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Foto: Klinik für Kleintiere – Chirurgie, JLU Gießen

Inhaltsverzeichnis

Der Praktische Tierarzt

Chirurgische Tupfer als Ursache für schwerwiegende Erkrankungen

Surgical sponges as a cause of severe morbidity

Der Praktische Tierarzt 102, 910–921

DOI: 10.2376/0032-681X-2142

Eingereicht: 13. Februar 2021

Akzeptiert: 7. Juli 2021

Publiziert: 09/2021

Zusammenfassung

Ein zweieinhalb Jahre alter weiblich-kastrierter Deutscher Schäferhund fiel mit einer seit Wochen progressiv verlaufenden Harninkontinenz sowie unteren Harnwegssymptomen auf. Im Rahmen der haustierärztlichen Aufarbeitung wurde sonografisch eine intraabdominale Masse in unmittelbarer Nähe zur Harnblase festgestellt. Mit den Differenzialdiagnosen eines Fremdkörpergranuloms bzw. eines Tumors wurde der Patient zur weiteren Diagnostik sowie Therapie der abnormen Masse überwiesen. Die Kombination aus der anamnestischen Information einer zurückliegenden Ovariohysterektomie sowie der Befunde der bildgebenden Verfahren ließ die Bildung eines Gossypiboms aufgrund des Verbleibs eines chirurgischen Tupfers am wahrscheinlichsten erscheinen. Um eine endgültige Diagnosestellung zu ermöglichen, wurde eine explorative Laparotomie durchgeführt. Zur vollständigen Entfernung der Läsion musste der Großteil der Harnblase (subtotale Zystektomie) exzidiert werden. Letztlich konnte die Verdachtsdiagnose bestätigt werden. 


Der gezeigte Fall demonstriert die Bedeutung einer strikten Einhaltung von Patientensicherheitsstandards. Diese dienen, insbesondere bei Notfalloperationen, zur Häufigkeitsreduktion von chirurgischen Komplikationen. Die Vermeidung von zurückbelassenen chirurgischen Tupfern ist aufgrund der möglichen gravierenden Auswirkungen für den betroffenen Patienten als auch der juristischen Folgen von besonderem Interesse. Routinemäßige Tupferzählungen sowie die ausschließliche Verwendung von Tupfern mit Röntgenstreifen können deren Zurücklassen vorbeugen bzw. die Diagnosestellung erleichtern.
 

Fremdkörper
Komplikation
Gossypibom
Zystektomie

Summary

A two and a half year old female neutered German Shepherd Dog presented with a progressive urinary incontinence and lower urinary tract signs of several weeks duration. Ultrasound examination by the referring veterinarian revealed an intraabdominal mass in close proximity to the urinary bladder. The patient was referred for further investigation and treatment of the mass. At this point, possible differential diagnoses were a foreign body granuloma or tumor. History of a previous ovariohysterectomy in combination with the results of the diagnostic imaging were most consistent with the development of a gossypiboma due to a retained surgical sponge. An exploratory laparotomy was undertaken to confirm this diagnosis. Large parts of the urinary bladder required excision during enbloc resection of the lesion (subtotal cystectomy). The presumptive diagnosis was confirmed.

This case demonstrates the importance of patient safety protocols. Safety prevention techniques help to reduce surgical complication rates, particularly in the event of emergency surgery. Avoiding surgical swab retention is of particular interest due to the potentially devastating consequences for affected patients and the medicolegal implications. Routine sponge counts and the use of surgical sponges with incorporated radiopaque markers may prevent the inherent risk of sponge retention at the surgical site and may ease diagnosis.

foreign body
complication
gossypiboma
cystectomy

Einleitung

Während schon die bloße intraoperative Manipulation sowie die Exposition mesothelialer Oberflächen mit der Raumluft zu einer lokalen Serositis führen können (Tan et al. 2014, Tsukioka et al. 2007), rufen nach einem chirurgischen Eingriff im Situs verbliebene chirurgische Tupfer mitunter lebensbedrohliche Zustände hervor. Die Intensität der ablaufenden entzündlichen Prozesse ist primär abhängig von der Lokalisation sowie von einer möglichen Kontamination des zurückbelassenen Fremdmaterials mit Mikroorganismen. Sterile Prozesse führen meist zu rein lokalen Gewebeschäden, wohingegen bakterielle Kontaminationen in Abszessformationen und zusätzlich in einem Systemischen Inflammatorischen Response-Syndrom (SIRS) oder einer Sepsis enden können (Gonzalez-Ojeda et al. 1999, Sakorafas et al. 2010). Ein Verbleib von chirurgischen Tupfern ist gehäuft nach Situationen festzustellen, die von der üblichen Routine abweichen, wie z. B. Notoperationen, dem Eintritt intraoperativer Komplikationen oder aber bei unvorhergesehenen Änderungen des Operationsplanes (Deschamps und Roux 2009, Forster et al. 2013, Frank und Stanley 2009, Merlo und Lamb 2000, Tsioli et al. 2004). Solche Gegebenheiten verlangen vom Chirurgen mitunter schnelle Entscheidungen, die durch eine unmittelbare Ausführung umgesetzt werden müssen. Hierdurch können sich Desorganisation und der Verlust des Überblicks über das chirurgische Feld sowie des verwendeten Equipments ergeben. Zur Reduktion des Risikos eines unbeabsichtigten Zurückbelassens von chirurgischen Tupfern sollten daher präventive Maßnahmen, wie die Erarbeitung von Standard-Operation-Procedures und die Anwendung von Surgical Checklists, gefördert werden. 

Fallbeschreibung

Ein zweieinhalb Jahre alter weiblicher Deutscher Schäferhund wurde zur Aufarbeitung einer seit ca. acht Wochen bestehenden progressiven Harninkontinenz sowie Symptomen des unteren Harntraktes beim Haustierarzt vorgestellt. Die Besitzer berichteten, dass die Hündin beim Spaziergang nach der Ausscheidung einer größeren Menge Urin regelmäßig weiter auf Urin presste, ohne weiteren Urinabsatz zu zeigen. Gelegentlich war unbewusstes Harnträufeln ohne oder mit vorherigem Urinabsatz festzustellen. Anamnestisch wurde des Weiteren zehn Monate vor der Vorstellung eine Kastration mittels Ovariohysterektomie durchgeführt, woraufhin sich eine langanhaltende Wundheilungsstörung im Bereich der Operationsnaht entwickelte. Zur Diagnostik der Harninkontinenz wurde eine röntgenologische Untersuchung des Abdomens durchgeführt, welche für den Haustierarzt einen radiologischen Normalbefund ergab. In der sonografischen Untersuchung des Abdomens fiel eine ca. 5 cm im Durchmesser große, heterogene Struktur mit multiplen hyperechogenen Arealen in unmittelbarer Nähe zum kranialen Harnblasenpol auf. Anzeichen für eine Ansammlung freier, abdominaler Flüssigkeit ergaben sich nicht. Es wurde der Verdacht auf ein Fremdkörpergranulom geäußert. Differenzialdiagnostisch konnte zu diesem Zeitpunkt jedoch ein neoplastisches Geschehen nicht ausgeschlossen werden. Der behandelnde Haustierarzt überwies den Patienten zur Durchführung weiterführender Diagnostik und Therapie der intraabdominalen Masse.


Top Job:


Am Tag der Vorstellung in unserer Klinik zeigte die Hündin in der klinischen Allgemeinuntersuchung ein ungestörtes Allgemeinbefinden. Die Vitalparameter lagen in der Norm. Bei der speziellen Untersuchung des Abdomens war eine solitäre, derbe, indolente, annähernd runde Zubildung (6 x 5 x 6 cm) zu palpieren, die sich nicht vom kranialen Harnblasenpol abgrenzen ließ. Die Adspektion der Vulva als auch die rektale Untersuchung waren unauffällig. Es erfolgte eine röntgenologische Untersuchung des Abdomens im ventrodorsalen sowie laterolateralen rechtsanliegenden Strahlengang. Letztere zeigte eine heterogene, annähernd runde, zum Teil unscharf abgrenzbare, weichteildichte, im Durchmesser ca. 6 cm große Masse mit multiplen, wirbelartig verlaufenden Gaseinschlüssen, die sich mit dem kranialen Harnblasenpol silhouettierte. Differenzialdiagnostisch sprachen die radiologischen Befunde für ein Granulom, einen intraabdominalen Abszess oder wenig wahrscheinlich für eine Neoplasie. In der daran angeschlossenen sonografischen Untersuchung zeigte sich kranial der Harnblasenspitze eine unregelmäßig begrenzte Zubildung von ca. 6 cm Durchmesser, welche eine heterogene Echotextur mit multiplen hypo- und hyper­echogenen Arealen aufwies. Im Zentrum der Zubildung waren eine längliche hyperechogene Struktur mit distaler Schallauslöschung sowie multiple bewegliche Gaseinschlüsse sichtbar. Die Peripherie der Läsion zeigte eine geringgradige Durchblutung in der Doppler-Sonografie. Die Zubildung übte einen mittelgradigen Masseneffekt auf die Harnblase aus, wodurch der kraniale Harnblasenpol sich mittelgradig abgeflacht darstellte. Die Schichtung der Harnblasenwand war in diesem Bereich aufgehoben (Abb. 1). Es ergab sich sonografisch kein Hinweis auf freie abdominale Flüssigkeit. Die Befunde des Ultraschalls waren verdächtig für das Vorliegen eines Granuloms oder Abszesses mit zentral gelegenem Fremdkörper. In Kombination des Vorberichtes der zurückliegenden Laparotomie und der Ergebnisse der bildgebenden Verfahren war ein Gossypibom aufgrund eines unbeabsichtigten Verbleibs eines chirurgischen Tupfers die wahrscheinlichste Differenzialdiagnose. Die Patientenbesitzer wurden über die Befunde in Kenntnis gesetzt. Zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose sowie zur Entfernung der Masse erging der Rat zur explorativen Laparotomie, dem die Besitzer zustimmten. 

Die präoperativ gemessene Hämatologie sowie die klinische Chemie waren ohne besonderen Befund. Der Patient erhielt Diazepam (0,4 mg/kg, i. v., Ziapam, Ecuphar, D) als Prämedikation und wurde darauffolgend mit Ketamin (8,0 mg/kg, i. v., Ketamin 10 %, Medistar, D) sowie Xylazin (0,8 mg/kg, i. v., Xylazin 2 %, Medistar, D) in Vollnarkose versetzt. Als perioperative Antibiose wurde 30 Minuten vor dem ersten Schnitt Ampicillin (50,0 mg/kg, i. v., Ampicillin-ratiopharm, ratiopharm, D) appliziert. Die Analgesie erfolgte mittels Metamizol (50,0 mg/kg, i. v., Metapyrin, Serumwerk Bernburg, D) und Levomethadon (0,45 mg/kg, i. v., L-Polamivet, MSD, D). Die Anästhesie wurde durch die Inhalation mit Isofluran (1,2–2,5 %, Isofluran CP, CP-Pharma, D) aufrechterhalten. Der Zugang zur Bauchhöhle erfolgte über die Linea alba. Es fielen multiple Adhäsionen zwischen dem großen Netz, der Harnblase sowie dem kaudodorsalen Peritoneum auf. Diese wurden unter Anwendung eines Gewebeversiegelungssystems (LigaSure, Medtronic, Meerbusch) gelöst. Die im Durchmesser ca. 6 cm große abnorme Struktur konnte bei weiterer Exploration in nächster Nähe zur Harnblase gefunden werden. Sie zeigte sich untrennbar mit dem kranialen Pol sowie dorsalen Anteilen des Harnblasenkörpers verwachsen. Es wurde zunächst damit begonnen, die Zubildung zirkulär von Adhäsionen zu befreien. Hierzu kam eine Kombination aus scharfer Präparation mit Präparierscheren sowie der Anwendung des LigaSure-Systems zum Einsatz. Um die Ureteren taktil sicher identifizieren und damit vor einer unbeabsichtigten Transsektion schützen zu können, wurde eine ventrale Zystotomie durchgeführt und die Ureteren bilateral retrograd katheterisiert (Rüsch Ureterkatheter, Teleflex medical, Fellbach) (Abb. 2). Da ein stumpfes Lösen der Zubildung von der Harnblase nicht möglich war, wurde zu ihrer vollständigen Entfernung eine subtotale Zystektomie durchgeführt, bei der ca. 70 % der Harnblase reseziert wurden. Während der Präparation stellte sich eine hochgradige diffuse Blutung aus dem manipulierten Gewebe ein, welche durch lokalen Druck mit Kompressen zum Stillstand gebracht werden konnte. Das Trigonum vesicae mit der Mündung beider Ureteren konnte erhalten werden. Zur Überprüfung der Integrität der Ureteren wurden die ureteralen Katheter entfernt und der pulsatile Ausstoß von Harn in die Harnblase visuell beurteilt. Die Rekonstruktion der Harnblase erfolgte durch einen zweischichtigen Verschluss mit Glykonat USP 3/0 (Monosyn, B. Braun, Melsungen), bestehend aus einer einfach fortlaufenden Naht der Mukosa sowie appositionellen Einzelheften der Submukosa, Muskularis und Serosa. Die Dichtigkeitsprüfung wies einen vollständigen Verschluss der Harnblasenwand nach. Das Abdomen wurde mit einer körperwarmen sterilen gepufferten Vollelektrolytlösung (Sterofundin, B. Braun, D) gespült und die Lavageflüssigkeit anschließend abgesaugt. Da der Hund vorberichtlich eine Harninkontinenz aufwies und hierdurch möglicherweise eine bakterielle Harnwegsinfektion bestand, wurde zum Zwecke des Ausschlusses einer bei der Eröffnung der Harnblase stattgefundenen bakteriellen Kontamination der Abdominalhöhle ein Abstrich des Peritoneums zur mikrobiologischen Untersuchung entnommen. Nach der zweimaligen Überprüfung der Tupferanzahl wurde das Abdomen routinemäßig verschlossen. Die Operationsdauer lag bei 240 Minuten. Ein intraoperativ platzierter urethraler Katheter wurde belassen, um postoperativ die Harnproduktion kontrollieren sowie einer potenziellen postoperativen Harnretention vorbeugen zu können. Letzteres kann durch einen hohen intraluminalen Druck der Harnblase das Risiko für eine Nahtdehiszenz steigern. Die Verdachtsdiagnose eines Gossypiboms wurde durch den im Anschnitt der Zubildung feststellbaren gewobenen Fremdkörper, im Sinne eines chirurgischen Tupfers, bestätigt (Abb. 3). Zum Ausschluss einer tumorösen Entartung erging der Rat zur pathohistologischen Untersuchung. Dieser wurde durch die Besitzer jedoch abgelehnt. Eine während der Aufwachphase durchgeführte Kontrolle des Hämatokrits wies dessen Abfall vom präoperativen Wert von 40 % auf den aktuellen Wert von 34 % (39–56 %) nach, ohne dass der Patient klinische Anzeichen einer Anämie aufwies.

Postoperativ wurde eine medikamentöse Therapie mit Metamizol (30,0 mg/kg, p. o., 3x tgl., Metamizol, Hexal, D), Butylsco­polamin (0,5 mg/kg, p. o., 3x tgl., Buscopan, Sanofi-Aventis, D), Methadon (0,1 mg/kg, i. v., PRN, Comfortan, Dechra, D) sowie eine Infusionstherapie mit gepufferter Vollelektrolytlösung (2–4 ml/kg/h, i. v., Sterofundin, B. Braun, D) durchgeführt. Die perioperative Beta-­Laktam-Antibiose wurde mit Amoxicillin-Clavulansäure (20,0 mg/kg, p. o., 2x tgl., Synulox, Zoetis, D) fortgesetzt. Eine erneute Kontrolle des Hämatokrits am Folgetag der Operation wies ein weiteres Absinken auf einen aktuellen Wert von 18 % (39–56 %) nach. Der Patient zeigte zu diesem Zeitpunkt klinisch ein geringgradig reduziertes Allgemeinbefinden bei in der Norm liegenden Vitalparametern. Die Schleimhäute waren rosa. Zur Beurteilung der Transfusionswürdigkeit erfolgten sowohl ein engmaschiges Monitoring der Vitalzeichen als auch regelmäßige palpatorische Kontrollen der Pulsqualität. Befunde wie zum Beispiel die Entwicklung einer Tachykardie in Ruhe, ein pochender oder hyperkinetischer Puls, blasse Schleimhäute mit verlängerter kapillärer Füllungszeit sowie eine progressive Verschlechterung des Bewusstseins sind als Anzeichen einer Transfusionswürdigkeit zu werten. Aufgrund der Einschätzung, dass der Hund klinisch nicht transfusionswürdig war, wurde auf eine Intervention verzichtet. Am zweiten postoperativen Tag entwickelte der Hund eine Hyporexie, die sich unter der Applikation von Maropitant (1 mg/kg, i. v., 1x tgl., Cerenia, Zoetis, D), Metoclopramid (0,3 mg/kg, i. v., 3x tgl., Emeprid, Ceva, D) und Pantoprazol (1 mg/kg, i. v., 1x tgl., Pantoprazol, Hexal, D) in den folgenden Tagen nicht besserte. Die Durchführung einer hämatologischen und blutchemischen Untersuchung wies indes einen annähernd gleichbleibenden Hämatokrit von 19 % (39–56 %) sowie die Entwicklung einer mittelgradigen Hypalbuminämie (17,7 g/l; 29, 6–7,0) nach. Als Ursache für den reduzierten Albuminwert wurde eine Kombination eines gesteigerten Verlustes bzw. einer Umverteilung in den extravaskulären Raum im Rahmen der intraoperativen hochgradigen diffusen Blutungen sowie der postoperativen Entzündungsprozesse als auch einer reduzierten Synthese infolge der mangelnden Nährstoffaufnahme angenommen. Ein häufiger Grund für ein postoperatives Absinken des Albumins stellt des Weiteren seine Eigenschaft als negatives Akute-Phase-­Protein dar. Als Ausdruck des durch die Hypalbuminämie reduzierten kolloidosmotischen Drucks im Gefäßsystem konnte die Bildung peripherer Ödeme im Bereich der distalen Hintergliedmaßen beobachtet werden. Als Behandlung der Hypalbuminämie wurde zur Unterstützung der enteralen Nährstoffaufnahme eine Ernährung über eine nasoösophageale Sonde initiiert. Zusätzlich wurde eine parenterale Substitution von Aminosäuren (9 g Aminosäuren/100 kcal des Erhaltungsbedarfs über 24 Stunden; Aminoplasmal B. Braun 10 % E, B. Braun, D) über einen zentralvenösen Katheter begonnen, um die Synthese von Albumin in der Leber durch eine adäquate Aminosäurenversorgung zu fördern. Klinisch zeigte der Patient über die darauffolgenden Tage unter dieser Behandlung ein sich progressiv besserndes Allgemeinbefinden. Am dritten Tag konnte eine Regeneration von Erythrozyten mit einem Anstieg des Hämatokrits auf nun 29 % (39–56 %) beobachtet werden. Zu diesem Zeitpunkt lag die Retikulozytenzahl bei 195 x 10³ cells/µl (0–110 x 10³ cells/µl). Die produzierte Harnmenge lag postoperativ stets im Normbereich, sodass am vierten postoperativen Tag der urethrale Katheter entfernt wurde. Aufgrund der hochgradig reduzierten Speicherkapazität der Harnblase zeigte sich im Anschluss eine deutlich angestiegene Miktionsfrequenz. Am fünften postoperativen Tag erfolgte eine geplante sonografische Kontrolle des Abdomens, bei welcher eine geringgradige Menge freier, geringgradig korpuskulärer Flüssigkeit im kaudalen Abdomen detektiert wurde. Zusätzlich wurde links parasagittal der Harnblase eine heterogene gewebige Masse mit hypoechogenen gekammerten Arealen gefunden, welche als fokales Hämatom interpretiert wurde. Die freie Flüssigkeit wurde für eine labordiagnostische Untersuchung beprobt. Makroskopisch zeigte sich der Aszites serosanguinös. Die vergleichende Messung von Kreatinin aus dem Aszites sowie dem Blutserum ergab keine signifikant unterschiedlichen Werte und schloss daher ein postoperatives Uroabdomen aus. Die Zytologie ergab ein septisch-purulent bis pyogranulomatöses Exsudat mit phagozytierten Bakterien. Da der Patient weiterhin ein ungestörtes Allgemeinbefinden zeigte, eine selbstständige Futteraufnahme wieder einsetzte und eine Kontrolle des Blutbildes keine Hinweise auf eine Sepsis lieferte, wurde auf eine weitere chirurgische Intervention zunächst verzichtet und ein engmaschiges Monitoring durch die Erhebung der Vitalparameter fortgeführt. Indes konnte ein geringgradiger Anstieg des Albumins (23,6 g/l; 29,6–37,0) beobachtet werden. Am darauffolgenden Tag wies das Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung der intraoperativ entnommenen Probe eine geringgradige Kontamination der Abdominalhöhle mit einem gegen Amoxicillin-Clavulansäure resistenten Staphylococcus aureus sowie einen Staphylococcus pseudintermedius nach. Die antibiotische Therapie wurde daraufhin entsprechend der Resistenzlage der Keime mit Enrofloxacin (5 mg/kg p. o., 2x tgl., Baytril, Bayer, D) ergänzt. Eine weitere sonografische Kontrolle am siebten postoperativen Tag zeigte eine geringgradige Regression der intraabdominalen Flüssigkeitsmenge sowie ein in der Größe unverändertes Hämatom. Die Besitzer entschieden sich aufgrund des guten Allgemeinbefindens ihres Hundes, die weitere Behandlung in häuslicher Pflege durchführen zu wollen. Ein Kontrolltermin wurde für den 14. postoperativen Tag vereinbart. Die antimikrobielle Therapie sollte mindestens bis zu diesem Termin fortgeführt werden. Die restlichen Medikamente wurden bei Entlassung abgesetzt. Die Besitzer berichteten beim vereinbarten Kontrolltermin von einem guten Allgemeinbefinden und unauffälliger Futteraufnahme ihres Hundes. Die klinische Untersuchung verlief unauffällig. Im Kontrollultraschall des Abdomens waren der Harnblaseninhalt anechogen und die Menge der freien intraabdominalen Flüssigkeit weiterhin geringgradig regressiv. Das Hämatom war weiterhin unverändert nachvollziehbar. Sowohl der Aszites, das Hämatom als auch der Urin wurden für eine erneute bakteriologische Untersuchung steril punktiert. Die kulturelle Untersuchung der Proben ergab drei Tage später ein negatives Ergebnis, weswegen die Antibiotika daraufhin abgesetzt wurden. Die Symptome der von Beginn an bestehenden Harninkontinenz waren zu diesem Zeitpunkt weiterhin präsent. Nach Ausschluss einer bakteriellen Zystitis wurde aufgrund des Verdachts auf eine urethrale Sphinkterinkompetenz eine Therapie mit Phenylpropanolamin (1,0 mg/kg, p. o., 3x tgl., Propalin, Vetoquinol, D) begonnen. 

Die Besitzer berichteten bei einer telefonischen Kontrolle sechs Monate nach erfolgter subtotaler Zystektomie zur Entfernung eines Gossypiboms von einer normalen Miktionsfrequenz. Die Harninkontinenz wurde zu diesem Zeitpunkt erfolgreich durch eine medikamentöse Dauertherapie behandelt. Ein versuchsweises Absetzen der Medikation durch die Besitzer führte innerhalb von zwei Tagen zu einem Wiedereinsetzen der Inkontinenzanzeichen. Laut Besitzer zeigte sich die Hündin zum Zeitpunkt 19 Monate nach der Operation, weiterhin unter der Medikation mit Phenylpropanol­amin stehend, klinisch unauffällig.

Diskussion

Tupfer und Kompressen sind als Hilfsmittel und Instrumente unabdingbar in der heutigen Chirurgie und besitzen eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzmöglichkeiten. Hierzu zählen unter anderem die Absorption von Flüssigkeit, die Retraktion von Geweben, die stumpfe Präparation von Geweben sowie der Schutz des chirurgischen Feldes vor Kontamination oder Manipulation. Wenn sie jedoch unbeabsichtigt im Operationsgebiet verbleiben, stellen sie eine Quelle für die Entstehung schwerwiegender körperlicher Schäden dar. Sie sind in der Humanmedizin die am häufigsten zurückbelassenen chirurgischen Objekte (Gawande et al. 2003, Gibbs et al. 2007) und auch in der Kleintierchirurgie wurden sie als Ursache für Komplikationen wiederholt beschrieben (Bird et al. 1996, Forster et al. 2013, Haddad et al. 2010, Krimer und Duval 2010, Lamb et al. 1994, Mai et al. 2001, Merlo und Lamb 2000, Pardo et al. 1990, Rayner et al. 2010, Terrier et al. 1985, Zeltzman und Downs 2011). Sie bestehen meist aus natürlicher Baumwolle (Ponder und Krasner 1993) und ihre Materialeigenschaften charakterisieren sie als nichtresorbierbar und inert. Da ein Abbau durch Hydrolyse oder Phagozytose somit nicht zu erwarten ist (Olnick et al. 1955, Risher und McKinnon 1991), sind präventive Maßnahmen zu ergreifen, um ihren Verbleib und das damit verbundene lebenslange Risiko von Leiden und Schäden zu verhindern. Stichhaltige Daten, die eine valide Aussage zur Häufigkeit dieser Problematik in der Tiermedizin aufzeigen, existieren nicht. Angenommen werden muss allerdings, dass eine zögerliche Haltung von Tierärzten, Behandlungskomplikationen zu publizieren, eine hohe Dunkelziffer bedingt. Die Konsequenzen verbliebener chirurgischer Tupfer sind vielfältig und insbesondere von der Lokalisation, von den in Mitleidenschaft gezogenen anatomischen Strukturen sowie einer möglichen bakteriellen Kontamination abhängig (Hyslop und Maull 1982). Bei einer akuten exsudativen Fremdkörperreaktion können sich Fisteln oder bei einer bakteriellen Kontamination Abszesse ausbilden (Sakorafas et al. 2010). Eine Abkapselung des Fremdmaterials mit Ausbildung eines Fremdkörpergranuloms sowie die Entwicklung von Adhäsionen zum umliegenden Gewebe sind in chronischen Fällen möglich (Gibbs et al. 2007, Manzella et al. 2009, Putwain und Archer 2009, Zeltzmann und Downs 2011). Letzteres kann über viele Jahre latent ausgeprägt sein (Gibbs et al. 2007, Zeltzmann und Downs 2011). Eine Vielzahl unterschiedlicher Lokalisationen von verbliebenen Kompressen wurde in der Tiermedizin bereits beschrieben. Neben den großen Körperhöhlen sind auch Tupfer im Operationsgebiet der Extremitäten und des Perineums zum Ende der Operation unbemerkt geblieben (Forster et al. 2013). In der humanmedizinischen Literatur wird von zahllosen Komplikationen berichtet, die durch die Kompressen verursacht oder mitbedingt wurden. Zu der unvollständigen Auflistung gehören Fistelformationen, Wundheilungsstörungen, mechanische Obstruktionen von Darm, Peritonitiden, Adhäsionsformationen, Migrationen in Hohlorgane sowie Blutungen sekundär zu Erosionen von Blutgefäßen (Dux et al. 2002, Gencosmanoglu und Inceoglu 2003). Auch über eine transmurale Migration des Fremdkörpers in den Magen-Darm-Trakt mit anschließender Ausscheidung via naturalis wurde berichtet (Godora et al. 2006). Risikofaktoren für das Zurückbelassen von chirurgischen Tupfern wurden in der Humanmedizin bestimmt. Hierzu zählen eine unerwartete Abkehr vom ursprünglichen Operationsplan, Notfalloperationen sowie lang andauernde Operationen, Adipositas und die Teilnahme mehrerer Teams an einer Operation (Bani-Hani et al. 2005, Gawande et al. 2003, Wang et al. 2009). Bei Kaniden kam es beispielsweise bei Routineeingriffen wie Entnahmen von chirurgischen Darmbioptaten, einer Resektion eines kryptorchiden Hodens, einer Ovariohysterektomie oder einer perinealen Herniorraphie zum Verbleib von Tupfern (Forster et al. 2013). Analog zur Humanmedizin wurde allerdings auch bei der Durchführung von Notoperationen und Nicht-Routine-Eingriffen in der Tiermedizin mehrfach von verbliebenen Kompressen berichtet (Deschamps und Roux 2009, Forster et al. 2013, Frank und Stanley 2009, Merlo und Lamb 2000, Tsioli et al. 2004). Eine humanmedizinische Studie konnte zeigen, dass im Falle von Notoperationen ein neunfach sowie bei einer intraoperativen Änderung des geplanten Vorgehens ein vierfach erhöhtes Risiko für den Verbleib eines chirurgischen Tupfers besteht (Gawande et al. 2003). Bei Patienten, die vorberichtlich einem chirurgischen Eingriff unterzogen wurden, sollte bei der Entwicklung körperlicher Beschwerden, postoperativen Wundheilungsstörungen oder unspezifischen Symptomen stets differenzialdiagnostisch an zurückgebliebene Tupfer gedacht werden (Dinler et al. 2017, Merlo und Lamb 2000, Zeltzman und Downs 2011). Der Nachweis gestaltet sich häufig schwierig. Befunde der klinischen Untersuchung sind nicht selten unspezifisch oder sie verläuft gar unauffällig. In chronischen Fällen ist es mitunter möglich, eine Zubildung mit Masseneffekt zu palpieren. Die Resultate der hämatologischen und klinisch-chemischen Untersuchung sind häufig ebenfalls ohne besonderen Befund oder unspezifisch. Bildgebende Verfahren können hilfreich beim Nachweis von chirurgischen Tupfern sein. Auf Röntgenaufnahmen können möglicherweise abnorme, meist weichteildichte Strukturen mit wirbelartig angeordneten Gaseinschlüssen festgestellt werden. Letztere resultieren aus der Ansammlung von Gas im Maschenwerk der Kompressen und sind charakteristisch für einen textilen Fremdkörper (Merlo und Lamb 2000, Zeltzman und Downs 2011). Der Einsatz von chirurgischen Kompressen mit einem röntgendichten Streifen vereinfacht den Nachweis eines Verbleibs maßgeblich (Olnick et al. 1955, Williams et al. 1978) (Abb. 4). Jedoch kann die Identifikation dieser Streifen unter Umständen aufgrund von Formveränderungen durch Biegung, Stauchung oder Knäuelbildung erschwert werden. Außerdem sollten stets orthogonale Röntgenbilder aufgenommen werden, um falsch negative Röntgenbeurteilungen durch Überlagerungen mit knöchernen Strukturen zu verhindern (Terrier et al. 1985). Fehlinterpretationen dieser Röntgenstreifen als Mineralisationen sind ebenfalls möglich (Kopka et al. 1996). Bei einem humanen Patienten wurde ein teilweises Verschwinden des röntgendichten Streifens aus Bariumsulfat ca. 35 Jahre nach erfolgter Operation beobachtet (Abdul-Karim et al. 1992). Hiermit ist aufgrund der signifikant kürzeren Lebenserwartung der Patienten in der Kleintiermedizin jedoch nicht zu rechnen. Eine sonografische Untersuchung kann die Bildung eines Granuloms mit zentral gelegenem Fremdkörper nachweisen. Dieses Gossypibom äußert sich als annähernd runde hypoechogene Struktur, die ein hyperechogenes Zentrum mit distaler Schallauslöschung aufweist und multiple Gaseinschlüsse beinhalten kann (Mai et al. 2001, Merlo und Lamb 2000). In einer Veröffentlichung konnten durch eine Kombination von Röntgen und Ultraschall 86 % der zurückbelassenen Tupfer bei sieben Hunden aufgefunden werden (Merlo und Lamb 2000). Eine charakteristische Darstellung ergibt sich auch in der computertomografischen Untersuchung in Form eines schwammartigen Musters mit Gaseinschlüssen (O’Connor et al. 2003). Die weiterführenden bildgebenden Verfahren sind jedoch nicht immer in der Lage, eine verbliebene Kompresse darzustellen, weshalb explorative Eingriffe notwendig werden können. In diesem Fall dient die chirurgische Intervention der Diagnostik und Therapie zugleich. Die für die Entfernung des Fremdkörpers notwendige Invasivität kann fallabhängig stark variieren. Wird der Verbleib eines chirurgischen Tupfers zeitnah nach erfolgter Operation festgestellt, ist meist noch eine komplikationslose Entfernung möglich. Umfangreiche Verklebungen können allerdings schon frühzeitig, nach nicht mehr als 15 Tagen nach Verbleib des chirurgischen Tupfers, ausgeprägt sein (Forster et al. 2013). Daten aus der Humanmedizin zeigen, dass die Notwendigkeit eines stark invasiven Vorgehens, das Risiko für Komplikationen als auch ein Anstieg der Mortalitätsrate mit dem zeitlichen Abstand zum ursächlichen operativen Eingriff korrelieren (Lauwers und Van Hee 2000). In chronischen Fällen werden mitunter technisch aufwendige Resektionen mit anschließenden rekonstruktiven Maßnahmen notwendig. Dies ist insbesondere durch Verwach­sungen mit dem umliegenden Gewebe oder gar einer neoplastischen Entartung des Fremdkörpergranuloms bedingt. Daher ist stets die schnellstmögliche Entfernung anzuraten. Um den Verbleib von Anteilen des Fremdmaterials, wie einzelne Baumwollfasern, möglichst zu verhindern, sollten Fremdkörpergranulome möglichst en bloc reseziert werden. Eine histopathologische Untersuchung ist nach der Resektion indiziert, selbst wenn sich makroskopisch die Diagnose eines Gossypiboms aufgrund der Präsenz eines gewobenen Fremdkörpers im Granulom stellen lässt. 

Im Falle der Deutschen Schäferhündin ist ein Zusammenhang zwischen der Harninkontinenz bzw. der unteren Harntraktsymptome und dem bestehenden Gossypibom zu diskutieren. Infolge einer Reizung der Harnblasenwand durch das Gossypibom könnten Symptome einer unteren Harnwegsproblematik resultiert sein. Die Empfindung einer unvollständig entleerten Harnblase sowie Dysurie wurde bei humanen Patienten beispielsweise im Falle von Leiomyomen der Harnblasenwand beschrieben (Goluboff et al. 1994). Der durch die Läsion ausgeübte Masseneffekt auf die Harnblase sowie eine damit in Theorie assoziierte Erhöhung des intraabdominalen Drucks sind aufgrund der für einen adulten Deutschen Schäferhund subjektiv kleinen Dimensionen der Masse eher unwahrscheinlich ursächlich für die Inkontinenzanzeichen. Generell kann eine abdominale Masse durch eine abdominale Hypertension jedoch zu einer Stress- bzw. Überlaufinkontinenz führen (Wittmann und Iskander 2000). Aufgrund der, nach Absetzen der medikamentösen Therapie mit Phenylpropanolamin, erneut einsetzenden Inkontinenzanzeichen bei der Deutschen Schäferhündin ist eine kastrationsassoziierte urethrale Sphinkterinkompetenz wahrscheinlicher und daher letztlich als Ursache anzunehmen. 

Sowohl die Ursachen und Symptome für das Zurückbelassen eines chirurgischen Tupfers als auch die Diagnostik und Therapie dieser abwendbaren Problematik sind mannigfaltig. Präventive Maßnahmen sind unabhängig von der fachlichen Expertise des Chirurgen sowie der Art des chirurgischen Eingriffs zu treffen. Als Basismaßnahme sollte der Vergleich der präoperativen Tupferanzahl mit der Anzahl unmittelbar vor Verschluss des Operationsgebietes dienen. Eine Unterlassung dieser Praktik war in einer Studie mit einem Drittel der verbliebenen Kompressen assoziiert (Gawande et al. 2003). Unglücklicherweise stellt ein falsch richtiges Ergebnis der Zählung, also eine nicht festgestellte Diskrepanz zwischen den Tupferzählungen, die häufigste Ursache für einen Verbleib von chirurgischen Kompressen dar (Gawande et al. 2003, Gibbs et al. 2007, Kaiser et al. 1996, Lauwers und Van Hee 2000). Während die Sensitivität einer Tupferzählung nur 77 % beträgt, liegt die Spezifität bei 99 % (Egorova et al. 2008). Die Sicherheit der Zählung steigt mit einer mehrmaligen Durchführung. Die Verwendung vorgezählter Fertigpackungen macht indes eine Zählung nicht überflüssig. Zur Bewerkstelligung eines übersichtlicheren Zählvorganges kann die Anwendung von kommerziell erhältlichen Tupferzählbeuteln Abhilfe schaffen. Nicht mit Kompressen gefüllte Felder signalisieren hierbei visuell das Fehlen von Kompressen, wodurch eine erneute Exploration des Operationsgebietes durch den Chirurgen veranlasst werden sollte. Bei der Hinzunahme weiterer Kompressen im Verlauf der Operation ist selbstverständlich deren Anzahl bei der Bestimmung der Gesamtzahl zu beachten. Die schriftliche Erfassung der Tupferanzahl vor der Operation und vor dem Verschluss des Operationsgebietes dient der Überprüfung und Dokumentation zugleich. Bei der Verwendung kleinerer Kompressen in Körperhöhlen empfiehlt sich deren Anklemmen an ein chirurgisches Instrument, um somit das Risiko eines Verlustes der Kompresse und eines schwierigen Wiederauffindens zu reduzieren. Die Anwendung von Tupfern mit Röntgenstreifen ist generell strengstens empfohlen (Tab. 1). Obwohl der Nachweis des Verbleibs von Tupfern ohne die Durchführung einer intraoperativen Durchleuchtung nicht vor Verschluss des Operationsgebietes gewährleistet ist, so ist er durch eine postoperative Röntgenaufnahme maßgeblich vereinfacht. Eine Rückkehr in den Operationssaal zur Entfernung des Fremdmaterials ist in diesem Fall ohne weitere Verzögerung möglich. Im Falle von Risikoeingriffen wurde die obligate Durchführung eines postoperativen radiologischen Screenings auf verbliebene Kompressen empfohlen (Gibbs et al. 2007). Eine pauschale Röntgenkontrolle ist jedoch bei Einhaltung der vorherigen Empfehlungen nicht unbedingt notwendig. Jüngst wurden Standard-Operation-Procedures zur Reduktion von Komplikationen bei der Behandlung chirurgischer Patienten in Form von Checklisten für die Tiermedizin beschrieben (Bergström et al. 2016, Cray et al. 2018, Hawker et al. 2021). Neben der Erhebung der prä- und postoperativen Tupferanzahl werden weitere kritische Punkte aufgegriffen, durch deren systematisch-standardisierte Behandlung möglicherweise eine Reduktion perioperativer Komplikationen erzielt werden kann. Generell sollte bei der Bearbeitung der Kontrolllisten das gesamte Operationsteam (einschließlich Anästhesisten und Tiermedizinische Fachangestellten) mit einbezogen werden, um die Abläufe auch zwischen den Abteilungen zu optimieren. Neben der Bestätigung der Patientenidentität werden unter anderem patientenspezifische Besonderheiten bezüglich der Narkose, des geplanten Eingriffs sowie des notwendigen Equipments abgehandelt. Eine individuelle Anpassung der Checklisten an die jeweilige Einrichtung ist zu empfehlen.

Ethische Anerkennung 

Die Autoren versichern, während des Entstehens der vorliegenden Arbeit die allgemeingültigen Regeln Guter Wissenschaftlicher Praxis befolgt zu haben. 

Conflict of interest

Die Autoren versichern, dass keine geschützten, beruflichen oder anderweitigen persönlichen Interessen an einem Produkt oder einer Firma bestehen, welche die in dieser Veröffentlichung genannten Inhalte oder Meinungen beeinflussen können. 

Autorenbeitrag

Konzeption der Arbeit: DG, CT.
Datenerhebung, Manuskripterstellung: DG.
Kritische Revision des Artikels: CS, HL, CT. 

Über den Autor

Dennis Gluding: Studium der Veterinärmedizin in Gießen (2010–2016). Promotion über lumbosakrale Übergangswirbel beim Deutschen Schäferhund. Derzeit in Weiterbildung zum Fachtierarzt für Kleintierchirurgie und Residency ECVS an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Korrepondenzadresse: Klinikum Veterinärmedizin, Klinik für Kleintiere, Chirurgie, Justus-Liebig-Universität Gießen, Frankfurter Straße 114, 35392 Gießen, dennis.gluding@vetmed.uni-­giessen.de

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