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Foto: Dr. Philipp Könighoff, Tierärztliche Hochschule Hannover, Außenstelle für Epidemiologie

Inhaltsverzeichnis

Der Praktische Tierarzt

PDNS-artige Hautläsionen durch PRRSV?

PDNS-like skin lesions due to PRRSV?

Der Praktische Tierarzt 102, 180-188

DOI: 10.2376/0032-681X-2109

Publiziert: 2/2021

Zusammenfassung

In einem Ferkelerzeugerbestand wurde bei drei bis sieben Prozent der Absetzferkel im Alter von fünf bis sieben Wochen aufgrund der klinischen Symptomatik der Verdacht auf das „Porcine Dermatitis Nephropathy Syndrome“ (PDNS) geäußert. Die Erkrankung ging mit hohem Fieber und typischen Hautveränderungen, vornehmlich im Bereich der Hintergliedmaßen, einher. Nach erfolglosen Versuchen, die Verdachtsdiagnose durch den Nachweis des Porzinen Circovirus Typ 2 (PCV2) mittels Polymerase Chain Reaction (PCR) in Serumproben nachzuweisen, wurden zwei Ferkel zur Sektion eingeschickt. Die pathologisch-anatomische Untersuchung sowie die histologische Untersuchung der Haut bestätigten eine nekrotisierende Vaskulitis und Dermatitis wie bei PDNS. In Lunge und Lymphknoten waren PRRSV-verdächtige Läsionen festzustellen. Eines der beiden Ferkel zeigte eine nicht-eitrige interstitielle Nephritis mit fokaler nekrotisierender Vaskulitis, jedoch keine für PCV2-bedingte PDNS-Fälle typische Glomerulonephritis. In der Lunge beider Ferkel war PRRSV mittels PCR nachweisbar. Untersuchungen auf PCV2 und PCV3 an Material aus den inguinalen Lymphknoten blieben bei beiden Ferkeln ohne Nachweis. Mittels immunhistochemischer Untersuchungen gelang der Nachweis von PRRSV-Antigen in multiplen perivaskulären Makrophagen der veränderten Haut. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der PRRSV-Infektion und der PDNS-artigen Dermatitis wird daher vermutet.

Schwein
Vaskulitis
dermatitis
PRRSV
PCV2

Summary

In a farrow-to-finish herd 3–7% of weaned piglets at 5–7 weeks of age were suspected to suffer from the “Porcine Dermatitis Nephropathy Syndrome” (PDNS) due to clinical signs. The disease was associated with high fever and typical skin lesions, mainly in the area of the hind limbs. Since porcine circovirus type 2 (PCV2) could not be detected in serum samples using polymerase chain reaction (PCR), two piglets were submitted to necropsy. The gross and microscopic examination of the skin confirmed a PDNS-like dermatitis with necrotizing vasculitis. Lesions compatible with PRRSV infection were found in lungs and lymph nodes. One of the two piglets showed interstitial nephritis with focal necrotizing vasculitis, but no glomerulonephritis like in PCV2-associated PDNS cases. PRRSV was detected in the lungs of both piglets by PCR. Testing for PCV2 and PCV3 on the inguinal lymph nodes remained negative in both piglets. PRRSV antigen was detected by immunohistochemistry in multiple perivascular macrophages of the altered skin. A causal association between PRRSV infection and PDNS-like dermatitis is therefore suspected.

swine
vasculitis
dermatitis
PRRSV
PCV2

Einleitung

Das Porcine Respiratory and Reproductive Syndrome Virus (PRRSV) ist ein behülltes, einzelsträngiges RNA-Virus und wird der Familie der Arteriviridae zugeordnet (https://talk.ictvonline.org/taxonomy; letzter Zugriff: 26.08.2020). PRRSV-Isolate werden den Spezies PRRSV-1 oder PRRSV-2 zugeordnet, die den früheren Genotypen PRRSV-EU und PRRSV-NA entsprechen. Beide Spezies werden weiter in mehrere Subtypen unterteilt (Shi et al. 2010). Eine Erkrankung mit PRRSV kann zu Reproduktionsstörungen bei Sauen und Atemwegserkrankungen bei Schweinen jeglichen Alters führen (Lunney et al. 2016). Thibault et al. (1998) beschrieben eine Beteiligung von PRRSV an dem sogenannten Porcine Dermatitis Nephropathy Syndrome (PDNS). Dieses inzwischen weltweit vorkommende Krankheitsbild wurde zuerst im Jahr 1993 beschrieben (Smith et al. 1993, Thibault et al. 1998). PDNS ist eine vaskuläre Krankheit, die vor allem Absetzferkel und Mastschweine im Alter von eineinhalb bis vier Monaten betrifft, üblicherweise aber nur mit einer geringen Prävalenz vorkommt (Duran und Render 1997, Thibault et al. 1998); der Verlauf ist häufig letal (Drolet et al. 1999, Smith et al. 1993). Klinisch zeichnet sich die Krankheit in der Anfangsphase vor allem durch die Entwicklung von Hautveränderungen in Form von petechialen bis flächenhaften Blutungen aus (Wellenberg et al. 2004).

Nach zwei bis drei Wochen werden die Veränderungen von dunklen Krusten bedeckt, die später allmählich verblassen (Segalés et al. 1996). Betroffene Schweine weisen häufig deutlich vergrößerte Inguinallymphknoten auf (Majzoub et al. 2005). Eine erhöhte Körpertemperatur kann vereinzelt nachgewiesen werden (Majzoub et al. 2005). Die typische Verteilung der Hautveränderungen umfasst die Gliedmaßen, die Ohrränder, die Inguinal- und Perianalregion, die angrenzenden Bereiche des Abdomens und den Thorax (Thibault et al. 1998). In schweren Fällen können auch die Flanke und die seitliche Thoraxwand betroffen sein (Segalés et al. 1996). Schwer betroffene Schweine zeigen eine Vielzahl weiterer klinischer Symptome wie Anorexie, Depression, Hyperthermie, steifer Gang oder Bewegungsunlust, Gewichtsverlust, Dyspnoe oder Tachypnoe und teilweise auch subkutane Ödeme. Zu den wichtigsten klinischen Differenzialdiagnosen gehören Klassische Schweinepest, die lokalisierte exsudative Epidermitis und Septikämien (Duran und Render 1997, Majzoub et al. 2005, Segalés et al. 1996, Thibault et al. 1998). Die Prognose für betroffene Schweine wird bestimmt vom Ausmaß und der Schwere der vaskulären Läsionen in den inneren Organen, insbesondere in den Nieren, in denen sich eine schwere, oft tödlich verlaufende Glomerulonephritis entwickeln kann (Drolet et al. 1999).

Die primäre histologische Veränderung bei PDNS ist eine systemische nekrotisierende Vaskulitis (Helie et al. 1995, Smith et al. 1993, Thibault et al. 1998), die typischerweise in den kleinkalibrigen Blutgefäßen der Dermis und Subkutis sowie in den Glomerula nachzuweisen ist (Majzoub et al. 2005). Palinski et al. (2017) charakterisieren die Hautläsionen als akute nekrotisierende Dermatitis und Epidermitis zusammen mit lymphoplasmazytären, perivaskulären Manschetten. Majzoub et al. (2005) beschreiben ferner multifokale bis diffuse, interstitielle, betont lymphoplasmazelluläre Nephritiden und akute, fokal-segmentale, exsudative Glomerulonephritiden mit teils ausgeprägten Nekrosen der Glomerulusschlingen. Allerdings entwickeln nicht alle Schweine, die Hautläsionen aufweisen, Nierenläsionen und umgekehrt (Drolet et al. 1999, Majzoub et al. 2005). Majzoub et al. (2005) zeigen ebenfalls, dass häufig eine Vergrößerung der Ingiuinallymphknoten bei Schweinen mit PDNS festgestellt werden kann. Diese beruht auf einer eitrigen bis eitrig-nekrotisierenden Lymphadenitis und damit fast zwangsläufig einer Zellansammlung, während meist keine Hinweise auf eine eindeutige lymphatische Depletion zu finden sind (Majzoub et al. 2005).


Top Job:


Auch wenn der Pathomechanismus, der zur Entstehung des PDNS führt, noch nicht vollständig geklärt ist, deuten die histologischen Veränderungen auf eine Immunkomplex-vermittelte Erkrankung hin (Drolet et al. 1999). Die Immunkomplexe bestehen aus einem Antigen, Immunglobulinen (IgM, IgA und IgG) und Komplementfaktoren (C3 und C1q) und können in Gefäßwänden und Glomerula eine generalisierte Überempfindlichkeitsreaktion vom Immunkomplex-Typ (Typ III) auslösen (Helie et al. 1995, Sierra et al. 1997, Thibault et al. 1998). Es wird vermutet, dass unterschiedliche Antigene das Krankheitsbild auslösen können, da unterschiedliche Infektionserreger wie PCV2, PCV3, PRRSV, Pasteurella multocida und Streptococcus spp. im Zusammenhang mit diesem Krankheitsbild nachgewiesen wurden (Choi und Chae 2001, Palinski et al. 2017, Segalés et al. 1996, Sierra et al. 1997, Thibault et al. 1998, Thomson et al. 2001).

In dem vorliegenden Fallbericht werden insbesondere die pathologisch-anatomischen und histologischen Befunde beschrieben, die bei zwei Absetzferkeln mit typischen klinischen Symptomen eines porzinen Dermatitis- und Nephropathie-Syndroms und gleichzeitiger PRRSV-Infektion nachweisbar waren. Ziel des Fallberichtes ist eine Erweiterung des Spektrums ätiologischer Differenzialdiagnosen bei PDNS-artigen Hautveränderungen von Absetzferkeln für den praktizierenden Tierarzt.

Fallbeschreibung

Vorbericht

In einem Ferkelerzeugerbetrieb mit 400 Sauen im Nordosten von Nordrhein-Westfalen fielen über einen Zeitraum von drei Monaten in jeder Absetzgruppe (1-Wochen-Rhythmus) etwa 3–7 % der sechs bis sieben Wochen alten Ferkel rötliche bis bläuliche Hautverfärbungen, bevorzugt im Bereich der Hintergliedmaßen, auf. Die betroffenen Ferkel waren apathisch und wiesen eine erhöhte Körperinnentemperatur von 39,8–40,8 °C auf. Die Ferkel wurden separiert, erholten sich trotz einer Behandlung mit einem Amoxicillin-Präparat und Kortison nicht adäquat und mussten teilweise euthanasiert werden. Die bestandsbetreuende Tierärztin diagnostizierte aufgrund der makroskopischen Hautveränderungen das Krankheitsbild PDNS. Im Abstand von mehreren Wochen wurden mehrere Blutproben betroffener Ferkel mittels PCR auf das Porzine Circovirus Typ 2 (PCV2) untersucht, ohne dass der Erreger nachgewiesen werden konnte. Aufgrund dieser ungeklärten Symptomatik wurden zwei Ferkel an die Außenstelle für Epidemiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover verbracht, um die Ursache der Hautveränderungen festzustellen.

Diagnostik

Pathologisch-anatomische Untersuchung

Im März 2020 wurden zwei männliche, kastrierte Ferkel (21 bzw. 25 kg Körpergewicht) lebend zur Sektion angeliefert und vor Ort euthanasiert. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag aufgrund des klinischen Vorberichtes auf den seit fünf Tagen klinisch sichtbaren Hautveränderungen. Makroskopisch konnten bei beiden Ferkeln eine mittelgradige, multifokale, hämorrhagisch-nekrotisierende Dermatitis im Bereich der Hintergliedmaßen und des ventralen Abdomens (Abb. 1), Unterhautödeme im Bereich der Dermatitis (Abb. 2), eine mittel- bis hochgradige Hyperplasie der Inguinallymphknoten (Abb. 3), ein geringgradiger, diffuser, sero-fibrinöser Herzbeutelerguss und multifokale Atelektasen im Bereich der Spitzen- und Mittellappen der Lunge festgestellt werden. Ferner konnten bei Ferkel 1 eine mittelgradige, diffuse, seröse Polysynovialitis an den Gelenken der Gliedmaßen und bei Ferkel 2 eine geringgradige Erosion am Rand der Pars nonglandularis des Magens festgestellt werden. Die Nieren beider Ferkel waren wie die übrigen Organe makroskopisch unauffällig.

Bakteriologische Untersuchung

Bei der mikrobiologischen Untersuchung eines Bronchialabstriches von Ferkel 1 konnte ein geringgradiger Keimgehalt an Glaesserella parasuis (GPS) isoliert werden. Aus den weiteren Abstrichen des Gelenkes, der Serosa und der Haut konnten keine pathogenen Erreger isoliert werden.

Bei den mikrobiologischen Untersuchungen der Abstriche der Serosa und der Lunge des zweiten Ferkels konnten keine pathogenen Erreger isoliert werden.

Der routinemäßig durchgeführte Hemmstofftest im Urin verlief bei beiden Ferkeln positiv, sodass eine Vorbehandlung mit antibak­teriell wirksamen Substanzen anzunehmen war.

Molekularbiologische Untersuchung (PCR)

Bei der molekularbiologischen Untersuchung der Lungen mittels Real-Time-PCR konnten Genomfragmente von PRRSV-1 (entspricht dem früherem Genotyp PRRS-EU) detektiert werden. Die ct-Werte lagen bei 24,3 (Ferkel 1) und 19,8 (Ferkel 2). Die Untersuchung der Viruslast mittels quantitativer PCR ergab einen log-Wert (Genomäquivalente/ml) von 6,32 (Ferkel 1) und 7,47 (Ferkel 2). Aus Lungengewebe erfolgte eine Sequenzierung des open reading frame 5 (ORF 5) des viralen Genoms und ein Sequenzvergleich mit dem Lelystad Virus, GenBank accession number M96262. Die ORF-5-Nukleotidsequenz wies eine Identität von 87,1 bzw. 87,3 % zu dem europäischen Referenzvirus Lelystad (LV) auf. Dieser Wert spricht für das Vorliegen einer Wildtyp-Sequenz. Beide Wildtyp-Sequenzen (20-12288-DE-2020 & 20-12287-DE-2020) wurden anhand der ORF-5-Sequenz in einen phylogenetischen Stammbaum eingeordnet (Abb. 4). Die Analyse zeigt, dass die beiden Sequenzen mit der in Österreich beschriebenen Sequenz KT265738 eine 95%ige Übereinstimmung aufwiesen.

Bei der molekularbiologischen Untersuchung der Inguinallymphknoten mittels Real-Time-PCR auf PCV2 und PCV3 konnten – wie zuvor in Serumproben betroffener Ferkel des gleichen Bestandes – keine Genomfragmente dieser Erreger nachgewiesen werden.

Histologische und immunhistologische Untersuchung

Histologisch zeigten sich in den veränderten Hautarealen der Hintergliedmaßen eine akute, multifokale, nekrotisierende Vaskulitis kleiner Arterien in der oberflächlichen und tiefen Dermis mit Nekrose der darüberliegenden Epidermis sowie Diapedesisblutungen, Fibrin­austritt und perivaskulärem Ödem mit Infiltration von neu­trophilen Granulozyten und wenigen Makrophagen und eosinophilen Granulozyten (Abb. 5). Ferner lag bei beiden Ferkeln eine mittelgradige, multifokale, interstitielle Pneumonie mit alveolär multifokalen Ansammlungen von Zelldebris und Makrophagen vor. Die Lymphknoten beider Ferkel zeigten eine mittel- bis hochgradige diffuse Hyperplasie follikulärer und parakortikaler Bereiche. Ferkel Nr. 1 wies zudem lobulär eine beginnende, fibrinös-eitrige Bronchopneumonie sowie eine mittelgradige, multifokale bis konfluierende, nicht-eitrige, interstitielle Nephritis mit fokaler nekrotisierender Vaskulitis im Bereich des Nierenmarks auf. Der immunhistochemische Nachweis von PRRSV in der Haut beider Ferkel verlief positiv. PRRSV-Antigen konnte im Zytoplasma multipler perivaskulärer Makrophagen der veränderten Dermis dargestellt werden (Abb. 6)

Diskussion

PDNS ist primär durch eine systemische nekrotisierende Vaskulitis gekennzeichnet, die insbesondere die Haut und Nieren von Mastschweinen betrifft (Segalés et al. 1996, Smith et al. 1993, Thibault et al. 1998). Unterschiedliche Erreger, wie PCV2, PCV3, PRRSV, Pasteurella multocida bzw. Streptococcus spp., wurden im Zusammenhang mit diesem Krankheitsbild nachgewiesen (Choi und Chae 2001, Palinski et al. 2017, Segalés et al. 1996, Sierra et al. 1997, Thibault et al. 1998, Thomson et al. 2001).

In dem vorliegenden Fallbericht zeigten die untersuchten Ferkel makroskopisch die typischen PDNS-Veränderungen der Haut in Form einer hämorrhagisch-nekrotisierenden Dermatitis, aber keine typischen Veränderungen an den Nieren. Auch histologisch war lediglich bei einem der beiden Ferkel eine nicht-eitrige interstitielle Nephritis mit fokaler nekrotisierender Vaskulitis nachweisbar. Diese PDNS-Fälle, bei denen einige Schweine keine Hautläsionen und andere nur sehr leichte oder keine Nierenläsionen aufweisen, werden laut Segalés et al. (2004) als atypische PDNS-Fälle angesehen. Auch Majzoub et al. (2005) konnten bei zwei von 22 Schweinen trotz PDNS-typischer Hautläsionen keine Veränderungen an den Glomerula feststellen.

Die Ergebnisse der molekularbiologischen Untersuchungen zeigen, dass weder PCV2 noch PCV3, die in der Literatur vielfach als Auslöser für PDNS genannt werden (Choi und Chae 2001, Wellenberg et al. 2004, Zheng et al. 2020), in diesem Fall als die Ursache der PDNS-artigen kutanen und systemischen nekrotisierenden Vaskulitis anzunehmen sind.

Auch die Ergebnisse der histologischen Untersuchung sprechen im vorliegenden Fall gegen ein PCV2-bedingtes PDNS, da anders als bei typischen PCV2-bedingten PDNS-Fällen weder eine Glomerulonephritis nachgewiesen werden konnte noch die häufig ebenfalls vorliegenden Läsionen eines Postweaning Multisystemic Wasting Syndrome in Form einer tubulären Degeneration der Nieren, einer lymphozytären Depletion und einer granulomatösen Entzündung der Lymphknoten. Vergleichbar mit den von Thibault et al. (1998) beschriebenen Befunden lagen die bei Ferkel 1 histologisch nachgewiesenen Nierenläsionen (interstitielle Nephritis und fokale nekrotisierende Vaskulitis) medullär und pelvär, aber nicht kortikal vor.

Vielmehr passen die histologischen Befunde der Lunge und Lymphknoten beider Ferkel zu den molekularbiologischen Nachweisen von PRRSV in der Lunge, da ausgeprägte, PRRSV-verdächtige Lungen- und Lymphknotenläsionen nachweisbar waren. Insgesamt decken sich die histologischen Organbefunde mit dem Fallbericht von Thibault et al. (1998), bei dem neben PRRSV-typischen Lungen- und Lymphknotenveränderungen ebenfalls kutane und systemische nekrotisierende Vaskulitiden beim Schwein im Zusammenhang mit einer PRRSV-Infektion nachgewiesen werden konnten. Der immunhistologische Nachweis von PRRSV-Antigen in intraläsionalen Makrophagen der Dermis stützt auch im vorliegenden Fall den Verdacht eines kausalen Zusammenhangs zwischen Erreger und Läsion. Der letztendliche Beweis eines ursächlichen Zusammenhanges kann allerdings nur in einem Challenge-Versuch erfolgen, da es hier möglicherweise zu einem gleichzeitigen Auftreten von zwei Erkrankungen kam.

Mikrobiologisch konnten außer GPS im Bronchus eines Ferkels keine Bakterien isoliert werden, was möglicherweise auf eine Vorbehandlung zurückzuführen ist. Auch wenn GPS der Normal­flora des oberen Respirationstrakts zugeordnet wird (Oliveira und Pijoan 2004), kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass der Erreger in diesem Fall für die makroskopisch beschriebenen Atelektasen bzw. die histologisch nachgewiesene Bronchopneumonie verantwortlich ist.

Um die hier nachgewiesenen PRRSV-Sequenzen weiter einzuordnen, wurde ein phylogenetischer Stammbaum angefertigt. Diese genetische Typisierung ermöglicht es, Nukleotididentitäten zwischen PRRSV-Wildtyp-Sequenzen und Ähnlichkeiten mit Impfstämmen zu vergleichen. Die Auswertung des phylogenetischen Stammbaums zeigt, dass das Wildtyp-Virus des vorliegenden Falles eine Homologie von 95 % zu einem bereits beschriebenen Wildtyp-Virus aufweist. Murtaugh (2012) beschreibt, dass PRRSV-Sequenzen als nahe verwandt einzuordnen sind, wenn sie eine Homologie von mindestens 97 % aufweisen. Weitere Studien belegen, dass deutsche PRRSV-Isolate und weitere europäische Isolate des PRRSV-1 im ORF-5 heterogene Sequenzen aufweisen (Fiebig 2008, Mateu et al. 2006). In Anbetracht einer jährlichen Mutationsrate von 0,5–1 % bleibt demnach offen, welche Verbindung zwischen den nachgewiesenen PRRSV-Sequenzen und KT265738 besteht (Murtaugh 2012). Da bisher keine genetischen Marker für Virulenzfaktoren bei PRRSV beschrieben sind, lassen sich durch Sequenzierungen derzeit nur Homologien der Nukleotidsequenzen zu bereits publizierten Stämmen abklären. Der Hauptnutzen der Sequenzierung besteht in einer Unterscheidung von Impf- und Feldstämmen.

Fazit für die Praxis

Der vorliegende Fallbericht beschreibt die Untersuchungsergebnisse von zwei Ferkeln, die im Bestand mit Hautveränderungen – vornehmlich im Bereich der Hintergliedmaßen – auffällig geworden waren. Die klinische sowie die pathologisch-anatomische Untersuchung zeigten typische PDNS-artige Hautläsionen (hämorrhagisch-nekrotisierende Dermatitis), jedoch keine entsprechenden Nierenveränderungen. PRRSV-1 konnte mittels PCR, histologischer und immunhistochemischer Untersuchung nachgewiesen werden und wird als der ursächliche Erreger vermutet. PCV2 sowie PCV3 waren hingegen mittels PCR nicht nachweisbar. Der vorliegende Fall verdeutlicht, dass beim Krankheitsbild des PDNS nicht zwangsläufig die typischen Haut- und Nierenveränderungen parallel vorliegen müssen und dass PRRSV bei PDNS-typischen Hautveränderungen differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden sollte.

Ethische Anerkennung

Hiermit versichern die Autoren, die allgemeingültigen Regeln der Guten Wissenschaftlichen Praxis befolgt zu haben.

Conflict of interest

Die Autoren versichern, dass kein Interessenskonflikt besteht.

Funding

Diese Arbeit wurde nicht finanziell unterstützt.

Autorenbeiträge

Datenerhebung, Dateninterpretation, Manuskriptentwurf: PK.
Datenerhebung, Dateninterpretation, kritische Revision des Artikels: EUP.
Datenerhebung, Dateninterpretation, Manuskriptentwurf: RF.
Dateninterpretation, kritische Revision des Artikels, endgültige Zustimmung: EgB.
Dateninterpretation, kritische Revision des Artikels, endgültige Zustimmung: IHP.

Über den Autor: Philipp Könighoff

2010–2016: Studium der Veterinärmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2016–2017: Angestellter Tierarzt in der Tierarztpraxis Scheidegg. Von 2016–2017 wissenschaftliche Hilfskraft an der Klinik für Schweine, Oberschleißheim, dort Promotion zum Thema „Beurteilung von management-, infektiös- und saisonal bedingten Einflüssen auf Fruchtbarkeitskennzahlen in Sauenbeständen anhand der Auswertung von Sauenplanerdaten“. 2018–Juli 2020: Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leitung der Abteilung „Sektion – Pathologie“ an der Außenstelle für Epidemiologie (Bakum) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Seit Juli 2020 im Technical Service Schwein der HIPRA Deutschland GmbH tätig.

Korrespondenzadresse

Dr. Philipp Könighoff, Büscheler Str. 9, 49456 Bakum, philipp.koenighoff@googlemail.com

Literatur

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