Der Praktische Tierarzt 93, 102-114
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2012
Publiziert: 02/2012
Zusammenfassung
Eine Erfolg versprechende Tierverhaltenstherapiesetzt eine eingehende, die Ursachen und Auslöser des abnormal-oralen Verhaltens identifizierende Anamnese voraus. DieUrsachen herauszufinden, hilft vielen Besitzern zu erkennen, dasssie teilweise keine direkte Schuld an der Entstehung der Verhaltensstörunghaben. Die aktuellen Auslöser, die Gründe, aufgrund dererein Hund einen bestimmten Schweregrad einer Verhaltensstörungentwickelt hat, sind allerdings in den gegenwärtigen Haltungs- undUmgangsbedingungen zu finden. Abnormal-orales Verhalten (z. B.Pfotenlecken, Flankensaugen und Koprophagie) zu diagnostizieren,setzt den Ausschluss aller möglichen klinischen Ursachen voraus,die ebenfalls eine derartige Verhaltensänderung zur Folge habenkönnen. Des Weiteren sind Verhaltensprobleme, die ein Hund alsReaktion auf das Verhalten der Besitzer gelernt hat, wie beispielsweiseAufmerksamkeit erheischendes Verhalten, auszuschließen.Während einer Tierverhaltenstherapie wird immer zuerst auf dieHaltungsbedingungen des Hundes eingewirkt, um aktuelle Auslöserder Verhaltensstörung zu eliminieren und damit den allgemeinenGrad der Erregung des Hundes zu reduzieren. Eine Änderungdes Verhaltens des Hundes setzt eine Veränderung des Verhaltensder Besitzer ihrem Hund gegenüber voraus. Wenn das abnormaloraleVerhalten bereits so langanhaltend und schwerwiegend ist,dass das Wohlbefinden des Hundes erheblich beeinträchtigt ist unddas Zusammenleben für die Besitzer mit ihrem Hund beinahe unmöglichwird, ist auch eine medikamentöse Therapie mit Psychopharmakaindiziert. Durch die vielen verschiedenen ethologischenwie klinischen Ursachen erscheint es fast unmöglich, ein abnormal-orales Verhalten bei einem Hund zu verhindern. Da aber nichtalle Hunde, z. B. solche mit einer ungünstigen Vorgeschichte, eineabnormal-orale Verhaltensstörung entwickeln, gibt es demzufolgeauch Faktoren wie alters- und rassegerechte, physische wie psychischeBeschäftigung mit dem Hund, die die Wahrscheinlichkeitder Entstehung einer Verhaltensstörung reduzieren.Summary
Terminology, diagnosis and therapy of abnormaloralbehaviours in dogsIdentifying the causal factors and triggers of abnormaloralbehaviours is a key point in successful small animal behaviourtherapy. Moreover, knowing about such causal factors seems tohelp some owners to recognise that they themselves are not solelyresponsible for the development of abnormal behaviour in theirdogs. However, triggers causing the level of the dog’s abnormalbehaviour do stem from the current owner-animal interactionsand environment conditions. The diagnosis of abnormal-oral behaviours(e. g. repetitive self-licking, flank sucking, coprophagia)should begin with a reliable exclusion of medical problems thatmight also cause such behavioural signs. Furthermore, behaviourproblems like attention-seeking behaviour that the dog has learnedfrom human-dog interaction, have to be differentiated. Treatmentalways starts with changing the animal’s environment to eliminatethe existing triggers and reduce the general level of the dog’s arousal.Altering the behaviour of a dog is based on changing people’sreaction to it. Pharmacological intervention may be necessary inmore serious, long-standing cases which considerably disturb thewell-being of the dog as well as owner-dog companionship. Due tothe fact that there are many environmental and medical causes ofabnormal-oral behaviours, total prevention seems impossible. Nevertheless,not all dogs, e. g. those with an adverse history, developabnormal-oral behaviours. There are several factors, e. g. physiologicaland psychological exercises relating to age and breed, whichcan reduce a dog’s susceptibility to abnormal behaviours.