Ich habe zwei Bücher gelesen von Menschen, die über ihren Aufenthalt in einer psychiatrischen Tagesklinik geschrieben haben. Die eine ist die freie Autorin Eva Lohmann (Buch: Acht Wochen verrückt), der andere ein bekannter Komiker. In „Du darfst nicht alles was du denkst“ beschreibt Kurt Krömer seine Depressionen und zeigt damit, dass die Krankheit jeden heimsuchen kann, auch diejenigen, deren Beruf es ist, andere Menschen zum Lachen zu bringen.
Beide kommen zu einer Einsicht, die sich auch mit meinen Erfahrungen deckt: Das Wertvollste an so einem Klinikaufenthalt ist nicht etwa der Abstand zum Alltag, sondern tatsächlich der Austausch mit den Mitpatienten. Plötzlich sind da Menschen, die verstehen wie es ist, wenn einem die Emotionen abgedreht werden, ähnlich einem Wasserhahn. Da sind Menschen, in deren Köpfen ebenfalls destruktive Gedanken Karussell fahren und die auch manchmal Schwierigkeiten haben, überhaupt aufzustehen. In der Tagesklinik wird sich selten über oberflächliche Themen wie das Wetter ausgetauscht, sondern tiefer gegraben: Hier fragen die Leute, ob du schon wieder Licht am Ende des Tunnels siehst.
Vom Austausch profitieren
Top Job:
Studien zeigen, dass Gruppentherapien häufig effektiver sind als Einzelgespräche, zumindest dann, wenn dabei Menschen zusammenkommen, welche die gleiche Erkrankung bzw. das gleiche Problem haben (Beispiel: Depressionsselbsthilfe, Alkoholkonsum). In einer Gruppe erlebt der Betroffene Zugehörigkeit, Verständnis und Akzeptanz. Er/sie bringt den Mut auf, sich zu öffnen, was wiederum das Selbstwertgefühl steigert und bekommt durch die Erfahrungen der anderen Teilnehmer Handlungsoptionen aufgezeigt, wodurch sich Bewältigungsstrategien ergeben können. Ebenso kann die Interaktion sowie das Wahrnehmen der Gefühle der anderen die soziale Kompetenz steigern.
Wie wertvoll der Austausch unter Kolleginnen und Kollegen sein kann, zeigen nicht nur entsprechendes Feedback auf Tierärztekongressen, sondern auch die Supervisionsgruppen für Tierärzte der gemeinnützigen Organisation vetivolution. Der Psychologe Tim Juerries hat ein Jahr lang eine Gruppe mit sieben Tierärztinnen und Tierärzten geleitet und den Eindruck gewonnen, dass die Teilnehmer voneinander profitiert haben: „Zu sehen, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist und seiner Wahrnehmung trauen kann. Kritik äußern zu dürfen und wechseln zu können zwischen dem der Hilfe sucht und dem, der zuhört. Das Gesehen-werden, sich unterstützt fühlen.“
Ein weiterer Aspekt, der laut Tim Juerries im geschützten Rahmen einer Gruppe auftritt, ist das sogenannte Mentalisieren: So werden durch die Körpersprache unseres Gegenübers die sogenannten Spiegelneuronen im Hypothalamus aktiv. Diese ermöglichen uns, die Emotionen anderer Menschen wahrzunehmen und mit ihnen in Resonanz zu gehen. Die Fähigkeit zur Mentalisierung entwickeln bereits Babies im sozialen Austausch mit ihren Bindungsperson, welche ihre Affekte empathisch spiegeln. So lernen sie ihre emotionalen Zustände kennen. „90 Prozent unserer Kommunikation findet nonverbal und unbewusst statt“, erklärt der Psychologe.
In Zusammenarbeit mit vetivolution.