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Der Praktische Tierarzt

Erfahrungen zum praktischen Einsatz des Pansensensors in Milchviehbetrieben

Der Praktische Tierarzt 93, 730-739

Publiziert: 10/2012

Zusammenfassung

Zur Erfassung des pH-Wertes und der Temperaturim Vormagenbereich wurde eine Einheit entwickelt undeingesetzt, welche in Bolusform im Vormagenbereich liegt undkontinuierliche Messungen durchführt. Die Form und Größe derMesseinheit erlauben es, das System einem erwachsenen Rind peros einzugeben. Die gesammelten Daten (Messintervall 10 Min.)werden in einer Einheit des Bolus gespeichert (A/D-Converter;Speicherchip) und auf Signal von außen an eine externe Empfangseinheitüber ISM-Band (433 MHz) gefunkt. Diese Empfangseinheitist über Internet mit einem Server verbunden, von wo aus die aktuellermittelten Daten mittels eigens entworfener Software analysiertund grafisch dargestellt werden können. In der vorliegenden Arbeitwerden drei Anwendungsbeispiele des Systems beschrieben.In Anwendungsbeispiel eins wurde der Vormagen-pH-Wert bei achtRindern, die mit einer Pansenfistel versehen waren, über neunWochen unter zwei unterschiedlichen Fütterungsbedingungen gemessen.Die beiden Rationen unterschieden sich hinsichtlich ihrerZusammensetzung (Rohfasergehalt, Energiegehalt), ihrer aufgenommenenMengen (9,0 kg T vs. 18,5 kg T) und bezüglich desmittleren pH-Wertes im Vormagensystem signifikant voneinander.Der durchschnittliche pH-Wert im Vormagensystem lag bei Ration1 bei 6,64 ± 0,33 und bei Ration 2 bei 6,08 ± 0,37. Im zweitenAnwendungsbeispiel wurden 20 Milchkühe mit dem Sensorsystemausgestattet. Die mittlere Laufzeit betrug hier 72 (46–99) Tage. Eswurden explizit pH-Messergebnisse herangezogen, die eine Interpretationdes pH-Niveaus, der Anpassungszeit an sich änderndeRationsbedingungen und der pH-Wert-Amplitudengröße zulassen.Ursachen für starke Schwankungen des pH-Wertes, „short-termdrops“ und „off-feed syndrome“, wurden beschrieben und rationsbedingten,aber auch managementbedingten Ursachen zugeschrieben.In Anwendungsbeispiel 3 wurden 16 hochleistende Milchküheaus vier Betrieben eine Woche vor der Abkalbung mit einem Sensorausgestattet und der Vormagen-pH-Wert bis zum 80. Tag p. p.gemessen. Der zeitliche Verlauf des Vormagen-pH-Wertes zeigteeine enge Korrelation zum Laktationstag. In der Woche vor derAbkalbung kam es, ausgehend von pH 6,6, zu einem Anstieg despH-Wertes auf ein höheres Niveau (pH 6,8) für sieben Tage um denAbkalbetag, danach folgte eine Absenkung auf das Niveau pH 6,6.Auf diesem Niveau blieb der Vormagen-pH-Wert bis zu den Tagen20–25 bestehen, um sich dann um den 80. Laktationstag auf dasNiveau von pH 6,2 bzw. 6,0 abzusenken. Es bestand weiter eineenge Beziehung des Vormagen-pH-Wertes zur Tagesmilchleistung(kg FCM). Während sich bei Milchleistungen bis etwa 25 kg derpH-Wert oberhalb von 6,8 befand, fanden sich bei Milchleistungenvon mehr als 40 kg die pH-Werte deutlich unter 6,6. Die Ergebnisseder vorliegenden Versuche wurden anhand einer technischen Innovationgewonnen, die nicht nur im wissenschaftlichen Bereich neueMöglichkeiten zum besseren Verständnis der Vormagenphysiologieund -pathologie eröffnet. Der Einsatz von Vormagen-Sensoren istauch unter praktischen Bedingungen möglich. Die Messergebnissedienen zur Überwachung der Tiergesundheit und zur Überprüfung,aber auch zur Steuerung der Rationszusammensetzung und desFütterungsmanagements. Fütterungsfehler können über das pHNiveau,pH-Schwankungen sowie durch pH-Anstiege bzw. -Absenkungendargestellt werden.
Das Sensorsystem kann somit nicht nur zu wissenschaftlichenZwecken, sondern auch bei einzelnen „Indikatortieren“ in intensivenMilchviehbetrieben als Management-Tool eingesetzt werden.
Wiederkäuer
Milchkühe
Vormagen-pH
Pansenazidose
Sensor
Funkübertragung
Milchviehrationen

Summary

Practical use of a novel ruminal sensoron dairy farms
For continuous measurement of pH-value in the reticulorumen,a novel bolus-shaped, sensor measuring unit was used.Shape and size of the sensor allow oral placement of the systemin adult cattle. The resulting data (10-minute measuring interval)were saved in a unit (A/D-converter, memory chip) and sent to anexternal receiver via ISM-band (433 MHz). This receiver unit wasconnected with an internet server, which analyzed data and createdgraphics with the help of a specifically created software. Threeapplication examples are described in this paper. In the first example,pH-value in the reticulorumen of 8 rumen-fistulated cattle wasmeasured over 9 weeks under two different feeding protocols. Bothrations significantly differed in composition (fiber content, energycontent), feed intake (9.0 kg T vs. 18.5 kg T) and by mean reticuloruminalpH-value. Average reticuloruminal pH-value was 6.64 ±0.33 for ration 1 and 6.08 ± 0.37 for ration 2. In example 2, 20 dairycows were equipped with the sensor-system. The mean runtime ofthe sensors was 72 days (46–99 days). Explicitly, such results fromthe pH-value measurements were taken that allowed an interpretationof pH-level, adaptation time for changing ration conditionsand pH-amplitudes. Reasons for large pH-variations, “short-termdrops”and “off-feed syndroms” were described and ascribed toration- and management-related circumstances. In the third example,16 high-yielding dairy cows from 4 farms were equipped witha sensor one week before calving and reticuloruminal pH-valueswere continuously recorded until day 80 p. p. Temporal processingof pH in the reticulorumen showed a significant correlation withthe day of lactation. In the week before calving, an increase ofthe pH was seen starting from pH 6.6 to a higher level (pH 6.8),remaining for 7 days around the calving day. After that, a decreaseto a level of pH 6.6 followed. This level remained unchanged untilday 20–25; pH then decreased to a level of 6.2 or 6.0, respectively,around the 80th day of lactation. Furthermore, there was a veryclose relation between mean reticuloruminal pH and daily milkyield (kg FCM). Whereas pH-value was above 6.8 up to a milk yieldof 25 kg, it was clearly beneath pH 6.6 at milk yields being higher than 40 kg. The results of the present trials were achieved by meansof technical innovations, which open up new possibilities fora better understanding of physiology and pathology of the reticulorumennot only in scientific areas. The use of pH-sensors in thereticulorumen is also possible under field conditions. Results servefor monitoring of animal health and for check-up and controllingof ration composition and feeding management. It was also shownthat feeding failures are linked to pH-level, pH-deviations as wellas to pH-increases or decreases. Therefore, the sensor system canbe used for scientific purposes but also as a management tool indistinct “indicator animals”, mainly on high-yielding dairy farms.
ruminants
dairy cows
reticuloruminal pH-value
rumen acidosis
indwelling sensor
diet composition

 

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