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Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift

Politische Aspekte der Geschichte der veterinärmedizinischen Ausbildungsstätte Leipzig in den Jahren 1949–1990

Political aspects of the history of the veterinary institution at leipzig university in 1949–1990

Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 115, 330-342

DOI: 10.2376/0341-6593-115-330

Publiziert: 09/2008

Zusammenfassung

Das Hauptziel dieser Publikation ist es, als lebende Zeitzeugen die Strukturen der politischen Macht und deren Entwicklung an der veterinärmedizinischen Ausbildungsstätte Leipzig im Zeitraum 1949–1990, der so genannten „sozialistischen Epoche“, zu dokumentieren und zu interpretieren. Die Autoren stützen sich auf Angaben von zeitgenössischen Publikationen, Studiendokumenten, Briefen und Äußerungen von parteilosen Personen und führenden Genossen der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands). Im Prozess starker politischer Repressionen formierten vom DDR-Sozialismus überzeugte Fanatiker der SED eine „Vorzeige“-Parteiorganisation, während anderen Parteien eigene Organisationen an der Ausbildungsstätte untersagt waren. Besonders nach der Festveranstaltung zum 175. Jubiläum der tierärztlichen Ausbildung in Sachsen 1955 und in Reaktion auf den ungarischen Aufstand 1956 führte die Parteiorganisation heftige politische Auseinandersetzungen mit so genannten „DDR-feindlichen“ Aktivitäten von Studenten und Wissenschaftlern. Ein allumfassendes Kontroll-, Überwachungs- und Meldesystem mit spektakulären Disziplinierungsmaßnahmen und unberechenbaren Aktivitäten inoffizieller Mitarbeiter (IM) des Staatssicherheitsdienstes wurde installiert, um den alleinigen Macht- und Wahrheitsanspruch der Partei durchzusetzen.Daher verließen zahlreiche Personen, denen Strafmaßnahmen drohten oder die bereits disziplinarisch belangt worden waren, den Staat (durch die sogenannte „Republikflucht“), wodurch der veterinärmedizinischen Ausbildung starker Schaden zugefügt wurde. Diese Auswirkungen wurden durch den unter politischem Druck erfolgten Zusammenschluss zur „Sektion Tierproduktion und Veterinärmedizin“ 1968 verstärkt. Diese politische Situation an der Ausbildungsstätte wird durch viele charakteristische Einzelbeispiele illustriert. Abschließend wird die bedrohliche Situation zum Zeitpunkt der Wende im Oktober 1989 dargestellt. Sie ist charakterisiert einerseits durch die Teilnahme von Mitarbeitern und Studenten der Ausbildungsstätte an den Demonstrationen trotz der Gefahr von Polizeieinsätzen gegenüber den friedlichen Demonstranten, während andererseits gleichzeitig sieben Hochschullehrer der Ausbildungsstätte als Mitglieder der bewaffneten „Kampfgruppe der Arbeiterklasse“ an der Universität in Einsatzbereitschaft waren. Der Sieg der friedlichen Revolution eröffnete den Weg zur demokratischen Umgestaltung der neu begründeten Veterinärmedizinischen Fakultät.

Geschichte
Partei
Politik
Verfolgung
Veterinärmedizinische Fakultät

Summary

The main aim of this publication is to document and to interpret how politicalstructures were established and developed at the veterinary institution atLeipzig University in the so-called “socialist epoch“ from 1949–1990. The authorsbase their work on contemporary witness reports and statements made by bothmembers and non-members of the SED (Socialist Unity Party of Germany, SUPG)and a number of documents, e. g. publications, reports and letters. During thisperiod of strong political repression, fanatical members of the SED, convincedof the rightness of the form of socialism in the GDR developed a model partygroup, while denying members of other parties the opportunity to create their own party groups. In particular after the ceremony commemorating the 175thanniversary of veterinary teaching in Saxony in 1955 and in response to therevolt in Hungary in 1956, the SED party group started heated political discussionsabout so-called anti-GDR activities of students and staff. A comprehensivesystem of supervision, notification and surveillance was initiated accompanied byexcessive disciplinary measures and also unpredictable activities of State Securityinformers (IM) in order to assert the party’s claim to power and truth. As a result,a number of staff who had been prosecuted or were threatened with punitivemeasures fled the country („Republikflucht“: defection to the West), which, in turn,was detrimental to teaching veterinary medicine. This situation was aggravated in1968 when, as a result of political pressure, various departments were merged toform the “Sektion Tierproduktion und Veterinärmedizin“ (Department of “Animalproduction and veterinary medicine“). The political situation is illustrated by citinga number of typical cases. Finally the precarious situation at the time of the“Wende“ (reunification) in October 1989 is described: On the one hand, staff andstudents of the department were taking part in demonstrations potentially facingpolice action. At the same time, seven members of teaching staff were on call forduty in their capacity as members of the University’s paramilitary “Combat Groupof the Working Class“. The victory of the peaceful revolution opened the way forthe democratic restructuring of the newly refounded Veterinary Faculty.

 

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politics
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Veterinary Faculty

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