Der Praktische Tierarzt 91, 1088-1098
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2010
Publiziert: 12/2010
Zusammenfassung
Landwirtschaftliche Nutztiere sind zwar wieauch Heim- und Begleittiere domestikationsbedingt angepasst anein Leben in menschlicher Obhut, haben aber trotzdem die gleichenAnsprüche an eine artgemäße und verhaltensgerechte Umweltwie ihre wildlebenden Verwandten. Die Haltungsbedingungenmüssen demzufolge den Bedürfnissen der Tiere entsprechen. Tierereagieren auf nicht artgemäße und verhaltensgerechte Haltungmit schadensträchtigen Anpassungsreaktionen, die auch in Formvon abnormalen Verhaltensmustern auftreten. Stereotypien undZwangsstörungen entstehen, wenn Tiere wiederholt oder anhaltendüber einen längeren Zeitraum daran gehindert werden, einVerhalten, für das eine hohe Motivation besteht, auszuführen.Diese abnormalen Verhaltensmuster werden zunehmend unabhängigvon der primär zugrunde liegenden Deprivation an Reizen oderRessourcen oder der verursachenden Situation ausgeführt. Zum Teilist es schwierig, das Wohlbefinden eines Tieres unter den aktuellenHaltungsbedingungen anhand von Stereotypien und Zwangsstörungenzu beurteilen, da vielfältige Wechselwirkungen zwischenden endo- und exogenen Reizen, den genetischen Grundlagen,den vergangenen und aktuellen Haltungsbedingungen sowie derindividuellen Verhaltensontogenese bestehen. Nicht immer könnendurch eine nachträgliche Verbesserung der Haltungsumweltschadensträchtige Verhaltensänderungen reduziert und dadurchdas Wohlbefinden eines Tieres gesteigert werden.