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Foto: Marie Sophie Schuchardt

Inhaltsverzeichnis

Kleintierpraxis

Entwicklung eines optimierten Abdrucklöffelsystems zur zahntechnischen Abformung des Hundegebisses

Development of an optimised dental tray system for the dental impression of the canine dentition

Kleintierpraxis 66, 388–395

DOI: 10.2377/0023-2076-66-388

Publiziert: 07/2021

Zusammenfassung

Der Abdrucklöffel hat auch in der Tierzahnheilkunde eine wesentliche Bedeutung für die Zahnbogenabformung. Konfektionierte Abdrucklöffel für Kleintiere stehen derzeit nicht zur Verfügung. Aufgrund der Formvarianz der Kiefer verschiedener Hunderassen und -größen wurden deshalb Messdaten aus CT-Schädelaufnahmen von 50 Hunden mittlerer Größe und mesozephaler Kopfform erfasst, transformiert und in Form von Koordinatenpunkten dargestellt. Aus diesen Daten wurden virtuelle Löffelmodelle entwickelt und danach im 3D-Druckverfahren hergestellt. Es wurden jeweils für den Ober- und Unterkiefer drei unterschiedlich große Abdrucklöffel entwickelt.

Abdrucklöffel
additive Fertigungsverfahren
computer-aided design

Summary

The dental impression tray is of major importance for dental arch impressions even in veterinary dentistry. Ready-made impression trays for small animals are currently not available. Due to the variance in shape of the jaws of different dog breeds and sizes, measurement data from CT skull images of 50 dogs of medium size and mesocephalic head shape were recorded, transformed and displayed in the form of coordinate points. Virtual impression tray models were developed from this data and then produced by 3D printing process. Three impression trays of different sizes were developed for the upper and lower jaw.

Impression tray
additive manufacturing processes
computer-aided design

Einleitung

Die stetig fortschreitende technische Entwicklung in der Tierzahnheilkunde ermöglicht modernste Behandlungsmethoden nach dem Vorbild der humanmedizinischen Zahnversorgung. Abformungen von Zahnreihen finden in den unterschiedlichsten Behandlungen Anwendung, wie zum Beispiel bei geplanten kieferorthopädischen Maßnahmen, gutachterlichen forensischen Fragestellungen und in der Prothetik (vgl. stellvertretend: Koch 2010, Pomara et al. 2011, Riedel et al. 2012, Santoro et al. 2011). Die forensische Odontologie stellt ein Anwendungsgebiet für Zahnreihenabformungen dar. Gipsmodelle, die auf Basis einer Abformung des Kiefers hergestellt werden, können vermessen und unter anderem die Caninispitzenabstände mit den Bisswunden verglichen werden. Dies ermöglicht Rückschlüsse auf den Verursacher (Santoro et al. 2011). Aufgrund der extremen kaninen Größen- und der Formvarianz der Kiefer bei Rassehunden (brachyzephale, mesozephale, dolichozephale Rassen) wie auch bei Mischlingen gestaltet sich die Entwicklung eines Abdrucklöffelsystems deutlich komplexer im Vergleich zur Humanmedizin. Hier kann die Mehrzahl der Zahnbögen problemlos mit wenigen Größenvarianten von Abdrucklöffeln abgeformt werden. Auch im Bereich der Entwicklung von Medizinprodukten bieten additive Fertigungsverfahren in der Kunststofftechnik („3D-Druck“) großen Fortschritt (Leupold und Glossner 2016). Im Rahmen dieser Studie sollten die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Entwicklung eines optimierten Medizinproduktes zum Zwecke der Abformung von Hundekiefern mittels Abdrucklöffel genutzt werden.

Folgende Vor- und Nachteile der zur Verfügung stehenden Abformmaterialien sind bekannt: Alginate sind häufig angewendete Abformmaterialien (Wagner 1997), jedoch halten Reichardt und Apelt (1977) diese für nicht empfehlenswert, wenn eine exakte Wiedergabe gewünscht ist. Sie schlagen Alginate zur Abformung bei der Herstellung von Situationsmodellen vor. Vor allem wegen der begrenzten Lagerfähigkeit des fertigen Alginatabdrucks empfiehlt Fahrenkrug (1984) die Verwendung von Silikonabformmassen. Shipp und Fahrenkrug (1992) raten später zur Verwendung von Elastomeren, da Alginate nicht ausreichend dimensionsstabil sind, sie heben Silikone als bestgeeignet für eine tierzahnärztliche Abformung hervor. Auch Bieniek und Küpper (1988) beschreiben die Verwendung von Alginat nur für die Abformung des Gegenkiefers. Sie verwenden additionsvernetzende Silikone für die Kieferabformung, die im Zentrum der Behandlung steht. Marxkors et al. (2008) beschreiben Alginate als Abformmaterial für funktionelle Situationsabformungen als praktisch konkurrenzlos. Coffman et al. (2019) listen die Vor- und Nachteile der Abformmaterialien auf. Sie gehen auf Alginate als passendes Material für weniger exakte Modelle ein und nennen Polyvinylsiloxane (additionsvernetzende Silikone) als ideales Abdruckmaterial einer detailgetreuen Abformung für eine Kronenrestauration.

Die Schichtdicke der Abdruckmaterialien ist ein entscheidendes Kriterium für die Genauigkeit der Abformung, daher wurde in der eigenen Studie unter anderem die unterschiedlich starke Divergenz der Ober- und Unterkiefercanini errechnet und bei der Konstruktion berücksichtigt. Wagner (1997) zitiert die Empfehlungen von Marxkors und Meiners (1993), bei Alginat eine minimale Schichtdicke von 0,5 cm und für Elastomere eine Schichtdicke von 0,3 cm einzuhalten.


Top Job:


Für die Abdrucklöffelentwicklung wurden in der Vergangenheit entwickelte und erhältliche veterinärmedizinische und aktuelle humanmedizinische Abdrucklöffelmodelle erfasst und orientierend ausgewertet. Konfektionierte Abdrucklöffel sind derzeit am veterinärmedizinischen Markt nicht erhältlich. Ziel der Studie war es deshalb, Abdrucklöffel für Unter- und Oberkiefer von Hunden zur optimierten zahntechnischen Abformung der Hundegebisse zu entwickeln. Industriell herstellbare Standardlöffel mit einem möglichst breiten Anwendungsspektrum für anatomische und pathologische Gebissdokumentationen und zahnärztliche kurative Therapieverfahren sollten so vorliegen. Dazu sollten verschiedene Hundekiefer anhand von computertomografischen Aufnahmen systematisch vermessen werden, um nach Transformation im Koordinatensystem und Entwicklung virtueller Modelle im 3D-Druckverfahren eine Serie bestpassender Abdrucklöffel für eine Vielzahl von Schädelgrößen zu entwickeln.

Material und Methoden

Patientengut

Zur Festlegung der Abdrucklöffelgrößen wurden die Schädel von 50 Hunden verschiedener Rassen und Größen vermessen. Die Messungen der Kieferlängen, Caninuspositionen und -abstände wurden anhand von Computertomogrammen durchgeführt. Das Patientengut entstammt dem Archiv der CT-Dateien der Klinik für Kleintiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Diese Hunde wurden aus unterschiedlichen Gründen in der Klinik für Kleintiere vorstellig und ihre Schädel computertomografisch untersucht. Ausgenommen wurde das Bildmaterial von Hunden mit Kieferfrakturen oder deformierenden Knochenerkrankungen, da ein physiologischer Zahnbogen als Messvoraussetzung galt. Einschlusskriterium für die Messungen war ein Mindestalter von neun Monaten, da unter anderem von Fahrenkrug (2007) postuliert wird, dass der Zahnwechsel beim Hund in der Regel mit maximal acht Monaten abgeschlossen ist. Als weiterer zu berücksichtigender Einflussfaktor wurden Hunde der Gewichtsklasse zwischen 20 und 40 kg ausgewählt, da die zu entwickelnden Abdrucklöffel überwiegend für Indikationen bei Hunden dieser Klassen benötigt werden. Dabei handelt es sich weitgehend um Hunde, die als Polizei-, Dienst- oder Arbeitshunde genutzt werden. Brachy- und dolichozephale Hunde wurden nicht berücksichtigt, weil diese eine erhebliche Varianz in der Schädelform aufweisen und deshalb kein gemeinsamer Abdrucklöffel realisierbar erschien.

Bei allen Patienten wurden das Alter, das Geschlecht, das Körpergewicht und, wenn möglich, die Rasse dokumentiert. Die in die Messserie aufgenommenen Hunde wurden im weiteren Verlauf in drei Gruppen, differenziert nach der Unterkieferlänge der Schädel, eingeteilt.

Material und Methoden

Die computertomografische Untersuchung der Hundeköpfe wurde in einem 64-Zeilen-Computertomograf (Brilliance 64, Philips Medical Systems, Best, Niederlande) der Klinik für Kleintiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführt. Die Untersuchung erforderte dazu eine Allgemeinanästhesie der Hunde. Die Lagerung der Tiere während der CT-Untersuchung war abhängig von der Erkrankung und somit dem Untersuchungsgrund. Die Auswertung der CT-Bilder erfolgte an der Phillips Workstation im Knochenfenster. Die Messungen erfolgten anhand der vorliegenden CT-Aufnahmen bei einer Schichtdicke von 2 mm. Mögliche unterschiedliche indikationsbedingte Lagerungen der Hundeköpfe während der CT-Untersuchung ließen sich mit der Auswertungssoftware durch dreidimensionales Rotieren der abgebildeten Strukturen korrigieren.

In den Abbildungen 1 und 2 sind die gemessenen Abstände der verschiedenen, zuvor festgelegten Zahnpunkte zu sehen. Dabei wird zunächst für die Bestimmung der Gesamtkieferlänge der Abstand von einer Hilfslinie, die vor den Incisivi verläuft, bis zu einer parallelen Hilfslinie hinter dem letzten Backenzahn gemessen. In Tabelle 1 sind diese Messpunkte aufgelistet.

Die gemessenen Werte wurden für die Übertragung in das CAD-Programm in Koordinaten transformiert. Die Y-Achse stellte die Mittellinie des Zahnbogens dar. Der gemessene Abstand von den Incisivi bis zu M2 bzw. M3 gab den maximalen Y-Wert an und bildete eine Schnittstelle mit der Y-Achse. Die X-Werte ergaben sich aus den gemessenen Abständen zur Mittellinie des Zahnbogens. Für bestimmte Zahnpunkte, für die in den CT-Aufnahmen ein X-Wert durch den Abstand zur Mittellinie exakt vermessen wurde, wurde ein zugehöriger Y-Wert festgelegt: Im Oberkiefer wurden die Y-Werte der Punkte Caninusbasis (80 %), P4 (30 %) und M1 (15 %) im Verhältnis zu dem Abstand zwischen Incisivi und M2 errechnet. Im Unterkiefer wurden die Y-Werte der Punkte Caninusbasis (70 %) und M1 (30 %) im Verhältnis zu dem Abstand zwischen Incisivi und M2 errechnet. Somit konnten jedem gemessenen Wert eine X- und Y-Koordinate zugeordnet werden. Die Länge der jeweiligen Zähne wurde anhand der Z-Koordinaten abgebildet. Da der hintere Teil des Zahnbogens im CAD-Modell vereinfacht dargestellt werden sollte, wurde die gemessene Höhe von M1 (im UK) bzw. P4 (im OK) auf die übrigen Punkte im Backenzahnbereich übertragen. Im Frontzahnbereich wurde die gemessene Länge des I3 ebenso als Z-Koordinate für die vorderen Zähne übernommen. Um den Zahnbogen detailliert im CAD-Programm abbilden zu können, wurden die Koordinatenpunkte im Incisivibereich erweitert und jeweils im Bereich x = ±1 cm zusätzlich dargestellt. Im Anschluss an die Erhebung und Transformation der Messdaten in Koordinaten wurden diese zur Konzeptionierung eines Abdrucklöffels verwendet.

Die 50 Tiere wurden in Gruppen eingeteilt, die dann jeweils die 20 kleinsten, 20 mittleren und 20 größten Hunde enthalten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass durch die Kieferformvarianzen Hunde in zwei Gruppen erscheinen können. Als Kriterium zur Gruppierung der Messreihen wurde die Unterkieferlänge der Schädel gewählt. Innerhalb der Gruppe wurde von jedem Koordinatenpunkt der Mittelwert gebildet, sodass jeweils für den Ober- und den Unterkiefer circa 30 neue Koordinatenpunkte entstanden, die den Durchschnitt der 20 Zahnbögen repräsentieren. Die Einteilung in diese drei Gruppen verfolgt das Ziel, bei einer praktikablen und überschaubaren Anzahl an Abdrucklöffeln zu bleiben, zugleich möglichst viele der mittelgroßen, mesozephalen Hunderassen abformen zu können und somit den bestmöglichen Kompromiss zu erreichen. Das Ergebnis der Berechnungen waren sechs Sätze zu je 30 Koordinatenpunkten, die für den Ober- und Unterkiefer je einen kleinen, mittleren und großen Zahnbogen darstellen. Mithilfe dieser Koordinaten ließen sich die Zahnbögen in einem computer-aided design Programm (CAD) darstellen.

Da die Zahnbogengitter als Basis zur Modellierung der späteren Abdrucklöffel dienten, wurden alle Koordinatenpunkte um den Abstand, der zwischen dem Zahnbogen und der Abdrucklöffelinnenfläche einzuhalten ist, erweitert. Die Schichtdicke der Abformmaterialien sowie die Abformtechnik waren entscheidend für die Detailgenauigkeit des Modells. Die unterschiedliche Divergenz der Unterkiefer- und Oberkiefercanini sollte bei der Entstehung eines Abdrucklöffels aufgrund des direkten Zusammenhangs zur notwendigen Abformmaterialschichtdicke beachtet werden. Alle Koordinatenpunkte wurden deshalb um 5 mm erweitert, um einen ausreichenden Abstand zwischen dem Zahnbogen und dem Abdrucklöffel zu gewährleisten. Aufgrund der abweichenden Divergenz der Canini wurden die Koordinatenpunkte im Caninusbereich im Unterkiefer um 12 mm und im Oberkiefer um 8 mm erweitert.

Mithilfe der CAD/computer-aided design Software nx11 (Siemens PLM Software, Plano, Texas, USA) wurden die Gitter als dreidimensionale Skizze erstellt (siehe Abb. 3). Die Außenkontur der Gitter wurde bei der Überführung in diese CAD-Skizze um 2 mm in Richtung des Normalenvektors vergrößert, um bei einer späteren Realisierung ausreichender Wandstärke eine Verkleinerung des Innenraums zu vermeiden. Die Gitter stellen dabei die Begrenzung des Abdrucklöffels dar. In dem verwendeten CAD-Programm wird schrittweise eine Form erstellt. Ausgehend von einem kugelförmigen Körper wird in der freien Konstruktion der Abdrucklöffel modelliert.

Ergebnisse

Die Abdrucklöffelkonstruktion erfolgte mithilfe der Gitterstrukturen, die den sechs unterschiedlich großen Abformprodukten als Größenbegrenzung dienten. Dabei wurde die Wandstärke auf 2 mm festgelegt. Im Fachgebiet Allgemeine Radiologie und Medizinische Physik der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover wurden die Modelle in einem additiven Fertigungsverfahren mit Polymergipstechnik (3D-Drucker Typ ZPrinter450 Fa. 3dSystems, Rock Hill, South Carolina, USA) gefertigt und anschließend mit Cyanacrylat-Klebstoff manuell nachbearbeitet, um dem Polymergipsmaterial durch vollständige Polymerisation die nötige Stabilität zu verleihen. Kleine manuelle Änderungen und letzte Details wurden schließlich im Dentallabor mit dem Handstück und kreuzverzahnten Fräsern vorgenommen. Eingebrachte Schlitze, die bestenfalls das Adhäsiv während der Abformung ersetzen sollen und für eine Verbesserung des Haftverhaltens sorgen, wurden ebenfalls manuell nachbearbeitet. Die abgebildeten Abdrucklöffelsets stellen das Ergebnis der Arbeit dar (siehe Abb. 4, 5 und 6).

Diskussion

Ziel der Studie war es, einen optimierten Abdrucklöffel für Hunde zu entwickeln. Aufgrund der immensen Größen- und Rassenvarianz bei Hunden sollten vorrangig diejenigen Hunde eingeschlossen werden, bei denen nach Kopfform und Gewichtsklasse die Indikation einer Abdrucknahme in der tierzahnärztlichen Praxis erfahrungsgemäß am häufigsten vorliegt. Kleinsthunde, brachyzephale Rassen und extrem breitschädelige Hunde wurden nicht erfasst; für diese seltenen Patienten wird die Anfertigung eines individuellen Abdrucklöffelsatzes empfohlen. In den 1990er-Jahren konnte man im amerikanischen Fachhandel für den Hund konfektionierte Abdrucklöffel erwerben. Die verschiedenen Modelle für den UK enthielten dabei vereinzelt Aussparungen im Mittelbereich, um das Unterzungensegel während der Abdrucknahme vor Verletzungen zu schützen. Teilweise waren diese auch mit Perforationen versehen. Die Herstellung dieser in verschiedenen Größen in der Vergangenheit erhältlichen Abdrucklöffel wurde eingestellt. Damit stehen diese auch in Deutschland zuvor vermarkteten Modelle inzwischen nicht mehr im veterinärmedizinischen Handel zur Verfügung.

Verschiedene Anwendungsgebiete für Abdrucklöffel liegen vor. Diese betreffen einerseits die Prothetik, wenn beispielsweise die Überkronung eines Zahnes geplant ist (Fahrenkrug 1982, 1984, Reichart und Apelt 1977, Shipp und Fahrenkrug 1992). Daneben erfordert die forensische Odontologie eine Zahnreihenabformung. Dabei können Zahnabdrücke in durch Bisse entstandenen Wunden mit den auf Abdrucknahme basierenden Kiefermodellen verglichen werden. Damit kann im Nachhinein ermittelt werden, welches an einer Beißerei beteiligte Tier ursächlich zu der Bissverletzung beigetragen hat (Santoro et al. 2011). Darüber hinaus erfolgt häufig im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung eine Abdrucknahme. Die Entwicklung der Abdrucklöffel basierte auf Messungen von 50 Hundeschädeln, bei denen Daten über computertomografische Aufnahmen vorlagen. Über eine vergleichbare kraniometrische Vorgehensweise berichten Endo et al. (1997) an Wolfsschädeln sowie Rooppakhun et al. (2010) am Menschen. Die Messungen der eigenen Schädel fanden an definierten Eckpunkten des Zahnbogens statt. Dabei kann eine geringfügige Mess­unschärfe bei der Abstandsmessung der Caninibasis entstanden sein. So konnte im Knochenfenster der computertomografischen Aufnahmen nicht mit größter Präzision ausgemacht werden, auf welcher Höhe sich die Zahnfleischkante befindet. Da sich der Abstand zwischen den Canini im Unterkiefer in Richtung der apikalen Zahnbasis verjüngt, wurde deshalb bei den Messungen ein Näherungswert aus den gemessenen Abständen ermittelt. Im Rahmen der späteren Produktentwicklung wurde dieser Messpunkt deshalb kritisch eingestuft. Zukünftig ließe sich diese Problematik in einer weiteren Versuchsreihe validieren, indem zum Beispiel die CT-Messungen mit der tatsächlichen Situation in der Maulhöhle des betreffenden Hundes verglichen werden.

Im Anschluss an die Messungen wurden die Punkte in Koordinatenpunkte umgerechnet und erweitert. Mithilfe dieser Koordinatenpunkte lassen sich die Zahnreihen in einem computer-aided design Programm (CAD) als dreidimensionale Körper darstellen. Für diese Umrechnung wurden einzelne Messpunkte um Informationen ergänzt, sodass jedem X-Wert auch ein Y- und Z-Wert zugeordnet und somit eindeutig im Koordinatensystem abgebildet werden kann. Alle Messwerte wurden in drei Gruppen eingeteilt nach der Länge des jeweiligen Unterkieferastes. Die Analyse der Messdaten zeigt, dass die jeweilige Länge des Unterkiefers bei mesozephalen Rassen maßgeblich die Schädelgröße bestimmt und somit als Kriterium für die Größeneinteilung herangezogen werden kann. Die Einteilung in drei Gruppen wurde gewählt, um einen optimalen Kompromiss zwischen der Anzahl an Abdrucklöffelvarianten auf der einen sowie einer adäquaten Abbildung von Form- bzw. Größenunterschieden der vermessenen Kiefer auf der anderen Seite zu gewährleisten. Innerhalb dieser Gruppen wurden Mittelwerte errechnet, um die 20 kleinsten, 20 mittleren und 20 größten Hundekiefer in jeweils einem Modellsatz OK/UK darzustellen. Da sich der Großteil der Abformindikationen im vorderen Bereich der Maulhöhle wiederfindet, wurden die Abdrucklöffel so gestaltet, dass ca. 80 % der vermessenen Kiefer­länge abgeformt werden können. Somit ist die Abformung des 4. Prämolaren im Oberkiefer bzw. 1. Molaren im Unterkiefer zur Reißzahnüberkronung möglich. Bei der Größenerrechnung der zu entwickelnden Abdrucklöffel musste außerdem der Raum zwischen der Zahnreihe und dem Abdrucklöffel Beachtung finden. Dazu muss die Divergenz der Eckzähne im Ober- und Unterkiefer errechnet und die Erhöhung der Schichtdicke des Abformmaterials in diesen Bereichen mit hoher Divergenz berücksichtigt werden. Die Wandstärke der späteren Prototypen wurde auf 2 mm festgelegt, was den bestmöglichen Kompromiss zwischen einem filigranen und doch stabilen Produkt darstellt.

Die Möglichkeiten in der additiven Fertigung (3D-Druck) erlauben mit der Wahl dieser Wandstärke einen funktionierenden Druckvorgang. Da diese Wandstärke nach Fertigstellung des Modells in der Freiformkonstruktion in einem weiteren Programm aufgedickt wurde, wurde bei der Errechnung der Koordinaten diese um den Wert (2 mm) ergänzt, um zu verhindern, dass bei der Wandaufdickung des Löffels der Innenraum zu klein wird. Die Freiformkonstruktion der Modelle wurde in dem computer-aided design (CAD) Programm nx11 (Siemens PLM Software, Plano, Texas, USA) erarbeitet. Die Herstellung der Prototypen erfolgte mithilfe eines additiven Fertigungsverfahrens. Die sechs anzufertigenden Abdrucklöffel – je drei für den Ober- und Unterkiefer – wurden in Polymergips gedruckt und anschließend in einem nächsten Arbeitsschritt mit einer Klebetechnik ausgehärtet (3D-Drucker Typ ZPrinter450 Fa. 3dSystems, Rock Hill, South Carolina, USA). An den so produzierten sechs Abdrucklöffeln wurden im zahntechnischen Labor mit Handstück und kreuzverzahnten Fräsern manuell kleine Nachbearbeitungen zur Finalisierung vorgenommen.

Bei der Freiformkonstruktion dieser Abdrucklöffel dienten Kunststofflöffel als Vorbild, die in den 1990er-Jahren von Beard, Gary B. in Amerika modellhaft gefertigt wurden, deren Produktion aber nicht weiterverfolgt wurde. Die damaligen Modelle enthalten Perforationen und Vertiefungen im Caninibereich und weisen für die Unterkieferabformung Aussparungen für die Zunge bzw. den Zungenbandansatz auf. Diese Eigenschaften wurden bei der Entwicklung der Abdrucklöffel ebenfalls berücksichtigt. Des Weiteren sollte eine Kombination mit Eigenschaften zweier bekannter Abdrucklöffelsysteme zur sicheren Retention und Haftung des Abformmaterials am Löffel erfolgen. So zeichnet sich das Rim-Lock-System durch einen Retentionsrand aus, der das Abdruckmaterial am Lösen aus dem Löffel hindern soll (Lotzmann 1998). Der Rim-Lock-Abdrucklöffel ist in der Regel perforiert. Dagegen ist das von Prof. Schreinemakers entwickelte Border-Lock®-System charakterisiert durch einen nicht perforierten Löffel und Schlitze, die sich unterhalb der Löffelkante befinden. Die Schlitze unterhalb des Löffelrandes dienen der Entstehung von Staudruck, der dafür sorgt, dass sich das Abformmaterial in diese Retentionsschlitze ausdehnt und somit ausreichend Halt bietet (Dental Contact Vertriebs KG 2018). Die bekannten Vorteile der genannten Abformlöffel wurden bei der Realisierung der eigenen Löffel berücksichtigt. Darüber hinaus wurden Aussackungen im Caninusbereich integriert, die eine detaillierte Abformung der divergierenden Eckzähne zulassen. Auch wurden Aussparungen im Löffelmittelbereich für den Zungenbandansatz modelliert. Ein Retentionswulst am Löffelrand wurde konzipiert, um in Kombination mit den Border-Lock®-Schlitzen unter der Löffelabschlusskante für eine ausreichende Haftung des Abdruckmaterials im Löffel zu sorgen. Die Vereinigung dieser bewährten technischen Eigenschaften hebt diesen optimierten Abdrucklöffel von allen bisher existierenden Konzepten ab. Das konstruierte Abdrucklöffelset soll einen flächendeckenden Einsatz bei mittelgroßen Hunden ermöglichen. Es wurden drei verschiedene Löffelgrößen für die verschieden großen Hundeschädel konzipiert, um eine praktikable Methode zur Abformung für die tägliche tierärztliche Praxis zur Verfügung zu stellen.

Die Studie zeigt, dass die Entwicklung eines Abdrucklöffels für die Tierzahnheilkunde unter Zuhilfenahme der zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten der additiven Fertigungsverfahren realisierbar ist. Anwenderfreundliche Abdrucklöffel sollten aus Kunststoff bestehen. Die Vorteile dieser Kunststoffverbunde gegenüber der in der eigenen Studie zur Veranschaulichung der Ergebnisse verwendeten Polymergipstechnik sprechen für sich. Sie sind widerstandsfähiger, desinfizierbar und somit für den Einsatz in der Maulhöhle des Hundes geeigneter. Das finale Material des Abdrucklöffels sollte robust sein und einem gewissen Druck standhalten können. Ferner ist die Desinfizierbarkeit ein entscheidendes Merkmal eines Medizinprodukts. Die Anwendung von additiven Fertigungsverfahren und modernen technischen Möglichkeiten in der Kleintiermedizin sowie der Herstellung von Medizinprodukten wird aktuell auch von Klasen (2020) hervorgehoben. Der Einsatz von Intraoralscannern in der Tierzahnheilkunde kann eine spannende Erweiterung der diagnostischen Möglichkeiten darstellen und beispielsweise zur Individualisierung der Abdrucklöffel aus dem 3D-Drucker dienen. Der Fokus der Studie lag auf der Entwicklung der Abdrucklöffel mit dem Ziel, den möglichen Produktionsweg von computertomografischen Messungen über die Konstruktion im CAD-Programm bis zur additiven Fertigung aufzuzeigen. Darüber hinaus sind vielfältige weitere Möglichkeiten bei einer finalen Produktentwicklung denkbar. Beispielsweise sollten in einer potenziellen nachfolgenden Versuchsreihe Prototypen aus verschiedenen Materialien getestet werden. Außerdem sollte auch eine Systematik entwickelt werden, die je nach Hundeschädelgröße und -form die Auswahl der geeigneten Abdrucklöffelgröße erleichtert. So könnte beispielsweise eine Beziehung zwischen den Caninispitzenabständen der einzelnen Hunde und der Wahl der bestpassenden Löffelgröße hergestellt werden, um so später anhand der Vermessung der Eckzähne in der Praxis den optimalen Abdrucklöffel zu ermitteln.

Ethische Anerkennung

Die Autoren versichern, während der Entstehung der vorliegenden Arbeit die allgemeinen Regeln Guter Wissenschaftlicher Praxis befolgt zu haben.

Conflict of Interest

Hiermit erklären die Autoren, dass sie keine geschützten, finanziellen, beruflichen oder anderen persönlichen Interessen an einem Produkt oder einer Firma haben, welche die in dieser Veröffentlichung dargestellten Inhalte oder Meinungen beeinflussen könnten.

Funding

Diese Arbeit wurde nicht finanziell unterstützt.

Autorenbeitrag

Konzeption/Design: MSS, PF, MF.
Datenerhebung: MSS, ML, PD.
Datenanalyse: MSS.
Manuskriptentwurf: MSS.
Kritische Revision: MF.
Endgültige Zustimmung: ML, PD, MF.

Danksagung

Dieser Artikel umfasst Auszüge der gleichnamigen Dissertation, die von Peter Fahrenkrug initiiert und mitbetreut wurde. Die Autoren sind sehr dankbar für die Zusammenarbeit und möchten hiermit ihm zu Ehren die Dissertation vorstellen.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Michael Fehr, Klinik für Heimtiere, Reptilien, Zier- und Wildvögel, Bünteweg 9, 30655 Hannover, michael.fehr@tiho-hannover.de

Literatur

Bieniek KW, Küpper H (1988): Hi-Ceram: Ein neues Verfahren zur prothetischen Rehabilitation von Hundezähnen. Kleintierprax 33(3): 93–98.
Coffman C, Visser C, Soukup J, Peak M (2019): Crowns and Prosthodontics. In: Lobprise H, Dodd J (eds.), Wiggs’s Veterinary Dentistry. 2nd ed. Wiley-Blackwell, Hoboken, NJ, 387–410.
Dental Contact Vertriebs KG (2018): Border-Lock®. Die neue Alternative zu Rim-Lock. www.border-lock.de (zuletzt abgerufen am 29.06.2021).
Endo H, Obara I, Yoshida T, Kurohmaru M, Hayashi Y, Suzuki N (1997): Osteometrical and CT Examination of the Japanese Wolf Skull. J Vet Med Sci 59(7): 531–538.
Fahrenkrug P (1982): Stand und Möglichkeiten der Zahnheilkunde bei Haushunden. Hamburg, Univ., Fachber. Medizin, Diss. med. dent.
Fahrenkrug P (1984): Handbuch der Zahnbehandlung in der Kleintierpraxis. Albrecht GmbH, Aulendorf.
Fahrenkrug P (2007): Zahnerkrankungen. In: Grünbaum EG, Schimke E (Hrsg.), Klinik der Hundekrankheiten. Enke, Stuttgart, 599–620.
Klasen J (2020): 3D-Druck in der Tierzahnheilkunde: Anwendung innovativer digitaler Technologien in der praktischen tierzahnärztlichen Arbeit. Kleintiermed 1: 30–33.
Koch D (2010): Behandlung von Zahnfrakturen bei Hunden und Katzen. https://dkoch.ch/fileadmin/user_upload/PDF/Behandlung_von_Zahnfrakturen… (zuletzt abgerufen am 29.06.2021).
Leupold A, Glossner S (2016): 3D-Druck, Additive Fertigung und Rapid Manufacturing: Rechtlicher Rahmen und unternehmerische Herausforderung. Vahlen, München, 9–14.
Lotzmann U (1998): Okklusionsschienen und andere Aufbißbehelfe: Grundlagen zur Theorie und Praxis; ein Nachschlagewerk. Neuer Merkur, München.
Marxkors R, Meiners H (1993): Taschenbuch der zahnärztlichen Werkstoffkunde. 4. Aufl. Hanser, München.
Marxkors R, Meiners H, Geis-Gerstorfer J (2008): Taschenbuch der zahnärztlichen Werkstoffkunde. 6. Aufl. Deutscher Zahnärzte Verlag, Köln.
Pomara C, D‘errico S, Jarussi V, Turillazzi E, Fineschi V (2011): Cave canem: bite mark analysis in a fatal dog pack attack. Am J Forensic Med Pathol 32: 50–54.
Reichart P, Apelt K (1977): Technik der Überkronungen im Kleintiergebiß. Tierärztl Prax 5: 481–486.
Riedel K, Engels M, Bartmann CP (2012): Tierzahnheilkundliche Maßnahmen bei Diensttieren der Bundeswehr. Wehrmedizinische Monatsschrift. http://www.wehrmed.de/article/2147-tierzahnheilkundliche-massnahmen-beidiensttieren-der-bundeswehr.html (zuletzt abgerufen am 29.06.2021).
Rooppakhun S, Piyasin S, Vatanapatimakul N, Kaewprom Y, Sitthiseripratip K (2010): Craniometric Study of Thai Skull Based on Three-Dimensional Computed Tomography (CT) Data. J Med Assoc Thai 93(1): 90–98.
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Shipp AD, Fahrenkrug P (1992): Practitioners‘ guide to veterinary dentistry. Shipp‘s Lab., Beverly Hills, Ca.
Wagner K (1997): Die Untersuchung der Caninus-Divergenz beim Deutschen Schäferhund und ihre Bedeutung für die Anwendbarkeit verschiedener elastischer Abformmaterialien in der Tierzahnheilkunde. München, Univ., Tierärztl. Fak., Diss.

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