Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 123, 11-19
DOI: 10.2376/0005-9366-123-11
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2010
Publiziert: 01/2010
Zusammenfassung
Der Prozess des Absetzens bei landwirtschaftlichen Nutztieren ist von enormer biologischer und wirtschaftlicher Bedeutung. So hat sich das Absetzalter bei Ferkeln (Sus scrofa) in den letzten Jahren vorrangig aus wirtschaftlichen Erwägungen drastisch verringert – mit teilweise unklaren biologischen Folgen. Die vorliegende Arbeit gibt daher eine Übersicht zum Stand der verhaltensphysiologischen Forschung bezüglich der komplexen psychobiologischen Konsequenzen des Absetzens in der intensiven Schweinehaltung. Dabei wird besonders auf generelle und spezifische Einflüsse des Absetzalters auf Verhalten, Neuroendokrinum und Immunsystem der abgesetzten Ferkel eingegangen. Das abrupte Absetzen beinhaltet eine Reihe nahezu gleichzeitig auftretender stresshafter Ereignisse, die neben Nahrungsumstellung und Veränderungen der Haltungsumwelt auch die bisher weniger beachteten psychosozialen Konsequenzen von Bindungsverlust und maternaler Deprivation sowie der Neugruppierung einander unbekannter Ferkel beinhalten. Die dargestellten Ergebnisse in dieser Übersicht deuten darauf hin, dass ein Absetzen im Lebensalter von 21 Tagen oder früher zu vermehrten Verhaltensproblemen, verstärkten neuroendokrinen Stressreaktionen sowie veränderten Immunantworten führt. Diese auftretenden Adaptationsprobleme können kurzfristig, möglicherweise aber auch längerfristig Wohlbefinden und Gesundheit der Tiere beeinträchtigen, was in der Konsequenz wiederum erhöhte Anforderungen an das Management stellt und wirtschaftliche Probleme verursachen kann. Von einer Reduktion des Absetzalters unter drei Wochen ist deshalb abzuraten. Zudem sollte verstärkt alternativen Haltungssystemen (z. B. Gruppenhaltungssysteme) bzw. geeigneten Absetzverfahren (z. B. wurfweises Absetzen ohne Neugruppierung, vorhergehende Sozialkontakte) Aufmerksamkeit gewidmet werden, mit denen auch aus psychobiologischer Sicht eine Stressminderung erreicht werden kann.Summary
Weaning of farm animals is of biological and economical relevance. Due to economical considerations, the weaning age of piglets (Sus scrofa) has drastically been reduced during the last few years, whereas biological consequences remain ambiguous. This review gives a survey of current international research on weaning and its psychobiological consequences in conventional pig farming. The influence of weaning age on behaviour, neuroendocrine and immune systems of piglets is the main focus of this paper. The abrupt weaning in pig farming comprises multiple stressful events such as change in diet, new physical environment, as well as the often underestimated psychosocial consequences of maternal deprivation and regrouping with unfamiliar conspecifics. Results presented in this review suggest that early weaned piglets ( amp;#8804; 21 days of age) show enhanced behavioural problems and neuroendocrine stress reactions as well as reduced immune responses. These adaptation problems may have short- and long-term effects on animals’ welfare and health, consequently resulting in increased financial requirements and higher management demands. Weaning before the third week of age is not recommended. Additionally, alternative housing systems (e. g. group housing) with adequate weaning methods (e. g. weaning without regrouping, social contacts prior to weaning) to diminish psychosocial stress are discussed.