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Der Praktische Tierarzt

Ursachen und Prävention von Unfällen mit Personenschäden in der Deckbullenhaltung – Ergebnisse einer Umfrage unter Landwirten in Baden-Württemberg

Der Praktische Tierarzt 90, 1072-1081

Publiziert: 11/2009

Zusammenfassung

Die Auswertung einer schriftlichen Befragungvon 317 Landwirten in Baden-Württemberg lieferte Hinweise aufhäufige Ursachen von Unfällen mit Deckbullen und weist auf konkreteGefahrenmomente in der Deckbullenhaltung hin. In jedemvierten Betrieb gab es schon gefährliche Ereignisse in der Bullenhaltung,davon 23 schwere Unfälle mit Personenschaden. Etwadrei Viertel aller Ereignisse entfiel auf Bullen der Milchviehrassen,wobei es keine Rolle spielte, ob die Bullen behornt waren odernicht. Je größer die Herden, desto wahrscheinlicher kommt es zugefährlichen Situationen. Wurden Bullen schon als Kalb zugekauftoder auf dem Betrieb geboren, sank die Wahrscheinlichkeit einesEreignisses signifikant, Bullen in einem Alter von 24 bis 36 Monatenwaren am häufigsten an Unfällen beteiligt. Die meisten Unfälleereigneten sich auf der Weide und im Laufstall und zwar überwiegendam Nachmittag und Abend. Als gefährlichste Situationenkonnten der Tierumtrieb und der Deckakt, aber auch alltäglicheStallarbeiten herausgestellt werden. Fast zwei Drittel aller Bullen,mit denen es zu Unfällen kam, wurden vorher von den Tierhalternals umgänglich bzw. nicht aggressiv eingeschätzt. Aus denUmfrageergebnissen lassen sich entsprechende Hinweise auf diewichtigsten Präventivmaßnahmen zur Verhütung von Unfällen mitDeckbullen ableiten. An erster Stelle muss das Bewusstsein geschaffenwerden, dass der Umgang mit Deckbullen jederzeit höchsteAufmerksamkeit erfordert, auch wenn das Tier bisher immer friedlichwar. Ebenso sollten bei Personen im Umgang mit Deckbullengute Kenntnisse über die verhaltensbiologische Ontogenese einesBullen vom Kalb bis zum Altbullen vorhanden sein. Die Annahme,hornlose Bullen oder Tiere der Milchviehrassen mit zum Teil relativgeringer Körpermasse seien harmloser, ist eine gefährliche Fehleinschätzung.Müdigkeit am Ende eines langen Arbeitstages senktdie Aufmerksamkeit ebenfalls und ist eine bedeutende Gefahrenquelle.In größeren Herden wird den Bullen offensichtlich auch zuwenig Aufmerksamkeit zuteil. Sehr günstig auf die Prävention vonUnfällen wirkt sich der Zukauf von Deckbullen als Kalb bzw. dieEigenremontierung sowie der Aufbau eines positiven Mensch- Tier-Verhältnisses aus. In die Überlegungen, Haltungsbedingungen undstallbauliche Voraussetzungen zu optimieren, müssen als Zielsetzungneben Tierschutz sowie Leistungs- und Gesundheitssteigerungimmer auch Sicherheitsaspekte einbezogen werden.

 

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