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Geschützter Kontakt: Indem man Handschuhe trägt, kann Ekzemen vorgebeugt werden.
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Geschützter Kontakt: Indem man Handschuhe trägt, kann Ekzemen vorgebeugt werden.

Berufskrankheit

Hände im Dauerstress

Ständiges Waschen, Kontakt mit Putzmitteln und Körperflüssigkeiten: Handekzeme sind bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Tierarztpraxen wohl häufiger als gedacht. Was Präventionsstrategien angeht, ist auch die Praxisleitung in der Pflicht.

Juckende Bläschen zwischen den Fingern, schmerzende Risse am Daumenballen, rote, schuppige Handflächen: Wenn sich ausgerechnet an den Händen Hautausschläge bilden, ist das nicht nur unangenehm, manchmal sogar quälend, sondern erschwert auch den Arbeitsalltag in praktischen Berufen massiv - das gilt auch in Tierarztpraxen und Tierkliniken. Entwickeln Tiermedizinische Fachangestellte oder angestellte Tierärzte derartige Handekzeme, dann ist auch die Hilfe von Arbeitgebern und Vorgesetzten gefragt. Bemerke man bei Beschäftigten Symptome eines Handekzems, solle man Unterstützung signalisieren, heißt es unmissverständlich in einer Online-Informationsbroschüre der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zum Verfahrensablauf beim Auftreten von Hauterkrankungen. Und weiter: „Verdeutlichen Sie, dass in Ihrem Betrieb raue Hände kein Statussymbol für ‚ordentliche Arbeit‘ sind.“

Der informierte und professionelle Umgang der Praxis- oder Klinikleitung mit der Problematik ist umso wichtiger, weil Handekzeme einer neuen Untersuchung zufolge bei tiermedizinischem Personal keineswegs selten sind. Die Studie mit 122 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von deutschen Tierarztpraxen, die vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) der DGUV angefertigt wurde, zeigt, dass etwa die Hälfte der Teilnehmer innerhalb des Jahres vor dem Studienzeitpunkt schon einmal ekzemartige Hautveränderungen an ihren Händen gehabt hat. Dokumentiert wurden die Handekzeme entweder durch Angaben der Probanden bei einer Befragung oder durch Fotos von den Händen, die die an der Studie beteiligten Ärzte beurteilten. Die überwiegende Mehrzahl der Befragten waren Tiermedizinische Fachangestellte, lediglich 19 Tierärztinnen und Tierärzte nahmen teil.

Bisherige Studien zu berufsbezogenen Hauterkrankungen in der Veterinärmedizin hatten vor allem Tierärzte in den Blick genommen, nicht aber Tiermedizinische Fachangestellte. Diese Lücke schließt nun ein größeres Forschungsteam um Dr. Alexandra Beine, Prof. Dr. Monika Raulf und Dr. Michal Gina vom IPA in Bochum. Die Frage nach Hauterkrankungen an den Händen beim technischen Personal ist von besonderer Bedeutung, denn Tiermedizinische Fachangestellte haben oft sogar intensiveren Kontakt zu den Patienten als Tierärzte – durch das allgemeine Handling, durch Waschen, Rasieren, die Desinfektion der Instrumente und die Reinigung der Räume.

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Klare Empfehlungen

Hautirritierende Substanzen und Allergene, mit denen die Beschäftigten bei solchen Tätigkeiten in Berührung kommen, sind die Auslöser für ein Handekzem. Besonders stark können sie wirken, wenn die Haut durch häufiges Waschen beschädigt ist.

In der Untersuchung, die im Fachmagazin „Contact Dermatitis“ erschienen ist, zeigte sich, dass Handekzeme insbesondere bei Beschäftigten auftreten, die häufig Kontakt mit Flüssigkeiten bei der Arbeit in der Praxis haben, ohne dabei Handschuhe zu tragen. Zu den Flüssigkeiten gehörten Seifen, Putz- und Desinfektionsmittel oder Körperflüssigkeiten. Zudem zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Handekzemen und besonders häufigem Händewaschen von mehr als zehnmal pro Tag.

Nach Analyse der Daten gibt es nun mehrere klare Empfehlungen. „Eine wichtige Botschaft ist: Die Handschuhe werden im Praxisalltag zu selten getragen“, erklärt Hautarzt Michal Gina. „Das technische Praxispersonal sollte sie auch bei Reinigungsarbeiten tragen, wenn die Hände in Berührung mit Detergenzien kommen - nicht nur beim Kontakt mit Tieren.“ Außerdem sollte man die Hände, sofern sie nicht zu stark verschmutzt sind, besser desinfizieren als waschen. Der Dermatologe Gina räumt aber auch ein: „In Tierarztpraxen können natürlich stärkere Verschmutzungen der Hände durchaus auftreten.“ Da man um das Waschen also nicht immer herumkommt, wird dazu geraten, wenigstens danach Hautschutz- bzw. Hautpflegepräparate zu benutzen. 

Regelmäßige Vorsorge

„Die Hautpflegeprodukte sollten neben dem Waschbecken stehen oder hängen“, sagt Alexandra Beine, Fachärztin für Allgemeinmedizin und für Arbeitsmedizin. „Eine andere Möglichkeit ist es, jedem Beschäftigten ein Produkt zur Verfügung zu stellen. Das ist eine gute Lösung, falls jemand nur bestimmte Produkte verträgt.“

Um mit so viel Umsicht vorgehen zu können, muss aber zunächst einmal überhaupt bekannt sein, welche individuellen Hautprobleme beim Personal vorliegen. Und hier kommt das Thema Prävention ins Spiel. Arbeitsmedizinerin Beine empfiehlt regelmäßige Vorsorgetermine beim Betriebsarzt, beginnend mit einem Besuch schon vor Tätigkeitsaufnahme. 

Schulung der Praxisleitung

Für Beschäftigte, die an ihren Händen Hautveränderungen bemerken, ist dies häufig beunruhigend. Allerdings handelt es sich nicht immer gleich um ein Handekzem und auch eine Allergie muss nicht vorhanden sein. „Fast ein Viertel aller Teilnehmenden unserer Studie hatte Rötungen und bzw. oder Nesselsucht nach einem Kontakt mit Tieren bei sich beobachtet, was auf eine sogenannte Kontakturtikaria hindeuten kann“, erklärt Hautarzt Michal Gina. „Diese Rotfärbung kann aber auch unspezifisch auftreten oder zum Beispiel durch mechanische Reize.“ Wichtig sei es in diesen Fällen, die Veränderungen im Gesamtkontext zu betrachten und bei wiederkehrenden Hautveränderungen und Zeichen eines Handekzems diese beim Arzt abzuklären.

Und selbst, wenn jemand wirklich mit Kontaktekzemen auf Tiere oder häufig genutzte Substanzen reagiert oder das Handekzem trotz Hautschutz hartnäckig wiederkehrt, muss das nicht das Ende eines Berufslebens in der Praxis bedeuten. Betroffene sollten Kontakt zur Berufsgenossenschaft suchen und sich hautärztlich und arbeitsmedizinisch untersuchen und beraten lassen. Die BGW bietet nicht nur Schulungsmöglichkeiten für Praxisinhaber hinsichtlich Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit, sondern unterstützt auch Betroffene und hält Informationsmaterialien bereit. Die Frage, ob das Ekzem als Berufskrankheit eingestuft werden kann, wird dann im „Hautarztverfahren“ abgeklärt. Dabei werden die Erkrankten durch Hautärzte regelmäßig behandelt und erhalten Hilfe durch den Unfallversicherungsträger, etwa in Form von Schulungen, ambulanter und – in schweren Fällen – stationärer Behandlung. „Die Maßnahmen sind sehr umfangreich und die Kosten werden in der Regel übernommen“, erklärt Projektleiterin Raulf. „Alle Register werden gezogen, damit Betroffene beschwerdefrei im Beruf bleiben können.“

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