Der Seele helfen

Psychische Erste Hilfe (PEH) - Was ist das?

Auch Tierärzte finden sich in Ausnahmesituationen wieder, die überfordern. Das bpt-Training zur PEH unterstützt Tierärzte bei der Kommunikation und soll Sicherheit schaffen.

Wenn die schlechte Prognose eines Patienten verkündet werden muss oder Besitzer im Notdienst ausrasten, kann das für praktizierende Tierärzte äußerst unangenehm sowie überfordernd sein.

Wie verhalte ich mich adäquat in einer außergewöhnlichen Situation und wie verkünde ich diese schlechte Nachricht bloß? Was kann ich tun, um Tierbesitzer in Trauer zu unterstützen? Wie beende ich solche Situationen und was kann ich tun, wenn ich selbst einen schlechten Tag habe?

Psychologin Hannah Olesch kennt menschliche Ausnahmesituationen von ihrer Arbeit bei der hessischen Polizei, wo sie unter anderem Einsatzkräfte nach psychisch belastenden Einsatzereignissen unterstützt.

Wo lernen Menschen eigentlich mit solchen Situationen umzugehen?

„Mit menschlichen Gefühlsausbrüchen konfrontiert zu sein, kann überfordern“ sagt sie und ergänzt: „Und durch andauernde Überforderung entstehen Belastungen.“ Zwar gibt es Erste-Hilfe-Kurse, die für den medizinischen Notfall vorbereiten, doch für psychische Notsituationen existieren analoge Kurse nur vereinzelt. So gab es zu Beginn von Hannah Oleschs Tätigkeit lediglich Richtlinien von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Thema Psychische Erste Hilfe, jedoch kein ausgefeiltes Trainingsprogramm.

Dieses hat die Psychologin nun entwickelt. Es funktioniert wie ein „Toolkit“, das alle psychologischen Laien, also auch Tierärzte, nutzen können, um Menschen in psychischen Ausnahmesituationen zu unterstützen. Die praktischen Maßnahmen sind nicht einfach aus der Luft gegriffen, sondern wissenschaftlich fundiert: „Ich habe das Training im Rahmen meiner Masterarbeit evaluiert“, so Olesch. Die Ergebnisse waren vielversprechend.

Premiere: Praktisches Training für Tierärzte

Der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) hat die Wichtigkeit dieses Themas erkannt und ein praktisches Seminar initiiert. Trainer und Supervisor Karsten Fechner wird gemeinsam mit Hannah Olesch Tierärzten die Maßnahmen der psychischen ersten Hilfe näherbringen. Karsten Fechner ist ebenfalls Polizist und ausgebildet in der Akut- und Krisenintervention. „Frau Olesch und ich sind von der Sinnhaftigkeit des Trainings überzeugt“, sagt er. Der Führungskräfte-Trainer kennt die Berufsgruppe der Tierärzte durch seine mehr als 10-jährige Tätigkeit beim bpt. Tierärzte sollen Tierärzte bleiben: „Das ist kein Train the Trainer-Programm, das Tierärzte zu Psychologen ausbildet“, stellt Fechner klar. „Vielmehr wollen wir Praktikern vermitteln, welche Bedürfnisse Menschen in Ausnahmesituationen haben und wie man eine gewisse Sicherheit im Umgang mit leidenden Menschen erfährt.“

Viele kennen es von Auseinandersetzungen: Manchmal fehlt es einem in der Situation an Schlagfertigkeit. Ähnlich ist es auch in Momenten von Schock oder Trauer. So ist es manchmal gar nicht so einfach, die richtigen Worte zu finden. „Es ist schwer, das Leid von Menschen zu ertragen“, weiß Olesch. Sie gibt in Trainings  jedoch den Rat: „Versuchen Sie auch mal das Schweigen des Gegenübers auszuhalten, statt aus Verlegenheit Dinge zu sagen, die weder helfend noch empathisch sind.“ Karsten Fechner ergänzt: „Trauernde Tierbesitzer erwarten dann keine fünf Tipps, wie sie am besten durch die nächsten Wochen kommen. Den meisten in Trauer oder Schock hilft es schon sehr, wenn jemand da ist und ihnen einfach zugehört wird.“ Ebenso regt der Trainer an, sich die Frage zu stellen: Was würde ich in so einer Situation denn hören wollen?

Gesunde Abgrenzung

Ein weiteres Learning, das Tierärzte aus dem PEH-Training mitnehmen sollen, ist die Wichtigkeit von Selbstschutz und Abgrenzung. „Gerade Menschen in helfenden Berufen sind von ihrer Persönlichkeit eher selbstlos“, weiß Hannah Olesch.

Jedoch sind auch diese Menschen eben nur eines: Menschen. Und Menschen haben gute und schlechte Tage.  „Wenn ich zum Beispiel private Baustellen habe, kann das Überbringen von schlechten Nachrichten einfach überfordern“, so die Psychologin. Sie schlägt vor, dies im Team offen zu kommunizieren:  „Sie müssen ja nicht genau ausführen was privat los ist, können jedoch Kollegen ihre Lage kurz erklären und um Unterstützung bitten.“ In guten Teams nehmen einem Kollegen solche Aufgaben dann auch ab. Generell weisen Hannah Olesch und Karsten Fechner darauf hin, dass sich die erlernten Fähigkeiten der PEH auch außerhalb des Berufes anwenden lassen. Wenn Freunde Angehörige verlieren oder von Krankheit erfahren zum Beispiel. Grundsätzlich ist die Empfehlung der Trainer: Probieren Sie unterschiedliche Dinge aus und wenden Sie das Erlernte an. Je öfter Sie das tun, desto sicherer werden Sie.

PEH praktisch üben im geschützten Rahmen

04.12.2021, 11:00 - 15:00 Uhr Psychische Erste Hilfe (PEH): Live-Online-Training mit praktischen Übungen

Was erwartet mich?

  • Trainerinput
  • praktische Übungen
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  • Kleingruppenarbeit in Breakout-Rooms
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