Der Praktische Tierarzt 92, 286-304
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2011
Publiziert: 04/2011
Zusammenfassung
Die Diagnose canine atopische Dermatitis (CAD) beim Hund ist prinzipiell eine klinische Diagnose,die anhand der Anamnese, des typischen klinischen Erscheinungsbildes und nach Ausschluss anderermit Pruritus einhergehender Hauterkrankungen gestellt wird.
Unter einer Atopie versteht man eine Hypersensibilisierungsreaktion,d. h. eine überschießende Reaktion des Immunsystems aufUmweltallergene. Ein Allergen ist per definitionem ein Antigen, daseine allergische Immunantwort provoziert, die durch Induktion derSynthese von IgE-Antikörpern eine allergische Reaktion vom Soforttyp(Typ I) an Haut und Schleimhaut hervorruft. Es handelt sichmeist um Polypeptide oder Proteine (relative Molekülmasse 5000–50 000), deren Sensibilisierungspotenz durch den chemischen Aufbauund die Kombination der allergenen Determinanten (Epitop)bestimmt wird. Umgebungsallergene sind prinzipiell eigentlich„harmlose“ Substanzen, wie Pollen (Gräser-, Kräuter- und/oderBaumpollen), Hausstaub- und Vorratsmilben, Schimmelpilze, Insektenoder Epithelien. Wenn ein Individuum sich jedoch auf dieseSubstanzen sensibilisiert hat, kommt es bei erneutem Allergenkontaktzu einer allergischen Reaktion.
Es ist prinzipiell von hohem Interesse, ob man eine CAD „voraussagen“kann. In einer Studie zur Identifizierung von Führhundenmit atopischem Potenzial war die Häufigkeit von Hauterkrankungenin der Altersgruppe der zehn Monate alten Hunde bei zukünftigatopischen Hunden deutlich höher als bei Hunden ohneHauterkrankungen. In einer ähnlichen Studie konnte gezeigt werden,dass verschiedene Umgebungsfaktoren mit einem erhöhtenRisiko für CAD assoziiert waren: Geburt während kalter Monate,im Zwinger aufgewachsen, in einer Stadt lebend, in einem Hundekorbschlafend, in einem Haus mit Holzboden lebend, nicht regelmässigentwurmt. Dem gegenüber standen Faktoren, die zu einemerniedrigten Risiko führten: nicht geimpft und entwurmt währendder Welpenzeit, in einem Haushalt mit Pflanzen und mehreren Tierenlebend, freier Zugang zum Garten, häufiger Auslauf auf Feldernoder in Wäldern, Verabreichung eines kommerziellen Futters.