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Aufgehängte Dipbecher mit Kühen im Hintergrund.

Inhaltsverzeichnis

Der Praktische Tierarzt

Vergleichsuntersuchung von vier ausgewählten Milchproben in deutschen Mastitislaboren 2019

Comparative ring trial of four selected milk samples in German mastitis laboratories 2019

Der Praktische Tierarzt 101, 1104–1115

DOI: 10.2376/0032-681X-2038

Publiziert: 11/2020

Zusammenfassung

Die zytomikrobiologische Untersuchung von Viertelgemelksproben von Milchkühen ist eine in Deutschland weitverbreitete und bewährte Methode, um klinische und subklinische Mastitiden hinsichtlich des verursachenden Mastitiserregers und der somatischen Zellzahl zu analysieren. Zudem ist die Mastitisdiagnostik eine unverzichtbare Säule eines guten Eutergesundheitsmanagements. Die „Arbeitsgruppe Eutergesundheit“ der DVG-Fachgruppe Milchhygiene hat 2019 eine Vergleichsuntersuchung durchgeführt. Zweck der Untersuchung war es, Mastitislaboren die Möglichkeit zu geben, eine interne Qualitätskontrolle durchzuführen. Acht deutsche Mastitislabore haben an der Vergleichsuntersuchung teilgenommen. Die Proben wurden möglichst unbemerkt in die alltägliche Routinediagnostik der Labore eingeschleust. Die Vergleichsuntersuchung der vier Nativproben hat gute Übereinstimmungswerte hinsichtlich der zytomikrobiologischen Befunde und der Ergebnisse der Resistenzüberprüfungen zwischen den teilnehmenden Laboren ergeben. So lag beispielsweise die Übereinstimmung der teilnehmenden Labore in Bezug auf S. aureus sowie T. pyogenes bei 100 %. Bei Sc. uberis lag die Übereinstimmung bei 87,5 %. Nur eines der acht Labore wies hier „Nicht-aureus-Staphylokokken“ (NAS, ehemals KNS) aus. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die teilnehmenden Labore aufgrund des hohen Maßes an Standardisierung der Untersuchungsverfahren zuverlässige Ergebnisse liefern. Berücksichtigt werden muss jedoch, dass es sich um eine Vergleichsuntersuchung mit einer kleinen Probenzahl handelt und es einige Unterschiede hinsichtlich der diagnostischen Tiefe zwischen den Laboren gab. Mehr diagnostische Tiefe ist jedoch nur in dem Maße für den Praktiker von Nutzen, wie sich daraus praktische Maßnahmen ableiten lassen. Die diagnostischen Möglichkeiten übersteigen dabei häufig die Zahl differenzierter Maßnahmen bezüglich Mastitistherapie und -prävention.

Mastitis
zytomikrobiologische Untersuchung
Mastitislabor

Summary

The cyto-microbiological examination of bovine quarter milk samples is a widely used and proven method in Germany. The method is used to analyze clinical and subclinical mastitis milk with regards to the causative mastitis pathogen and the somatic cell count. Furthermore, the analysis of mastitis samples is essential for a good udder health management. The Udder Health Group of the German Veterinary Association has carried out a comparative study among mastitis laboratories in 2019 in order to give them the opportunity to perform an internal quality control. Eight German mastitis labs took part in the study. The samples were submitted to the laboratory processes unrecognizable. The comparative study of the 4 native samples showed good agreement regarding the cyto-microbiological findings and the results of the sensitivity testings between the participating labs. For example, the accordance of the labs with regards to S. aureus and T. pyogenes was 100%. In case of Sc. uberis the accordance was 87.5%. Only one out of eight laboratories wrongly found “non aureus Staphylococci” (NAS) in this sample. The outcome of the ring trial shows that the attending mastitis laboratories provide reliable results due to the high degree of standardization of their test procedures. However, it needs to be considered that it was a comparative study with low sample size and that several differences within the diagnostic depth of the laboratories were revealed. However, an increase in diagnostic depth is only beneficial for the veterinary practitioner, if practical measures can be derived. Hence, diagnostic opportunities often exceed the possibilities given concerning differentiated measures with regards to mastitis therapy and prevention in the field.

Mastitis
cyto-microbiological examination
mastitis laboratory

Einleitung

Mit der zytomikrobiologischen Untersuchung von Viertelgemelksproben boviner Milchdrüsen werden klinische und subklinische Mastitiden hinsichtlich des verursachenden Mastitiserregers und der somatischen Zellzahl analysiert. Zum Zwecke der Prävalenzdaten­erhebung hat die „Arbeitsgruppe Eutergesundheit“ der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) für das Jahr 2015 die mikrobiologischen Befunde der Routineeinsendungsproben von elf Mastitislaboren in acht Bundesländern ausgewertet. Insgesamt wurden in den erfassten Laboren 1,1 Millionen Milchproben untersucht, bei ca. 4,3 Millionen Milchkühen im Jahr 2015 in Deutschland (Statistisches Bundesamt 2016). Von 284.455 Erregernachweisen entfielen 30,5 % auf Sc. uberis, 28,5 % auf Nicht-aureus-Staphylokokken (NAS, ehemals KNS), 12,4 % auf S. aureus, 5,5 % auf Sc. dysgalactiae, 4 % auf E. coli, 4,8 % auf „andere Enterobacteriaceae“, 2,7 % auf Sc. agalactiae, 1,9 % auf „sonstige/nicht differenzierte Streptokokken, 1,3 % auf T. pyogenes und 8,2 % auf sonstige Erreger. Kontaminierte Proben wurden nicht berücksichtigt.

Um einen hohen Standard hinsichtlich der Diagnostik zu gewährleisten, wurden von der „Arbeitsgruppe Eutergesundheit“ der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft die „Leitlinien zur Labordiagnostik der Mastitis – Probenahme und mikrobiologische Untersuchung“ veröffentlicht, welche 2018 in der 3. Auflage erschienen (DVG 2018). Im Jahr 2019 hat die „Arbeitsgruppe Eutergesundheit“ der DVG-Fachgruppe Milchhygiene eine Vergleichsuntersuchung durchgeführt. Eingeladen wurden vor allem Labore mit Anbindung an Tiergesundheitsdienste, Landesämter, Tierseuchenkassen, aber auch private Mastitislabore, die angeben, nach den oben genannten Leitlinien zu arbeiten. Ziel war es, diesen Laboren die Möglichkeit zu geben, eine interne Qualitätskontrolle durchzuführen. Dabei handelte es sich um eine Vergleichsuntersuchung mit nativen Proben und nicht um einen standardisierten Ringversuch nach DIN EN ISO/IEC 17043 mit gespikten Proben. Das bedeutet, dass Milchproben genutzt wurden, welche tatsächlich unter Praxisbedingungen aus infizierten Eutervierteln gewonnen wurden. Bei standardisierten Ringversuchen werden hingegen im Labor erzeugte Proben genutzt. Hierbei wird häufig UHT-Milch mit dem gewünschten Mastitiserreger versetzt. Die genutzten Inokulate sind häufig höher als in Nativproben und eine Bestimmung der somatischen Zellzahl ist nicht möglich. Diese Proben könnten aus genannten Gründen in der Routinediagnostik leicht als Versuchs­proben identifiziert werden. Um die Bedingungen der täglichen Untersuchung von Einsendungsproben durch Landwirte und Tierärzte in der Vergleichsuntersuchung möglichst exakt nachzustellen, wurden im Rahmen dieses Versuchs Nativproben verwendet.

Ziel dieser Untersuchung war es, den Laboren eine selbstkritische Überprüfung ihrer Arbeit zu ermöglichen und die Ergebnisse zur Erregeridentifikation, Zellzahlbestimmung und der Resistenzprüfung miteinander zu vergleichen.


Top Job:


Material und Methoden

Probenahme

Am 03.11.2019 wurden Viertelgemelksproben von Kühen eines niedersächsischen Milchviehbetriebs genommen. In bereits vorangegangenen Untersuchungen konnte Sc. uberis als Leitkeim für diesen Betrieb identifiziert werden. So wurde Sc. uberis bei 25 % der untersuchten Mastitisfälle des Betriebes identifiziert. Anhand der aktuellen Daten der Milchleistungsprüfung wurden zunächst 13 Tiere mit erhöhter somatischer Zellzahl (SCC) (> 200.000 Zellen/ml) vorausgewählt. Vor der Probenahme, welche zur Melkzeit im Melkstand stattfand, wurden die Euterviertel mit erhöhter somatischer Zellzahl mithilfe eines Schalmtests [ab Schlierenbildung (+)] identifiziert. Von insgesamt 13 Eutervierteln mit positivem Schalmtest wurden jeweils kontaminationsfreie Milchproben in sterilen Glasflaschen mit einem Volumen von 200 ml nach den Vorgaben der DVG (2018) gewonnen. Die Probenflaschen enthielten jeweils 24 ml eines borsäurehaltigen Konservierers (Ly20), was den Empfehlungen von 1,2 ml auf 10 ml Milch entspricht (DVG 2018, Heeschen et al. 1969).

Diagnostik

Die Milchproben wurden direkt nach der Probenahme gekühlt in das Labor der Abteilung Mikrobiologie der Hochschule Hannover verbracht und dort nach den Vorgaben der DVG (2018) zytomikrobiologisch untersucht. Gewachsene Kolonien wurden zudem bereits nach 24 Stunden mithilfe des MALDI-TOF (MBT smart, Bruker Daltonik GmbH, Bremen) bestimmt, um Milchproben, in denen Mastitiserreger nachgewiesen werden konnten, möglichst schnell identifizieren und für den Versand an die teilnehmenden Labore vorbereiten zu können. Die Bestimmung der somatischen Zellzahl erfolgte mit dem SomaScopeTM Smart (Delta Instruments, The Netherlands, Drachten). Es wurden vier Milchproben ausgewählt, welche für die Vergleichsuntersuchung genutzt wurden. Zur Teilnahme an der Vergleichsuntersuchung wurden ausschließlich Labore ausgewählt, die eine Routinemastitisdiagnostik nach den Vorgaben der DVG (2018) durchführen. Eingeladen wurden vor allem Labore mit Anbindung an Tiergesundheitsdienste, Landesämter, Tierseuchenkassen, aber auch private Mastitislabore. Ziel war es, die Milchproben möglichst unbemerkt in die alltägliche Routinediagnostik der Labore einzuschleusen. Dazu wurden die vier Milchproben in für die Mastitisdiagnostik im jeweiligen Labor standardmäßig gebräuchlichen Milchprobenröhrchen (10 ml) kontaminationsfrei abgefüllt und mit einer fiktiven Tier- und Viertelidentifikation versehen. Waren laborspezifische Probenröhrchen nicht verfügbar, wurden die Milchprobenröhrchen des Labors der Abteilung Mikrobiologie der Hochschule Hannover verwendet. In den Röhrchen vorhandener Konservierer wurde verworfen, da die zur Probenahme genutzten Probenflaschen bereits einen Konservierer enthielten. Der Versand aller Milchproben an die acht teilnehmenden Labore erfolgte am 05.11.2019 auf dem Postweg mithilfe von Alias-Absendern. Für jeden Röhrchentyp wurden für jedes fiktive Euterviertel jeweils zwei Rückstellproben in den Probenröhrchen des gleichen Typs angefertigt. Je ein Röhrchen von jedem Typ und Euterviertel wurden bei Raumtemperatur und bei 6 °C gelagert. Diese Rückstellproben wurden erneut an Tag zwei und an Tag drei nach dem Versand wie zuvor untersucht, um mögliche Abweichungen durch den Untersuchungszeitpunkt, die Transporttemperatur oder das Probengefäß zu kontrollieren.

Ergebnisse

Zytomikrobiologische Untersuchung

Durch die zytomikrobiologische Untersuchung und die Bestätigung der Isolate mit dem MALDI-TOF konnten im Labor der Abteilung Mikrobiologie der Hochschule Hannover folgende Mastitiserreger in den für den Versand ausgewählten Milchproben nachgewiesen werden: Probe VR S. aureus/SCC 2.344.000 Zellen/ml; Probe HR T. pyogenes/SCC 1.365.000 Zellen/ml; Probe VL Sc. uberis/SCC 345.000 Zellen/ml; Probe HL kontaminiert (4 unterschiedliche NAS-Stämme/SCC 379.000 Zellen/ml). Die Untersuchungen der Rückstellproben an den Tagen zwei und drei ergaben keine Abweichungen.

Der Probeneingang der vorbereiteten und versendeten Milchproben in den teilnehmenden Laboren erfolgte bei allen Einrichtungen zwischen dem 06.11.2019 und dem 08.11.2019. Die Befund­erstellung erfolgte zwischen dem 08.11.2019 und dem 21.11.2019. Sieben der acht teilnehmenden Labore stellten die Befunde innerhalb von zwei bis fünf Tagen nach Probeneingang bereit. Ein teilnehmendes Labor lieferte die Befunde nach 13 Tagen. Zwei der acht Labore untersuchten die Proben mikrobiologisch, die somatische Zellzahl wurde jedoch nicht bestimmt.

Für die Probe VR (S. aureus/SCC 2.344.000 Zellen/ml) wiesen alle acht Labore S. aureus als Befund aus. Somit lag die Übereinstimmung der teilnehmenden Labore in Bezug auf den S. aureus-Befund bei 100 %. Ein Labor wies zusätzlich noch NAS aus. Die somatische Zellzahl der sechs ausweisenden Labore lag im Mittel bei 1.789.000 Zellen/ml (1.050.000–2.344.000 Zellen/ml). Für die Probe HR (T. pyogenes/SCC 1.365.000 Zellen/ml) wiesen alle acht Labore T. pyogenes aus. Auch hier lag die Übereinstimmung hinsichtlich des T. pyogenes-Befundes bei 100 %. Drei Labore wiesen jeweils einen zusätzlichen Erreger aus. Dies waren Sc. uberis, Sc. dysgalactiae und NAS. Die somatische Zellzahl der sechs ausweisenden Labore lag im Mittel bei 1.084.000 Zellen/ml (780.000–1.365.000 Zellen/ml). Sieben der acht Labore wiesen für die Probe VL (Sc. uberis/SCC 345.000 Zellen/ml) Sc. uberis bzw. Äskulin-positive Streptokokken aus. Ein Labor wies ausschließlich NAS aus. Damit lag die Übereinstimmung in Bezug auf den Sc. uberis-/Äskulinspaltende Streptokokken-Befund bei 87,5 %. Die somatische Zellzahl der sechs ausweisenden Labore lag im Mittel bei 327.000 Zellen/ml (275.000–412.000 Zellen/ml). Die Untersuchung der Probe HL (4 unterschiedliche Nicht-aureus-Staphylokokken[NAS]-Stämme)/SCC 379.000 Zellen/ml) ergab in vier Laboren den Befund NAS. Eines dieser Labore wies zusätzlich noch Äskulin-positive Streptokokken, Enterokokken und Sporenbildner als Befund aus. Als „kontaminiert“ wurde die Probe ebenfalls von einem Labor ausgewiesen. Des Weiteren wies eines der Labore das Ergebnis „ohne Befund“ und ein Labor das Ergebnis „ohne besonderen Befund aus“. Ein Labor machte keine Angaben. Die somatische Zellzahl der sechs ausweisenden Labore lag im Mittel bei 329.000 Zellen/ml (254.000-379.000 Zellen/ml). Die Ergebnisse der zytomikrobiologischen Untersuchung im Vergleich zu den Ergebnissen aus der MALDI-TOF-Untersuchung sind in Tabelle 1 dargestellt.

Resistenzprüfung

Insgesamt wurden 20 einzelne Wirkstoffe und sechs Wirkstoffkombinationen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft, wobei sich die Labore bezüglich der untersuchten Wirkstoffe unterschieden. Die Wirkstoffkombinationen Penicillin/Framycetin und Kanamycin/Cephalexin wurde von einigen Laboren mit den Wirkstoffnamen, von anderen Laboren mit dem Handelsnamen Benestermycin® bzw. Ubrolexin® (Boehringer Ingelheim, Ingelheim am Rhein) ausgewiesen.

Alle acht Labore führten eine Resistenzprüfung bezüglich der S. aureus-Befunde der Probe VR durch. Sechs Labore führten einen Agardiffusionstest und zwei Labore eine MHK-Wert-Bestimmung durch. Hinsichtlich der Agardiffusionstests von Wirkstoffen, die mindestens von zwei Laboren überprüft wurden, gab es folgende Abweichungen zwischen den Laboren: Ampicillin (drei Labore „sensibel“, ein Labor „intermediär“), Erythromycin (zwei Labore „sensibel“, ein Labor „intermediär“), Penicillin (fünf Labore „sensibel“, ein Labor „resistent“). Die restlichen Ergebnisse stimmten überein. Im Rahmen der MHK-Wert-Bestimmung der Labore vier und sieben wurden jeweils die gleichen Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen untersucht. Beide Labore wiesen S. aureus als sensibel für alle getesteten Wirkstoffe bzw. -kombinationen aus. Nur für die Wirkstoffe Cefquinom und Erythromycin gaben die beiden Labore unterschiedliche minimale Hemmstoffkonzentrationen an (Cefquinom 2 µg/ml und ≤ 1 µg/ml; Erythromycin ≤ 0,125 g/ml und 0,25 µg/ml). Die Ergebnisse der Agardiffusionstests zur Probe VR sind in Tabelle 2 und die der MHK-Wert-Bestimmung in Tabelle 3 dargestellt.

Zum T. pyogenes-Befund aus der Probe HR fertigten drei Labore eine Resistenzüberprüfung per Agardiffusionstest an und ein Labor führte eine MHK-Wert-Bestimmung durch. Die übrigen Labore verzichteten auf eine Resistenzüberprüfung. Auch hier unterschieden sich die getesteten Wirkstoffe. Bei Wirkstoffen, welche von zwei oder allen drei Laboren getestet wurden, gab es keine Unterschiede hinsichtlich der ausgewiesenen Wirksamkeit. Insgesamt wurden die T. pyogenes-Isolate in allen durchgeführten Resistenzprüfungen als sensibel gegenüber allen überprüften Wirkstoffen ausgewiesen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4 und 5 dargestellt.

Zum Befund Sc. uberis bzw. Äskulin-positive Streptokokken der Probe VL führten alle acht Labore eine Resistenzprüfung durch. Sechs Labore führten einen Agardiffusionstest und zwei Labore eine MHK-Wert-Bestimmung durch. Hinsichtlich der Agardiffusionstests von Wirkstoffen, die mindestens von zwei Laboren überprüft wurden, gab es folgende Abweichungen zwischen den Laboren: Ampicillin (drei Labore „sensibel“, ein Labor „intermediär“), Cefoperazon (vier Labore „sensibel“, ein Labor „resistent“), Cloxacillin (zwei Labore „sensibel“, ein Labor „resistent“, ein Labor „intermediär“), Erythromycin (zwei Labore „sensibel“, ein Labor „intermediär“), Penicillin (vier Labore „sensibel“, ein Labor „resistent“, ein Labor „intermediär“), Oxacillin (ein Labor „sensibel“, ein Labor „resistent“, ein Labor „intermediär“), Danofloxacin (ein Labor „sensibel“, ein Labor intermediär“). Die restlichen Ergebnisse stimmten überein. Im Rahmen der MHK-Wert-Bestimmung der Labore vier und sieben wurden jeweils die gleichen Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen untersucht. Bis auf Ampicillin (ein Labor „sensibel“, ein Labor „intermediär“) wiesen beide Labore Sc. uberis als sensibel gegenüber allen getesteten Wirkstoffen bzw. -kombinationen aus. Die Ergebnisse der Agardiffusionstests zur Probe VL sind in Tabelle 6 und die der MHK-Wert-Bestimmung in Tabelle 7 dargestellt.
Zwei Labore fertigten zum Befund NAS der Probe HL einen Agardiffusionstest mit unterschiedlichen Wirkstoffen bzw. Kombinationen an. Hinsichtlich der Agardiffusionstests von Wirkstoffen, die von beiden Laboren überprüft wurden, gab es folgende Abweichungen zwischen den Laboren: Cefoperazon (ein Labor „sensibel“, ein Labor „resistent“), Penicillin (ein Labor „sensibel“, ein Labor „resistent“). Die Ergebnisse sind in Tabelle 8 dargestellt. Ein Labor führte zum Befund NAS eine MHK-Wert-Bestimmung durch, welche in Tabelle 9 dargestellt ist.

Diskussion

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen große Übereinstimmungen der Labore hinsichtlich der isolierten Mastitiserreger und der somatischen Zellzahl aus nativen Milchproben. Bei keinem der teilnehmenden Labore kam es zu Missidentifizierungen. Die zuvor mithilfe des MALDI-TOF identifizierten Erreger S. aureus (VR), T. pyogenes (HR) und Sc. uberis bzw. Äskulinspaltende Streptokokken (VL) wurden von fast jedem Labor ausgewiesen. So lag beispielsweise die Übereinstimmung der teilnehmenden Labore in Bezug auf S. aureus und T. pyogenes bei 100 %, bei Sc. uberis bei 87,5 %. Nur ein Labor wies in der Probe VL mit NAS ein von der MALDI-TOF-Untersuchung abweichendes Ergebnis aus. In manchen Fällen wiesen einige Labore noch zusätzliche Erreger aus und auch die diagnostische Tiefe der einzelnen Labore zeigte Unterschiede. So differenzierten fünf Labore die Streptokokken der Probe VL bis zum Ergebnis Sc. uberis aus, wohingegen zwei Labore äskulinspaltende Streptokokken auswiesen. Dies zeigt sich auch bezüglich der Ergebnisse der Probe HL. Hier ergab die MALDI-TOF-Untersuchung vier unterschiedliche NAS-Stämme, wodurch die Probe nach DVG (2018) als „kontaminiert“ einzustufen ist.Hier wies ein Labor die Probe als „kontaminiert“ aus und ein Labor machte keine Angaben. Drei teilnehmende Labore wiesen NAS als Befund aus. Ein Labor wies NAS und zwei weitere Erreger aus. Des Weiteren gaben ein Labor „ohne Befund“ und ein Labor „ohne besonderen Befund“ als Ergebnis an. Die unterschiedlichen Ergebnisse der Labore lassen sich einerseits dadurch erklären, dass die Erregermengen in der Probe vermutlich sehr gering und bei einem Inokulat von 10 µl nicht bei jeder Untersuchung ausreichend waren, um den entsprechenden Erreger zu isolieren (Krömker et al. 2010). Andererseits ist die Unterscheidung verschiedener NAS ausschließlich aufgrund des phänotypischen Bildes der Kolonien nicht immer möglich. Zudem könnte auch hier die unterschiedliche diagnostische Tiefe der einzelnen Labore dazu geführt haben, dass die in der Probe vorhandenen NAS-Stämme von einigen Laboren unterschieden wurden und die Probe als „kontaminiert“ ausgewiesen wurde. Berücksichtigt werden muss, dass im Rahmen der Vergleichsuntersuchung keine standardisierten, gespikten Proben verwendet wurden, sondern dass es sich um native Milchproben handelte. In Bezug auf die Definition einer „kontaminierten“ Probe gab es ebenfalls Abweichungen zwischen den Laboren. So wies ein Labor bis zu vier unterschiedliche Erreger aus, ohne die Probe als „kontaminiert“ zu kennzeichnen. Da somatische Zellzahlen nicht normalverteilt sind, ist es notwendig, diese in den Somatic Cell Score (SCS) umzurechnen, um mögliche Unterschiede erkennen zu können (Ali und Shook 1980, Wiggans und Shook 1987). Bezogen auf Probe VR (S. aureus) liegt der SCS für alle Zellzahlergebnisse der Labore bei sechs. Auch hinsichtlich der Bestimmung der somatischen Zellzahl der anderen Proben stimmt der SCS aller Ergebnisse überein. Somit erzielen die Labore im Rahmen dieser Untersuchung eine sehr gute Übereinstimmung. Betrachtet man die Zeiträume zwischen Probeneingang und der Befunderstellung durch die Labore, ergeben sich einige Unterschiede. Erklärt werden können diese Unterschiede durch unterschiedliche Arbeitszeiten in den Laboren (Wochenendarbeit ja/nein), die Art der gewählten Medien zur Befundübermittlung, aber vermutlich auch durch eine unterschiedliche Einschätzung der Bedeutung der Geschwindigkeit der Diagnostik. So wären bei Proben mit unmittelbarer Konsequenz, wie beispielsweise einer Therapieentscheidung, eher eine schnellere Diagnostik gewünscht als bei Proben, die zu Erhebung epidemiologischer Daten untersucht werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass eine Therapieentscheidung bei klinischen Mastitiden aufgrund der Dauer einer ordentlichen Diagnostik, zuzüglich eines möglichen Postweges von mindestens ein bis zwei Tagen, vor Erhalt der Befunde getroffen werden muss. Bei anderen Indikationen, wie beispielsweise der Erhebung von epidemiologischen oder Resistenzdaten zur Erstellung von Präventions- oder Therapiekonzepten, spielt der Faktor Zeit eine weniger große Rolle. Die Untersuchung von Milchproben im Labor ist unverzichtbar für ein gutes Eutergesundheitsmanagement, die Dauer der Untersuchung jedoch bei nur wenigen Indikationen entscheidend.

Auch hinsichtlich der Resistenzprüfungen ergaben sich insgesamt nur geringe Abweichungen. Wichtig zu erwähnen ist, dass für die in Deutschland für die Anwendung in der bovinen Milchdrüse zur Behandlung von Mastitiden therapeutisch verwendeten antimikrobiellen Wirkstoffe, bis auf Cefquinom und Pirlimycin, keine klinischen Breakpoints existieren. Aus diesem Grund müssen Hilfsgrenzwerte genutzt werden. Diese stammen aus verschiedenen Quellen (pharmazeutische Unternehmen, CLSI etc.) und basieren auf Untersuchungen, die sich auf andere Infektionsorte oder andere Säugetiere beziehen können.

Fazit für die Praxis

Die durchgeführte Vergleichsuntersuchung zeigt eine gute Übereinstimmung hinsichtlich der zytomikrobiologischen Befunde und der Ergebnisse der Resistenzüberprüfungen nativer Milchproben bei acht Mastitislaboren in Deutschland, welche nach den Vorgaben der DVG (2018) arbeiten. Hinsichtlich der diagnostischen Tiefe und der Angabe von kontaminierten Proben ergaben sich einige Unterschiede. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass die Ergebnisse in der täglichen Praxis unterschiedlich aussagekräftig sind. Mehr diagnostische Tiefe ist nur in dem Maße für den Praktiker von Nutzen, wie sich daraus praktische Maßnahmen ableiten lassen. Die diagnostischen Möglichkeiten übersteigen dabei häufig die Zahl differenzierter Maßnahmen bezüglich Mastitistherapie und -prävention. Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass die Umsetzung der „Leitlinien zur Labordiagnostik der Mastitis – Probenahme und mikrobiologische Untersuchung“ der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft in den Laboren eine Hilfestellung zur einheitlichen Untersuchung von Mastitisproben mit zuverlässigen und vergleichbaren Ergebnissen bietet. Kontinuierliche Vergleichsuntersuchungen sind ein gutes Instrument, um die Analyse und die Befunde der Labore langfristig weiter zu vereinheitlichen und so die Untersuchungsqualität der Mastitislabore durch selbstkritische Überprüfung der eigenen Arbeit noch weiter zu verbessern.

Die Diagnostik der Mastitislabore leistet einen wichtigen Beitrag zur Erstellung von sinnvollen sowie gezielten Mastitispräventions- und -therapiekonzepten und zur Verbesserung der Tiergesundheit. Daher ist sie unverzichtbar für die tägliche Arbeit von Tierärztinnen/Tierärzten und Landwirtinnen/Landwirten. Die Prävalenzdaten der Mastitiserreger in Deutschland, welche von der DVG, „Arbeitsgruppe Eutergesundheit“, ebenfalls erhoben wurden, finden sie unter folgender Adresse: https://www.dvg.net/index.php?id=1388.

Ethische Anerkennung

Alle zum Zeitpunkt der Durchführung geltenden, maßgeblichen internationalen wie nationalen ethischen Richtlinien für den Umgang mit in der Studie verwendeten Tieren wurden beachtet. Die allgemeingültigen Regeln Guter Wissenschaftlicher Praxis wurden befolgt.

Conflict of interest

Die Autoren erklären, dass keine geschützten, finanziellen, beruflichen oder anderweitigen Interessen an einem Produkt oder einer Firma bestehen, welche die in dieser Veröffentlichung genannten Inhalte oder Meinungen beeinflussen können.

Funding

Die Kosten der Laboruntersuchungen wurden von den teilnehmenden Laboren übernommen.

Autorenbeitrag

Konzeption oder Design der Arbeit: VK, MTS.
Datenerhebung: MTS, VK.
Datenanalyse und -interpretation: MTS, VK.
Manuskriptentwurf: MTS.
Kritische Revision des Artikels: VK.
Endgültige Zustimmung der für die Veröffentlichung vorgesehenen Version: MTS, VK. W

Über den Autor: Martin tho Seeth

Studium der Veterinärmedizin an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover von 2007–2013. Promotion zum Thema „Selektives Trockenstellen von Milchkühen als Alternative zum pauschalen Einsatz von antibiotischen Trockenstellpräparaten – Das Trockenstellen einzelner Euterviertel während der Laktation mittels eines Caseinhydrolysats“ in der Abteilung Mikrobiologie der Hochschule Hannover in Zusammenarbeit mit der Klinik für Rinder der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Assistenzzeit als praktischer Tierarzt, Rinderpraxis, Nordrhein-Westfalen. Fachtierarzt für Milchhygiene.

Derzeit tätig im Eutergesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und in der Abteilung Mikrobiologie der Hochschule Hannover als Verwalter der Professur für Mikrobiologie.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Volker Krömker, Universität Kopenhagen, Grønnegårdsvej 2, DK-1870 Frederiksberg C, Denmark, Volker.kroemker@sund.ku.dk

Literatur

Ali A, Shook GE (1980): An optimum transformation for somatic cell concentration in milk. J Dairy Sci 63(3): 487–490.
Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG), Arbeitsgruppe Eutergesundheit (2015): Zur Prävalenz von Mastitiserregern in Milchproben in Deutschland. https://www.dvg.net/fileadmin/Bilder/DVG/PDF/19-03-18_220327_DVG_Fachgruppe_korrigiert__002_.pdf.
Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG) (Hrsg.) (2018): Leitlinien zur Labordiagnostik der Mastitis – Probenahme und mikrobiologische Untersuchung. 3. überarb. Aufl.
Heeschen W, Reichmuth J, Tolle A, Zeidler H (1969): Die Konservierung von Milchproben zur bakteriologischen, zytologischen und hemmstoffbiologischen Untersuchung. Milchwissenschaft 24: 729–773.
Krömker V, Paduch JH, Klocke D, Claudia Z (2010): Microbiological investigation of culture negative milk samples of clinical mastitis cows. Milchwissenschaft 65(2): 123–126.
Statistisches Bundesamt (2016): Land- und Forstwirtschaft, Fischerei: Viehbestand. Fachserie 3 Reihe 4.1.
Wiggans GR, Shook GE (1987): A Lactation Measure of Somatic Cell Count. J Dairy Sci 70(12): 2666–2672.

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