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Foto: Marius Beumer

Der Praktische Tierarzt

Zähne beim Schwein: Aufbau, Altersschätzung und Folgen von Zahnkürzungen – eine Literaturübersicht

Teeth in pigs: structure, age estimate and consequences of tooth shortening – a review

Der Praktische Tierarzt 102, 1107–1116

DOI: 10.2376/0032-681X-2149

Eingereicht: 18. Mai 2021

Akzeptiert: 3. August 2021

Publiziert: 10/2021

Zusammenfassung

Der Schweinezahn besteht wie Zähne vieler anderer Tierarten aus Zahnhalteapparat, Zement, Schmelz, Dentin und Pulpa. Die Pulpahöhle nimmt bei Saugferkeln noch ein recht großes Volumen im Zahn ein und wird erst mit der Zeit aufgrund einer lebenslangen Bildung von Dentin eingeengt. Die dezidualen dritten Inzisivi (Id3) sowie die dezidualen Canini (Cd) sind beim Schwein bereits zur Geburt durchgebrochen. In diversen Studien sind Schäden durch die kleinen, spitzen Zähne, wie beispielsweise Gesäugeläsionen an der Sau sowie Gesichtsläsionen bei den Ferkeln aufgrund von Kämpfen um die Zitzen, dargestellt worden. Die aufgrund dessen durchgeführte Maßnahme des Zähneschleifens bei Saugferkeln führt bei über 90 % der behandelten Tiere zur Eröffnung der Pulpahöhle mindestens eines Zahns. Das Zähnekneifen ist in Deutschland nicht mehr erlaubt. Als ein Grund für die Eröffnung der Pulpahöhlen gilt, dass die okklusale Schichtdicke der Hartsubstanz bei neu geborenen Ferkeln im Mittel lediglich 1,3 mm beträgt. Außerdem werden üblicherweise sowohl der Id3 als auch der Cd simultan mit einem Walzenschleifkopf geschliffen und folglich wird der jeweils weiter in die Maulhöhle ragende der beiden Zähne – der Id3 im Oberkiefer sowie der Cd im Unterkiefer – häufiger eröffnet. Mittels der Verwendung eines Teacup-Schleifkopfs kann die Anzahl an eröffneten Pulpahöhlen gesenkt werden. Das oberste Ziel jedoch sollte sein, möglichst keine Pulpahöhle zu eröffnen. Eine Eröffnung der Pulpa hat eine pathologische Reaktion des Zahns mit Entzündung, Nekrose sowie Reizdentinbildung zur Folge. Auch stellt der betroffene Zahn eine potenzielle Eintrittspforte für bakterielle Erreger dar. Diese Reaktionen sowie Verhaltensstudien deuten darauf hin, dass die behandelten Saugferkel vermehrt Stress und Schmerz erfahren. Eventuelle Sekundärfolgen wie Arthritiden oder Kümmern können nicht vollständig ausgeschlossen werden. Lediglich Gesichtsläsionen bei Wurfgeschwistern scheinen seltener aufzutreten, wenn die Saugferkel mittels Zähneschleifens behandelt wurden. 

Ferkel
Pulpa
Pulpitis
Pulpanekrose
Zahnresektion

Summary

The tooth of a pig, like the teeth of many other animal species, consists of tooth supporting apparatus, cement, enamel, dentine and pulp. In suckling piglets, the pulp cavity still takes up a large volume within the tooth and is only narrowed over time due to the lifelong formation of dentin. The decidual third incisivi (Id3) as well as the decidual canini (Cd) are already erupted at the piglet’s birth. In various studies, damage caused by the small, pointed teeth has been shown, such as udder lesions of the sow and facial lesions of the piglets due to fights for the teats. Carried out because of this, the treatment of tooth grinding in suckling piglets leads to the opening of the pulp cavity of at least one tooth in over 90% of the treated animals. The treatment of tooth clipping is no longer allowed in Germany. One reason for the opening of the pulp cavities is that the occlusal layer thickness of the hard substance in newly born piglets is only 1.3 mm on average. In addition, both, the Id3 and the Cd, are usually ground simultaneously with a roller head and consequently the teeth protruding further into the oral cavity – the Id3 in the upper jaw and the Cd in the lower jaw – are opened more frequently. The number of opened pulp cavities can be reduced by using a teacup grinding head. The ultimate goal, however, should be to avoid opening a pulp cavity if possible. An opening of the pulp results in a pathological reaction of the tooth with inflammation, necrosis and irritation dentin. The tooth also represents a potential gateway for bacterial pathogens. These reactions and behavioral studies indicate that the treated suckling piglets experience increased stress and pain. Possible secondary consequences such as arthritis or lower weight gains cannot be completely ruled out. Only facial lesions in littermates seem to occur less frequently if the suckling piglets were treated with tooth grinding.

piglet
pulp
pulpitis
pulp necrosis
tooth resection

 

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