Der Praktische Tierarzt 91, 571-575
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2010
Publiziert: 07/2010
Zusammenfassung
Kaninchen werden häufig aufgrund von Verdauungsstörungen in der tierärztlichen Praxis vorgestellt. Magenüberladungenund Magentympanien sind dabei Krankheitsbilder, die innerhalb kurzer Zeit lebensbedrohlich werden können und stets alsNotfall angesehen werden müssen.
Anatomisch werden beide Erkrankungen dadurch begünstigt,dass der Magen des Kaninchens nur eine dünne Muskelschichtaufweist, sodass nahezu keine Eigenkontraktionen stattfindenkönnen. Sowohl ein Vomitus als auch ein aktiver Weitertransportvon Futterbrei ist dadurch nicht möglich. Bei Sistieren der Futteraufnahmekommt es daher rasch zu Fehlgärungen im Magen. Kaninchendürfen deshalb niemals vor einem chirurgischen Eingrifffasten.
Kaninchen weisen physiologisch eine komplex zusammengesetzte,überwiegend grampositive Darmflora auf, zu deren Aufgabendie Aufschlüsselung der Nahrungsbestandteile und dieSynthese von Vitaminen und flüchtigen Fettsäuren gehören. Wirdsie geschädigt, z. B. in Folge einer Magenüberladung oder -tympanie,zieht dies sekundär weitere Verdauungsstörungen nach sich.Umgekehrt können auch Verschiebungen der Magen-Darm-FloraTympanien auslösen.
Um Erkrankungen des Magens kausal behandeln zu können,muss eine ausführliche Anamnese erhoben und das Fütterungsregimekritisch hinterfragt werden. Das betroffene Kaninchen mussvollständig untersucht werden, wobei Veränderungen in der Maulhöhlebesonders zu beachten sind. Die Beurteilung einer Kotprobe,falls noch Kot abgesetzt wird, kann ebenfalls wichtige Informationenerbringen.