- Laut Arznei-Verordnungsreport 2021 werden in der Humanmedizin immer mehr topische Sexualhormone verschrieben.
- Eine Übertragung auf Haustiere ist sowohl über die Haut als auch bei oraler Aufnahme möglich.
- Katzen sind durch ihr Putzverhalten besonders gefährdet. Die klinische Symptomatik unterscheidet sich deutlich von den vom Hund bekannten Anzeichen des Hyperöstrogenismus.
Östrogenhaltige Gele, Salben oder Sprays werden in der Humanmedizin beispielsweise zur Therapie von Beschwerden in den Wechseljahren verschrieben. Estradiol, Progesteron und Testosteron werden gut über die Haut aufgenommen und zunehmend in Form von Gels, Salben oder Sprays verordnet. Allein von 2019 auf 2020 stieg das Verordnungsvolumen transdermaler Östrogene um mehr als acht Prozent. Damit steigt auch die Gefahr einer versehentlichen Exposition von Haustieren. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sowie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geben im aktuellen Bulletin zur Arzneimittelsicherheit einen Überblick zur vorhandenen Evidenz und möchten für das Problem sensibilisieren.
Hyperöstrogenismus beim Hund
Ein klassischer Fall wäre ein Hund einer kleinen Rasse, der häufig gekuschelt und auf dem Arm getragen wird. Durch ein eher kurzes Fell hat er engen Kontakt zur Haut seiner Besitzerin bzw. leckt die Creme oder das Spray vielleicht sogar von den Armen. Typische Symptome des Hyperöstrogenismus bei Hunden sind:
Top Job:
- bilateral symmetrische Alopezie
- Hyperpigmentierung, Lichenifikation
- Zitzenhyperplasie
- Feminisierung bei Rüden
- Verlängerte Läufigkeiten / verfrühte Pubertät / Läufigkeiten trotz Kastration bei Hündinnen
Unterdiagnostiziert? Hyperöstrogenismus bei der Katze
Das Autorenteam von BVL und BfArM nimmt an, dass das Risiko durch eine versehentliche Hormonaufnahme für Katzen bislang eher unterschätzt wurde. Katzen putzen das eigene Fell ausgiebig, wodurch Wirkstoffe aus Cremes etc. vermehrt auch oral aufgenommen werden können. Sie reagieren sehr empfindlich auf Östrogene, zeigen aber eine ganz andere Symptomatik als Hunde: Eine Alopezie tritt nicht auf, eine Feminisierung von Katern nur sehr selten. Typische Symptome von Hyperöstrogenismus bei Katzen sind:
- Leberschäden
- Gewichtsverlust, verschlechtertes Allgemeinbefinden, Infektanfälligkeit
- anhaltende Rolligkeitssysmptome / Rolligkeit trotz Kastration bei weiblichen Katzen (teils mit deutlicher Verhaltensänderung)
Kontakt mit Hormoncremes vermeiden
Ein ähnliches Risiko für die unabsichtliche Übertragung von Hormonen wie bei Hund und Katze gibt es übrigens für Kinder. Entsprechende Warnhinweise wurden inzwischen in die Packungsbeilagen aufgenommen. Vielen Besitzerinnen und Besitzern dürfte aber nicht bewusst sein, dass enger Kontakt zur behandelten Haut die Haustiere gefährden kann.
BVL und BfArM raten, bei entsprechender Symptomatik nach möglichen exogenen Östrogenquellen im Haushalt zu fragen und ganz gezielt auf das Risiko durch hormonhaltige Salben und Sprays hinzuweisen. Im Idealfall sensibilisieren Humanmediziner schon bei der Verschreibung für das Nebenwirkungsrisiko bei Haustieren und Kindern.