplasie als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen wird, kann eine Biopsie durchgeführt werden. Die Therapie besteht aus einer Behandlung der Entzündung und der Sekundärinfektion. Bei wiederkehrenden Infektionen gewinnt die Laserablation unter Veterinärdermatologen an Beliebtheit.

    Foto: Klinik für Bildgebende Diagnostik, Universitäres Tierspital, Universität Zürich Abb. 3: CT-Aufnahme ­einer Katze mit unilateraler Otitis media und Otitis externa. Auf der linken Seite sind die Bulla tympanica und der innere Anteil des Gehörgangs mit weichteildichtem Material angefüllt.

    Sekundärinfektionen mit Hefen und Bakterien

    Sekundärinfektionen mit Malassezien und Bakterien können eine Ohrentzündung aufrechterhalten. Malassezia-Spezies kommen zu 58–95 % in Isolaten von Katzen mit Otitis externa vor. Die mittlere Dichte pro HPF beträgt 24 Malassezien im Vergleich zu weniger als zwei bei gesunden Katzen. Kokken und stäbchenförmige Bakterien kommen einer Studie zufolge jeweils zu 72 % und zu 29 % bei Katzen mit Otitis externa vor. Gemischte Infektionen sind häufig. Kokken werden oft in der Zytologie des Gehörgangs von Katzen mit Allergien gefunden (87 %). Gewöhnlich handelt es sich bei den Kokken um Staphylococcus-Spezies. Die häufigsten stäbchenförmigen Bakterien bei Katzen mit Otitis externa sind Pseudomonas aeruginosa und Pasteurella multocida. Andere Organismen, die oft vorkommen, sind Streptococcus canis, Escherichia coli, Mycoplasma-Spezies, Klebsiella-Spezies und Corynebacterium-Spezies.

    Behandlung von Sekundärinfektionen

    Eine topische Behandlung erlaubt die lokale Freisetzung von konzentrierten Wirkstoffen und sollte daher bevorzugt eingesetzt werden. Systemische Antibiotika sollten Fällen von Otitis media oder Fällen, bei denen eine topische Behandlung nicht ausreicht oder aufgrund des Temperaments des Patienten nicht möglich ist, vorbehalten bleiben. Eine zytologische Untersuchung sollte immer durchgeführt werden, um die richtige Therapie zu finden und den Behandlungsfortschritt zu überprüfen. Eine Kultur ist selten indiziert. Die meisten Präparate zur Otitisbehandlung beinhalten ein Kortikosteroid, um die Entzündung zu reduzieren. Weil eine Entzündung die Infektion begünstigt, sind Kortikosteroide wichtig für eine erfolgreiche Behandlung. Unter den topischen Steroiden hat Mometasonfuroat eine sehr gute anti-inflammatorische Wirkung und wird nur geringfügig absorbiert. Daher ist eine systemische Wirkung unwahrscheinlich. Hydrokortison wird auch wenig absorbiert, ist aber weniger potent als Mometason. Eine Säuberung des Ohrs mit Kochsalzlösung oder einem milden cerumenlösenden Ohrreiniger kann hilfreich sein. Die Besitzer sollten angewiesen werden, wie der Ohrreiniger zu benutzen ist, um Traumata zu vermeiden. Wenn der Patient auf eine angemessene topische Behandlung nicht anspricht, kann man eine Ohrspülung in Vollnarkose in Betracht ziehen; zuvor sollte ein CT zur Untersuchung des Mittelohrs durchgeführt werden (Abb. 3). Die Ohrspülung sollte mit warmer Kochsalzlösung, idealerweise unter Kontrolle eines Video-Otoskops, erfolgen.

    Kontaktreaktionen und andere Komplikationen bei der Behandlung

    Ototoxizität ist ein potenzielles Risiko vieler topischer Medikamente, besonders wenn sie mit dem Innenohr in Kontakt kommen. Es gibt aber nur wenige Daten über eine Ototoxizität bei Katzen. Aminoglykoside können bei Katzen Taubheit induzieren und eine Kombination von Chlorhexidin und Cetrimid wird mit vestibulären Symptomen in Verbindung gebracht, wenn sie bei rupturiertem Trommelfell angewandt wird. Manche Tierärzte glauben, dass Katzen besonders empfindlich auf Ohrmedikamente reagieren können. Kontaktreaktionen sollten angenommen werden, wenn es durch die Behandlung zu einer Verschlechterung kommt, besonders wenn keine Infektion mehr vorliegt, aber sich die Entzündung verschlimmert hat.

    Ceruminolithen

    Ceruminolithen können sich im Ohr von Katzen mit chronischer Otitis externa bilden. Es wird angenommen, dass sie aus konzentriertem Detritus und möglicherweise aus Resten von Ohrmedikamenten und Ohrreinigern bestehen. Die Ceruminolithen tendieren dazu, hart mit unregelmäßigen Rändern zu sein, sodass sie wie ein Fremdkörper Entzündungsreaktionen auslösen können. Echte Fremdkörper kommen bei Katzen selten vor. Ceruminolithen müssen üblicherweise in Allgemeinanästhesie entfernt werden.

    Otitis media

    Während sich bei Hunden eine Otitis media typischerweise aus einer Otitis externa entwickelt, kann eine Otitis media bei Katzen ohne Otitis externa vorkommen. Anzeichen einer Otitis media können Kopfschütteln, Juckreiz oder ausschließlich neurologische Sym­ptome sein. Zu den neurologischen Symptomen einer Otitis media gehören vestibuläre Symptome (Kopfschiefhaltung, Ataxie), das Horner-Syndrom und Gesichtsnervenlähmungen. Bei der otoskopischen Untersuchung kann ein opakes oder gewölbtes Trommelfell oder Flüssigkeit hinter dem Trommelfell sichtbar sein. Die Flüssigkeit ist entweder klar, purulent oder blutig. Eine Otitis media kann unilateral oder bilateral auftreten. Bei einer Otitis media sollte eine Flüssigkeitsprobe mittels Myringotomie unter Allgemeinanästhesie entnommen werden. Eine Ohrspülung kann bei Bedarf durchgeführt werden. Ein CT wäre optimal und sollte vor der Myringotomie oder Ohrspülung durchgeführt werden. Es wird grundsätzlich empfohlen, eine Bakterienkultur anzulegen. In vielen Fällen kann mit der Therapie gewartet werden, bis die Ergebnisse der Kultur fertig sind. In schweren Fällen kann sofort mit einer empirischen Therapie begonnen werden. Eine Zytologie der Flüssigkeit des Mittelohrs kann hilfreich sein, um die empirische Therapie auszuwählen.

    Progressive pathologische Veränderungen

    Als Folge einer chronischen Otitis externa können sich bei manchen Patienten eine epidermale Hyperplasie, eine Hypertrophie der Ceruminaldrüsen und inflammatorische Infiltrate bilden. Diese progressiven pathologischen Veränderungen kommen bei Katzen seltener vor als bei Hunden, eine Ceruminaldrüsenhyperplasie ist jedoch auch bei Katzen oft zu finden. Es wird angenommen, dass sich Cerumnialdrüsentumoren aus einer Hyperplasie der Drüsen entwickeln. Somit kann eine Kontrolle der Ohrentzündung auch eine präventive Maßnahme sein. Das hypertrophe Gewebe verengt den Gehörgang und manchmal bilden sich Nischen; dort können sich leicht Bakterien ansiedeln. Auch Veränderungen der Hautbarriere und Störungen der normalen Säuberungsmechanismen begünstigen weitere Infektionen. Im Endstadium solcher Veränderungen werden eine totale Ablation des Gehörgangs und Bullaosteotomie empfohlen.

    Fazit für die Praxis

  • Die chronische Otitis ist eine multifaktorielle Erkrankung. Es gibt primäre Ursachen und sekundäre Faktoren, die zur Entstehung der Erkrankung beitragen. Um eine chronische Otitis dauerhaft zu kontrollieren, sollten möglichst alle beteiligten Faktoren identifiziert werden.
  • Eine erfolgreiche diagnostische Vorgehensweise besteht aus Anamnese, klinischer Untersuchung mit Otoskopie, Untersuchung auf Otodectes cynotis und einer Zytologie. Gegebenenfalls kann zusätzlich ein CT durchgeführt werden.
  • Eine Zytologie ist wichtig, um Bakterien- und Hefe-Infektionen zu entdecken und die richtige Therapie auszuwählen. 
  • Literatur

    Die Inhalte basieren, redaktionell erweitert, auf folgender Publikation: Brame B, Cain C (2021): Chronic otits in cats – Clinical management of primary, predisposing and perpetuating factors. J Feline Med Surg 23: 433–446. doi.org/10.1177/1098612X211007072.

    Weitere Literatur: Yang C, Huang HP (2016): Evidence-based veterinary dermatology: a review of published studies of treatments for Otodectes cynotis (ear mite) infestation in cats. Vet Dermatol 27: 221–e56. doi.org/10.1111/vde.12340.

    Zum vollständigen Artikel: hier