Review of the behavioural disorder tail biting in pigs
Der Praktische Tierarzt 96, 232-241
© Schlütersche Verlagsges. 2016
Publiziert: 02/2016
Zusammenfassung
Schwanzbeißen beim Schwein ist eine Verhaltensstörung mit multifaktoriellen Ursachen, die seit der Intensivierung der Nutztierhaltung auftritt. Drei verschiedene Formen sind bekannt: „zweistufiges Beißen“, „plötzliches gewaltsames Beißen“ und „obsessives Beißen“. Die Unterschiede liegen zum einen in der Art und Weise der Ausübung des Verhaltens und zum anderen in den Ursachen, die diesem Verhalten zugrunde liegen. Schwanzbeißen ist definiert als das Verletzen des Schwanzes durch Manipulation mit dem Maul in unterschiedlichen Schweregraden. Das Kupieren der Schwänze, welches bisher als sicherste Maßnahme zur Verminderung der Verhaltensstörung gilt, ist laut EU-Gesetzgebung und deutschem Tierschutzgesetz verboten und behebt die zugrunde liegenden Ursachen nicht. Mögliche Risikofaktoren für Schwanzbeißen sind neben umweltbedingten Faktoren, wie mangelnder Beschäftigung, Absetzmanagement, Klima/Lüftung, Fütterung, Belegdichte, Gruppengröße und Gruppenzusammensetzung, auch tierspezifische Faktoren, z. B. Gesundheitszustand, Genetik und Geschlecht. Je nach Betriebssituation wirken unterschiedliche Stressoren auf die Tiere ein, die bei Überschreitung ihrer Anpassungsfähigkeit zur Auslösung der Verhaltensstörung führen können. Folgen des Schwanzbeißens sind neben Verminderung des Tierwohls durch Schmerzen, Leiden und Schäden auch wirtschaftliche Einbußen durch reduzierte Schlachtkörperqualitäten. Die Haltungsbedingungen müssen dahingehend verändert werden, dass die Stressbelastung für die Tiere (u. a. durch Verhinderung des Ausübens angeborener Verhaltensweisen) reduziert wird. Die vorliegende Arbeit gibt eine Übersicht über den Stand der Forschung und mögliche Lösungsansätze zur Problematik des Schwanzbeißens.
Summary
Tail biting in pigs is a behavioural disorder with multifactorial causes which occurs since the intensification of farm animal production. Three different forms are known: “two stage biting”, “sudden forceful biting” and “obsessive biting”. Differences exist in the manner of how the behaviour is expressed, as well as in the underlying causes. Generally, tail biting is defined as injury to the tail of different degrees of severity through manipulations with the mouth. The docking of tails, which has been hitherto classified as the best measure to prevent tail lesions, is forbidden according to European and German law and does not solve the underlying problems. Possible risk factors for tail biting are on one hand environmental factors, such as insufficient enrichment, weaning management, climate/ventilation, feeding, stocking density, group size and group composition, and on the other hand animal-specific factors, such as health status, genetic and gender. Depending on the particular farm situation, the pigs are influenced by different stressors which can trigger the behavioural disorder in case of overtaxed coping abilities. In addition to a reduction of animal welfare through pain, suffering and injuries, the consequences of tail biting also include economical losses through reduced carcass quality. The housing conditions must be changed in a way that the stress level for the animals (e. g. through avoidance of expression of natural behaviours) is reduced. The present review provides an overview of the state of research and possible solution strategies for the issue of tail biting.