Über 270 Kolleginnen und Kollegen sowie TFA nahmen an der Online-Tagung teil, die Pandemie-bedingt nicht wie geplant als Präsenz-Veranstaltung in Köln stattfinden konnte. Alle stellten sich der Herausforderung, die Vorträge online zu halten bzw. zu hören und die Präsentationen zu verfolgen. Veranstalter war die AG Katzenmedizin der Deutschen Gesellschaft für Kleintiermedizin (DGK-DVG). Die Leiterin der AG Katzenmedizin und zugleich wissenschaftliche Tagungsleiterin, Dr. Angelika Drensler (Elmshorn), und ihre Stellvertreterin, Yvonne Lambach (Hamburg), hatten mit dem wichtigen und relevanten Thema „Notfallmedizin“ große Resonanz geweckt und die interessanten und anschaulichen Vorträge taten ein Übriges, um den Teilnehmenden auch im Format der Online-Tagung ein spannendes Programm zu bieten.
Vortragsprogramm
Dr. Angelika Drensler eröffnete die Tagung, freute sich über die zahlreichen Teilnehmer – zur Eröffnung hatten sich bereits knapp 150 Tierärztinnen und Tierärzte eingeloggt – und stellte die 2016 gegründete AG Katzenmedizin vor. Auch Prof. Dr. Andreas Moritz, Präsident der DGK-DVG, sprach Grußworte und dankte Dr. Drensler und Frau Lambach für die Zusammenstellung des Programms und insbesondere für ihr hervorragendes Engagement in der AG Katzenmedizin der DGK-DVG. Dr. Drensler wies dann auf die Möglichkeit der Beteiligung durch Fragen per Chat oder per „Handheben“ hin; beim „Handheben“ wurde das Mikrofon des entsprechenden Teilnehmers freigeschaltet, sodass die Frage direkt mündlich gestellt werden konnte. Von beiden Möglichkeiten machten die Teilnehmer im Verlauf der Tagung regen Gebrauch.
Der erste Vortrag befasste sich mit dem Schädel-Hirn-Trauma bei der Katze. Die Referentin, Prof. Dr. Michaele Alef (Leipzig), stellte dar, dass der Kopf bei der traumatisierten Katze die am zweithäufigsten betroffene Region ist. Wichtig sei die Entscheidung, ob „nur“ eine Verletzung der Weichteile oder der Knochen vorliege oder ob auch das Gehirn betroffen sei. Die Differenzierung zwischen Kopfverletzung und Schädel-Hirn-Trauma sei nicht einfach, jedoch notwendig, da sowohl Prognose als auch erforderliche therapeutische Überlegungen unterschiedlich seien.
Top Job:
Dr. Nicolai Hildebrandt (Gießen) ging auf kardiale Notfälle der Katze ein, die sich meist mithilfe von vier klinischen Themenkomplexen (Dyspnoe, Synkope, Schwäche, plötzliche Lahmheit/Schmerzen) beschreiben lassen. Diagnostisch seien zunächst immer die Anamnese (v. a. Atemfrequenz) und die klinische Untersuchung entscheidend, die dann individuell weitere diagnostische Maßnahmen wie Röntgen, EKG, Blutdruck, Biomarker, Ultraschall nach sich zögen. Dr. Hildebrandt hielt auch einen Vortrag zur Felinen Arteriellen Thromboembolie, einer dramatischen Erkrankung mit einer hohen Mortalität.
Zur Stabilisierung und Anästhesie des Notfallpatienten referierte Dr. Isabelle Iff (Olten, CH). Sie betonte die essenzielle Bedeutung des Managements beim Notfallpatienten. So liege das Risiko des perioperativen Todesfalles bei Katzen bei ca. 1,4 Prozent, also etwa fünffach höher als bei der gesunden Katze. Die Stabilisierung sei daher der erste Schritt für eine sichere Anästhesie.
Auf Zahnnotfälle ging Dr. Martina van Suntum (Germersheim) ein. Notfallpatienten mit Zahn-, Kiefer- und Oralerkrankungen werden häufig mit unspezifischen Symptomen wie Schmerzäußerung, Inappetenz, Blutungen oder vermehrtem Speichelfluss vorgestellt. Als Ursache kommen u. a. Zahnfrakturen, Kieferfrakturen, Parodontitis, Gingivitis/Stomatitis, resorptive Läsionen, Umfangsvermehrungen, Zahnlockerung und Kiefergelenksluxationen infrage. Die diagnostische Aufarbeitung erfolgt in der Regel nach Notfallbehandlung und Stabilisierung der Patienten.
Dr. René Dörfelt referierte über die obstruktive FLUTD und stellte Maßnahmen zur Verminderung des Urethraspasmus sowie zur dekompressiven Zystozentese vor. Er ging auch auf die chirurgische Intervention ein. Sein zweiter Vortrag befasste sich mit Ursachen, Therapie und Prognose der akuten Nierenschädigung der Katze.
Die blutende Katze war das Thema von Prof. Dr. Barbara Kohn (Berlin). Anhand anschaulicher Fallbeispiele erörterte sie klinische und Laborbefunde, das diagnostische Vorgehen und therapeutische (Notfall-)Möglichkeiten bei Gerinnungsstörungen.
Im letzten Vortrag des Hauptprogramms befasste sich Prof. Dr. Sandra Goericke-Pesch (Hannover) mit Notfällen aus Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie beleuchtete Notfälle aus dem klinischen Alltag, so u. a. die Pyometra sowie infektiöse und nicht-infektiöse Störungen der Trächtigkeit bei der Katze. Prof. Goericke-Pesch hob hervor, dass die Diagnostik entscheidend sei.
Masterclass „Notfallmedizin“
Am folgenden Tag fand die Masterclass „Notfallmedizin“ statt, in der Dr. Iff unter der Überschrift „Wenn’s pressiert“ auf anschauliche Weise Fallbeispiele präsentierte und auf die Besonderheiten der Katze einging. Die initiale Stabilisierung und die Notfall-Anästhesie bei dringenden Eingriffen wurden besprochen und wichtige Punkte der Anästhesiesicherheit beleuchtet. Die Falldiskussionen beinhalteten u. a. Polytrauma, Harnwegsobstruktion und Kopftrauma. Das Besondere war, dass die Teilnehmenden nicht nur über Live-Fragen, die sie beantworten konnten, in die Fälle eingebunden wurden, sondern auch selbst Vorschläge zum weiteren Vorgehen über die Tastatur eingeben konnten, die dann für alle sichtbar waren. Auf diese Weise handelte es sich um eine interaktive Veranstaltung von besonderer Intensität.
Paralleler Stream für TFA
Am ersten Veranstaltungstag wurde in einem parallelen Livestream die Fortbildung für Tiermedizinische Fachangestellte durchgeführt – ebenfalls zum Schwerpunktthema Notfallmedizin. Nach der Begrüßung durch Yvonne Lambach führte Christina Wolf (Brunsbüttel) souverän und engagiert durch das Programm, bei dem es insbesondere um die Aufgaben der TFA bei Geburtshilfe und Kaiserschnitt, bei Herznotfällen und auf dem Gebiet der Neonatologie ging.
Virtuelle Industrieausstellung
Ein wichtiger und für die Teilnehmer immer besonders anziehender Teil der Thementage ist die Industrieausstellung. Auch im Rahmen der Online-Tagung fand eine Industrieausstellung statt – und zwar virtuell. Sponsoren und Aussteller boten in der Online-Ausstellung an ihren virtuellen Ständen Informationen, Videos und die Möglichkeit zum Chat mit Repräsentanten der jeweiligen Firmen an. Dieses Angebot wurde sehr gut genutzt – an jedem Stand waren mehrere Hundert Aufrufe zu verzeichnen.
Dank an Sponsoren, Aussteller und alle Beteiligten
So war die erste Online-Katzentagung ein voller Erfolg! Ein großes Dankeschön geht an die Aussteller und Sponsoren sowie den Hauptsponsor Hill’s Pet Nutrition für die großzügige Unterstützung der Tagung. Aber auch den Tagungsleiterinnen, den Referenten, Moderatoren und allen Teilnehmern gebührt Dank dafür, dass sie sich auf dieses Experiment eingelassen haben!
Die nächsten Thementage Katze finden im Rahmen des Nordrhein-Westfälischen Tierärztetages vom 11. bis 12. September 2021 in Dortmund statt.
Dr. Marion Selig (DVG-Geschäftsstelle)