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Vom Haustierarzt zum Experten

Spielregeln für die Überweisung

Für eine optimale Zusammenarbeit zwischen Haustierarzt und Spezialist gilt es ein paar Spielregeln bei der Überweisung einzuhalten. Wie es in der Praxis klappt, zeigt unser Interview.

  • Voraussetzung für eine reibungslose Zusammenarbeit ist eine gut funktionierende Kommunikation. Hierbei sind neben einem persönlichen Kennenlernen konkrete Absprachen hilfreich.
  • Fachtierärzte benötigen die Krankengeschichte und alle bisherigen Untersuchungsergebnisse. Wie diese übermittelt werden, ist ebenfalls zu besprechen. Vorangegangene Untersuchungen sollten nicht kommentiert werden.
  • Hilfreich ist, wenn Spezialisten Flyer mit ihrem Leistungsangebot sowie Informationen zu Anfahrt und Zahlungsmodalitäten zur Verfügung stellen.
  • Haustierärzte sollten keine Behandlungspreise nennen, wenn diese nicht mit den Kollegen abgeklärt sind.
  • Wenn sich das Tier längere Zeit beim Fachmann in Behandlung befindet, muss dieser den Haustierarzt auf dem Laufenden halten.
  • Bei der Rücküberweisung sollten dem Haustierarzt die Ergebnisse der Diagnostik, deren Interpretation und Prognose sowie der Therapieplan und Empfehlungen für die Nachbehandlung mitgeteilt werden.

Über die gängige Überweisungspraxis, Angst vor Zweitmeinungen und das Sterben von Haustierarztpraxen haben wir mit Katja Wehrend gesprochen. Katja Wehrend ist Expertin für Reproduktionsmedizin und Inhaberin einer gemeinschaftlichen Fachtierarztpraxis.

Ist die Angst berechtigt, durch eine Überweisung Kunden zu verlieren?
» Katja Wehrend: Ich denke nicht, dass diese Angst berechtigt ist, da eine gute Beziehung zwischen Haustierarzt und Kunden nicht durch Spezialwissen gefährdet wird. Ein guter Haustierarzt zeichnet sich meiner Meinung nach durch ein breites Wissen in der Allgemeinmedizin aus und im Erkennen der eigenen Grenzen. Immer wenn Befunde nicht weiter verfolgt werden können, sollte eine Überweisung zu einem Spezialisten erfolgen, damit dem Tier gezielt geholfen werden kann. Nach der Vorstellung bei einem Spezialisten sollte anhand der empfohlenen Vorgehensweise die weitere Behandlung in den Händen des Haustierarztes bleiben. Ich denke, eine solche Vorgehensweise stärkt eher die Bindung zwischen Haustierarzt und Tierbesitzer, da der Kunde erfährt, dass er sich auf „seinen Tierarzt“ verlassen kann. Eine Überweisung zu einem Fachkollegen zeigt, dass das Interesse um das Wohlergehen des Tieres im Vordergrund steht und nicht persönliche Befindlichkeiten oder finanzielles Interesse.


Wie läuft eine Überweisung bei Ihnen in der Praxis ab, welche Stolpersteine gibt es?
» Katja Wehrend: In der Regel melden sich die Tierbesitzer in der Praxis und vereinbaren einenTermin. Entweder bringen sie die Unterlagen der vorausgegangenen Untersuchungen zum Termin mit oder aber der überweisende Kollege schickt uns die Untersuchungsbefunde per E-Mail im Vorfeld zu. Die Rücküberweisung erfolgt in der Regel noch am selben Tag per E-Mail oder, falls der Fall das notwendig macht, zuerst auch telefonisch und dann in Schriftform. Als Stolperstein würde ich in erster Linie einen mangelnden Informationsfluss nennen. Besitzer können Untersuchungsbefunde oft nur lückenhaft wiedergeben, sodass wichtige Informationen verloren gehen können. Das heißt, wenn die Besitzer keine schriftliche Überweisung dabei haben oder uns die Untersuchungsbefunde nicht im Vorfeld zugesandt wurden, kann es zu einer doppelten Durchführung von Untersuchungen oder zu Missverständnissen über den Untersuchungsauftrag kommen.

Wollen Tierbesitzer nach der weiterführendenUntersuchung häufig weitere Leistungen bei Ihnen in Anspruch nehmen?
» Katja Wehrend: Das kommt in der Regel nicht vor, da die Besitzer meist nur einmalig in der Praxis vorstellig werden und dann die weitere Behandlung durch den Haustierarzt erfolgt. Meist ist auch die Distanz zur Praxis zu weit, sodass der in der Nähe angesiedelte Haustierarzt weiter der direkte Ansprechpartner bleibt. Sollte tatsächlich ein Patientenbesitzer den Wunsch äußern, weiterhin bestimmt Leistungen in Anspruch zu nehmen, wie zum Beispiel regelmäßige gynäkologische Kontrollen nach den Läufigkeiten als Krankheitsprophylaxe, so kann dies in Zusammenarbeit mit dem betreuenden Haustierarzt gemacht werden. Nach jeder Untersuchung erfolgt dann eine Rücküberweisung zum Haustierarzt mit einer Empfehlung für die weitere Behandlung.


Denken Sie, dass es Praktiker ohne Spezialisierung in Zukunft schwer haben werden?
» Katja Wehrend: Nein, ich denke, dass der klassische Haustierarzt seinen Stellenwert als direkter Ansprechpartner und Vertrauensperson für den Tierbesitzer auf jeden Fall behält. Ich glaube jedoch, dass die ausschließliche Behandlung beim Haustierarzt nicht mehr zeitgemäß ist, sondern dass in entsprechenden Fällen eine Überweisung zu Spezialisten oder in Kliniken angezeigt ist. Der gute Haustierarzt erkennt Fälle, die weiter untersucht werden müssen, besitzt das Selbstvertrauen, seinen Patienten an Spezialisten weiterzuleiten, und betreut dann die angeratene Behandlung. Eine Spezialisierung wird niemals das Vertrauensverhältnis zwischen Tierhalter und Tierarzt ersetzen können.

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Haben Sie sich schon mal überlegt, warum die Zusammenarbeit mit einigen Kollegen besser klappt, als mit anderen? Dies hängt oft mit der eigenen Persönlichkeit zusammen.

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