Wer kennt diese Situation aus der Kleintierpraxis nicht? Der Hundebesitzer ruft an und berichtet voller Sorge, dass sein Vierbeiner soeben ein Spielzeug verschluckt oder eine vermutlich toxische Substanz aufgenommen hat. Natürlich ist es sein größter Wunsch, sowohl den Fremdkörper wie auch das Gift möglichst schnell wieder aus dem Hund zu bekommen. Nach Untersuchung und Abwägen aller Risiken wird der behandelnde Tierarzt möglicherweise zum gleichen Schluss kommen.
Üblicherweise setzt er das Morphin-Derivat Apomorphin ein, um eine Stimulation der Chemorezeptortriggerzone im Brechzentrum zu erreichen. Diese führt zeitnah zum Erbrechen. Obwohl sich Apomorphin zur Emesis bewährt hat, besitzt dieser Wirkstoff zwei bedeutsame Nachteile:
- Zulässig ist ausschließlich die parenterale Verabreichung.
- Der Wirkstoff führt zu einer deutlichen Sedierung des Hundes.
Ropinirol: wenige Nebenwirkungen, Wirksamkeit zufriedenstellend
Ob diese Nachteile durch Einsatz eines alternativen Wirkstoffes umgangen werden könnten, untersuchten nordamerikanische Forscher mit ihrer Studie. Dabei setzten sie bei 279 Hunden, welche laut Anamnese einen Fremdkörper oder eine giftige Substanz aufgenommen hatten, den Wirkstoff Ropinirol ein.
Im Gegensatz zum Apomorphin wirkt Ropinirol selektiv am Dopaminrezeptor der Chemorezeptortriggerzone und zeigt keine Aktivität am Opioidrezeptor. Damit erklären sich die Forscher, dass Nebenwirkungen nur selten auftreten. Letztere waren im Falle des Auftretens von vorübergehender Natur und ausnahmslos leicht ausgeprägt. Die Wirksamkeit bezüglich einer zeitnahen Emesis erreichte nicht ganz den Wert einer älteren Studie zur intravenösen Applikation von Apomorphin, wird jedoch von den Forschern als durchaus zufriedenstellend eingestuft.
Einfache Applikation statt Spritze
Bei der Verabreichung von Ropinirol muss nicht mit einem sedativen Effekt gerechnet werden. Dies bekommt umso mehr Bedeutung, wenn man bedenkt, dass viele Hunde mit Verdacht auf Fremdkörper zuvor bereits zur röntgenologischen Abklärung sediert werden müssen. Zudem hat Ropinirol den großen Vorteil, dass es per Tropfenapplikation über die Konjunktiva verabreicht wird. Dieser Applikationsweg dürfte für die allermeisten Hunde weniger belastend sein als eine Injektion. Er erlaubt sogar eine Verabreichung durch den Tierhalter bei genauer Anleitung durch den Tierarzt. Dies kann beispielsweise bei Hunden hilfreich sein, bei denen sich das Handling durch den Tierarzt selbst schwierig darstellt.
Originalpublikation
Rosenstein NA, Johnson JA, Kirchofer KS (2023): Ropinirole has similar efficacy to apomorphine for induction of emesis and removal of foreign and toxic gastric material in dogs. J Am Vet Med Assoc 261: 1140–1146. doi.org/10.2460/javma.23.01.0027.