Image
Foto:

Der Praktische Tierarzt

Sekundäre Pflanzenstoffe – Abwehrstoffe und Nutraceuticals?

Der Praktische Tierarzt 88, 826-836

Publiziert: 10/2007

Zusammenfassung

Derzeit sind über 80 000 Naturstoffe bekannt, dieüberwiegend dem Sekundärstoff wechsel entstammen.

Da diese als Sekundärmetabolitenbezeichneten Naturstoffe für die Aufrechterhaltungder essentiel len Lebensfunktionenentbehrlich sind, ist die Frage berechtigt,welchen Nutzen die Pflanzen aus dieserüppigen stofflichen Vielfalt ziehen. Währenddiese teleologische Betrachtungsweisenoch bis zum Beginn des 20. Jahrhundertsdiffamiert wurde und sekundäre Pflanzenstoffebesten falls als „Stoffwechselschlacken“angesehen wurden, ist ihreökologische Bedeutung inzwischen unbestritten.Doch welchen Nutzen habensekundäre Pflanzenstoffe für Mensch undNutztier? Hinsichtlich der Beantwortungdieser Frage ist ein gravierender Wandelfestzustellen. Galten etwa phenolischeVerbindungen, Glucosinolate, Proteinaseinhibitoren,Saponine und Isoflavone ausschließlichals toxische bzw. antinutritiveKomponenten, wer den diese sekundärenPflanzenstoffe neuerdings als bioaktiveStoffe positiv bewertet und in Phytopharmaka,Nahrungsergänzungsmitteln undPharmaceuticals bzw. Nutraceuticals alsSupplement angeboten. Anhand einigerBeispiele wird der grundlegende Wandelin den Züchtungszielen, aber auch in derLebensmittelherstellung dargestellt. Nachdem Entfernen bzw. Abreichern sekundärerPflanzenstoffe wird nun deren Erhaltund Anreicherung bzw. Gewinnung ausRückständen der Lebensmittelverarbeitungangestrebt.

Die Unterscheidung in primäre undsekundäre Stoffe geht vermutlich auf denPhysiologen und späteren NobelpreisträgerAlbrecht Kossel (1891) zurück. PrimäreStoffe nannte er solche Stoffe, die offenbarin allen Lebe wesen vorkommen und ohnedie Leben wahrscheinlich unmöglich ist.Primär sollte dabei nicht bedeuten, dassdiese Stoffe zuerst vorhanden sind oderwaren, sondern dass sie Voraussetzungfür jede Lebensäußerung sind.

Demgegenüber sind sekundäre Stoffesolche, die auch fehlen können, ohne dassdie Aktivität des Lebens leidet. Sie sind fürdie Aufrechterhaltung des Lebens nichtzwingend erforderlich (Mothes 1980).

Während in der Zoophysiologie kaumzwischen primären und sekundären Stoffenunterschieden wurde, hat man in derPflanzenphysiologie sehr schnell erkannt,dass das Synthesepotential höherer Pflanzendem von Tieren überlegen ist. Die augenfälligeArmut der Tierwelt an Sekundärstoffen– als spektakulärstes Beispiel istdas Batrachotoxin des Pfeilgiftfrosches zuerwähnen – wurde auf die Ausscheidungsogenannter „Stoffwechsel schlacken“ imtierischen Organismus zurückgeführt. Dashat dazu geführt, dass man unter sekundärenStoffen üblicherweise Pflanzenstoffeversteht.

Im Unterschied zu Gift- und vielenArzneipflanzen, wo u. U. bereits die Ingestiongerin ger Mengen auffällige pharmakologischeWirkungen hervorruft, enthaltenpflanzliche Lebensmittel in verzehrfähigerForm in der Regel nur solche sekundärenInhaltsstoffe, die keine auffälligen akutenReaktionen auslösen.

 

Image
DPT_Logo

 

Jetzt abonnieren und weiterlesen!

Der Praktische Tierarzt bietet Ihnen praxisrelevante Originalarbeiten, Übersichtsartikel und Fallberichte. Als Abonnent haben Sie online Zugriff auf aktuelle und archivierte Fachartikel. Ein Fortbildungsbeitrag in jedem Heft sichert Ihnen 12 ATF-Stunden pro Jahr, die Teilnahme ist online möglich.

Jetzt Abo anfragen