Kleintierpraxis 57, 313-319
DOI: 10.2377/0023-2076-57-313
© M. & H. Schaper GmbH. 2012
Publiziert: 06/2012
Zusammenfassung
Avermectine können bei Hunden mit MDR1-Gendefektlebensbedrohliche Intoxikationen auslösen. Es war das Ziel,durch eine Lipidinfusion die Symptomatik und die Prognosederartiger Fälle zu verbessern. Die Dokumentation erfolgteanhand von zwei Vergiftungsfällen. Zwei Hunde mit homozygotemnt230(del4)-MDR1-Gendefekt wurden mit neurologischenSymptomen in der Klinik vorgestellt. Einem 11 Jahrealten Kurzhaar-Collie war zuvor eine subkutane Injektionmit 1 mg/kg Doramectin verabreicht worden. Aufgrund derhohen Substanzmengen wurde eine insgesamt schlechtePrognose gegeben. Ein fünfjähriger Australian Shepherdhatte eine größere Menge Ivermectin-haltiger Entwurmungspastefür Pferde aufgenommen. Der Hund zeigtebei der Erstvorstellung eine mittelgradige Ataxie und derZustand verschlechterte sich zunehmend über 24 Stunden.In beiden Fällen wurde eine Lipidinfusion mit einer 10%igenEmulsion eingeleitet, welche aus einer Bolusinjektion mit4 ml/kg über 60 Minuten und einer anschließenden Dauerinfusionmit 1,5–2 ml/kg/h über vier Stunden an fünf aufeinanderfolgendenTagen bestand. Beide Hunde zeigten nachLipidinfusion eine kontinuierliche Verbesserung der Symptomatikund konnten nach einigen Tagen entlassen werden.Selbst, wenn nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann,dass die hier berichteten Fälle auch ohne Lipidinfusion eineidentische Rekonvaleszenz gezeigt hätten, hatte das verwendeteInfusionsschema, unter Berücksichtigung der bisherigenklinischen Erfahrung mit derartigen Vergiftungsfällen, einepositive Wirkung auf den Schweregrad und den Verlauf derAvermectin-Intoxikation. Da bei einer Lipidinfusion keinegravierenden Nebenwirkungen zu erwarten sind und für dieTherapie von Avermectin-Intoxikationen keine spezifischenMaßnahmen zur Verfügung stehen, kann der Einsatz einerLipidinfusion empfohlen werden. Selbstverständlich sindalle anderen unterstützenden Maßnahmen weiterhin anzuwenden,eine Senkung der Mortalitätsrate ist jedoch durchzusätzliche Lipidinfusion denkbar.Summary
Lipid-infusion therapy of avermectin-induced neurotoxicosis intwo dogs with homozygous nt230(del4) MDR1 mutationAvermectins can provoke life-threatening neurotoxicosisin MDR1-mutant dogs due to their highly increased permeabilityacross the blood-brain barrier in the absence ofMDR1. Therapeutic options are still limited; therefore, wedecided to treat this type of intoxication in two dogs usinglipid infusion. The two dogs with homozygous nt230(del4)MDR1 mutation were presented with neurological symptoms.An 11-year-old Smooth Collie had received 1 mg/kgdoramectin by subcutaneous injection. Based on the highdosage, a poor outcome was assumed. Secondly, a 5-yearoldAustralian Shepherd had ingested ivermectin vermicidepaste licensed for use in horses. Initially, the dog showedmild ataxia, but its depression dramatically increased within24 hours. In both cases, a 10% lipid infusion was used as anew treatment option, with a daily bolus infusion of 4 ml/kgover 60 minutes followed by infusion of 1.5–2.0 ml/kg/hover four hours for five days. Both dogs showed continuousimprovement after lipid infusion and were dischargedwithout any remaining symptoms of neurotoxicosis.Although we cannot definitely exclude that in both dogsthe improvement and outcome would have been the samewithout lipid infusion, based on our clinical experiencewith such intoxications, both dogs seemed to benefit fromthe lipid infusion scheme used in terms of acceleratedimprovement and positive outcome. As no severe adverseeffects are to be expected from repeated lipid infusion andno specific treatment is available for avermectin-inducedintoxications, lipid infusion can be recommended as a newtreatment option.